Anna Seghers: "Das Kreuz" / "Transit"



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Vorschau 75161 Anna Seghers Das siebte Kreuz Transit

zweite Exilphase
(1935-1939) stand im Zeichen der Konsolidierung des faschistischen Regimes in 
Deutschland und der Ernüchterung der meisten Exilierten, die die Situation in Deutschland jetzt 
realistischer betrachteten als in den Jahren davor. Die Gestaltung der deutschen Wirklichkeit, die gegen 
Ende der dreißiger Jahre den exilierten Autoren immer ferner rückte, wurde für die emigrierten 
Schriftsteller/Innen immer schwieriger. 
Die 
dritte Exilphase
(1940-1950), die durch die Kriegsereignisse und durch die erneute Flucht über die 
Grenzen Europas hinaus bestimmt ist, zeichnet vor allem die Ursachenforschung, aber auch Resignation 
in der literarischen Form der Epochenbilanz (z.B. Anna Seghers’ „Die Toten bleiben jung“ (1949). 
Anna Seghers beginnt im französischen Exil zu einem Zeitpunkt an ihrem Roman zu schreiben, als 
überall auf der Welt fast ausschließlich die Gräuel, die die Deutschen verursacht haben, Thema waren 
und wo das deutsche Volk in Verruf stand, seinen Führern blind zu vertrauen und ihnen in der Ausübung 
der schändlichsten Taten bereitwillig folgten. Anna Seghers selbst war in Paris persönlich davon 
betroffen. Da erzählen neu angekommene Flüchtlinge von der blasphemischen Errichtung der sieben 
Marterkreuze im rheinischen KZ Osthofen (bei Seghers: Westhofen). Zwischen politischen 
Veranstaltungen und Kinder Großziehen, von Nazispitzeln verfolgt, macht sie in zweitklassigen Pariser 
Cafés daraus einen Roman, der beim Einmarsch der faschistischen Truppen in Frankreich verloren zu 
gehen droht. Anna Seghers wird bei der Flucht nach Marseille von den deutschen Truppen überholt, sie 
muss zurück nach Paris, ihr Mann ist interniert, sie kann dann später nach Mexiko entkommen, und ihr 
Roman erscheint in Mexiko, dann in den USA in englischer Sprache, wird den Soldaten als Lektüre 
empfohlen und dann ein Welterfolg. 
Das erklärte Ziel des Romans, „die Struktur des Volkes aufzurollen“ erreicht die Autorin, indem sie die 
Leser/Innen nachvollziehen lässt, wie die im Herbst 1937 aus dem KZ Westhofen geflohenen Häftlinge 
auf 


ihrer Flucht mit den verschiedenen Menschen in Berührung kommen; wie die Menschen reagieren, die 
mit den Geflohenen vor deren Inhaftierung in Beziehung standen (Familienbande, Freundschaft, 
politische Kontakte etc.), als sie von deren Flucht erfahren, und wie die Vertreter des Nazisystems die 
Verfolgung organisieren und dabei alle Möglichkeiten einsetzen, die einem faschistischen Staat zur 
Verfügung stehen. Dabei gelingt es ihr, ein eindringliches Bild des Alltags im Faschismus sowie der 
Formen und Methoden der Nazi-Herrschaft zu entwerfen. 
Mehrere Besonderheiten dieses Romans dienen der Differenzierung, verleihen ihm aber auch eine 
besondere Überzeugungskraft: 
Zum einen nutzt Anna Seghers die große Zahl von Personen, die indirekt oder direkt, gewollt oder 
ungewollt mit dem Fluchtgeschehen in Berührung kommen, um den Leser(n)/Innen Einblicke in die 
Lebensformen der unterschiedlichsten gesellschaftlichen Schichten jener Zeit zu gewähren. Dadurch 
wird ihr Anspruch, die soziale Struktur des Volkes „aufzurollen“ im soziologischen Sinne erfüllt. 
Arbeiter, Bauern, ein Schäfer, Kleinbürger, Intellektuelle und Künstler zählen zu ihrem Personal. Auch 
in der Darstellung der Flüchtlinge und der Vertreter des Faschismus behält sie diese Breite der 
Darstellung bei. 
Zum anderen überzeugt der Roman dadurch, wie die verschiedenen unterschiedlichen Figuren präsentiert 
werden. Obwohl Georg Heisler, dem als einzigem die Flucht gelingt, unbestritten im Mittelpunkt der 
Figurengestaltung steht, verleiht Anna Seghers allen Figuren, auch denen, die eine untergeordnete Rolle 
spielen, große Lebendigkeit und Plastizität. 
Thematisch eng mit der Gestaltung der Figuren verknüpft wird zudem der Alltag der Menschen im 
Faschismus, im Roman „das einfache Leben“ genannt, in den Mittelpunkt gestellt. Die überwiegende 
Zahl der im Roman dargestellten Figuren führt ein Leben, das sich völlig im Bereich des Alltäglichen 
und Unspektakulären bewegt: Die Menschen gehen zur Arbeit in die Fabrik, bringen die Ernte ein, 
trinken gemeinsam Kaffe, bügeln Wäsche oder besuchen ihre Stammkneipe. Sie leben ihren Alltag, als 
habe sich an den Umständen ihres Lebens nichts geändert. Dieser Alltag trägt sogar in der Darstellung 
durch Anna Seghers teilweise idyllische bzw. paradiesische Züge. An vielen Stellen des Romans steht er 
als Gegenpol zur „unordentlichen Welt“ der Nazis, strahlt „Macht und Glanz“ aus und übt selbst auf 
Georg, den Revolutionär, große Anziehungskraft aus.
Erst die Flucht der KZ-Insassen bringt Bewegung in die Ruhe und Gelassenheit, die den Alltag scheinbar 
bestimmen, und zwingt sowohl die Bevölkerung als auch die Vertreter des Faschismus zum Handeln. Die 
Flucht wirkt als Katalysator und gerät zur Machtprobe: Die Menschen, die sich im gewöhnlichen Leben 
eingerichtet hatten, werden durch die Flucht und die Begegnung mit den Flüchtlingen aus dem normalen 
Ablauf des Alltags herausgerissen, müssen sich entscheiden, ob sie den Flüchtlingen helfen und dadurch 
ihr eigenes Leben riskieren oder ob sie ihre Hilfe verweigern und sich weiterhin mit den faschistischen 
Verhältnissen arrangieren wollen. So wird die Begegnung mit den Flüchtlingen zur Situation der 
Bewährung, in der die Menschen sich verändern. 
Die faschistische Ordnung als umfassendes System von Unterdrückungsmechanismen hat zwar einerseits 
dieses Alltagsleben der Menschen nicht vereinnahmen können, andererseits zeigt aber auch die Tatsache, 
dass nur Georg Heisler - einem von sieben geflüchteten KZ-Insassen - die Flucht gelingt, wie 
wirkungsvoll die Nationalsozialisten ihr Überwachungs- und Herrschaftssystem aufgebaut haben. 
Anhand der vielen Menschen, die dem flüchtenden Georg helfen, wird aber auch gezeigt, wozu 
Menschen fähig und bereit sind, wenn es darum geht, unter Einsatz des eigenen Lebens Solidarität zu 
zeigen.
Die Gestaltung des antifaschistischen Widerstandes wird damit zum zentralen Thema des Romans. Da 
die Flucht durch die Solidarität der vielen Helfer diesem einen Flüchtenden gelingt, vermittelt der Roman 
trotz des Scheiterns der sechs anderen eine optimistische Grundhaltung. Das Gelingen dieser einen 
Flucht stellt die Allmacht der Nationalsozialisten in Frage und lässt die Beteiligten sich einer Kraft 
bewusst werden, die sie schon verloren glaubten: „

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