20
7.5.4 Intensität der Behandlung
Die optimale Intensität der Übungen oder Massnahmen in den verschiedenen Krankheitsstadien bei MP
ist unklar
165,166
. Mit hoher Wahrscheinlichkeit wird es diese nie geben, da die Defizite, das Potential und
die Wünsche des PMP sehr stark variieren.
Intensität der Behandlung
Empfehlungen der LEG S.81, S.83:
Das Behandlungsangebot beinhaltet vom Physiotherapeuten supervidierte Einheiten und
selbständiges Üben an den anderen Tagen: ein Heimübungsprogramm soll durch ein
Übungstagebuch gefördert werden.
Die Intensität soll stufenweise erhöht werden, eine Unterdosierung soll vermieden werden:
- Dosierung gestützt auf der empfundenen Anstrengung: auf der Borg Skala 6-20 soll die
empfundene Anstrengung mit 13 (etwas schwer) bis 14 (wenn Betablocker eingenommen
werden) oder 17 (sehr schwer) angegeben werden
- Dosierung gestützt auf Herzfrequenz: Steigerung der Übungsdauer oder der Herzfrequenz
in Prozente der maximalen Herzfrequenz: zwischen 40 - 60% moderate Intensität, und 60 -
80% für intensives Training.
- Dosierung gestützt auf Wiederholung: Steigerung der Belastung des Tempos und der Anzahl
Wiederholungen von 1 - 3 Serien von 8 bis 15 Wiederholungen bei 60 - 80% der
Maximalkraft.
8. Gesundheitsmanagement
Das Kapitel 3 der deutschen Übersetzung der Leitlinie (S. 28-35) befasst sich mit dem allgemeinen
Gesundheitsmanagement für PMP. Das Ziel des Managements besteht darin, die Aktivitäten und
Partizipation sowie die Lebensqualität der PMP zu erhalten, dies unter Berücksichtigung der
Funktionsfähigkeit, der persönlichen und von der Umwelt gegebenen Ressourcen. Dabei sollen die
Bedürfnisse des Patienten möglichst umfassend erfasst werden. Die LEG schlagen ein interdisziplinäres
Behandlungsmodell vor und legen grossen Wert auf die Kommunikation zwischen den Fachkräften. Die
Lektüre dieses Kapitels scheint empfehlenswert zur Unterstützung der Physiotherapeuten in der
Erfassung und dem Aufbau des Patienten bezogenen Netzwerkes von Fachkräften. Besonders
beachtenswert ist aus Sicht der Verfasser des Leitfadens das Kapitel 3.2. zum pharmakologischen
Management, welches für die Planung der Behandlung eine wesentliche Rolle spielt. Deshalb raten die
LEG, die Vorteile und Nebenwirkungen der Medikamente zu kennen, um:
den Nutzen der Physiotherapie zu erhöhen
realistische Erwartungen zu formulieren
geringe Adhärenz zu erkennen
PMP in der medikamentenbezogenen Kommunikation zu unterstützen und das Verschreiben
unnötiger Medikamente zu reduzieren.
9. Schlusswort
Gerade Physiotherapeuten mit relativ wenig Parkinsonerfahrung finden in diesem Leitfaden und den
QRC‘s eine praktikable und schnelle Hilfe, um im physiotherapeutischen Behandlungsprozess wichtige
parkinsonspezifische Faktoren zu erheben und erfolgreich zu therapieren. Zusätzlich wurden
evidenzbasierte Tipps und Hinweise für Interessierte gegeben. Dank der Arbeit unserer Interessegruppe
und der Erlaubnis der LEG ist diese Gebrauchsanleitung ein weiterer Schritt für eine zielgerichtete,
parkinsonspezifische Anamnese, Befund und Behandlung.
Jorina Janssens
MSc Master in Rehabilitation Sciences
and Physiotherapy
Praxis Robellaz Köniz, Lehrbeauftragte Berner Fachhochschule – Berner Bildungszentrum für Pflege
21
Dank an:
- die Niederländische Forschungsgruppe unter Leitung von Samyra Keus für ihre Publikation
der KNGF- sowie die Europäischen Richtlinien und das Gutachten für die schweizerische
zusammengefasste Version
- die Englische Fachgruppe unter Leitung von Bhanu Ramaswamy für die Idee, einen kürzeren
Leitfaden online zur Verfügung zu stellen
- Stefan Schädler für seine fachspezifischen Informationen und Ratschläge bezüglich
Assessments
- Die finanzielle Unterstützung von: Parkinson Schweiz, IGPTR, Physioswiss
Interessegruppe Parkinson:
Tim Vanbellingen, Luzerner Kantonsspital, Universität Bern
Annemarie Osterwald, Kantonsspital St. Gallen
Sandra Signer, Bürgerspital Solothurn
Jorina Janssens, Praxis Robellaz Köniz
Susanne Brühlmann, Reha- Klinik Zihlschlacht
Thomas Gloor, Neurologie Unispital Zürich
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Quick Reference Card 1. Anamnese
Thema
Assessment
Schwerpunkte
Hauptproblem
Die wichtigsten Probleme des PMP: Unterstützung des PMP bei der Priorisierung seiner Probleme
Einbeziehung von Betreuungspersonen
Medizinische
Information
H&Y
MDS‐UPDRS
IV
VAS
Parkinson: Diagnose; Jahr der Diagnose; Stadium der Krankheit#
Motorische Komplikationen: motorische Fluktuationen, vorhersagbare On‐ und Off‐Zustände*, Dyskinesien* und Dystonie im Off‐Zustand* (bei schwerer Form sollte der PMP
umgehend einen Arzt zu Rate ziehen)
Mentale Komplikationen: exekutive Dysfunktion etwa bei Konzentration, Behalten und Anwenden von Informationen, Treffen von Entscheidungen, Planen, Verlagern der
Aufmerksamkeit von einem Reiz zum anderen sowie Ausführung von Dual Tasks; Unruhe; Apathie; Depression*; Illusionen*; Halluzinationen*; Störungen der Impulskontrolle (z.B.
wiederholte Aktivitäten)*
Schmerzen: Tageszeit, Ort (z.B. spezifisch oder allgemein), Qualität (z.B. krampfartig, kribbelnd, stechend), Stärke* Komorbidität: Herzinsuffizienz; Osteoporose; Chronisch
obstruktive Lungenerkrankung (COPD); Arthritis; Diabetes; Druckstellen
Gegenwärtige (nicht)‐medikamentöse Behandlung: Typ, Intensität und Nebenwirkungen, die Optionen der Physiotherapie möglicherweise beeinflussen
Frühere Behandlung des Problems, das Anlass der Überweisung war: Art und Ergebnis
Partizipation
Beruf und Arbeit, Familie, Beziehungen, soziales Leben, Freizeit
Funktion und
Aktivitäten
MDS‐UPDRS
II
Transfers
Ins Bett steigen und aus dem Bett steigen; drehen; von einem Stuhl oder Toilettensitz aufstehen und sich daraufsetzen; in ein Auto steigen und daraus aussteigen;
vom Boden aufstehen (nach einem Sturz)
FES‐I
Gleichgewicht &
Stürze
Beim Stehen, Vorwärtsbeugen, Reichen, bei Transfers, beim Gehen (rückwärts), Drehen oder beim Dual Tasking Bericht über PMP:
Bei (Beinahe)sturz die Sturzanamnese verwenden, um Einsicht in Häufigkeit und Umstände zu gewinnen (z.B. orthostatische Hypotension und Schwierigkeiten
beim Dual Tasking)
Bei (Beinahe)sturz oder Angst vor Stürzen FES‐I verwenden, um Einsicht in die mit Aktivitäten in Zusammenhang stehende Zuversicht zu gewinnen Händigen Sie
allen PMP, die gestürzt sind, ein Sturztagebuch aus, um Einsicht in Häufigkeit und Umstände der Stürze zu gewinnen
MDS‐UPDRS
II
Feinmotorik
Reichen, Greifen und Bewegen von Objekten bei Aktivitäten im Haushalt, wie kleine Reparaturen, Saubermachen, Kochen, Kleinschneiden von Lebensmitteln und
Halten eines Glases oder einer Tasse, ohne etwas zu verschütten; oder Baden und An‐/Ausziehen bei der Körperpflege
FOGQ
Gehen
Bei der Schritteinleitung, beim Gehen (rückwärts), Drehen oder Dual Tasking; Einfrieren des Gangs; Gehgeschwindigkeit und Sicherheit; Ort, Zeit und Umstände
des Entstehens von Einschränkungen
Verwendung von Hilfsmitteln; Gehen kurzer und langer Strecken; Zusammenhang mit Stürzen
Bei Bericht über PMP hinsichtlich Gang: Verwendung des FOGQ, um Einsicht in Häufigkeit und Dauer von Freezing zu gewinnen
Zusammenhang mit Schritteinleitung und Drehen steht
Körperliche
Leistungsfähigkeit
Belastungstoleranz, einschließlich schnell außer Atem geraten, rasches Einsetzen von Ermüdung* und allgemeine Müdigkeit; Gelenkbeweglichkeit; Muskeltonus,
‐kraft und Ausdauer
Körperliche Aktivitätslevel im Vergleich zu WHO‐Empfehlungen: 75 Min/Woche Training mit hoher oder 150 Min/Woche Training mit mäßiger Intensität Tipps
Tipps & Tricks
Tipps & Tricks die der PMP anwendet um die Probleme zu reduzieren oder zu kompensieren. Sind diese adäquat?
Umwelt/Umgebung
PDQ‐39
Persönliche Faktoren: Alter und Geschlecht; Krankheitseinsicht; Bewältigung; Erfahrungen; Präferenzen; Motivation; Bewältigungskompetenzen; Gefühle von Isolation und Einsamkeit;
Trauer; Wut; Sorgen über die Zukunft; Bewusstsein (für Veränderungen); Motivation (an einer spezifischen Intervention festzuhalten)
Umweltfaktoren: Medikamente (siehe Medizinische Informationen); Hilfsmittel; finanzielle Möglichkeiten; Einstellung und Unterstützung der Betreuungsperson, der Familienangehörigen
oder Freunde, des behandelnden Arztes und des Arbeitgebers; Unterbringung (Einrichtung, Art des Heims); Arbeit (Inhalt, Umstände und Bedingungen); Transport
Erwartungen
GAS
Allgemeine Prognose und Ziele: Ziele erfassen mittels GAS
Physiotherapeutische Behandlung: Inhalt, Häufigkeit und Ergebnis
Selbstmanagement: Notwendigkeit von Information, Beratung und Unterstützung
H&Y: Hoehn und Yahr; MDS‐UPDRS: Movement Disorder Society – Unified Parkinson’s Disease Rating Scale; VAS: Visual Analogue Scale; FES‐I : Falls Efficacy Scale‐International ; FOGQ : Freezing of Gait Questionnaire ; PDQ‐39 :
Parkinson’s Disease Questionnaire 39 ; GAS : Goal Attainment Scale