4 Diskussion
Die Schmerzmitteltherapie ist eine der wichtigsten Therapieziele in der
Notfallbehandlung durch den Notarzt. Nicht nur aus ethisch - humanen Gründen
müssen Schmerzen behandelt werden, um dem Patienten eine plötzlich aufgetretene
akute Erkrankung zu erleichtern und zu verbessern. Schmerzen müssen frühzeitig
therapiert werden, um zusätzlich negative Auswirkungen auf den Organismus in einer
ohnehin extrem belasteten Situation möglichst zu verhindern oder wenigstens zu
mildern. (Adams et al., 1999; Kehlet, 1982; Ziegenfuss, 1996).
Schmerzen lassen sich entweder durch physikalische Maßnahmen wie zum Beispiel
Schienung, Lagerung oder Kühlung behandeln, biologisch - funktionell, wie z.B. durch
Reposition oder chemisch - medikamentös. In der Therapie des akuten Schmerzes in
der Notfallmedizin kommt dabei der medikamentösen Schmerzbehandlung ohne Zweifel
der größte und wichtigste Anteil zu.
In der durchgeführten Untersuchung waren von 4016 ausgewerteten Notarztprotokollen
bei 1% schmerztherapeutischen Maßnahmen physikalischer oder biologisch-
funktioneller Art dokumentiert. Die Möglichkeit der Kombination mit Analgetika war
möglich und wurde durchgeführt. Allerdings ist bei dieser niedrigen Zahl der
physikalischen Maßnahmen davon auszugehen, dass durchaus häufiger Analgesie
durch Lagerung oder Schienung durchgeführt wurde, was aber in der Dokumentation
nicht als solches vermerkt wurde.
Häufig wurden physikalische Maßnahmen durch die Gabe von Analgetika ergänzt.
Wahrscheinlich ist es aus diesem Grunde anzunehmen, dass zwar häufiger als
dokumentiert insbesondere bei verunfallten Patienten Lagerungs– oder
Repositionsmaßnahmen durchgeführt wurden, als schließlich dokumentiert wurde. Auf
Grund der geringen Zahl und der anzunehmenden unzureichenden Datenlage der
physikalischen Maßnahmen, musste schließlich auf eine weitere Untersuchung der
nichtmedikamentösen Analgesie auf Grund der nicht gegebenen Plausibilität verzichtet
werden.
Hauptsächlich sollte in der Untersuchung der Frage nachgegangen werden, inwieweit
die Transportzeit, der Glasgow-Coma-Scale, die Kreislaufverhältnisse sowie der
Ausbildungsstand wie auch die Fachrichtung des Notarztes sich auf die Analgetikagabe
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auswirkten. Um eine übersichtliche Vergleichbarkeit der unterschiedlichen Daten zu
bekommen, wurde die vorliegende Arbeit in zwei Teile gegliedert.
In Teil 1 wurden die verwendeten Analgetika in Bezug auf die verschiedenen
Fachgruppen und den Ausbildungsstand des jeweiligen Notarztes einzeln nach
Präparaten untersucht.
Im zweiten Teil der Arbeit sollte der Frage nach verschiedenen möglichen
Einflussfaktoren auf die Analgesie nachgegangen werden. Um diesbezüglich eine
Vereinfachung und eine bessere Übersicht zu erlangen, wurde bewusst darauf
verzichtet, die verschiedenen Medikamente einzeln zu analysieren. Es wurde die
analgetische Potenz von Morphin zu Grunde gelegt und mittels der Literatur
entnommenen Umrechnungsfaktoren für jedes Medikament eine äquipotente Dosierung
errechnet (Freye, 1995; Larsen, 1994; Marcus et al., 2000; Martinez-Marin et al., 2001;
Rawal et al., 2001; Rosenow et al. 1998).
4.1 Vergleich der analgetischen Potenz verschiedener Analgetika
Bei den Opioiden stellt dieses Verfahren kein Problem dar. Es ist durch verschiedene
Autoren gut an Hand von großen vergleichenden Untersuchungen belegt, da das
gleiche Wirkprinzip vorliegt (Aden et al., 2001; Arend et al., 1978; Freye, 1995; Kochs et
al., 2001; Larsen, 1994).
Problematischer dagegen wird die Methode im Vergleich der unterschiedlichen
Wirkprinzipien. Zentral wirkende Analgetika sollten mit peripher wirkenden und einem
Hypnoanalgetikum verglichen werden. Auch hier liegen vergleichende Studien vor, die
einerseits sowohl Metamizol mit Morphin, Metamizol mit Acetylsalicylsäure und
Tramadol untersuchten und überwiegend ähnliche Ergebnisse erzielten (Martinez-Marin
et al., 1991; Rawal et al., 2001; Torres et al., 2001). Ebenfalls wurden vergleichende
Studien zwischen reinen nichtsteroidalen Antiphlogistika und Morphin durchgeführt, die
zu dem Ergebnis kamen, dass im Hinblick auf die analgetische Potenz durchaus
Vergleiche zulässig sind (Lieh-Lai et al., 1999; Mc Evoy et al., 1996; Rosenow et al.,
1998; Vathana et al., 1998).
Setzt man nun auch noch voraus, dass durchaus eine analgetische Potenz im Hinblick
auf die Wirkstärke von Morphin für die zwar zentral aber stark psychotrop wirkende
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Substanz Ketamin errechnet werden kann (Holthusen et al., 2002; Kennedy et al., 1998;
Marcus et al., 2000; Wilder-Smith et al., 1998), so ist es möglich für alle im
Rettungsdienst des Kreises Neuwied verwendeten Analgetika die Wirkstärke in Bezug
auf die Leitsubstanz Morphin zu definieren.
Es kann somit der Versuch unternommen, einen übersichtlichen und quantitativ
vergleichenden Wert für die einzelnen Einflussfaktoren auf die Schmerztherapie zu
ermitteln.
4.2 Vergleich der verschiedenen Medikamente
4.2.1 Einsatz von Fentanyl
In der durchgeführten Untersuchung wurde das Opioid Fentanyl am häufigsten von
Anästhesisten verabreicht. Diese Berufsgruppe dosierte auch das Medikament am
höchsten. In gewisser Weise war dieses Ergebnis auch zu erwarten, insbesondere weil
das Medikament doch in erster Linie im klinischen Alltag von Anästhesisten als starkes
Analgetikum im Verlauf von Narkosen eingesetzt wird. Ein sicherer Umgang mit diesem
Medikament wird deshalb bei Anästhesisten eher vorausgesetzt als bei Ärzten anderer
Fachrichtungen. So verwendeten Allgemeinmediziner dieses Medikament sehr selten.
Weiterbildungsassistenten benutzten zwar genauso häufig wie Fachärzte Fentanyl,
setzten aber wahrscheinlich auf Grund der geringeren klinischen Erfahrung deutlich
niedrigere Dosierungen ein.
Kern kommt 1997 bei einer in Würzburg durchgeführten Untersuchung über
unterschiedliches Dosierungsverhalten von Analgetika in Bezug auf unterschiedliche
Fachrichtungen zu dem Ergebnis, dass - ähnlich unseren Ergebnisse die Anästhesisten
ebenfalls deutlich häufiger Fentanyl verwendeten als Notärzte übriger Fachrichtungen.
Jedoch gaben in der angeführten Arbeit deutlich mehr Allgemeinmediziner an, Fentanyl
regelmäßig zu benutzen, als das bei unseren Ergebnissen der Fall war.
Die Scheu, das Schmerzmittel einzusetzen scheint aber nicht daran zu liegen, dass
Unsicherheiten in der Beherrschung der Intubation vorliegen. Obwohl die Gruppe der
Allgemeinmediziner besonders häufig intubierte, verabreichte gerade diese Gruppe zur
Aufrechterhaltung der Narkose doch sehr selten Fentanyl.
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