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Erweiterte Realität
Das Vorstellungsvermögen der meisten Menschen wird durch
optische Bilder geprägt. Dank Computersystemen und neuartigen
Ausgabegeräten (zum Beispiel Videobrillen, 3-D-Effekte usw.)
lassen sich zwei- und dreidimensionale Bilder beliebig gestalten,
aber auch manipulieren und verfremden. Auf diese Weise wird
zum Beispiel die Wirkung eines Augendefekts demonstrierbar,
aber auch die optische Wirkung eines erst geplanten Gebäudes.
Dabei entsteht für den Betrachter ein immersives Erlebnis,
tiefer gehend als beim Betrachten eines Bildschirms. Dass
solche Techniken Anwendung im Bereich Architektur finden
werden, ist offen sichtlich. Dass auch die moderne Verbrechens-
bekämpfung solche Techniken einsetzen kann, zeigt das
Forensik-Projekt «CSI The Hague». Aber auch ohne spezielle
Brillen sind Mischungen von Internet und Wirklichkeit inte-
ressant. Moderne Mobiltelefone besitzen mit GPS, Kamera und
Internetfähigkeit alles, um auf Abruf orts- und zeitaktuelle
Antworten geben zu können. Damit werden Anwendungen in
der Touristik, aber auch zum Lernen vor Ort möglich.
EScience
Informationstechnologien ermöglichen Wissenschaftlern schon
heute, durch Kombination verschiedenster Einrichtungen – von
Halbleitersensoren bis zu Supercomputern und Teilchen-
beschleunigern – riesige Mengen komplexer Daten zu erzeugen
und zu sammeln. Die angewandten Techniken und Technologien
sind so verschiedenartig, dass bereits zwischen datenintensiven
Wissenschaften und rechnergestützten Wissenschaften
unterschieden wird, zum Beispiel zwischen Bioinformatik und
rechner gestützter Biologie. In der Literatur wird Ersteres auch
als neues viertes Paradigma für wissenschaftliches Arbeiten
bezeichnet
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(als Ergänzung zu Theorie, Experiment und
Simulationsmodell). Von zukünftigen Wissenschaftlern wird
erwartet, dass sie kompetent mit «Laboratory Information
Management Systems» umgehen können, das heisst mit
Softwaresystemen, die einen durchgehenden Datenfluss von
einem Instrument oder von Simulationsdaten bis zu digitalen
Datenbibliotheken ermöglichen, woraus die hergeleiteten
Erkenntnisse publiziert werden können.
Tab.8
Beispiele der «Neuen Informatik» – Recherchieren, Analysieren und Lernen
Informatikdenken in anderen Disziplinen
In den naturwissenschaftlichen Fächern Physik, Chemie und Biologie werden virtu
elle Modelle schon seit vielen Jahren eingesetzt. Und der Geografielehrer kann
heute kaum mehr Klimafragen behandeln, ohne auch die Modelle für Wetterprog
nosen anzusprechen, ein schönes Beispiel für viele wichtige Aspekte virtueller
Modelle. Die Wetterpropheten im Fernsehen weisen bei unsicheren Wetterlagen ge
legentlich selber darauf hin, dass sie ihre Prognosen sogar auf verschiedene Wetter
modelle abstützen. Daher kommen in einer aktiven Gymnasialklasse ganz selbst
verständlich Fragen etwa nach der Prognosegenauigkeit und der geografischen
Auflösung (Digitalisierungsfehler) von numerischen Modellen auf den Tisch.
Der Einsatz von virtuellen Modellen ist aber nicht auf die Naturwissenschaften
beschränkt. Von grosser Bedeutung sind heute solche Modelle auch in Wirtschafts
fächern, und zunehmend kommen weitere Anwendungen hinzu, bis hinein in die
musischen Fächer. Gelegenheiten zur vertieften Diskussion virtueller Modelle gibt
es somit in vielen Gymnasialfächern zuhauf. Das schulorganisatorische Problem
lautet daher in der Praxis nicht wie der Titel dieses Kapitels, sondern eher so:
Wie kann angesichts der Vielzahl von Anwendungsmöglichkeiten von virtuellen
Modellen, und dies in mehreren Schulfächern, sichergestellt werden, dass sich alle
Maturandinnen und Maturanden mindestens einmal systematisch mit Simulations
modellen, diesem dritten Standbein der wissenschaftlichen Forschung, auseinan
dersetzen müssen?
4.9
In welchen Schulfächern
ist Informatikdenken nötig?
102
Informatikdenken in anderen Disziplinen
103
Angesichts der ganz unterschiedlichen Vorbildung und Interessenlage unserer
heutigen Gymnasiallehrkräfte muss für jeden einzelnen Klassenverband eines Gym
nasiums in seinem obligatorischen Fächerplan ein Fach und ein Schuljahr gefunden
werden, wo diese systematische Auseinandersetzung mit numerischen Modellen
eingeplant werden kann, sonst verpasst diese Klasse einen zunehmend wichtigen
Maturstoff. Im Rahmen einer solchen Planung wird der Stoff in der Klasse X durch
den Geografielehrer und in der Klasse Y durch die Biologielehrerin vermittelt. Alle
anderen Fachlehrkräfte, die mit numerischen Modellen arbeiten, können sich dabei
auf ihre fachspezifischen Aspekte konzentrieren.
Informatikdenken in anderen Disziplinen
In den vorangegangenen Kapiteln wurden ganz verschiedene Themenkreise aus
Informatik und Informatikanwendung angesprochen, die heute für eine höhere
Allgemeinbildung unabdingbar geworden sind. Es wurde aber auch mehrfach darauf
hingewiesen, dass heute Schülerinnen und Schüler schon Informatikanwenderwis
sen beim Eintritt ins Gymnasium mitbringen. Dieses Wissen ist aber individuell
sehr unterschiedlich und häufig nur produktorientiert (Geräte, Programme). Com
puter in allen Formen (namentlich auch die immer leistungsfähigeren und vernetz
ten Handys) sind für die heutigen Jugendlichen primär praktische Informations,
Kommunikations und Spielgeräte und damit – auch gefühlsmässig – alles andere
als Wissenschaftsobjekte.
Ein Grundlagenfach Informatik muss diese Gefühlslage der Jugendlichen be
rücksichtigen, im Idealfall sogar nutzen. Und es muss von der grossen Heterogeni
tät und dem meist fehlenden Tiefgang des mitgebrachten kurzlebigen Produktwis
sens ausgehen. Daher ist es sinnvoll, den Inhalt des Grundlagenfachs Informatik
deutlich komplementär zu den bereits vorhandenen Informatikerfahrungen zu ge
stalten. Der Unterricht muss daraus Grundsätzliches herausarbeiten und langlebiges
Konzeptwissen vermitteln. Dazu sollte dieser Unterricht übrigens nicht in einem
Computerzimmer erteilt werden, wie dies für Informatikanwenderkurse üblich ist.
Hingegen bleibt es vorerst wichtig, für die selbstständige Lösung von Aufgaben ein
Computerzimmer nutzen zu können.
Stofflich lassen sich für das Grundlagenfach zwei Blöcke skizzieren (in Kapitel 6
werden diese Gedanken noch vertieft):
A Reflexion und Systematisierung des Erfahrungshintergrunds,
den die Schülerinnen und Schüler bereits ins Gymnasium mitbringen
Dazu gehören:
n
Grundlegende Algorithmen und Effizienzbetrachtungen
n
Elemente der Programmierung, konstruktives Problemlösen
4.10
Folgerungen für ein
Grundlagenfach Informatik
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Informatikdenken in anderen Disziplinen
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