Das kapital, Band



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dehnt sich, wie mit Umfang und Energie der Akkumulation die "Überzähligmachung" fortschreitet. Aber



sie bildet zugleich ein sich selbst reproduzierendes und verewigendes Element der Arbeiterklasse, das

verhältnismäßig größeren Anteil am Gesamtwachstum derselben nimmt als die übrigen Elemente. In der

Tat steht nicht nur die Masse der Geburten und Todesfälle, sondern die absolute Größe der Familien in

umgekehrtem Verhältnis zur Höhe des Arbeitslohns, also zur Masse der Lebensmittel, worüber die ver-

schiednen Arbeiterkategorien verfügen. Dies Gesetz der kapitalistischen Gesellschaft klänge unsinnig

unter Wilden oder selbst zivilisierten Kolonisten. Es erinnert an die massenhafte Reproduktion individuell

schwacher und vielgehetzter Tierarten.

<673> Der tiefste Niederschlag der relativen Übervölkerung endlich behaust die Sphäre des Pauperismus.

Abgesehn von Vagabunden, Verbrechern, Prostituierten, kurz dem eigentlichen Lumpenproletariat, be-

steht diese Gesellschaftsschichte aus drei Kategorien. Erstens Arbeitsfähige. Man braucht die Statistik des

englischen Pauperismus nur oberflächlich anzusehn, und man findet, daß seine Masse mit jeder Krise

schwillt und mit jeder Wiederbelebung des Geschäfts abnimmt. Zweitens: Waisen- und Pauperkinder. Sie

sind Kandidaten der industriellen Reservearmee und werden in Zeiten großen Aufschwungs, wie 1860

z.B., rasch und massenhaft in die aktive Arbeiterarmee einrolliert. Drittens: Verkommene, Verlumpte,

Arbeitsunfähige. Es sind namentlich Individuen, die an ihrer durch die Teilung der Arbeit verursachten

Unbeweglichkeit untergehn, solche, die über das Normalalter eines Arbeiters hinausleben, endlich die

Opfer der Industrie, deren Zahl mit gefährlicher Maschinerie, Bergwerksbau, chemischen Fabriken etc.

wächst, Verstümmelte, Verkrankte, Witwen etc. Der Pauperismus bildet das Invalidenhaus der aktiven

Arbeiterarmee und das tote Gewicht der industriellen Reservearmee. Seine Produktion ist eingeschlossen

in der Produktion der relativen Übervölkerung, seine Notwendigkeit in ihrer Notwendigkeit, mit ihr bildet

er eine Existenzbedingung der kapitalistischen Produktion und Entwicklung des Reichtums. Er gehört zu

den faux frais der kapitalistischen Produktion, die das Kapital jedoch großenteils von sich selbst ab auf

die Schultern der Arbeiterklasse und der kleinen Mittelklasse zu wälzen weiß.

Je größer der gesellschaftliche Reichtum, das funktionierende Kapital, Umfang und Energie seines

Wachstums, also auch die absolute Größe des Proletariats und die Produktivkraft seiner Arbeit, desto

größer die industrielle Reservearmee. Die disponible Arbeitskraft wird durch dieselben Ursachen entwik-

kelt wie die Expansivkraft des Kapitals. Die verhältnismäßige Größe der industriellen Reservearmee

wächst also mit den Potenzen des Reichtums. Je größer aber diese Reservearmee im Verhältnis zur akti-

ven Arbeiterarmee, desto massenhafter die konsolidierte Übervölkerung, deren Elend im umgekehrten

Verhältnis zu ihrer Arbeitsqual steht. Je größer endlich die Lazarusschichte der Arbeiterklasse und die

industrielle Reserve- <674> armee, desto größer der offizielle Pauperismus. Dies ist das absolute, allge-



meine Gesetz der kapitalistischen Akkumulation. Es wird gleich allen andren Gesetzen in seiner Verwirk-

lichung durch mannigfache Umstände modifiziert, deren Analyse nicht hierher gehört.

Man begreift die Narrheit der ökonomischen Weisheit, die den Arbeitern predigt, ihre Zahl den Verwer-

tungsbedürfnissen des Kapitals anzupassen. Der Mechanismus der kapitalistischen Produktion und Ak-

kumulation paßt diese Zahl beständig diesen Verwertungsbedürfnissen an. Erstes Wort dieser Anpassung

ist die Schöpfung einer relativen Übervölkerung oder industriellen Reservearmee, letztes Wort das Elend

stets wachsender Schichten der aktiven Arbeiterarmee und das tote Gewicht des Pauperismus.

Das Gesetz, wonach eine immer wachsende Masse von Produktionsmitteln, dank dem Fortschritt in der

Produktivität der gesellschaftlichen Arbeit, mit einer progressiv abnehmenden Ausgabe von Menschen-

kraft in Bewegung gesetzt werden kann – dies Gesetz drückt sich auf kapitalistischer Grundlage, wo nicht

der Arbeiter die Arbeitsmittel, sondern die Arbeitsmittel den Arbeiter anwenden, darin aus, daß, je höher

die Produktivkraft der Arbeit, desto größer der Druck der Arbeiter auf ihre Beschäftigungsmittel, desto

prekärer also ihre Existenzbedingung: Verkauf der eignen Kraft zur Vermehrung des fremden Reichtums

oder zur Selbstverwertung des Kapitals. Rascheres Wachstum der Produktionsmittel und der Produktivität

der Arbeit als der produktiven Bevölkerung drückt sich kapitalistisch also umgekehrt darin aus, daß die

Arbeiterbevölkerung stets rascher wächst als das Verwertungsbedürfnis des Kapitals.




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Wir sahen im vierten Abschnitt bei Analyse der Produktion des relativen Mehrwerts: innerhalb des kapi-



talistischen Systems vollziehn sich alle Methoden zur Steigerung der gesellschaftlichen Produktivkraft

der Arbeit auf Kosten des individuellen Arbeiters; alle Mittel zur Entwicklung der Produktion schlagen

um in Beherrschungs- und Exploitationsmittel des Produzenten, verstümmeln den Arbeiter in einen Teil-

menschen, entwürdigen ihn zum Anhängsel der Maschine, vernichten mit der Qual seiner Arbeit ihren

Inhalt, entfremden ihm die geistigen Potenzen des Arbeitsprozesses im selben Maße, worin letzterem die

Wissenschaft als selbständige Potenz einverleibt wird; sie verunstalten die Bedingungen, innerhalb deren

er arbeitet, unterwerfen ihn während des Arbeitsprozesses der kleinlichst gehässigen Despotie, verwan-

deln seine Lebenszeit in Arbeitszeit, schleudern sein Weib und Kind unter das Juggernaut-Rad des Kapi-

tals. Aber alle Methoden zur Produktion des Mehrwerts sind zugleich Methoden der Akkumulation, und

jede Ausdehnung der Akkumulation wird umgekehrt  <675> Mittel zur Entwicklung jener Methoden. Es

folgt daher, daß im Maße wie Kapital akkumuliert, die Lage des Arbeiters, welches immer seine Zahlung,

hoch oder niedrig, sich verschlechtern muß. Das Gesetz endlich, welches die relative Übervölkerung oder

industrielle Reservearmee stets mit Umfang und Energie der Akkumulation in Gleichgewicht hält,

schmiedet den Arbeiter fester an das Kapital als den Prometheus die Keile des Hephästos an den Felsen.

Es bedingt eine der Akkumulation von Kapital entsprechende Akkumulation von Elend. Die Akkumulati-

on von Reichtum auf dem einen Pol ist also zugleich Akkumulation von Elend, Arbeitsqual, Sklaverei,

Unwissenheit, Brutalisierung und moralischer Degradation auf dem Gegenpol, d.h. auf Seite der Klasse,

die ihr eignes Produkt als Kapital produziert.

Dieser antagonistische Charakter der kapitalistischen Akkumulation  ist in verschiednen Formen von po-

litischen Ökonomen ausgesprochen, obgleich sie zum Teil zwar analoge, aber dennoch wesentlich ver-

schiedene Erscheinungen vorkapitalistischer Produktionsweisen damit zusammenwerfen.

Der venetianische Mönch Ortes, einer der großen ökonomischen Schriftsteller des 18. Jahrhunderts, faßt

den Antagonismus der kapitalistischen Produktion als allgemeines Naturgesetz des gesellschaftlichen

Reichtums.

"Das ökonomisch Gute und ökonomisch Böse halten sich in einer Nation stets das Gleichgewicht (il bene

ed il male economico in una nazione sempre all'istessa misura), die Fülle der Güter für einige ist immer

gleich dem Mangel derselben für andre (la copia dei beni in alcuni sempre eguale alla mancanza di essi in

altri). Großer Reichtum von einigen ist stets begleitet von absoluter Beraubung des Notwendigen bei viel

mehr andren. Der Reichtum einer Nation entspricht ihrer Bevölkerung, und ihr Elend entspricht ihrem

Reichtum. Die Arbeitsamkeit in einigen erzwingt den Müßiggang in andren. Die Armen und Müßigen

sind eine notwendige Frucht der Reichen und Tätigen" usw.

<676> In ganz grober Weise verherrlichte ungefähr 10 Jahre nach Ortes der hochkirchliche protestanti-

sche Pfaffe Townsend die Armut als notwendige Bedingung des Reichtums.

"Gesetzlicher Zwang zur Arbeit ist verbunden mit zuviel Mühe, Gewaltsamkeit und Geräusch, während

der Hunger nicht nur ein friedlicher, schweigsamer, unaufhörlicher Druck, sondern als natürlichstes Mo-

tiv zur Industrie und Arbeit die machtvollste Anstrengung hervorruft."

Alles kommt also darauf an, den Hunger unter der Arbeiterklasse permanent zu machen, und dafür sorgt,

nach Townsend, das Bevölkerungsprinzip, das besonders unter den Armen tätig ist.

"Es scheint ein Naturgesetz, daß die Armen zu einem gewissen Grad leichtsinnig (improvident) sind"

(nämlich so leichtsinnig, auf die Welt zu kommen ohne goldne Löffel im Mund), "so daß stets welche da

sind (that there always may be some) zur Erfüllung der servilsten, schmutzigsten und gemeinsten Funk-

tionen des Gemeinwesens. Der Fonds von menschlichem Glück (the fund of human happiness) wird da-

durch sehr vermehrt, die Delikateren (the more delicate) sind von der Plackerei befreit und können höhe-

rem Beruf usw. ungestört nachgehn ... Das Armengesetz hat die Tendenz, die Harmonie und Schönheit,



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