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2.
Für jedes Jahr des Projektionszeitraums wird eine
HGB Gewinn- und Verlustrech-
nung gerechnet. Zusätzlich zum normalen HGB Jahresüberschuss oder –fehlbetrag
erfolgt eine (steuerfreie) Kapitalentnahme oder –zufuhr im Hinblick auf das für die
Folgeperiode benötigte Kapital.
3.
Das in jeder Periode im Unternehmen verbleibende Required Capital wird mit der
risikofreien Forwardrate angelegt, wobei wie bereits erwähnt nach jedem Projekti-
onsjahr nicht mehr benötigte Anteile entnommen werden. Durch diese Entnahmen
zuzüglich der risikofreien Zinserträge reproduziert sich das erforderliche Eigenkapi-
tal zum Ausgangszeitpunkt.
4.
Im Hinblick auf das für die jeweilige Bilanzperiode benötigte Kapital sind in diesen
HGB Projektionsrechnungen insgesamt folgende Positionen enthalten:
a.
Erträge aus der Verzinsung mit dem Forwardzins (welche für die vollständi-
ge Reproduktion des Required Capitals zum Ausgangszeitpunkt benötigt
werden),
b.
Aufwand für das Kapitalanlagemanagement des Required Capitals (Teil 1
der friktionalen Kosten) sowie
c.
Aufwand aus der Besteuerung der Zinserträge aus a) (Teil 2 der friktionalen
Kosten).
Die friktionalen Kosten sind also in einer vollumfänglichen HGB Bilanzprojektion
automatisch korrekt abgebildet.
5.
Aus der Projektion der HGB Gewinn- und Verlustrechnung über den Projektionsho-
rizont gemäß der spezifizierten Managementregeln ergibt sich dann der
Present
Value of Future Profits automatisch als
a.
Barwert der Jahresüberschüsse oder –fehlbeträge
b.
abzüglich der risikofreien Erträge auf das Required Capital –
c.
bereinigt um die friktionalen Kosten.
Dabei ergeben sich die Anteile b) und c) wie bereits zuvor erläutert aus der norma-
len HGB Gewinn- und Verlustrechnung für das im Unternehmen verbliebene Requi-
red Capital.
6.
Durch die die skizzierte Vorgehensweise mittels Sonderausschüttung / -zufuhr zu
Beginn und Barwertbetrachtung der Jahresüberschüsse oder –fehlbeträge inkl. der
Kapitalentnahmen oder –zufuhren über den gesamten Projektionsverlauf sind so-
mit
a.
der Free Surplus / das Free Deficit,
b.
das Required Capital sowie
c.
der Present Value of Future Profits vermindert um friktionale Kosten
- 11 -
konzeptionell richtig beschrieben. In dieser Projektionsrechnung nicht enthalten
sind die Kosten der Risikotragung, die noch für die Berechnung des Value in Force
in Abzug gebracht werden müssen. Diese können gemäß der HGB Vorschriften
nicht in der GuV angesetzt werden, sondern müssten nachgelagert als (Soll) Divi-
dendenentnahme modelliert werden.
7.
Um an dieser Stelle komplexe Managementregeln (in Abhängigkeit von den erziel-
ten Jahresüberschüssen / -fehlbeträgen) zu vermeiden, wurden die
Kapitalkosten
aber nicht als Dividendenentnahme modelliert, sondern nachträglich als (insge-
samt zu erzielende) Sollwerte von den insgesamt realisierten Istwerten abgezogen.
8.
Das Endergebnis aus der gesamten Projektionsrechnung verringert um die Kapital-
kosten ergibt dann den
MCEV.
In der nachfolgenden Abbildung ist zuvor die erläuterte Vorgehensweise (vor Anrechnung
der geforderten Kapitalkosten) illustriert.
Abbildung 5: HGB Bilanzprojektionen zur Berechnung des MCEV vor Kapitalkosten.
Diese Vorgehensweise ermöglicht nicht nur eine präzise Abbildung des MCEV im Rahmen
der üblichen Rechnungslegungsvorschriften, sondern auch einen möglichst einfachen und
natürlichen Übergang von einer deterministischen zu einer stochastischen Berechnung.
Aktiva
Passiva
Aktiva
Passiva
Aktiva
Passiva
Buchwert
Assets
backing SHE
Buchwert SHE
Markwert
Assets
backing RC
Markwert RC
(für die akt.
Periode)
Markwert
Assets
backing RC
Markwert RC
(für die akt.
Periode)
Buchwert
Assets
backing
Liabilities
Buchwert
Liabilities
Buchwert
Assets
backing
Liabilities
Buchwert
Liabilities
Buchwert
Assets
backing
Liabilities
Buchwert
Liabilities
HGB Bilanz t = 0 (vor SA)
HGB Bilanz t = 0 (nach SA)
HGB Bilanz t = 1
Sonderaus-
schüttung
des FS
GuV + Ent-
nahme von
freiem RC
Barwert aller Gewinne & Verluste
sowie aller Kapitalentnahmen
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3
MCEV & ökonomisches Kapital für ein Beispielunternehmen
Um die Höhe der Abschläge bei einem Embedded Value ohne Renewals im Vergleich zum
ökonomischen Kapital (und damit die ökonomische Modellrelevanz) zu testen, wurde für
das fiktive Beispiel der Feldafinger Brandkasse (entnommen aus [3] mit den Zahlen aus den
Bearbeitungen in [10] und [12]) ein EXCEL Simulationsmodell konzipiert, das die determi-
nistischen Projektionsrechnungen zur Berechnung des Opening MCEV zum Jahresbeginn,
die stochastischen Projektionsrechnungen (für eine einzelne Simulation) zur Berech-
nung des Closing MCEV zum Jahresende und die Durchführung eines gesamten Simula-
tionslaufes vornimmt.
Da das Beispiel unabhängig vom Bilanzierungszeitpunkt ist, wurden alle Berechnungen
ausgehend von einer Ausgangsperiode t = 0 auf die Folgeperiode t = 1 durchgeführt. Da-
mit die Berechnungen aber konsistent mit den vorliegenden Daten sind, wurde diejenige
CEIOPS Zinsstrukturkurve zugrunde gelegt, die zum Entstehungszeitpunkt der Beispielda-
ten maßgeblich war – mit einem mittleren Zins um die 4,5% für die Cashflows des Berech-
nungsbeispiels. Bei einer geänderten Zinsstrukturkurve müssten entweder die Annahmen
im Hinblick auf die stillen Reserven der Aktiva oder die Annahmen im Hinblick auf die Kapi-
talanlagestruktur geändert werden; man hätte dann aber ein anderes Beispiel. Ergänzend
hierzu werden aber in einem gesonderten Abschnitt die Auswirkungen von Zinsänderun-
gen betrachtet.
3.1
Deterministische Projektionsrechnungen
Der Modellaufbau umfasst zunächst einmal die Eingabe der Beispieldaten, die determi-
nistischen Projektionen der
Bestandsentwicklung über den gesamten Modellierungszeit-
raum sowie die deterministischen Projektionen des für das gewählte Geschäftsmodell er-
forderlichen Kapitals zusammen mit den dazu korrespondierenden
Kapitalkosten. Als
Endresultat ergibt sich dann der Opening MCEV zum Jahresbeginn, der mit dem determi-
nistischen ökonomischen Kapital zu diesem Zeitpunkt verglichen werden kann. Dieses
erhält man aus einer (deterministischen) Umbewertung des IFRS Kapitals zum Ausgangs-
zeitpunkt.
3.1.1 Beispieldaten
Die wichtigsten Informationen für das Beispiel der Feldafinger Brandkasse, die allen weite-
ren durchgeführten Berechnungen zugrunde liegen, sind in der nachfolgenden Tabelle
aufgelistet: