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Modul Konflikt
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4.5 Handout: Übung Perspektivenwechsel
Perspektivenwechsel 1
Sie stellen sich auf das Blatt mit dem A (Ich selbst).
Der/die Partner/in fragt folgende Fragen der Reihe nach:
• Wie geht es dir? Was siehst du? Was hörst du? Was fühlst du?
• Was will dir dein Gegenüber „B“ mitteilen?
• Welche Absicht liegt dahinter?
• Welche Handlungsalternativen ergeben sich?
Perspektivenwechsel 2
Stellen Sie sich auf B (Sie sind nun Ihr Gegenüber!)
Der/die Partner/in fragt folgende Fragen der Reihe nach:
• Wie geht es dir? Was siehst du? Was hörst du? Was fühlst du?
• Was will dir dein Gegenüber „A“ mitteilen?
• Welche Absicht liegt dahinter?
• Welche Handlungsalternativen ergeben sich?
Perspektivenwechsel 3
Stellen Sie sich auf C (Sie sind nun C, der Adler!)
Der/die Partner/in fragt folgende Fragen der Reihe nach:
• Wie geht es dir? Was siehst du? Was hörst du? Was fühlst du?
• Was wollen „A“ und „B“ mitteilen?
• Welches gemeinsame Ziel verfolgen sie?
• Welche Handlungsalternativen ergeben sich für „A“ und „B“?
Perspektivenwechsel 4
Stellen Sie sich wieder auf Position A (Sie sind nun A: „Ich selbst“)
Der/die Partner/in fragt folgende Fragen der Reihe nach:
• Wie geht es dir? Was siehst du, hörst du, fühlst du?
• Was hat sich verändert?
• Welche Handlungsalternativen ergeben sich nun?
Quelle: Feustel, Bert und Komarek, Iris (2006): nLP-Trainingsprogramm. Südwest, München.
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4.6 Handout: Modell der „Konfliktdynamik“ nach Glasl
Im Modell der „Konfliktdynamik“ beschreibt Glasl (2004) psychologische Einzelphänomene, die während
eines Konflikts, möglicherweise bei den Beteiligten, auftreten können. Es handelt sich um innerpsychische
Vorgänge, die sich der Außenwelt durch ein bestimmtes Verhalten zeigen.
Glasl führt die Einzelphänomene der Innenwelt mit denen der Außenwelt zusammen und stellt fest, dass
diese, egal ob sie einzeln oder in Kombination auftreten, zur Konfliktdynamik und Konflikteskalation beitra-
gen. Auch wenn beim Einzelnen nicht in jedem Konfliktfall alle Phänomene vorhanden sind, so verdeutlicht
das Modell doch in angemessener schematisierter Weise, die Basismechanismen, die bei jedem Menschen
wirken können. Glasl sieht die Zusammenhänge der Vorgänge zwischen Innen- und Außenwelt als einen
Wechselwirkungsprozess: So haben die Vorgänge der Innenwelt eine Wirkung auf die Außenwelt, diese be-
einflussen wiederum Vorgänge der Innenwelt.
Innenwelt
Außenwelt
Wahrnehmung
Selektive Aufmerksamkeit
Kognitive Komplexitätsreduktion
Gefühle
Verhalten
Effekte
Sozialer Autismus
Worte
Subjektive
Fähigkeit zur Empathie nimmt ab
Taten
Wirkung
Überempfindlichkeit steigt
nonverbale
Objektive
Botschaften
Wirkung
Wille
Regressionseffekt
Abbildung: Modell der Konfliktdynamik nach Glasl (2004) zit. nach Große Boes und Kaseric (2008): Trainer-Kit. Die wichtigsten Trainings-Theorien,
ihre Anwendung im Seminar und Übungen für den Praxistransfer.
In der Innenwelt finden sich nach Glasl die drei Aspekte „Wahrnehmung“, „Gefühle“ und „Wille“. Sie bedin-
gen einander, beeinflussen einander, verstärken sich gegenseitig. Wir könnten uns auch einen „Teufelskreis“
vorstellen.
„Verhalten“ und „Effekte“ zeigen sich in der Außenwelt. Bedingt durch innerpsychische Vorgänge wirkt Ver-
halten entsprechend. Eigenes Verhalten wirkt sich auf das Verhalten des Gegenübers (objektive Wirkung) wie
auch auf das eigene (subjektive Wirkung) aus.
4.6.1 Wahrnehmung
Glasl (2004) beschreibt, dass in Konflikten typischerweise die Wahrnehmungsfähigkeit sowie das Denk- und
Vorstellungsvermögen der Beteiligten angegriffen werden. So wird die Sicht auf sich selbst, die Sicht auf den/
die Gegner/in, auf die vorhandenen Probleme und Geschehnisse eingeschränkt wahrgenommen, verzerrt und
einseitig betrachtet. Wahrnehmung wird selektiv auf problematische Aspekte hin verzerrt und die Fähigkeit
komplexe Inhalte zu verarbeiten reduziert.
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Selektive Aufmerksamkeit (vgl. Glasl, 2004)
Zu einer selektiven Aufmerksamkeit kommt es durch eine begrenzte Verarbeitungskapazität für mentale Pro-
zesse. Im Organismus ist ein „Filter“ vorhanden, der hilft diese Komplexität der Umwelteinflüsse zu bewälti-
gen, er lenkt die Aufmerksamkeit auf gerade relevante Aspekte. Dies kann in Konfliktsituationen dazu führen,
dass Betroffene konzentriert negative Aspekte über den/die Gegner/-in sammeln.
Kognitive Komplexitätsreduktion (vgl. Glasl 2004)
Unter Kognition verstehen wir mentale Prozesse (Gedanken, Meinungen, Einstellungen, Wünsche und Ab-
sichten). Ebenso fallen Informationsverarbeitungsprozesse, in denen neues gelernt und Wissen verarbeitet
wird (Denken), unter den Begriff Kognition. In Konfliktsituationen vereinfacht sich diese Verarbeitung von In-
formationen drastisch. Dies zeigt sich darin, dass Informationen verarbeitet werden, die in das Konfliktschema
passen und z. B. weitere Gründe dafür liefern, den/die Gegner/-in als Feind/-in zu sehen. Informationen mit
gegenteiligem Gehalt werden wiederum nicht wahr genommen. Typischerweise werden auch Ursache-Wir-
kungsphänomene stark vereinfacht/verzerrt, sodass sich ein sogennantes „Schwarz-Weiß-Denken“ einstellt.
Gefühle (vgl. Glasl, 2004)
Das Gefühlsleben der Konfliktparteien wird in Konflikten stark in Mitleidenschaft gezogen. Einerseits gibt es
Verständnis, Sympathie und andererseits wiederum Ablehnung und Antipathie. Starke Emotionen, die sich
zunehmend verfestigen – in denen sich die Gegner/-innen gefangen sehen, entwickeln sich. Diese sich „fest-
gefahrenen“ Gefühle bekommen laut Glasl (2004) ein „Eigenleben“. Phänomene des sozialen Autismus, der
Abnahme der Fähigkeit zur Empathie und eine gesteigerte Überempfindlichkeit zeigen sich.
Sozialer Autismus (vgl. Glasl, 2004)
Aus der Gefühlswahrnehmung entwickelt sich eine gesteigerte Selbstwahrnehmung. Das Rundherum, ins-
besondere das Befinden der anderen Konfliktparteien, wird stark reduziert wahrgenommen. Dafür rückt die
Empfindung des Selbst ins Zentrum des Gefühlslebens.
Abnahme des Einfühlungsvermögens (vgl. Glasl, 2004)
Jemand der empathisch ist, kann sich in einen anderen Menschen hineinversetzen, Gefühle teilen und Ein-
sicht in sein Handeln gewinnen. Dies gelingt durch das Einnehmen der Perspektive der anderen Person,
somit werden Reaktionen der/des Anderen begreifbar. Mit Abnahme dieser Fähigkeit, im Zuge eines eskalie-
renden Konflikts, erhöht sich auch die Gewaltbereitschaft.
Überempfindlichkeit steigt (vgl. Glasl, 2004)
Überempfindliche Personen nehmen weit über dem durchschnittlichen Wahrnehmungsniveau wahr. Es be-
steht dabei ein Zusammenhang mit der Verarbeitungsfähigkeit im Gehirn. Konflikte lassen eine Überempfind-
lichkeit aus einer Übererregung entstehen. Ebenso kann sich eine gesteigerte Unsicherheit entwickeln, die
wiederum weitere Eskalationen bedingt.
4.6.2 Wille (vgl. Glasl, 2004)
Konflikte sind auch mit Veränderungen auf der Willensebene verbunden. Der Fokus liegt mehr und mehr auf
eigenen Interessen. In diesem Zusammenhang überrascht das zerstörerische Verhalten z.B. dann, wenn
jemand plötzlich in der Lage ist andere zu hassen.