Morbus Parkinson: Therapie im Frühstadium der Erkrankung



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P.b.b. 02Z031117M, 

Verlagsort: 3003 Gablitz, Mozartgasse 10 

Preis: EUR 10,–

Krause & Pachernegg GmbH • Verlag für Medizin und Wirtschaft • A-3003 Gablitz

Neurologie, Neurochirurgie  

und Psychiatrie

Zeitschrift für Erkrankungen des Nervensystems

Journal für

www.kup.at/ 

JNeurolNeurochirPsychiatr

Homepage:



www.kup.at/ 

JNeurolNeurochirPsychiatr

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mit Autoren- 

und Stichwortsuche



Morbus Parkinson: Therapie im

Frühstadium der Erkrankung

Gerschlager W



Journal für Neurologie

Neurochirurgie und Psychiatrie

2013; 14 (3), 103-107


DFP online Literaturstudium

Entsprechend dem Fortbildungsgedanken des Journals für Neurologie, 

Neurochirurgie und Psychiatrie werden laufend approbierte Fachartikel zur 

Erlangung von DFP-Punkten der Akademie der Ärzte publiziert.

Die aktuellen Artikel auf www.meindfp.at:

NEUROLOGIE

Berger T, Bsteh G. Update: Primäre progrediente Multiple Sklerose (PPMS)

PSYCHIATRIE

Praschak-Rieder N. Rationaler Einsatz von Antidepressiva

Fachartikel und Test zur Erlangung der DFP-Punkte finden Sie auf



http://www.meindfp.at

Bitte halten Sie Ihr „meindfp“-Passwort bereit.




J NEUROL NEUROCHIR PSYCHIATR 2013; 14 (3)

Morbus Parkinson: Therapie im Frühstadium

103

Morbus Parkinson: Therapie im Frühstadium

der Erkrankung

W. Gerschlager



Kurzfassung: Das idiopathische Parkinson-Syn-

drom (IPS) ist die zweithäufigste neurodegenera-

tive Erkrankung und betrifft etwa 1 % der > 60-

Jährigen. Die medikamentöse Therapie sollte

möglichst früh nach Diagnosestellung begonnen

werden. Die initiale Monotherapie sollte mit

einem Dopaminagonisten (DA) erfolgen. Wenn

keine befriedigende Kontrolle der motorischen

Symptome erreicht wird, sollte zusätzlich Levo-

dopa gegeben werden. Diese Vorgangsweise

wird in erster Linie für Patienten mit einem frü-

hen Krankheitsbeginn empfohlen, weil gerade

diese Gruppe zu heftigen und früh im Krankheits-

verlauf auftretenden motorischen Komplika-

tionen neigt. Bei > 70-Jährigen wird eine initiale

Monotherapie mit Levodopa empfohlen und

DA sollten nicht oder nur zurückhaltend ein-

gesetzt werden, weil sie deutlich häufiger mit

neuropsychiatrischen Nebenwirkungen assozi-

iert sind.

Bei jüngeren Patienten kann auch eine initiale

Monotherapie mit Rasagilin erfolgen, weil Rasa-

gilin möglicherweise den Verlauf der Erkrankung

günstig beeinflusst.



Schlüsselwörter: Morbus Parkinson, Therapie,

motorische Symptome



Abstract: Treatment of Early Parkinson’s

Disease. Parkinson’s disease (PD) is the second

most common neurodegenerative disorder that

affects approximately 1 % of people over the age

of 60 years. Therapy should be started as soon as

the diagnosis of PD is made.

Dopamine agonists (DA) are considered effica-

cious and safe and are especially recommended





Einleitung

Das idiopathische Parkinson-Syndrom (IPS) ist nach der De-

menz vom Alzheimer-Typ die zweithäufigste neurodegenera-

tive Erkrankung und betrifft etwa 1 % der > 60-Jährigen. Der

mittlere Erkrankungsbeginn liegt bei ca. 60 Jahren. Die Er-

krankungshäufigkeit nimmt mit dem Alter stark zu und wegen

der demographischen Entwicklung unserer Gesellschaft ist in

den kommenden Jahrzehnten mit einer deutlichen Zunahme

der Prävalenz zu rechnen. Etwa 10 % der Betroffenen erkran-

ken vor dem 40. Lebensjahr („young onset“).

Motorische Symptome der Erkrankung treten auf, wenn es in

der kontralateralen Substantia nigra pars compacta zu einem

Zellverlust von 40–50 % kommt. Das nigrostriatale System

kann diesen Zellverlust offenbar durch verschiedene Mecha-

nismen lange Zeit kompensieren [1].

Bereits viele Jahre vor dem Auftreten der motorischen Symp-

tome lässt sich aber eine Frühphase der Erkrankung abgren-

zen. In diesem Stadium können Symptome wie Depressionen,

Angstzustände, Obstipation, Hyposmie und die so genannte

REM-Schlaf-Verhaltensstörung auftreten. Die REM-Schlaf-

Verhaltensstörung ist eine Erkrankung, die mit wilden hefti-

gen Albträumen und einem Ausagieren dieser Träume einher-

geht. Patienten mit einer REM-Schlaf-Verhaltensstörung wei-

sen ein sehr hohes Risiko auf, an einem IPS zu erkranken [2];

die anderen Frühsymptome sind allerdings unspezifisch.

Die motorischen Kardinalsymptome der Erkrankung sind:

– Bradykinesie (progressive Verlangsamung und Abnahme

der Amplitude bei repetitiven Bewegungen über die Zeit),

– Ruhetremor (4–6-Hz-Tremor),

– Rigor,


– Posturale Instabilität (tritt in mittleren oder fortgeschritte-

nen Krankheitsstadien auf).

Entsprechend den „UK Parkinson’s Disease Brain Bank cri-

teria“ erhöhen 2 zusätzliche Kriterien (Asymmetrie der Symp-

tome und ein gutes Ansprechen auf eine dopaminerge Thera-

pie) die Treffsicherheit der Diagnose IPS deutlich [3]. Proble-

matisch ist aber, dass die posturale Instabilität oft spät im

Krankheitsverlauf auftritt, die Asymmetrie zunehmend auch

bei atypischen Parkinson-Syndromen beschrieben wird und

bei atypischen Erkrankungen – zumindest in frühen Krank-

heitsstadien – ein gutes Ansprechen auf eine dopaminerge

Therapie vorliegen kann [4].

Mit zunehmender Krankheitsdauer schreitet der neurodege-

nerative Prozess fort und es kommt neben der Degeneration

des dopaminergen Systems zum Übergreifen auf andere

Transmittersysteme (noradrenerge, cholinerge und serotoner-

ge Degeneration). Dieses Stadium ist einerseits durch das

Auftreten von Wirkungsfluktuationen und andererseits durch

das Auftreten von Symptomen charakterisiert, die auf die

dopaminerge Ersatztherapie nicht oder nur schlecht anspre-

chen, wie z. B. Gleichgewichtsstörungen und Stürze oder

nichtmotorische Symptome (Demenz, Depressionen, Psycho-

se, Miktionsstörungen, Obstipation, orthostatische Dysregu-

lation) [5, 6]. Es sind in erster Linie die neuropsychiatrischen

Komplikationen der Erkrankung, wie Demenz und Psychose,

die einen massiven Effekt auf die Lebensqualität der Parkin-

son-Patienten im fortgeschrittenen Erkrankungsstadium haben.

Aber auch im Frühstadium der Erkrankung treten sehr häufig

for treatment in younger patients in combination

with levodopa or as a monotherapy. Levodopa

should be considered when there is a lack of effi-

ciency with DAs or side effects impede sufficient

symptom control in younger patients. In contrast,

levodopa is recommended in older patients as

monotherapy as the first-line option, as it shows

high efficacy and good safety. DAs have a worse

short-term risk profile compared to levodopa,

causing more neuropsychiatric and non-motor

side effects. Rasagiline possibly delays clinical

progression in early stages of PD. It is therefore

still considered a good choice for younger pa-

tients with mild symptoms. J Neurol Neurochir



Psychiatr 2013; 14 (3): 103–7.

Key words: Parkinson’s disease, treatment, mo-

tor symptoms

Eingelangt am 13. Mai 2013; angenommen am 4. Juli 2013; Pre-Publishing Online

am 12. August 2013

Aus dem Hartmannspital Wien

Korrespondenzadresse: Univ.-Doz. Dr. med. Willi Gerschlager, Hartmannspital,

A-1050 Wien, Nikolsdorfergasse 26; E-Mail: office@parkinsonberatung.at



For personal use only. Not to be reproduced without permission of Krause & Pachernegg GmbH.


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J NEUROL NEUROCHIR PSYCHIATR 2013; 14 (3)



Morbus Parkinson: Therapie im Frühstadium

„nichtmotorische“ Symptome auf. In einer rezenten Studie

mit 1072 Betroffenen in verschiedenen Krankheitsstadien

konnte gezeigt werden, dass alle Studienteilnehmer an min-

destens einem „nichtmotorischen“ Symptom leiden [7]. Ins-

gesamt waren Müdigkeit und Angst die häufigsten Sympto-

me; im Frühstadium der Erkrankung wurden Angst und De-

pressionen als die häufigsten nichtmotorischen Symptome

genannt. Nichtmotorische Symptome können im klinischen

Alltag leicht „übersehen“ werden und sollten vom behandeln-

den Arzt gezielt angesprochen werden [8].





Therapie

Die Einführung von oralem Levodopa in den 1970er-Jahren

hat die Parkinson-Therapie revolutioniert. Weiterhin bleibt

Levodopa (oder L-Dopa) das am stärksten wirksame dopa-

minerge Therapeutikum.

Das frühe Stadium der Erkrankung ist durch ein sehr gutes

Ansprechen auf die dopaminerge Therapie gekennzeichnet

und Levodopa wirkt auf alle Kardinalsymptome wie Brady-

kinese, Rigor und Tremor. Eine längere Einnahme von Levo-

dopa ist aber mit dem Auftreten von motorischen Komplika-

tionen wie Wirkungsfluktuationen und Dyskinesien assozi-

iert. Die Häufigkeit des Auftretens motorischer Komplikatio-

nen beträgt ungefähr 10 % pro Jahr. Nach 10 Jahren Therapie

mit Levodopa entwickeln fast alle Patienten zumindest milde

motorische Komplikationen. Epidemiologische Studien haben

ergeben, dass v. a. Patienten mit einem frühen Krankheits-

beginn oft sehr rasch klinisch relevante motorische Kompli-

kationen entwickeln können, während das Risiko bei älteren

Betroffenen mit einem späten Erkrankungsbeginn deutlich

geringer ist; außerdem korreliert das Risiko mit der Erkran-

kungsdauer, der Dauer der Levodopa-Therapie und der tägli-

chen Levodopa-Dosis [9].



Therapie im Frühstadium

Die medikamentöse Therapie des IPS sollte möglichst früh

nach Diagnosestellung begonnen werden, weil dadurch der

Krankheitsverlauf möglicherweise günstig beeinflusst wer-

den kann. Zahlreiche Medikamente stehen für die Behand-

lung des IPS zur Verfügung (Tab. 1).

MAO-B-Hemmer (Selegilin, Rasagilin)

Selegilin und Rasagilin wirken über eine Hemmung der Mo-

noaminooxidase (MAO). Beide Präparate weisen eine milde

symptomatische Wirkung auf. Rasagilin wird im Gegensatz

zu Selegilin nicht zu Amphetaminderivaten metabolisiert und

gilt daher als besser verträglich. Rasagilin ist ein moderner,

irreversibler selektiver MAO-B-Hemmer. Es hemmt die

MAO-B 5–10-fach stärker als Selegilin. Rasagilin wird von

Beginn an in einer Dosis von 1 mg 1× täglich gegeben.

Als Monotherapie wurde die Wirksamkeit von Rasagilin in

der TEMPO-I-Studie überprüft [10]. In dieser Studie haben

404 Patienten entweder Placebo (138 Patienten) oder Rasagi-

lin 1 mg/Tag (134 Patienten) oder Rasagilin 2 mg/Tag (132

Patienten) über 26 Wochen erhalten. Der primäre Zielpara-

meter war die Veränderung gegenüber dem Ausgangswert des

Gesamtscores der Unified Parkinson’s Disease Rating Scale

(UPDRS, Teile I–III). Im Vergleich zu Placebo kam es in der

1-mg-Rasagilin-Gruppe zu einer signifikanten Besserung des

mittleren Punktwerts um 4,2 Punkte. In einer Folgestudie er-

hielt nun die Placebogruppe ebenfalls Rasagilin 1 mg. Nach

26 Wochen waren die UPDRS-Werte der Patienten, die von

Anfang an auf Rasagilin eingestellt waren, besser als die

Gruppe, die erst nach 26 Wochen auf Rasagilin eingestellt

wurde [11]. Aus diesen Daten und Folgestudien wie ADAGIO

wird ein möglicher „krankheitsmodulierender oder neuro-

protektiver“ Effekt von Rasagilin abgeleitet [12]. Die Unter-

schiede im Gesamt-UPDRS-Score zwischen den früh bzw.

den „verzögert“ behandelten Patienten waren aber gering.

Eine abschließende Beurteilung dieser Studien in Bezug auf

eine krankheitsmodulierende Wirkung von Rasagilin ist der-

zeit nicht mit Sicherheit möglich. Die symptomatische Wir-

kung von Rasagilin ist jedenfalls geringer als die von Dopa-

minagonisten oder Levodopa.

Rasagilin wird bei Parkinson-Patienten mit motorischen

Fluktuationen empfohlen. Der Einsatz von Rasagilin in frü-

hen Krankheitsstadien ist wegen der möglichen krankheits-

modulierenden Wirkung von besonderem Interesse. Rasagilin

ist in der Regel gut verträglich. Bei gleichzeitiger Gabe von

Rasagilin mit serotonergen Medikamenten (z. B. selektiven

Serotonin-Wiederaufnahmehemmern [SSRI]) kann ein Sero-

tonin-Syndrom induziert werden; diese Gefahr ist allerdings

in der klinischen Praxis als sehr gering einzustufen.

Amantadin

Amantadin wirkt über eine Blockade am NMDA-Rezeptor.

Amantadin hat einen schwachen Effekt auf die motorischen

Symptome. In frühen Krankheitsstadien kann eine Mono-

oder Kombinationstherapie mit anderen dopaminergen Medi-

kamenten sinnvoll sein. Die Tagesdosis liegt bei ca. 200–

300 mg. Die Therapie wird in der Regel mit 100 mg 1 × 1 be-

gonnen und langsam pro Woche um 100 mg erhöht. Amanta-

din sollte nicht nach 14:00–15:00 Uhr eingenommen werden,

weil sonst Schlafstörungen auftreten können.

Amantadin hat jedoch einen positiven Effekt auf Dyskinesien,

die nach längerer Therapie mit Levodopa in fortgeschrittenen

Krankheitsstadien auftreten können, und hat deshalb in der The-

rapie des fortgeschrittenen IPS eine Renaissance erlebt [13].

Zentrale Nebenwirkungen wie Psychose, Schlafstörungen

und Verwirrtheitszustände können (besonders in älteren und

kognitiv beeinträchtigten Patienten) auftreten. Periphere Ne-

benwirkungen wie Livedo reticularis und Knöchelödeme tre-

ten sehr selten auf.

Anticholinergika

In Europa werden Anticholinergika seit Mitte des 19. Jahr-

hunderts in der Therapie des IPS eingesetzt. Es liegen nur



Tabelle 1: Therapeutische  Optionen

– MAO-B-Hemmer (Selegilin, Rasagilin)

– Amantadin

– Anticholinergika

– Levodopa

– Levodopa plus COMT-Hemmer

– Dopaminagonisten



J NEUROL NEUROCHIR PSYCHIATR 2013; 14 (3)

Morbus Parkinson: Therapie im Frühstadium

105

wenige Daten aus kontrollierten Studien vor. Anticholiner-

gika führen zu einer geringen bis mäßigen Verbesserung der

Kardinalsymptome der Erkrankung [14]. Die zahlreichen Ne-

benwirkungen (Cave: kognitive Störungen, Verwirrtheits-

zustände, Engwinkelglaukom, Prostatahypertrophie) limitie-

ren den Einsatz. Anticholinergika sollten besonders bei älte-

ren Patienten nicht oder nur äußerst zurückhaltend verwendet

werden. In frühen Krankheitsstadien kann bei jüngeren Be-

troffenen ein Einsatz in der Mono- bzw. als Kombinations-

therapie überlegt werden.

Levodopa


Da Dopamin die Blut-Hirn-Schranke nicht passiert, wird

Dopamin als Levodopa verwendet. Levodopa wird immer ge-

meinsam mit einem Decarboxylasehemmer (Benserazid oder

Carbidopa) gegeben, um die Umwandlung von Levodopa in

Dopamin in der Peripherie zu blockieren und Nebenwirkun-

gen wie Übelkeit zu vermeiden. In der Regel beginnt man mit

150–300 mg Levodopa täglich, aufgeteilt auf 3 Einzeldosen.

Unter ambulanten Bedingungen sollte die Aufdosierung lang-

sam in Schritten von ca. 100 mg Levodopa pro Woche erfol-

gen, bis eine ausreichende Symptomkontrolle erreicht ist. Po-

sitive Effekte können auch noch um einige Wochen zeit-

verzögert einsetzen. Falls Nebenwirkungen wie Übelkeit oder

Erbrechen auftreten, kann entweder die Dosis reduziert oder

zusätzlich ein peripherer Dopaminantagonist wie Domperi-

don angewendet werden.

Standard-Levodopa hat eine kurze Halbwertszeit (HWZ) von

etwa 90 Minuten. Multiple Gaben von Standard-Levodopa

führen daher zu einer pulsatilen Stimulation der Dopamin-

rezeptoren, zu Spitzen der Levodopa-Plasmaspiegel und

vermutlich auch der striatalen Dopaminspiegel. Diese pul-

satile Stimulation wird für die Entwicklung von später im

Krankheitsverlauf auftretenden motorischen Komplikationen

verantwortlich gemacht. Es gibt keine Hinweise, dass eine

Therapie mit Levodopa die Progredienz der Erkrankung

beschleunigt [15]. In einer rezenten Studie konnte gezeigt

werden, dass der Effekt von Levodopa auf die motorischen

Symptome über die gesamte Erkrankungsdauer erhalten bleibt

[16].


Mit der Nahrung aufgenommene Aminosäuren behindern die

Resorption von Levodopa und sind eine häufige Ursache von

verzögertem Wirkungseintritt („delayed on“) bzw. fehlender

Wirkung. Levodopa sollte daher auf „nüchternen Magen“,

d. h. ca. 30–60 Minuten vor oder 60–90 Minuten nach dem

Essen, eingenommen werden.

COMT-Hemmer, Kombination von Levodopa/Carbidopa/Enta-

capon


Die Blockade der Catechol-O-Methyltransferase (COMT)

durch Entacapon (einen reversiblen COMT-Hemmer) ist eine

Möglichkeit, die Levodopa-Spiegel im Serum „stabil“ zu hal-

ten. Da Levodopa immer gemeinsam mit einem Decarboxyla-

sehemmer gegeben wird, kommt der Metabolisierung über

COMT besondere Bedeutung zu. COMT-Hemmer erhöhen

die Bioverfügbarkeit und verlängern die Levodopa-HWZ im

Plasma (Abb. 1). Entacapon hat eine relativ kurze HWZ, da-

her muss die Einnahme jeweils gemeinsam mit Levodopa er-

folgen.


Die meisten Nebenwirkungen von Entacapon wie Übelkeit,

Brechreiz, Dyskinesien und Psychose erklären sich durch die

verstärkte dopaminerge Wirkung. Weiters können Diarrhö

und eine Verfärbung des Urins auftreten.

Entacapon verlängert als „Add-on“-Therapie zu Levodopa

die „On“-Phasen von Patienten mit motorischen Fluktuatio-

nen und führt zu einer Besserung der motorischen Symptome.

In einer rezenten Studie (STRIDE-PD) konnte aber gezeigt

werden, dass durch eine frühe Therapie mit Levodopa plus

Entacapon im Vergleich zu einer Monotherapie mit Standard-

Levodopa das Auftreten von motorischen Komplikationen

nicht verzögert wird [17]. Das Auftreten von motorischen

Fluktuationen in einem fortgeschrittenen Krankheitsstadium

ist jedenfalls eine Indikation für den Einsatz von COMT-

Hemmern.

Dopaminagonisten (DA)

Dopaminagonisten haben eine komplexe pharmakodynami-

sche Wirkungsweise. Sie haben im Vergleich zu Levodopa

eine zumeist längere HWZ, aber auch einen langsameren

Wirkungseintritt (Tab. 2). Die neueren Dopaminagonisten

Pramipexol, Ropinirol und Rotigotin (als Hautpflaster) sind

im Gegensatz zu den anderen DA keine Mutterkornalkaloid-

Derivate [18]. Ergot-Derivate sind mit einem erhöhten Risiko

einer Fibrose der Herzklappen assoziiert, deshalb werden in

der Regel nichtergoline DA verwendet [19].

Pramipexol und Ropinirol stehen auch als Retardformulierun-

gen (Anwendung 1× täglich im Vergleich zu 3× täglich bei der

Standardformulierung) zur Verfügung. Klinische Effekte und

Nebenwirkungen der Retardformulierung sind im Wesentli-

chen äquivalent mit der Standardformulierung [20, 21].



Tabelle 2: Dopaminagonisten und deren empfohlene Tages-

Höchstdosis



Substanz

Tagesdosis (mg)

Pergolid


5

Cabergolin

4

Ropinirol



24

Pramipexol

4

Rotigotin



16

Abbildung 1: Die HWZ von Levodopa wird durch einen COMT-Hemmer verlängert


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J NEUROL NEUROCHIR PSYCHIATR 2013; 14 (3)



Morbus Parkinson: Therapie im Frühstadium

Die Nebenwirkungen der DA erklären sich zum Teil durch die

dopaminerge Wirkung und umfassen Übelkeit, Erbrechen,

posturale Hypotension und Dyskinesien. Außerdem können

Benommenheit, Tagesmüdigkeit und Knöchelödeme auftre-

ten. Sie verursachen allerdings häufiger als Levodopa neuro-

psychiatrische Komplikationen wie Halluzinationen und Psy-

chosen. Besonders ältere Patienten und solche mit kognitiven

Defiziten haben ein erhöhtes Risiko, diese Komplikationen zu

entwickeln [22, 23].

Unter einer Therapie mit DA treten auch signifikant häufiger

so genannte Störungen der Impulskontrolle wie Spielsucht,

Hypersexualität, Essanfälle und Kaufrausch auf [24]. Rezente

Studien haben gezeigt, dass die Prävalenz dieser Störungen

bei ca. 13 % liegt [25]. Vor einer Therapie mit einem DA soll-

ten die Patienten über diese möglichen Nebenwirkungen um-

fassend aufgeklärt werden. Störungen der Impulskontrolle

sind schwierig zu behandeln; letztlich muss aber der DA redu-

ziert oder abgesetzt werden.

Eine initiale Monotherapie mit DA führt im Vergleich zu

Levodopa über einen Beobachtungszeitpunkt von 2–5 Jahren

signifikant seltener zum Auftreten von motorischen Kompli-

kationen [26, 27]. Langzeitstudien über einen Beobachtungs-

zeitraum bis zu 14 Jahren zeigen aber, dass Patienten, die

initial mit Levodopa behandelt wurden, zwar signifikant häu-

figer motorische Komplikationen entwickeln als Patienten,

die zuerst auf einen DA eingestellt wurden; allerdings treten

klinisch relevante starke Dyskinesien in beiden Gruppen etwa

gleich häufig auf [28]. Außerdem zeigen alle randomisierten

Vergleichsstudien einer Levodopa-Therapie versus Therapie

mit einem DA eine bessere symptomatische Wirksamkeit von

Levodopa.



Therapieempfehlungen

Derzeit wird eine initiale Monotherapie mit einem DA emp-

fohlen [29]. Wenn keine befriedigende Kontrolle der motori-

schen Symptome erreicht wird, sollte zusätzlich Levodopa

gegeben werden. Diese Vorgangsweise wird in erster Linie für

Patienten mit einem frühen Krankheitsbeginn empfohlen,

weil gerade diese Patientengruppe zu heftigen und früh im

Krankheitsverlauf auftretenden motorischen Komplikationen

neigt. Bei > 70–Jährigen wird eine initiale Monotherapie mit

Levodopa empfohlen, DA sollten nicht oder nur zurückhal-

tend eingesetzt werden, weil sie deutlich häufiger mit neuro-

psychiatrischen Nebenwirkungen assoziiert sind, außerdem

entwickeln ältere Patienten in der Regel nur selten klinisch

relevante Dyskinesien.

Bei jüngeren Patienten kann auch eine initiale Monotherapie

mit Rasagilin oder eine Kombination von Rasagilin mit ande-

ren dopaminergen Medikamenten überlegt werden. Alternativ

kann der Therapiebeginn bei jüngeren Betroffenen auch mit

Amantadin erfolgen; dadurch könnte in dieser Patienten-

gruppe der Beginn einer Therapie mit Levodopa verzögert

werden.

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Relevanz für die Praxis

Das idiopathische Parkinson-Syndrom (IPS) ist die zweit-

häufigste neurodegenerative Erkrankung. Etwa 1 % der

> 60-Jährigen ist betroffen.

Die medikamentöse Therapie sollte möglichst frühzeitig,

also unmittelbar nach Diagnosestellung, erfolgen.

Das frühe Stadium der Erkrankung ist zumeist durch ein

sehr gutes Ansprechen auf die dopaminerge Therapie ge-

kennzeichnet.

Bei Patienten mit einem frühen Krankheitsbeginn sollte die

Ersteinstellung mit einem Dopaminagonisten erfolgen. Bei

> 70-Jährigen wird allerdings eine initiale Monotherapie

mit Levodopa empfohlen, weil ältere Patienten nur selten

klinisch relevante Dyskinesien entwickeln.

Bei > 70-Jährigen sollten Dopaminagonisten nur sehr zu-

rückhaltend eingesetzt werden, weil sie, im Vergleich zu

Levodopa, häufiger mit neuropsychiatrischen Nebenwir-

kungen assoziiert sind.

Dopaminagonisten können zu Störungen der Impuls-

kontrolle (z. B. Hypersexualität oder Spielsucht) führen.

Patienten sollten vor Therapiebeginn unbedingt auf diese

Nebenwirkungen hingewiesen werden.





Interessenkonflikt

Der Autor verneint einen Interessenkonflikt.




J NEUROL NEUROCHIR PSYCHIATR 2013; 14 (3)

Morbus Parkinson: Therapie im Frühstadium

107

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Univ.-Doz. Dr. med. Willi Gerschlager

Geboren 1967. Ausbildung zum Facharzt für

Neurologie an der Universitätsklinik Wien

und in London, Queen Square, von 1994–

2002. Habilitation mit Arbeiten zum Thema

Parkinson-Syndrom 2003. Arbeitet als Fach-

arzt für Neurologie am Hartmannspital,

Wien, und als Wahlarzt.

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