Von Hinterpommern nach irgendwo …



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157 
Im Herbst 1949 besuchte ich die Außenstelle des 
Arbeitsamtes Lüchow-Dannenberg in Gartow und 
bat um Vermittlung aus der Landwirtschaft in den 
Bergbau nach Gelsenkirchen. So gelangte ich am 18. 
November 1949 ins Wohnheim der Zeche Alma in 
Gelsenkirchen-Rotthausen und fand hier eine Bleibe 
in einem Zweibettzimmer, das ein türloses Durch-
gangszimmer zu einem Dreibettzimmer war. Diese 
Barackensiedlung hatte zwangsverpflichteten 
Fremdarbeitern bis zum Kriegsende als Unterkunft 
gedient.  
Die Arbeit begann unter Tage als Gedingeschlep-
per, der die von einem gelernten Hauer aus dem 
Flöz gebrochene Kohle auf ein Transportband schau-
Als Bergmann und Industriearbeiter 
Unter 
Tage als 
Gedinge-
schlepper 
Vom 
Höhbeck 
nach 
Gelsen-
kirchen 


158 
feln musste. In den ersten Tagen meiner Bergmanns-
arbeit besaß die Kohle an meinem Arbeitsplatz eine 
Mächtigkeit von bis zu gut zwei Metern, sodass man 
im Stehen arbeiten konnte. Die Luft- und Tempera-
turverhältnisse waren gut, aber die Presslufthämmer 
der Hauer und der entsetzliche Krach der metalle-
nen Schüttelrutsche setzten allen Neulingen schwer 
zu. Der Flöz war in dieser Mächtigkeit vielleicht 50 
Meter lang, fiel dann aber etwa 25 Meter auf weniger 
als einen Meter steil ab, um danach in einer Mächtig-
keit von etwa 1,60 Meter wieder auf einer Länge von 
etwa 50 Metern anzusteigen. Die Gedingeschlepper 
mussten abwechselnd die steil herabstürzende Kohle 
wieder auf das Gummiförderband des ansteigenden 
Flözabschnittes ziehen. Eines Tages war ich dran, an 
diesem Höllenplatz aus Donner und dickem Staub in 
Hockstellung und mit einem Arschleder bekleidet zu 
arbeiten. Nur ein kleiner Schein meiner Grubenlam-
pe leuchtete, sonst war kein Licht über oder unter 
mir. In dem Krach war keine Stimme wahrzuneh-
men. Das ging in den ersten Tagen nicht ohne Angst-
schweiß ab.  
Am Anfang hatten uns die Hauer mit dem Berg, 
der Steindecke über der ausgebauten Kohle, vertraut 
gemacht. So war beispielsweise besonders auf mögli-
chen Steinschlag zu achten, wenn sich kleine Stein-
krümel aus dem Hangenden lösten. Diese Lehre 
sollte mir erst wesentlich später auf der Zeche Graf 
Stein-
schlag 
auf Graf 
Bismarck 


159 
Bismarck das Leben retten, als ich gerade in einem 
mächtigen Streb die Essenspause – in der Berg-
mannssprache die Butterzeit – in der Nachtschicht 
absaß. Kaum war ich nach herabfallenden Krümeln 
auf einen benachbarten Platz gerutscht, löste sich aus 
dem Hangenden ein etwa 100 Kilo schweres Stein-
stück, das rundherum von einer millimeterfeinen 
Kohleschicht freigegeben wurde. Erschrocken rief 
ich sofort die anderen Kumpel herbei, mit denen ich 
die ausgebauten Kohlefelder durch das Zerschlagen 
von Holzstempeln und das Rauben von Eisenstem-
peln zum Einsturz bringen musste. In der Berg-
mannssprache war das auch die Arbeit am „Toten 
Mann“. Wir betrachteten den herabgefallenen Stein-
klumpen von allen Seiten und gingen mit besonde-
rer Vorsicht wieder an die Arbeit.  
Auf der Zeche Alma erlebte ich auch, wie der 
Kumpel Eugen aus Westpreußen zu Tode kam. Er 
wurde von einem Holzstempel, der mit der Ketten-
rutsche transportiert wurde und sich am Ende hinter 
einem sogenannten Mitnehmer befand, mit voller 
Kraft an die Kohlenwand gedrückt. Auf der Zeche 
Rheinelbe überraschte uns mal ein Feuer, das sich 
angeblich an einem Holzstempel durch Reibung mit 
der metallenen Schüttelrutsche entzündet haben 
sollte. Wir liefen um unser Leben und waren glück-
lich, über Tage die Feuerwehr mit ihrem Atem-
schutzgerät einfahren zu sehen.  
Berg-
manns–
tod 


160 
Unauslöschlich sind mir bis heute die Erinnerun-
gen an die Arbeit in einem etwa 70 bis 80 Zentimeter 
hohen Streb (Gang zu einer abzubauenden Kohle-
schicht). Bepackt mit dem Gezähe (Werkzeug ) einer 
14 Pfund schweren Grubenlampe, einem doppelt so 
schweren Mottek (Presslufthammer) und schwerem 
Pin, oft auch noch mit langem Luftschlauch, mit Beil, 
Fäustel und einer großen Kaffeeflasche mussten wir 
bis zu 60 Meter weit auf Knieschonern kriechen, um 
an den eingeteilten Arbeitsplatz zu gelangen. Dabei 
konnte es passieren, dass der Kriechweg sich durch 
gebrochenes Hangende und querstehende Stempel 
so verengte, dass man von anderen Kumpels mit 
einem Tritt auf den Hintern durch die Öffnung 
gedrückt werden musste. Schweißgebadet begann 
dann die Arbeit unter dem Geknatter der Abbau-
hämmer und in dem vom ständigen Wetterzug 
aufgewirbelten und mitgeführten dichten Koh-
lenstaub. Auf welcher Zeche ich unter diesen Bedin-
gungen mein Geld verdiente, weiß ich aber nicht 
mehr.  
Zu einer Zeit, als ich selbst schon als Lehrhauer mit 
dem Abbauhammer Kohle im Akkord hauen konnte, 
fand ich im Geröll von Kohle und Stein in meinem 
Arbeitsabschnitt – in der Bergmannssprache Kropp 
genannt – große und mächtige Stücke einer verstei-
nerten Schlange neben zahlreichen Abdrücken von 
Farn. Ich war sehr beeindruckt und bedauere es 
Verstei-
nerte 
Schlangen 
und Farne 
Zur  
Kohle 
kriechen 


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