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• Das reflektierende Team bildet zu einer bestimmten Zeit einen Kreis miteinander
und unterhält sich über die beobachtete Sequenz und hat dabei keinen Kontakt
zur/m BeraterIn oder den Mitgliedern des Systems. BeraterIn und System hören
einfach nur zu.
• Das reflektierende Team bildet einen Kreis und tauscht sich mit der/m BeraterIn
aus. Das System hat jedoch keinen Kontakt und hört nur zu. Die Mitglieder des
Systems haben jedoch keinen Kontakt und hören nur zu. Für diese Phase des
Austausches im Reflecting-Team gibt es einige Hilfestellungen:
• Die TeilnehmerInnen sollen sich in ihren Äußerungen auf die Inhalte der
beobachteten Sequenz beziehen
• den reflektierenden Prozess kurz halten
• sich an der Sprache und den Metaphern der KlientInnen orientieren
• die Anzahl der Ideen, mit denen gearbeitet wird, maximieren
• das Suchen nach einer konsensuellen Diagnose einer übergreifenden Idee
aufgeben, die alles erklären könnte
• kurze prägnante Beiträge einbringen
• Aussagen in Fragen formulieren, die Möglichkeiten anbieten (könnte es sein
..., ich frage mich, ob ...)
• manchmal, wenn es angemessen erscheint, positiv konnotieren (wohl-
wollende, selbstwertgebende, stützende Formulierungen verwenden,
Reframes anbieten), ohne den Eindruck erwecken zu wollen, den KlientInnen
etwas auszureden.
• innerhalb des Teams möglichst vielfältige Meinungen und Sichtweisen
entwickeln und gegebenenfalls einseitige Sichtweisen ergänzen und
balancieren
• bedenken, dass die KlientInnen die ExpertInnen sind, sich unser Exper-
tInnentum lediglich im Entwickeln einer vielseitigen Konversation über das,
was für sie zentral ist, liegt
• nach Abschluss dieses Austauschens ist es empfehlenswert, dass der/die
BeraterIn die KlientInnen fragt, was von dem Gehörten bedeutsam war, oder
aufgegriffen werden soll.
Hilfreich kann diese Methode insbesondere sein, um vielfältige Sichtweisen zu
entwickeln und anzubieten.
Die Effektivität des Reflecting-Teams oder der von diesem Team gegebenen Impulse
hängt von verschiedenen Faktoren ab:
Zunächst einmal davon, inwieweit die TeilnehmerInnen des reflektierenden Teams
in der Lage sind, sich an die oben gegebenen Hinweise zu halten.
Darüber hinaus ist eine Fähigkeit zur Dissoziation von jeweiligen Thema bzw. die
Fähigkeit zur wechselnden Assoziation mit unterschiedlichen Positionen im Sinne
eines Spiels mit Perspektiven hilfreich.
Bedeutsam ist also die Verantwortung eigene eingrenzende Wahrnehmungs- und
Denkprozesse immer wieder aufzulösen, um neue Unterschiede einzuführen.
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9.3.
Akzeptanz und Selbstwert als Basisvariablen
für Kooperationen
9.3.1.
Das Konzept von Gleichheit und Verschiedenheit
nach Virginia Satir
"Je öfter
Gleichheit und
Verschiedenheit
erkannt werden,
umso mehr wird
Einmaligkeit
entdeckt.
Dies baut den
Selbstwert
erneut auf und
führt zu steigender
Anerkennung und
Würdigung
seiner selbst und
des anderen
so dass es zu einer
wachsenden
Beanspruchung
der eigenen
Persönlichkeit
kommt."
Wir vollziehen so den Wandel vom Richter zum Entdecker.
9.3.2.
Selbstwert
Mit dem Begriff Selbstwert bezeichnen wir die Einschätzung, Bewertung und Wahr-
nehmung der eigenen Fähigkeiten, Eigenschaften und Kompetenzen. Die Selbstwert-
schätzung kann in Erlebnissen anwachsen, in denen wir uns selbst als kompetent,
liebenswert und wertvoll empfinden. Mitmenschen, die sich selbst schätzen oder wie
wir sagen, einen hohen Selbstwert haben, zeichnen sich gewöhnlich dadurch aus,
daß sie offen, flexibel, respektvoll und liebevoll handeln.
Es gibt einige Mythen über Selbstwert:
• Entweder frau/man hat Selbstwert oder nicht.
• Ich habe genug davon und brauche nicht mehr.
• Frau/man braucht das eigentlich nicht.
• Mit Wertschätzungen sollte man sparsam umgehen, sonst besteht die Gefahr
abzuheben.
• Wertschätzung macht nur egoistisch und süchtig.
usw. usw.
Wir können den Selbstwert eines/r anderen nur bedingt aufbauen (abgesehen von
kleinen Kindern, die mit uns aufwachsen), denn Selbstwert ist stark davon
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beeinflusst, was wir selbst zu uns oder über uns sagen und denken. (Ich denke z.B.
an Menschen, die kein Lob annehmen und genießen können.) Sie könnnen lediglich
Ihren eigenen Selbstwert entwickeln und eine Atmosphäre schaffen, in der andere
ihren entfalten können.
Einige Empfehlungen für die Entfaltung des Selbstwertes:
• Nutzen Sie jede Gelegenheit Ihren Selbstwert zu entfalten.
• Seien Sie die Person, von der Sie wünschen, daß Ihre SchülerInnen sie
nachahmen.
• Halten Sie Ihr Wort, seien Sie authentisch.
• Unterstützen Sie den Erfolg der anderen.
• Tun Sie Dinge, die andere nicht tun mögen.
• Achten Sie auf Ihre Beziehungen.
• Lernen Sie Ihre einmaligen Qualitäten kennen und schätzen.
• Entwickeln Sie eine Vision über Sie, Ihr Leben und Ihren Sinn, die Ihnen Kraft
geben und Sie leitet.
• Schaffen Sie sich eine Umgebung zum Leben und Lernen, die Ausdruck Ihrer
höchsten Gedanken über Sie selbst ist.
• Geben Sie Ihr Bestes, auch bei den „einfachsten“ Tätigkeiten.
• Achten Sie sich und Ihre köperliche, geistige und seelische Gesundheit.
Hilfestellungen zur Gestaltung einer selbstwertfördernden Umgebung:
• Respektieren Sie die Ziele Ihrer SchülerInnen, beziehen Sie sie ein.
• Vermittlen Sie Vertrauen und Zuversicht in die Fähigkeiten Ihrer SchülerInnen.
• Förderen Sie Prozesse zur Selbstorganisation und -aktualisierung.
• Lassen Sie die SchülerInnen an Entscheidungen teilhaben.
• Machen Sie die Regeln und Grenzen transparent.
• Unterstützen Sie die SchülerInnen in ihrer Selbstwahrnehmung und -
einschätzung.
• Unterstützen Sie die Achtung und Einbeziehung anderer.
• Lassen Sie die SchülerInnen lernen, was sie für wichtig erachten.
• Unterstütze Sie sie im Wahrnehmen ihrer Stärken und Qualitäten.
•
Vermittlen Sie ihnen, dass sie bezüglich ihrer Gefühle die Wahl haben und
niemand bestimmen kann, ob sie ärgerlich oder traurig sind.