Das kapital, Band



Yüklə 1,7 Mb.
Pdf görüntüsü
səhifə257/257
tarix20.09.2018
ölçüsü1,7 Mb.
#69643
1   ...   249   250   251   252   253   254   255   256   257

D

AS 

K

APITAL 

B

AND 

1

Karl Marx, Friedrich Engels

520

"Sie hören bald auf, Lohnarbeiter zu sein, sie verwandeln sich bald in unabhängige Bauern oder gar in



Konkurrenten ihrer alten Meister auf dem Lohnarbeitsmarkt selbst."

<798> Man begreife den Greuel! Der brave Kapitalist hat seine eignen leibhaftigen Konkurrenten selbst

aus Europa für sein eignes gutes Geld importiert! Da hört denn doch alles auf! Kein Wunder, wenn Wake-

field klagt über mangelndes Abhängigkeitsverhältnis und Abhängigkeitsgefühl der Lohnarbeiter in den

Kolonien. Wegen der hohen Löhne, sagt sein Schüler Merivale, existiert in den Kolonien der leiden-

schaftliche Drang nach wohlfeilerer und unterwürfigerer Arbeit, nach einer Klasse, welcher der Kapitalist

die Bedingungen diktieren kann, statt sie von ihr diktiert zu erhalten ... In altzivilisierten Ländern ist der

Arbeiter, obgleich frei, naturgesetzlich abhängig vom Kapitalisten, in Kolonien muß diese Abhängigkeit

durch künstliche Mittel geschaffen werden.

Was ist nun, nach Wakefield, die Folge dieses Mißstands in den Kolonien? Ein "barbarisches System der

Zerstreuung" der Produzenten und des Nationalvermögens. Die Zersplitterung der Produktionsmittel unter

un-  <799> zählige, selbstwirtschaftende Eigentümer vernichtet mit der Zentralisation des Kapitals alle

Grundlage kombinierter Arbeit. Jedes langatmige Unternehmen, das sich über Jahre erstreckt und Auslage

von fixem Kapital erheischt, stößt auf Hindernisse der Ausführung. In Europa zögert das Kapital keinen

Augenblick, denn die Arbeiterklasse bildet sein lebendiges Zubehör, stets im Überfluß da, stets zur Ver-

fügung. Aber in den Kolonialländern! Wakefield erzählt eine äußerst schmerzensreiche Anekdote. Er

unterhielt sich mit einigen Kapitalisten von Kanada und dem Staat New York, wo zudem die Einwande-

rungswogen oft stocken und einen Bodensatz "überzähliger" Arbeiter niederschlagen.

"Unser Kapital", seufzt eine der Personen des Melodramas, "unser Kapital lag bereit für viele Operatio-

nen, die eine beträchtliche Zeitperiode zu ihrer Vollendung brauchen; aber konnten wir solche Operatio-

nen beginnen mit Arbeitern, welche, wir wußten es, uns bald den Rücken wenden würden? Wären wir

sicher gewesen, die Arbeit solcher Einwandrer festhalten zu können, wir hätten sie mit Freude sofort en-

gagiert und zu hohem Preis. Ja, trotz der Sicherheit ihres Verlustes würden wir sie dennoch engagiert

haben, wären wir einer frischen Zufuhr je nach unsrem Bedürfnis sicher gewesen."

Nachdem Wakefield die englische kapitalistische Agrikultur und ihre "kombinierte" Arbeit prunkvoll

kontrastiert hat mit der zerstreuten amerikanischen Bauernwirtschaft, entschlüpft ihm auch die Kehrseite

der Medaille. Er schildert die amerikanische Volksmasse als wohlhabend, unabhängig, unternehmend und

relativ gebildet, während

"der englische Agrikulturarbeiter ein elender Lump (a miserable wretch) ist, ein Pauper ... In welchem

Land außer Nordamerika und einigen neuen Kolonien übersteigen die Löhne der auf dem Land ange-

wandten freien Arbeit nennenswert die unentbehrlichsten Subsistenzmittel des Arbeiters? ... Zweifelsoh-

ne, Ackerpferde in England, da sie ein wertvolles Eigentum sind, werden viel besser genährt als der engli-

sche Landbebauer."

Aber never mind , Nationalreichtum ist nun einmal von Natur identisch mit Volkselend.

Wie nun den antikapitalistischen Krebsschaden der Kolonien heilen? Wollte man allen Grund und Boden

mit einem Schlag aus Volkseigentum in Privateigentum verwandeln, so zerstörte man zwar die Wurzel

des Übels, <800> aber auch – die Kolonie. Die Kunst ist, zwei Fliegen mit einer Klappe zu schlagen. Man

gebe von Regierungs wegen der jungfräulichen Erde einen vom Gesetz der Nachfrage und Zufuhr unab-

hängigen, einen künstlichen Preis, welcher den Einwandrer zwingt, längere Zeit zu lohnarbeiten, bis er

genug Geld verdienen kann, um Grund und Boden zu kaufen  und sich in einen unabhängigen Bauern zu

verwandeln. Den Fonds, der aus dem Verkauf der Ländereien zu einem für den Lohnarbeiter relativ pro-

hibitorischen Preis fließt, also diesen aus dem Arbeitslohn durch Verletzung des heiligen Gesetzes von

Nachfrage und Zufuhr erpreßten Geldfonds, verwende die Regierung andrerseits, um im selben Maß, wie

er wächst, Habenichtse aus Europa in die Kolonien zu importieren und so dem Herrn Kapitalisten seinen

Lohnarbeitsmarkt vollzuhalten. Unter diesen Umständen tout sera pour le mieux dans le meilleur des




D

AS 

K

APITAL 

B

AND 

1

Karl Marx, Friedrich Engels

521

mondes possibles . Dies ist das große Geheimnis



der "systematischen Kolonisation".

"Nach diesem Plan", ruft Wakefield triumphierend aus, "muß die Zufuhr von Arbeit konstant und rege l-

mäßig sein; denn erstens, da kein Arbeiter fähig ist, sich Land zu verschaffen, bevor er für Geld gearbeitet

hat, würden alle einwandernden Arbeiter dadurch, daß sie für Lohn kombiniert arbeiten, ihrem Anwender

Kapital zur Anwendung von mehr Arbeit produzieren; zweitens jeder, der die Lohnarbeit an den Nagel

hinge und Grundeigner würde, würde grade durch den Ankauf des Landes einen Fonds zur Herüberbrin-

gung frischer Arbeit nach den Kolonien sichern."

Der von Staats wegen oktroyierte Bodenpreis muß natürlich "genügend" (sufficient price) sein, d.h. so

hoch, "daß er die Arbeiter verhindert, unabhängige Bauern zu werden, bis andre da sind, um ihren Platz

auf dem Lohnarbeitsmarkt einzunehmen". Dieser "genügende Bodenpreis" ist nichts als eine euphemisti-

sche Umschreibung des Lösegelds, welches der Arbeiter dem Kapitalisten zahlt für die Erlaubnis, sich

vom Lohnarbeitsmarkt aufs Land zurückzuziehn. Erst muß er dem Herrn Kapitalisten "Kapital" schaffen,

damit er mehr Arbeiter ausbeuten könne, und dann auf dem  <801> Arbeitsmarkt einen "Ersatzmann"

stellen, den die Regierung auf seine Kosten seinem ehemaligen Herrn Kapitalisten über die See spediert.

Es ist höchst charakteristisch, daß die englische Regierung diese von Herrn Wakefield eigens zum Ge-

brauch in Kolonialländern verschriebene Methode der "ursprünglichen Akkumulation" jahrelang ausge-

führt hat. Das Fiasko war natürlich ebenso schmählich als das des Peelschen Bankakts. Der Emigrations-

strom wurde nur von den englischen Kolonien nach den Vereinigten Staaten abgelenkt. Unterdes hat der

Fortschritt der kapitalistischen Produktion in Europa, begleitet von wachsendem Regierungsdruck, Wake-

fields Rezept überflüssig gemacht. Einerseits läßt der ungeheure und kontinuierliche Menschenstrom,

jahraus, jahrein nach Amerika getrieben, stockende Niederschläge im Osten der Vereinigten Staaten zu-

rück, indem die Emigrationswelle von Europa die Menschen rascher dorthin auf den Arbeitsmarkt wirft,

als die Emigrationswelle nach dem Westen sie abspülen kann. Andrerseits hat der Amerikanische Bürger-

krieg eine kolossale Nationalschuld in seinem Gefolge gehabt und mit ihr Steuerdruck, Erzeugung der

allergemeinsten Finanzaristokratie, Verschenkung eines ungeheuren Teils der öffentlichen Ländereien an

Spekulanten-Gesellschaften zur Ausbeutung von Eisenbahnen, Bergwerken etc. – kurz die rascheste Zen-

tralisation des Kapitals. Die große Republik hat also aufgehört, das gelobte Land für auswandernde Ar-

beiter zu sein. Die kapitalistische Produktion geht dort mit Riesenschritten voran, wenn auch Lohnsen-

kung und Abhängigkeit des Lohnarbeiters noch lange nicht auf das europäische Normalniveau herunter-

gebracht sind. Die von Wakefield selbst so laut denunzierte, schamlose Verschleuderung des unbebauten

Kolonialbodens an Aristokraten und Kapitalisten seitens der englischen Regierung hat namentlich in Au-

stralien , zusammen mit dem Menschenstrom, den die Gold-Diggings hinziehn, und

der Konkurrenz, welche der Import englischer Waren selbst dem kleinsten Handwerker macht, eine hin-

reichende "relative Abeiterübervölkerung" erzeugt, so daß fast jedes Postdampfschiff die Hiobspost einer

Überfüllung des australischen Arbeitsmarktes – "glut of  <802> the Australian labour-market" – bringt,

und die Prostitution dort stellenweis so üppig gedeiht wie auf dem Haymarket von London.

Jedoch beschäftigt uns hier nicht der Zustand der Kolonien. Was uns allein interessiert, ist das in der neu-

en Welt von der politischen Ökonomie der alten Welt entdeckte und laut proklamierte Geheimnis: kapita-

listische Produktions- und Akkumulationsweise, also auch kapitalistisches Privateigentum, bedingen die

Vernichtung des auf eigner Arbeit beruhenden Privateigentums, d.h. die Expropriation des Arbeiters.



Fußnoten

(253) Es handelt sich hier von wirklichen Kolonien, jungfräulichem Boden, der durch freie Einwanderer

kolonisiert wird. Die Vereinigten Staaten sind, ökonomisch gesprochen, immer noch Kolonialland Euro-

pas. Übrigens gehören auch solche alten Pflanzungen hierher, wo die Aufhebung der Sklaverei die Ver-

hältnisse gänzlich umgewälzt hat.   



D

AS 

K

APITAL 

B

AND 

1

Karl Marx, Friedrich Engels

522

(254) Die wenigen Lichtblicke Wakefields über das Wesen der Kolonien selbst sind vollständig antizi-



piert durch Mirabeau pére, den Physiokraten, und noch viel früher durch englische Ökonomen.   

(255) Es wird später eine temporäre Notwendigkeit im internationalen Konkurrenzkampf. Welches aber

immer sein Motiv, die Folgen bleiben dieselben.   

(256) "Ein Neger ist ein Neger. In bestimmten Verhältnissen wird er erst zum Sklaven. Eine Baumwoll-

spinnmaschine ist eine Maschine zum Baumwollspinnen. Nur in bestimmten Verhältnissen wird sie zu

Kapital. Aus diesen Verhältnissen herausgerissen, ist sie so wenig Kapital, wie Gold an und für sich Geld

oder der Zucker der Zuckerpreis ist ... Das Kapital ist ein gesellschaftliches Produktionsverhältnis. Es ist

ein historisches Produktionsverhältnis." (Karl Marx, "Lohnarbeit und Kapital", "N[eue] Rh[einische]

Z[eitung]", Nr. 266 vom 7. April 1849. )   

(257) E. G. Wakefield, "England and America", v. II, p. 33.   

(258) l.c., v. I, p.17.   

(259) l.c.p. 18.   

(260) l.c.p. 42, 43, 44.   

(261) l.c., v. II, p. 5.   

(262) "Land, um Element der Kolonisation zu werden, muß nicht nur unangebaut sein, sondern öffentli-

ches Eigentum, welches in Privateigentum verwandelt werden kann." (l.c., v. II, p. l25.)   

(263) l.c., v. I, p. 247.   

(264) l.c.p. 21, 22.   

(265) l.c., v. II, p. 116.   

(266) l.c., v. I, p. 131   

(267) l.c., v. II, p. 5.   

(268) Merivale, I. c., v. II, p. 235-314 passim. Selbst der sanfte, freihändlerische Vulgärökonom Molinari

sagt. "In den Kolonien, in denen die Sklaverei abgeschafft worden ist, ohne daß man die Zwangsarbeit

durch eine entsprechende Menge freier Arbeit ersetzt hätte, sah man das Gegenteil von dem sich abspie-

len, was sich täglich vor unseren Augen zuträgt. Man sah die einfachen Arbeiter ihrerseits die industriel-

len Unternehmer ausbeuten, indem sie Löhne von ihnen forderten, die in gar keinem Verhältnis stehen zu

dem rechtmäßigen Anteil, der ihnen am Produkt zukäme. Da die Pflanzer außerstande waren, für ihren

Zucker einen ausreichenden Preis zu erhalten, um die Steigerung der Löhne decken zu können, waren sie

genötigt, den Mehrbetrag zunächst aus ihren Profiten, darauf aus ihren Kapitalien selbst zu decken. Eine

Menge Pflanzer wurde so ruiniert, während andere ihre Betriebe schlossen, um dem bevorstehenden Ruin

zu entgehen ... Es ist zweifellos besser, Anhäufungen von Kapitalien zugrunde gehen zu sehen, als Gene-

rationen von Menschen" (wie generös von dem Herrn Molinari!); "aber wäre es nicht besser, wenn weder

die einen noch die anderen zugrunde gingen?" (Molinari, l.c. p. 51, 52.) Herr Molinari, Herr Molinari!

Was wird denn aus den zehn Geboten, aus Moses und den Propheten, aus dem Gesetz der Nachfrage und

Zufuhr, wenn in Europa der "entrepreneur" dem Arbeiter und in Westindien der Arbeiter dem entrepre-

neur seine part légitime verkürzen kann Und was ist gefälligst diese "part

légitime", die nach Ihrem Geständnis der Kapitalist in Europa täglich nicht zahlt? Den Herrn Molinari



D

AS 

K

APITAL 

B

AND 

1

Karl Marx, Friedrich Engels

523

juckt es gewaltig, dort drüben, in den Kolonien, wo die Arbeiter so "simpel" sind, den Kapitalisten zu



"exploitieren", das sonst automatisch wirkende Gesetz der Nachfrage und Zufuhr polizeilich in den richti-

gen Gang zu setzen.   

(269) Wakefield, l.c., v. II, p. 52.   

(270) l.c.p. 191, 192.   

(271) l.c., v. I, p. 47, 246.   

(272) "Es sei, fügt ihr hinzu, der Aneignung des Bodens und der Kapitalien zu verdanken, daß der

Mensch, der nur seine Arme besitzt, Beschäftigung findet und sich ein Einkommen schafft ... es kommt

im Gegenteil gerade von der individuellen Aneignung des Bodens, daß es Menschen gibt, die nur ihre

Arme besitzen ... Wenn ihr einen Menschen in den luftleeren Raum versetzt, raubt ihr ihm die Luft. So

handelt ihr auch, wenn ihr euch des Bodens bemächtigt ... Das heißt, ihn in die alles Reichtums bare Lee-

re versetzen, damit er nicht anders als nach eurem Willen leben kann." (Colins, l.c., t. III, p. 267-271 pas-

sim.)   


(273) Wakefield, l.c., v. II, p. 192.   

(274) l.c. p. 45.   

(275) Sobald Australien sein eigner Gesetzgeber wurde, erließ es natürlich den Ansiedlern günstige Ge-

setze, aber die englische, einmal vollzogne Bodenverschleuderung steht im Wege. "Das erste und wic h-

tigste Ziel, welches das neue Landgesetz von 1862 erstrebt, besteht darin, größere Erleichterungen für die

Ansiedlung des Volkes zu schaffen." ("The Land Law of Victoria, by the Hon. G. Duffy, Minister of Pu-



blic Lands" Lond. 1862, [p. 3].)

Yüklə 1,7 Mb.

Dostları ilə paylaş:
1   ...   249   250   251   252   253   254   255   256   257




Verilənlər bazası müəlliflik hüququ ilə müdafiə olunur ©genderi.org 2024
rəhbərliyinə müraciət

    Ana səhifə