04 | Gesellschaftliches Problem und Lösungsansatz
2. Gesellschaftliches Problem und Lösungsansatz
Bildung in Deutschland ist nicht gerecht
Bildungschancen und Bildungserfolg von
Kindern und Jugendlichen in Deutschland
hängen stark von der sozialen Herkunft
ab. Die Schulwahl wird vom familiären
Hintergrund – z. B. von einem vorhande-
nen Migrationshintergrund – maßgeblich
beeinflusst: Nur zehn Prozent der Gymnasi-
asten kommen aus Elternhäusern, in denen
die Eltern einen Hauptschulabschluss oder
keinen allgemeinen Schulabschluss haben,
in der Hauptschule liegt der Anteil der
Schüler*innen mit diesem sozialen Status
bei 56 Prozent (Destatis Datenreport 2013).
Kurz: Schüler*innen mit einem niedrigen
sozioökonomischen Status besuchen viel
seltener das Gymnasium als diejenigen mit
einem hohen sozioökonomischen Status
(Bildungsbericht 2014). Gleichzeitig boomt
die kommerzielle Nachhilfe – 1,1 Mio.
Schüler*innen nehmen regelmäßig bezahl-
ten Nachhilfeunterricht – viele davon um
Schulleistungen zu schaffen mit denen sie
zufrieden sind und ihre Zukunftschancen
gewahrt sehen. Im Alter von 15 Jahren
nehmen laut PISA Studie 2003 im Bundes-
durchschnitt 19,1 Prozent der Jugendlichen
Nachhilfe im Fach Mathematik. In Deutsch-
land geben Eltern insgesamt jährlich zwi-
schen 942 Millionen Euro und 1.468 Milli-
onen Euro für die Nachhilfe ihrer Kinder
aus (Ausgaben für Nachhilfe, Bertelsmann
2010). Insgesamt wurden die Bildungsaus-
gaben 2009 in Höhe von 164,6 Mrd. Euro
zu 20 Prozent von privaten Haushalten,
Unternehmen und NGOs getragen. Bildung
ist somit immer mehr vom Geldbeutel der
Eltern abhängig. Damit sind die Möglich-
keiten vieler, ihr berufliches Leben mit
größtmöglicher Wahlfreiheit und selbstbe-
stimmt zu gestalten, eingeschränkt. Indivi-
duelle Chancen und wichtige Talente gehen
dabei für die Gesellschaft verloren.
Bildung in
Deutschland ist
nicht gerecht.
Steigende Sozialausgaben
unterschiedliche Verteilungsver-
hältnisse werden manifestiert
Bildung wird immer mehr zum
Luxusgut (exklusiv)
schlechter Schulabschluss und
damit weniger Möglichkeiten, das
eigene Leben erfüllend zu gestalten
2-Klassen–Gesellschaft
Fehlende Integrationsbemühung,
Fehlende Spachkenntnisse.
Erschwerte Teilhabe
Soziale Herkunft bestimmt
Zugang zu Bildung.
Mangelnde Durchlässigkeit
Unterfinanzierung des Schulwesens.
Kommerzialisierte Nachhilfe.
Elitäres Bildungssystem, Lobbyismus
Privatisierung von Bildung
Ursachen__Folgen__05_|_Gesellschaftliches_Problem_und_Lösungsansatz'>Ursachen
Folgen
05 | Gesellschaftliches Problem und Lösungsansatz
Parallel dazu werden immer größere
Anforderungen an Schulen und Lehrkräf-
te gestellt, die diese bei den bestehenden
Klassengrößen nicht bewältigen können.
Über drei Viertel der Lehrer*innen fin-
den, dass man mit PC und Internet Inhalte
und Zusammenhänge besser darstellen,
mehr Gruppenarbeit durchführen und
individueller auf die Schüler*innen einge-
hen kann. Allerdings nutzen nur 34% der
Lehrer*innen wöchentlich den Computer
im Unterricht (ICILS 2013). Des Weiteren
werden digitale Medien nur wenig diffe-
renziert genutzt: Die Lehrer*innen, die sie
nutzen, lassen zu 88 Prozent Schüler*innen
im Internet recherchieren, setzen zu 45
Prozent spezielle Lernprogramme ein und
ein Viertel zeigt Videos und Podcasts. 84
Prozent der Lehrer*innen finden, dass die
Lernmaterialien für elektronische Medien
nicht ausreichen oder verbessert werden
müssen (BITKOM 2011).
Es gibt zu wenig Mitgestaltung bei Bildung
Es gibt zu wenig
Mitgestaltung bei
Bildung
Ökonomische und
politische Einzelinteressen
Starre Lehrpläne und
Fächervorgaben / Starke
Hierachien an Schulen
Fehlende Beteiligungsbereitschaft
bei Schüler*innen
Verwendung von
proprietären Lizenzen
Bildungsinhalte sind wenig an
dem Interesse und dem Wohle
der Schüler*innen ausgerichtet.
Mangel an Vielfalt
Frustration und geringe Motivation
bei Schüler*innen
Mangel an demokratischem
Bewusstsein
Ursachen
Folgen
Die Kinderrechtskonvention der Verein-
ten Nationen (UN) schreibt in Artikel 12
das Recht eines jeden Kindes fest, „seine
Meinung in allen das Kind berührenden
Angelegenheiten frei zu äußern.“ und,
dass „die Meinung des Kindes angemessen
und entsprechend seinem Alter und seiner
Reife berücksichtigt wird.“. Weitere Artikel
fordern bezüglich der Bildungsinhalte und
dem Lebensraum Schule eine Orientierung
am Wohl des Kindes. Zum Beispiel schreibt
Artikel 29.1a als Bildungsziel vor, „die Per-
sönlichkeit, die Begabung und die geistigen
und körperlichen Fähigkeiten des Kindes
voll zur Entfaltung zu bringen.“ Mitspra-
che und Mitgestaltung spielen hierbei eine
große Rolle; denn, was angemessen und
kindgerecht ist, können Kinder meist selbst
am besten beurteilen (KiJuB Berlin). Um die
Partizipation bei Bildungsprozessen von
Kindern und Jugendlichen in Deutschland
ist es nicht gut bestellt:
Nur zwei Prozent der Schüler*innen geben
an, bei vielen Dingen in der Schule mitzu