Martin paul wassmer



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oder  erzwungene[n]  Dienstleistungen“  spricht.  Zusätzlich  hat  jedoch 
der deutsche Gesetzgeber eine Legaldefinition in § 232 Abs. 1 S. 2 StGB 
für  ausbeuterische  Beschäftigungsverhältnisse  geschaffen,  die  auf  die 
Beschreibung des ausbeuterischen Beschäftigungsverhältnisses in dem 
§233 Abs. 1 aF StGB zurückgreift, die der Formulierung des § 15a Abs. 1 
AÜG entsprach und auch in § 291 Abs. 1 S. 1 StGB gebraucht wird und 
somit eine Abweichung von der Richtlinie darstellt
43
.
Absatz  2  regelt  den  Menschenhandel  mittels  der  weiteren  in  Art. 
2 Abs. 1 der Richtlinie genannten Tatmittel („Androhung oder Anwen-
dung von Gewalt oder anderer Formen der Nötigung, durch Entführung, 
Betrug, Täuschung“) als eigenen Straftatbestand. Der Grund ist laut der 
Gesetzesbegründung  der  höhere  Unrechtsgehalt,  da  der  Täter  in  den 
genannten Fällen besonders aktiv auf das Opfer Einfluss nehme
44
. Der 
Strafrahmen ergibt sich sowohl aus der alten Rechtslage als auch aus Art. 
4 Abs. 2d der Menschenhandels-Richtlinie, der eine Mindesthöchststrafe 
von zehn Jahren Freiheitsstrafe in Bezug auf das dort genannte Tatmittel 
der  Anwendung  schwerer  Gewalt  oder  der  Zufügung  eines  besonders 
schweren Schadens vorsieht
45
.
Absatz  3  regelt  verschiedene  Qualifikationen.  Gegenüber  den 
§ 233a Abs. 2 Nr. 1 bis 3 aF StGB stellt dies eine Erweiterung dar, die 
teilweise der Umsetzung des Art. 4 Abs. 2 der Richtlinie dient
46
 und aus 
dem  sich  auch  der  Strafrahmen  ergibt
47
.  Eine  Qualifikation  stellt  etwa 
nach § 232 Abs. 3 S. 1 Nr. 1 StGB dar, wenn das Opfer der Tat eine Person 
unter 18 Jahren ist, wie von Art. 4 Abs. 2a iVm Art. 2 Abs. 6 der Richtli-
nie gefordert
48
. Das Qualifikationsmerkmal der „schweren körperlichen 
Misshandlung“ in § 232 Abs. 3 S. 1 Nr. 2 StGB setzt die Anforderungen 
des Art. 4 Abs. 2d der Richtlinie für den Fall um, dass „dem Opfer durch 
die Straftat ein besonders schwerer Schaden zugefügt wurde“. Der For-
derung von Art. 4 Abs. 2c der Richtlinie bei „grob fahrlässiger“ Lebens-
gefährdung einen erhöhten Strafrahmen vorzusehen, wird künftig durch 
43
 BT-Drucks. 18/9095, S. 27.
44
 BT-Drucks. 18/9095, S. 29.
45
 BT-Drucks. 18/9095, S. 29.
46
 BT-Drucks. 18/9095, S. 30.
47
 BT-Drucks. 18/9095, S. 31.
48
 BT-Drucks. 18/9095, S. 31.


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das Qualifikationsmerkmal der „wenigstens leichtfertigen“ Todesgefahr 
in § 232 Abs. 3 S. 1 Nr. 2 StGB entsprochen. Hingegen dient das ebenfalls 
in  Nr.  2  geregelte,  das  Opfer  wenigstens  leichtfertig  „durch  eine  wäh-
rend  der  Tat  begangene  Handlung“  in  Todesgefahr  oder  in  die  Gefahr 
„einer schweren Gesundheitsschädigung“ Bringen, der Gewährleistung 
eines möglichst umfassenden strafrechtlichen Schutzes, nicht aber der 
Umsetzung der Richtlinie
49
. § 232 Abs. 3 S. 1 Nr. 3 StGB erfasst die bisher 
in § 233a Abs. 2 Nr. 3 Alt. 3 und 4 aF StGB geregelten Qualifikationen 
der gewerbsmäßigen oder bandenmäßigen Begehung, was zugleich der 
Anforderung von Art. 4 Abs. 2b der Richtlinie Rechnung trägt
50
. § 232 
Abs. 3 S. 2 StGB sieht dieselben Qualifikationen für Straftaten nach Abs. 
2 vor, jedoch mit einem höheren Strafrahmen und dem daraus folgenden 
Verbrechenscharakter dieser Qualifikationstatbestände.
Absatz 4 regelt die Versuchsstrafbarkeit entsprechend der Vorgaben 
des Art. 3 der Menschenhandels-Richtlinie.
3. Bewertung der Neuregelung
Diese neue Gesetzesfassung ist wie folgt zu bewerten: die Neuregelung 
ist  insgesamt  terminologisch  klarer  und  näher  an  den  internationalen 
Vorgaben, was zu begrüßen ist. Die neue Fassung des Menschenhandels 
in § 232 StGB hat eine größere Nähe zum internationalen Begriffsver-
ständnis,  sie  orientiert  sich  stärker  am  chronologischen  Ablauf  eines 
tatsächlichen „Menschenhandels“ (Nachschubebene, Logistikebene und 
Basisebene), indem sie die Rekrutierung der Opfer von der eigentlichen 
Ausbeutung trennt. Allerdings beinhaltet sie auch einen teilweise sehr 
komplizierten Aufbau und viele Verweisungen
51

Die Neufassung wirft dabei verschiedene Probleme auf, von denen 
hier  nur  einige  aufgezeigt  werden  sollen.  So  muss  beispielsweise  die 
Zwangslage  bzw.  auslandsspezifische  Hilflosigkeit  nunmehr  zum  Zeit-
punkt der Tathandlung des Anwerbens usw. vorliegen, so dass die Neu-
49
 BT-Drucks. 18/9095, S. 31.
50
 BT-Drucks. 18/9095, S. 31.
51
 Beispielsweise verweist § 232b Abs. 4 StGB ua auf § 232a Abs. 4 StGB, der seinerseits 
wiederum auf § 232 Abs. 3 S. 1 Nrn. 1 bis 3 StGB verweist.


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regelung hier enger ist als die alte Fassung. Damit sind gerade die prob-
lematischen Fälle, in denen das Opfer zum Zweck der Ausbeutung erst 
in eine hilflose Lage versetzt wird, nach dem neuen Recht allenfalls über 
die Teilnahmevorschriften als Anstiftung oder Beihilfe, nicht jedoch als 
originäre Täterschaft strafbar
52
.
Auch  sind  manche  Formulierungen  nicht  unbedingt  glücklich  ge-
wählt.  Beispielsweise  ist  die  Formulierung  „wenn  diese  Person  ausge-
beutet werden soll“ in § 232 Abs. 1 Nr. 1 StGB ungewöhnlich. Vorzugwür-
dig würde die üblichere Formulierung „[…] wer eine andere Person zur 
Ausbeutung…“ sein, was zudem inhaltlich näher an der Richtlinie wäre, 
die die Worte „zum Zwecke“ verwendet
53
. Auch der in der Legaldefiniti-
on des „ausbeuterischen Beschäftigungsverhältnisses“ verwendete Be-
g riff des „rücksichtslosen Gewinnstrebens“ wirft die Frage auf, ob eine 
solche Ausbeutung ohne ein rücksichtsloses Gewinnstreben überhaupt 
denkbar ist und damit die Frage nach der Funktion und dem Inhalt dieses 
restriktiven Merkmales.
Teilweise sieht die Norm eine erhebliche Vorverlagerung der Straf-
barkeit vor – wie beispielsweise in § 232 Abs. 2 Nr. 2 aE StGB, wonach 
es ausreicht, der Bemächtigung einer Person durch eine dritte Person 
Vorschub  zu  leisten.  Zudem  sind  die  neuen  Qualifikationstatbestände 
zum Teil deutlich über die Anforderungen der Richtlinie hinaus erweitert 
worden.  So  findet  sich  in  der  Richtlinie  die  leichtfertige  Verursachung 
einer  schweren  Gesundheitsgefährdung  ebenso  wenig  wie  die  durch 
eine während der Tat begangene Handlung herbeigeführte Todes- oder 
Gesundheitsgefährdung nach § 232 Abs. 3 S. 1 Nr. 2 StGB. Darüber hi-
naus ist zu beachten, dass § 232 Abs. 3 Nr. 2 StGB zwar im Entwurf als 
Qualifikation bezeichnet wird
54
, es sich aber inhaltlich teilweise um eine 
Erfolgsqualifikation handelt
55
.
Insgesamt  bestehen  Abgrenzungsschwierigkeiten,  Überschnei-
dungen
56
  und  Widersprüche  zu  anderen  Strafnormen  (z.  B.  passt  die 
52
 Renzikowski (Anm. 34), S. 7.
53
 Eisele (Anm. 39), S. 6.
54
 BT-Drucks. 18/9095, S. 30.
55
 So auch Eisele (Anm. 39), S. 10.
56
 So wäre § 233a StGB z.T. unter § 239 Abs. 3 StGB fassbar, der denselben Strafrahmen 
vorsieht.


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