Von Hinterpommern nach irgendwo …



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Jäger zu hören und in einer dichten Tannenscho-
nung einem zwanzigendigen, waidwund geschosse-
nen Hirsch nachzuspüren und ihn schließlich veren-
det auf einer kleinen Lichtung zu entdecken, das war 
im Walde Richtung Neu Jugelow ein bis dahin noch 
nicht erlebtes äußerst dramatisches Geschehen. Und 
dazu noch das Essen im verschneiten Tannenwalde, 
das die Frau des Gutsbesitzers neben der ausgebrei-
teten Strecke von Rot- und Schwarzwild etc. den 
Schützen und Treibern servierte! Mein Erstaunen 
erregten besonders die kleinen runden ofenfrischen 
Brötchen, die zur Erbsensuppe gereicht wurden.  
Im Herbst sammelten wir Kinder Eicheln und 
Kastanien für das Wild und verkauften sie dem 
Förster. Unter seiner Anleitung zogen wir auch im 
Frühjahr in die Wälder, um mitzuhelfen, kahl ge-
schlagene Flächen wieder aufzuforsten. Schulfrei 
gab es dafür!  
Zweimal erlebte ich auch das Abfischen des großen 
Teiches nahe Malenz, das immer mit dem Ablassen 
des Wassers begann. Ich staunte über alle Maßen, 
wie viele der unterschiedlichen Fische sich nach 
einigen Tagen vor dem Abflussgitter des Teiches – 
dem Flitsch – sammelten und gefangen werden 
konnten. Am Teich standen viele Haselnusssträu-
cher, die mein Vater mit mir eines Sonntags abernte-
te. Ich wunderte mich, dass Vater sich auch mehrere 
Kilometer entfernt vom Dorf so gut auskannte. In 
Malenzer 
Erinne-
rungen 


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seinem großen Rucksack trug er unsere reiche Ernte 
nach Hause, und in verknoteten großen Leinentü-
chern schleppten wir außerdem noch die vielen am 
Wegesrand und mitten auf dem Weg entdeckten 
und gesammelten Steinpilze.  
Während eines Sommers nahm mich frühmorgens 
an einem Sonntag mein Onkel Willi zum Karau-
schenfischen mit. Ich musste dabei versuchen, mit 
einer langen Stange die Karauschen in Richtung 
seines großen Käschers zu drängen und fürchtete
dass mich der Fischotter, der angeblich in dem Teich 
lebte, dabei anspringen könnte. Der Weg zum Teich 
führte am Eiskeller vorbei, der eigentlich eine Eis-
miete war: Eisstücke, die im Winter im Seerschenow 
geschnitten worden waren, wurden hier ortsnah im 
Schatten von Birken und Tannen mit einer dicken 
Schicht Torfmull bedeckt eingelagert und das ganze 
Jahr hindurch zum Kühlen von Speisen und Geträn-
ken genutzt. Wir Kinder lutschten es vergnüglich, 
wenn wir im Sommer an der Schottow beschäftigt 
waren.  
Am bemoosten östlichen Ufer dieses Teiches fan-
den mein Bruder Otto und ich beim Pilzesuchen 
unter den tiefhängenden Ästen einer Tanne einmal 
eine Kreuzotter. Wir erschlugen sie kurzerhand, 
gaben das Pilzesuchen auf, klemmten sie hinter 
ihrem Kopf in einen aufgespaltenen Kiefernast und 
trugen sie wie eine Trophäe nach Hause. Die hinter 
Karau-
schen 
fischen 
im  
Gesork 


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unserem Stall vergrabene Schlange sollte sich angeb-
lich bei Sonnenaufgang am nächsten Tage wieder in 
der Erde bewegen. Deshalb öffnete ich das Schlan-
gengrab am nächsten Tage. Mir will aber nicht mehr 
einfallen, was ich dabei feststellte.  
Beim Kolonialwarenhändler Max Bartsch konnten 
außer Fleisch und Wurst sämtliche gängigen Lebens-
mittel erworben werden, auch Kaffee, getrocknete 
exotische Früchte, Schokolade, Bonbons, Weine, 
Spirituosen, Bier, Brause und Brausepulver, Dochte 
für Laternen und Lampen, Petroleum, Talglichter, 
Pappnägel, Krampen, Holzpantoffeln, Tabak, auch 
Priem, Schnupftabak, Hosenträger, Riemen, 
Strumpfbänder, Gummiband für Leibchen, Schnür-
senkel und Druckknöpfe, halt alles, was man in 
einem ländlichen Haushalt immer wieder an Klei-
nigkeiten brauchte. Bei Bartsch befanden sich außer-
dem die Poststelle und der Öffentliche Fernsprecher.  
Der Bürgermeister fuhr Motorrad mit Beiwagen. 
Der Lehrer besaß einen kleinen BMW, den wir 
Kinder auf dem Schulhof anschieben mussten, wenn 
er sich mit der Handkurbel nicht starten lassen 
wollte. Noch deutlicher kann ich mich der gut ge-
pflegten Landauer des Gutes entsinnen, die in einer 
Fachwerkscheune am Klapperberg standen und 
mich mit ihren blank geputzten Stablaternen, den 
gepolsterten Sitzen und dem schwarzen Verdeck 
stets mehr interessierten als Autos und Motorräder. 
Motor- 
und 
Pferde-
hutschen 
Im Dorf-
laden 


66 
Der direkt vom Hohlweg an unserem Wohnhause über 
den Lindenberg ehemals führende Fußpfad nach Gaffert
 
Die Landschaft von der Reichsstraße 158 bis zum Linden-
berg 


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Gefahren bin ich darin aber nie, ich habe auch nie 
darin gesessen.  
Die sechs Kilometer zum Bahnhof in Budow wur-
den gewöhnlich zu Fuß zurückgelegt. Von dort fuhr 
ein Triebwagen der Stolpetal-Bahn in die ca. 40 
Kilometer entfernte Kreisstadt Stolp. Einmal bestellte 
Mutter eine Taxe, die uns von Budow über Wundi-
chow nach Hause brachte. Diese Strecke hatte ich bis 
dahin nicht kennengelernt und erinnere mich noch 
genau an diese Fahrt, vor allem an den Anblick des 
Wundichower Gutshauses mit dem davor liegenden 
See.  
Einen großen Teil des kürzeren Fußweges nach 
Budow bildete ein Fußsteig, der zwischen den gro-
ßen Ackerflächen des Gutes über den Lindenberg 
und die tiefe Schlucht – Struschk genannt – bis 
Gaffert führte. Er begann unmittelbar am Backofen, 
knapp hundert Meter von unserem Wohnhaus 
entfernt. Den beschwerlichen Weg bin ich ohne 
Widerwillen gern gegangen, wenn Mutter mich zum 
Einkaufen oder zu Verwandtenbesuchen nach Stolp 
mitnahm. Hier wurde ich eines Morgens bei Tante 
Anna und Onkel Karl Kosbab in der Schulstraße 1 in 
Stolp durch das Klingeln und Quietschen der Elekt-
rischen geweckt, das ich als ein nahezu überirdisches 
Geräusch empfand und mir wünschte, davon auch 
immer zu Hause geweckt zu werden. In Erinnerung 
ist mir auch geblieben, dass ich in der Elektrischen 
Mit der 
Stolpe-
tal-Bahn  


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