P . b . b . G Z 0 2 Z 0 3 1 1 0 8 M , V e r l a g s p o s t a m t : 3 0 0 2 P u r k e r s d o r f , E r s c h e i n u n g s o r t : 3 0 0 3 G a b l i t z
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Österreichische
Gesellschaft
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Österreichischen Gesellschaft
zur Erforschung des Knochens
und Mineralstoffwechsels
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Physiologie und
Ernährungsphysiologie von Selen
Marktl W
Journal für Mineralstoffwechsel &
Muskuloskelettale Erkrankungen
2001; 8 (3), 34-36
J. MINER. STOFFWECHS. 3/2001
34
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P
HYSIOLOGIE
Selen weist mit 20 –30 mg den viert-
höchsten Gehalt eines Spurenele-
mentes im menschlichen Organismus
auf und wird nur von Fe, Zn und Cu
übertroffen [1]. Es tritt im Organismus
als Selenomethionin und Seleno-
cystein auf und ist in diesen beiden
Formen in elf Selenproteinen enthal-
ten. Vier dieser Selenproteine sind
Glutathionperoxidasen, zwei Dejo-
dasen. Die höchsten Selenkonzentra-
tionen finden sich in der Leber und
den Nieren, der größte Selenspeicher
des Organismus ist die Skelettmusku-
latur. Im Blut findet sich der höchste
Selengehalt in den Thrombozyten.
Menge und Verteilung der selenhalti-
gen Proteine werden von der Menge
und der chemischen Form des Selens
in der Nahrung beeinflußt. So bleibt
bei Verminderung oder Erhöhung der
alimentären Selenzufuhr die Aktivität
der Glutathionperoxidase unverän-
dert, während die Konzentrationen
anderer Selenproteine Schwankungen
zeigen [2].
Die Resorption von Selen erfolgt in
den oberen Abschnitten des Dünn-
darms und dürfte keiner physiologi-
schen Regulation unterliegen [1].
Die Resorptionsraten werden bei
gemischter Kost mit 60–80 % angege-
ben und sind für ein Spurenelement
in einem eher hohen Bereich. Da
keine Resorptionskontrolle existiert,
führt eine Erhöhung der alimentären
Selenzufuhr auch zu einer dement-
sprechenden höheren Selenaufnahme
in den Organismus. Dies wird zu-
mindest zum Teil als Ursache der
bekannten alimentären Selentoxizität
angesehen. Die Selenresorption
unterliegt jedoch Einflüssen seitens
der Art der vorliegenden Selenver-
bindungen. Wie Wolfram [3] anführt,
werden Selenate über einen Na
+
/Se-
lenat-Co-Transport und über einen
Selenat/OH-Austauschmechanismus
resorbiert. Chemisch-physikalisch
verwandte, zweiwertige, anorgani-
sche Anionen wie z. B. Sulfate, Thio-
sulfat, Molybdenat oder Chromat so-
wie organische Anionen wie Oxalat
oder Oxalacetat hemmen die Selenat-
aufnahme kompetitiv. Selenite
werden offensichtlich überwiegend
passiv resorbiert. Allerdings tritt im
Anschluß an eine Reaktion von Sele-
niten mit bestimmten Thiolen, wie
z. B. Cystein oder Glutathion, eine
deutliche Stimulierung der Selenit-
resorption auf. Dies wird z. T. auf die
Bildung von „Selenaminosäuren“ zu-
rückgeführt, die dann über einen
Aminosäure-Carrier resorbiert wer-
den. Die Ausscheidung von Selen
erfolgt vorwiegend über den Harn.
Der nichtresorbierte Anteil von Selen
wird naturgemäß mit dem Stuhl aus-
geschieden.
Das Hauptinteresse an Selen aus
medizinischer Sicht betrifft die anti-
oxidative Wirksamkeit dieses Spuren-
elementes als Bestandteil der Gluta-
thionperoxidase. Einen Überblick
über die postulierten Wirkungen von
Selen bzw. den Selenproteinen gibt
die Tabelle 1. Darüberhinaus ist auch
noch festzuhalten, daß die selenhäl-
tige Typ 1-Jodthyronin-Dejodase die
Umwandlung von T
4
in T
3
katalysiert.
Bei Selenmangel kann daher die T
3
-
Produktion vermindert sein [2]. Für
die Aufrechterhaltung einer norma-
len Schilddrüsenfunktion ist daher
nicht nur Jod, sondern auch Selen
notwendig.
E
RNÄHRUNGSPHYSIOLOGIE
Als empfehlenswerte Höhe der alimen-
tären Selenzufuhr werden 0,9 µg/kg
Körpergewicht und Tag angesehen.
Als gute Selenlieferanten gelten
Getreide und daraus hergestellte Pro-
dukte. Es ist allerdings festzuhalten,
daß der Selengehalt des Getreides in
Abhängigkeit von jenem des Bodens
relativ starken Schwankungen unter-
liegen kann. Unter durchschnittlichen
Bedingungen wird geschätzt, daß
Zerealien ungefähr 50 % zur täglichen
Selenzufuhr beitragen und der Rest
von Fleisch und Eiern stammt. Trink-
wasser oder Mineralwasser haben als
alimentäre Selenlieferanten keine Be-
deutung.
Angesichts der Tatsache, daß der Selen-
gehalt, der für die Selenversorgung
so wichtigen Getreideprodukte stark
unterschiedlich sein kann, ist es nicht
verwunderlich, daß die Angaben
über die tatsächliche Höhe der Se-
lenzufuhr mit der Nahrung ebenfalls
große Unterschiede zeigen. So kann
in der wissenschaftlichen Literatur
über die Selenzufuhrhöhen in ver-
schiedenen Ländern der Erde eine
ausgeprägte Variationsbreite von 30–
300 µg Selen pro Tag gefunden wer-
den. Dementsprechend unterschied-
lich sind die Angaben darüber, ob
und inwieweit eine alimentäre Unter-
versorgung mit Selen besteht oder ob
dies nicht der Fall ist. Dazu kommt,
daß auch die Frage nach der wün-
schenswerten Höhe der Nahrungs-
selenzufuhr noch nicht ganz ein-
heitlich beantwortet wird. Bei der
Beurteilung von Einzelpublikationen
zur Frage der Selenversorgung sollte
daher eine gewisse Vorsicht walten,
vor allem dann, wenn aus den Ergeb-
nissen solcher Studien die Notwen-
digkeit oder Sinnhaftigkeit einer
Selensupplementierung abgeleitet
wird.
W. Marktl
P
HYSIOLOGIE
UND
E
RNÄHRUNGSPHYSIOLOGIE
VON
S
ELEN
Tabelle 1: Selenwirkung
1) Zerstörung von Hydroxyl- und
Peroxidradikalen (Schutz von
Zellmembranen)
2) Antimutagene Wirksamkeit
3) Schutz vor Chromosomenschäden
4) Schwermetallentgiftung (Hg, Pb, Cd)
5) Arsen-Antagonismus
6) Schutz vor Alkylierungsmitteln
7) Stimulierung der Immunabwehr,
(humorale und zelluläre Abwehr)
8) Schutz vor Strahlenwirkungen
9) Leberschutz
10) Stimulation der Mikrozirkulation
PHYSIOLOGIE
UND
ERNÄHRUNGS-
PHYSIOLOGIE
VON SELEN
J. MINER. STOFFWECHS. 3/2001
35
PHYSIOLOGIE
UND
ERNÄHRUNGS-
PHYSIOLOGIE
VON SELEN
B
EURTEILUNG
DES
V
ERSORGUNGSZUSTANDES
Für die Untersuchung des individuel-
len Selenversorgungszustandes stehen
verschiedene Möglichkeiten mit
allerdings unterschiedlicher Aussage-
kraft zur Verfügung. Im Serum ist
Selen hauptsächlich proteingebunden
und zwar in der
α- und β-Globulin-
fraktion sowie in den Lipoproteinen.
Die Serumselenkonzentration spie-
gelt kurzfristige Veränderungen der
Selenzufuhr wieder. In Bevölkerungs-
gruppen, die eine relativ konstante
Selenzufuhr aufweisen, kann die
Serumselenkonzentration ein guter
Indikator des Versorgungszustandes
sein. Zu beachten ist unter Umständen
jedoch, daß die Selenkonzentration
im Serum eine gewisse Altersabhän-
gigkeit aufweist, die sich in niedrigen
Konzentrationen bei Kleinkindern,
einem Anstieg bis hin zum Erwachse-
nenalter und tendenziellen Abnah-
men bei alten Menschen manifestiert
[4]. Bei Zufuhr größerer Mengen
organischer Selenverbindungen
reflektiert jedoch die Serumselenkon-
zentration die Körperspeicher nicht
[5]. Die Selenkonzentrationen von
Vollblut und Erythrozyten werden als
brauchbare Indikatoren für den lang-
fristigen Selenversorgungszustand
anerkannt, da sich diese Werte erst
nach wochen- oder monatelanger
Selenunterversorgung bzw. Selen-
supplementierung verändern.
Wie bereits beschrieben, wird Selen
in erster Linie im Harn ausgeschieden
und es besteht eine gute Korrelation
zwischen den Serumselenspiegeln
und der Selenkonzentration im Harn.
Die Harnausscheidung von Selen hat
daher eine ähnliche Aussagekraft wie
jene der Serumselenkonzentration
und liegt üblicherweise unter 30 µg/l
Harn.
Die Messung der Aktivität des Enzyms
Glutathionperoxidase als Indikator
für den Selenversorgungszustand ist
nur in Regionen mit einer niedrigen
Selenzufuhr sinnvoll, da ab einer be-
stimmten Zufuhrhöhe die maximale
Enzymaktivität erreicht ist und damit
eine Abflachung der Aktivitätskurve
eintritt. Überdies wird die Aktivität
dieses Enzyms auch von Faktoren be-
einflußt, die nicht mit dem Selensta-
tus zusammenhängen [5].
Die Messung des Selengehaltes der
Haare ist an sich zur Beurteilung des
Selenstatus geeignet. Es müssen aller-
dings streng standardisierte Bedin-
gungen eingehalten werden, um
vertrauenswürdige Ergebnisse zu
erhalten. Im Prinzip sind auch die
Zehennägel ein geeignetes Untersu-
chungsmaterial, weil ihr Selengehalt
den Selenstatus sechs bis neun
Monate vor der Gewinnung wieder-
spiegelt. Der Selengehalt der Nägel
hängt allerdings von der Länge und
der Wachstumsgeschwindigkeit ab.
S
YMPTOMATIK
DER
U
NTERVERSORGUNG
Zu einer unbefriedigenden alimen-
tären Selenzufuhr können mehrere
Faktoren beitragen. Auf die Möglich-
keit eines niedrigen Selengehaltes im
Boden und eines daraus resultieren-
den niedrigen Selengehaltes primär
in pflanzlichen, sekundär aber auch
in tierischen Lebensmitteln wurde
bereits hingewiesen. Bei Menschen,
die sich vorwiegend mit pflanzlichen
Lebensmitteln ernähren, kann es
daher zu einer Unterversorgung
kommen, wenn diese pflanzlichen
Lebensmittel selenarm sind. Bezüglich
der Selenversorgung spielen aber
auch sozioökonomische Gesichts-
punkte eine Rolle, da z. B. bei älteren
Menschen, die an ihre Wohnung
gebunden sind, die Selenzufuhr
geringer ist als bei noch mobilen
Gleichaltrigen. Schließlich kann auch
noch eine Schwermetallkontamination
eine Teilursache einer schlechten
Selenversorgung sein, weil Schwer-
metalle mit Selen schwer lösliche
und schlecht resorbierbare Verbin-
dungen bilden. Auch eine Schwefel-
anreicherung des Bodens kann eine
Verschlechterung der Selenversorgung
bewirken, weil Selen ein natürlicher
Antagonist des Schwefels ist.
Bei der Frage nach den möglichen
Folgen einer suboptimalen Selen-
zufuhr steht der Zusammenhang mit
der Inzidenz bösartiger Tumoren im
Vordergrund des Interesses. In diver-
sen epidemiologischen Studien wurde
eine inverse Beziehung zwischen der
Höhe der alimentären Selenzufuhr,
dem Selengehalt des Bodens oder
Trinkwassers und der Krebsmorbidität
oder -mortalität gefunden. Bei Krebs-
patienten konnten in einigen Studien
auch niedrigere Selenblutspiegel
gefunden werden als bei gesunden
Vergleichspersonen. Diese epidemio-
logischen Angaben werden durch die
Ergebnisse von Tierexperimenten
unterstützt. Mögliche, in der wissen-
schaftlichen Literatur diskutierte
Wirkungsmechanismen zeigt die
Tabelle 2. Auf der Grundlage dieser
für Selen reklamierten Wirkungen
finden sich in der Literatur immer
wieder Empfehlungen zur Selensup-
plementierung. Als Dosierung wird
am häufigsten eine Selenzufuhr von
300 µg/Tag empfohlen. Zu bevorzu-
gen sind dabei anorganische Selen-
formen (Selenite), da sie am effektiv-
sten sind und die geringste Toxizität
aufweisen.
Tabelle 2: Beispiele für postulierte
Selenwirkungen
G
Antioxidative Wirkungen
G
Aktivierung der DNA-Reparatur-
mechanismen
G
Verminderung der DNS-Syntheserate
G
Hemmung der Aktivität von
potentiell karzinogenen Enzymen
G
Förderung der Funktion
neutrophiler Granulozyten
G
Stimulierung der Antikörperfunktion
G
Förderung der Proliferation von B-
und T- Lymphozyten als Reaktion
auf Mitogene
G
Förderung der Zelldestruktion durch
Lymphozyten und natürliche Killer-
zellen
J. MINER. STOFFWECHS. 3/2001
36
T
OXIZITÄT
VON
S
ELEN
Selen gehört zu jenen Spurenelemen-
ten, bei denen die Spanne zwischen
der ernährungsphysiologisch emp-
fohlenen Zufuhrmenge und jener
Menge, die toxische Wirkungen ent-
falten kann, nicht besonders weit ist.
Dies betrifft in erster Linie die chro-
nische Toxizität und ist nicht bei der
üblichen alimentären Zufuhr zu
beachten, kann aber im Falle der
Supplementierung von Bedeutung
sein. Als obere sichere Grenze wird
bei längerdauernder Zufuhr eine
Menge von 5 µg/kg Körpergewicht
und Tag angegeben [5]. Dieser Wert
entspricht somit fast dem Empfeh-
lungswert für die Supplementierung.
Auswirkungen einer chronischen
Selentoxizität werden ab Zufuhrmen-
gen von 2400 –3000 µg/Tag gefun-
den. Symptome der chronischen
Selenvergiftung sind Diarrhoen oder
Obstipation, Hepatopathien, zentral
nervöse Reizzustände und eine Por-
phyrinurie.
Literatur:
1. Gassmann B. Selen. Ernährungsumschau
1996; 43: 464–7.
2. Behne D, Kyriakopoulos K. Neue Seleno-
proteine. Med Klein 1995; 90 (Suppl I): 5–7.
3. Wolffram S. Mechanismen der intestinalen
Absorption von Selen. Med Klein 1995; 90
(Suppl 1): 1–5.
4. Robberecht H, Deelstra H. Factors
influencing blood selenium concentration
values: a literature review. J Trace Element
Electrolyt Hlth Dis 1994; 8: 129–43.
5. Gibson RSL. Assessment of trace element
status in humans. Progr Food Nutr Sci 1989;
13: 67–111.
Korrespondenzadresse:
A. Univ.-Prof.
Dr. med. Wolfgang Marktl
Institut für Medizinische Physiologie
der Universität Wien
A-1090 Wien, Schwarzspanierstr. 17
e-mail: wolfgang.marktl@univie.ac.at
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