Ostslavische Grabfunde in der Prähistorischen Abteilung des Naturhistorischen Museums



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schiedlich gewundenen silbernen Halsreifen bestand. Nach den beiliegenden Münzen

wird die Vergrabung des Schatzes mit 1040-1050 datiert (S

CHULZE

-D

ÖRRLAMM



1992:

168-171). Doch auch in einem Hort vom Anfang des 13. Jh. aus Kostivere (Jöelähtme,

Estland) finden sich - neben anderen Schmuckstücken - mehrere kompliziert gewundene

(silberne ?) Halsreife (H

ÅRDH

1998: 30).



Interessant in diesem Zusammenhang mag die Bedeutung des Wortes grivna sein

(ˇsejnaja grivna = Halsreif). Ursprünglich eine altrussische Maßeinheit (ein etwa 200 g

schwerer Silberbarren), war es später die umgangssprachliche Bezeichnung für ein 10-

Kopeken-Stück und ist seit einigen Jahren der Name der neuen ukrainischen Währung

(1 Grivna = 100 Kopeken). 

Perlen:

Eine weitere Form des Halsschmuckes bilden die Ketten. Die vjatitischen Halsketten

bestehen in der Regel aus einer großen Anzahl von Perlen, verschiedenartig nach Form

und Farbe. Häufig wechseln sich Perlen verschiedener Typen in einer Kette ab. In ein-

zelnen Fällen konnte beobachtet werden, daß die Perlen auf Pferdehaar aufgezogen

waren (J


U

ˇ

SKO



1967: 48).

Am weitesten verbreitet waren bei den Vjatiˇcen kugelförmige Bergkristallperlen (Taf.

2/6), doppelpyramidenförmige Carneolperlen (Taf. 2/8) und kugelförmige gelbe Glas-

perlen (Taf. 2/3, 5). Dabei wechseln sich am häufigsten die kugelförmigen Bergkristall-

perlen mit doppelpyramidenförmigen Carneolperlen ab, wodurch sich ein kennzeich-

nendes rot-weißes Muster ergibt (A

RCICHOVSKIJ

1947a: 17; S

EDOV

1982: 150). In Novgorod



datieren doppelpyramidenförmige Carneolperlen östlicher Herkunft in der Mehrzahl ins

12. Jh. (E

NUKOV

1987: 191) und werden dort nicht später als im 13. Jh. angetroffen. Für das



Novgorod des 14. Jh. ist das völlige Fehlen von Carneol- und Kristallperlen, aber auch

von Schellen und goldenen und silbernen Perlen charakteristisch (R

AVDINA

1965: 124). 



Bei der Kartierung der kugelförmigen gelben Glasperlen zeigte sich, daß sie sich beson-

ders im Moskva-Becken, am Oberlauf der Kljazma und an einem kleinen Teil des oberen

Laufes der Oka konzentrierten. Hier, im zentralen Teil des Landes der Vjatiˇcen, existierte

scheinbar ein Produktionszentrum für diese Perlen (N

IKOL



SKAJA



1981: 115). Haupt-

sächlich gehören sie wohl zum 12. Jh. (E

NUKOV

1987: 191).



Für die Datierung der Kurgankomplexe haben auch fäßchenförmige und zylindrische

Perlen mit Gold- oder Silbereinlage, die in der Alten Rus’ vom 10. bis zum 12. Jh. leb-

ten, große Bedeutung (N

IKOL


SKAJA


1981: 115). Fäßchenförmige Perlen aus farblosem

Glas, bei denen mit Hilfe einer dunkelgelben Unterlage eine Vergoldung nur vorge-

täuscht werden sollte, waren von der Mitte des 11. bis zur Mitte des 13. Jh. verbreitet.

Dazu gehören auch zylindrische Perlen aus gelbem Glas. Funde von violetten Perlen

sind dagegen relativ selten und datieren nach der Novgoroder Stratigraphie ins 12. Jh.

(E

NUKOV



1987: 191).

Anhänger:

Beliebte Schmuckstücke der vjatitischen Frauen waren weiters runde münzen- oder

scheibenförmige Anhänger der verschiedenen Typen aus Bronze oder Billon, die im 12.-

13. Jh. am weitesten verbreitet waren. Sie wurden in steinernen Gußformen gegossen.

H

EINRICH


: Ostslavische Grabfunde in der Prähistorischen Abteilung des Naturhistorischen Museums

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©Naturhistorisches Museum Wien, download unter www.biologiezentrum.at


Die Anzahl verschiedener Anhänger in einem Grab kann oft groß sein. Auch gegossene

oder gepreßte Anhänger mit einem Ornament auf der Schauseite in Form eines Kreuzes,

von Voluten oder Pflanzenornamenten waren sehr häufig (N

IKOL


SKAJA


1981: 117).

Runde, teilweise auch gewölbte, Anhänger mit der Darstellung eines Kreuzes oder eines

(Sonnen-)Rades werden mit dem Sonnenkult verbunden und in das 11.-13. Jh. datiert.

Besonders häufig finden sich derartige Amulette in den Kurganbestattungen der

Vjatiˇcen und der benachbarten Smolensker Kriviˇcen (G

OLUBEVA


1997: 155).

Ein unserem Exemplar (Taf. 1/5) vergleichbares Stück mit einem aus dünnen Leisten

gebildetem, mit erhabenen Kreisaugen ausgefülltem Kreuz, leicht gewölbt und mit

gekerbtem Rand, stammt aus einer Schicht der ersten Hälfte des 12. Jh. in Novgorod

(S

EDOVA


1959: 232, Abb. 3, 1).

Schellen: 

Eine andere, nicht weniger verbreitete Form der Anhänger sind die kleinen Schellen

(Taf. 2/9-10). Jedoch ist deren Funktion verschiedenartiger: sie kommen als Teile von

Ketten vor, als Schmuck der Kleidung (aufgenäht am Rand des Saumes), als Teil des

Kopfschmuckes, als Knöpfe. Überwiegend wurden sie von Frauen verwendet, aber sie

kommen auch in Männergräbern vor; hier hatten sie die Funktion von Knöpfen. Die

kugelförmigen Schellen mit einfachem Schlitz lebten vom Ende des 11. bis zur ersten

Hälfte des 13. Jh. Ihre größte Verbreitung hatten sie im 12. Jh. (N

IKOL



SKAJA



1981: 118;

E

NUKOV



1987: 191; P

RJACHIN


& C

YBIN


1991: 103). Einige wurden gegossen, aber die

Mehrzahl dieser Schellen wurde aus zwei dünnen Hälften zusammengesetzt (S

EDOVA

1959: 237).



Die Vergleichsfunde legen für die beiden hier vorgelegten Komplexe eine Datierung in

die zweite Hälfte des 12. - erste Hälfte des 13. Jh. nahe. Einige der Objekte könnten auch

älter datiert werden, existieren aber auf jeden Fall noch bis in die erste Hälfte des 13. Jh.

Die fünf Hauptkategorien der Beigaben - siebensprossige Schläfenringe, durchbrochene

Fingerringe, kugelige Kristallperlen und Perlen aus gelbem Glas, blechförmige Armreife

mit umgebogenen Enden - wurden schon früh als Stammeskennzeichen der Vjatiˇcen be-

stimmt (N

IKOL


SKAJA


1981: 98). Doch eindeutig kennzeichnend für die Vjatiˇcen sind nur

die siebensprossigen Schläfenringe; die übrigen Schmuckstücke sind auch in anderen

Regionen des ostslavischen Territoriums bekannt. Aus der Verbreitung der siebenspros-

sigen Schläfenringe kann das vjatitische Territorium sehr genau umschrieben werden

(S

EDOV


1982: 143).

Auf der Grundlage der zahlreichen Grabfunde aus dem Land der Vjatiˇcen wurde von

verschiedenen Forschern der Versuch unternommen, die vjatitische Tracht zu rekon-

struieren, wofür in den letzten Jahren auch vermehrt organische Reste (Gewebe, Leder)

zur Verfügung standen (S

ABUROVA


1997: 93 ff., 322-324 Taf. 76-78). Die Kleidung der

vjatitischen Frauen bestand überwiegend aus Wollstoffen; doch fanden sich auch Reste

von Leinen- und Brokatstoffen. Als Knöpfe wurden manchmal Perlen und Schellen ver-

wendet, aber meistens waren die Knöpfe wohl aus Holz. Gürtelschnallen wurden in vjati-

tischen Frauengräbern fast nie gefunden (S

EDOV


1982: 150).

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Annalen des Naturhistorischen Museums in Wien 101 A

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