Das kapital, Band



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Karl Marx, Friedrich Engels

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Den ersten Rang in überfüllten oder auch für menschliche Behausung absolut unmöglichen Wohnlich-



keiten nimmt London ein.

"Zwei Punkte", sagt Dr. Hunter, "sind sicher; erstens gibt es ungefähr 20 große Kolonien in London, jede

ungefähr 10.000 Personen stark, deren elende Lage alles übersteigt, was jemals anderswo in England

gesehen worden ist, und sie ist fast ganz das Resultat ihrer schlechten Hausakkommodation; zweitens, der

überfüllte und verfallne Zustand der Häuser dieser Kolonien ist viel schlechter als 20 Jahre zuvor." "Es ist

nicht zuviel zu sagen, daß das Leben in vielen Teilen von London und Newcastle höllisch ist."

Auch der bessergestellte Teil der Arbeiterklasse, zusamt Kleinkrämern und andren Elementen der kleinen

Mittelklasse, fällt in London mehr und mehr unter den Fluch dieser nichtswürdigen Behausungsverhält-

nisse, im Maße, wie die "Verbesserungen" und mit ihnen die Niederreißung alter  <689> Straßen und

Häuser fortschreiten, wie Fabriken und Menschenzustrom in der Metropole wachsen, endlich die Haus-

mieten mit der städtischen Grundrente steigen.

"Die Hausmieten sind so übermäßig geworden, daß wenige Arbeiter mehr als ein Zimmer zahlen kön-

nen."

Es gibt fast kein Londoner Hauseigentum, das nicht mit einer Unzahl von "middlemen" <"Maklern">



belastet wäre. Der Preis des Bodens in London steht nämlich stets sehr hoch im Vergleich zu seinen jähr-

lichen Einkünften, indem jeder Käufer darauf spekuliert, ihn früher oder später zu einem Jury Price

(durch Geschworene festgesetzte Taxe bei Expropriationen) wieder loszuschlagen oder durch Nähe ir-

gendeines großen Unternehmens außerordentliche Werterhöhung zu erschwindeln. Folge davon ist ein

regelmäßiger Handel im Ankauf von Mietkontrakten, die ihrem Verfall nahen.

"Von den Gentlemen in diesem Geschäft kann man erwarten, daß sie handeln, wie sie handeln, soviel wie

möglich aus den Hausbewohnern herausschlagen und das Haus selbst in so elendem Zustand wie möglich

ihren Nachfolgern überlassen."

Die Mieten sind wöchentlich, und die Herren laufen kein Risiko. Infolge der Eisenbahnbauten innerhalb

der Stadt

"sah man kürzlich im Osten Londons eine Anzahl aus ihren alten Wohnungen verjagter Familien umher-

wandern eines Samstags abends mit ihren wenigen weltlichen Habseligkeiten auf dem Rücken, ohne ir-

gendeinen Haltplatz außer dem Workhouse"

Die Workhouses sind bereits überfüllt, und die vom Parlament bereits bewilligten "Verbesserungen" sind

erst im Beginn ihrer Ausführung. Werden die Arbeiter verjagt durch Zerstörung ihrer alten Häuser, so

verlassen sie nicht ihr Kirchspiel oder siedeln sich höchstens an seiner Grenze, im nächsten fest.

"Sie suchen natürlich möglichst in der Nähe ihrer Arbeitslokale zu hausen. Folge, daß an der Stelle von

zwei Zimmern, eins die Familie aufnehmen muß. Selbst zu erhöhter Miete wird die Wohnlichkeit

schlechter als die schlechte, woraus man sie verjagt. Die Hälfte der Arbeiter im Strand braucht bereits

zwei Meilen Reise zum Arbeitslokal."

Dieser Strand, dessen Hauptstraße auf den Fremden einen imposanten Eindruck vom Reichtum Londons

macht, kann als Beispiel der Londoner  <690> Menschenverpackung dienen. In einer Pfarrei desselben

zählte der Gesundheitsbeamte 581 Personen auf den Acre, obgleich die Hälfte der Themse mit eingemes-

sen war. Es versteht sich von selbst, daß jede gesundheitspolizeiliche Maßregel, die, wie das bisher in

London der Fall, durch Niederschleifen untauglicher Häuser die Arbeiter aus einem Viertel verjagt, nur

dazu dient, sie in ein andres desto dichter zusammenzudrängen.




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Karl Marx, Friedrich Engels

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"Entweder", sagt Dr. Hunter, "muß die ganze Prozedur als eine Abgeschmacktheit notwendig zum Still-



stand kommen, oder die öffentliche Sympathie (!) muß erwachen für  das, was man jetzt ohne Übertrei-

bung eine nationale Pflicht nennen kann, nämlich Obdach für Leute zu verschaffen, welche aus Mangel

an Kapital sich selbst keins verschaffen, wohl aber durch periodische Zahlung die Vermieter entschädigen

können."


Man bewundre die kapitalistische Justiz! Der Grundeigentümer, Hauseigner, Geschäftsmann, wenn

expropriiert durch "improvements" <"Verbesserungen">, wie Eisenbahnen, Neubau der Straßen usw.,

erhält nicht nur volle Entschädigung. Er muß für seine erzwungne "Entsagung" von Gott und Rechts we-

gen noch obendrein durch einen erklecklichen Profit getröstet werden. Der Arbeiter wird mit Frau und

Kind und Habe aufs Pflaster geworfen und – wenn er zu massenhaft nach Stadtvierteln drängt, wo die

Munizipalität auf Anstand hält, gesundheitspolizeilich verfolgt!

Außer London gab es Anfang des 19. Jahrhunderts keine einzige Stadt in England, die 100.000 Einwoh-

ner zählte. Nur fünf zählten mehr als 50.000. Jetzt existieren 28 Städte mit mehr als 50.000 Einwohnern.

"Das Resultat dieses Wechsels war nicht nur enormer Zuwachs der städtischen Bevölkerung, sondern die

alten dichtgepackten kleinen Städte sind nun Zentra, die von allen Seiten umbaut sind, nirgendwo mit

freiem Luftzutritt. Da sie für die Reichen nicht länger angenehm sind, werden sie von ihnen für die amü-

santeren Vorstädte verlassen. Die Nachfolger dieser Reichen beziehn die größeren Häuser, eine Familie,

oft noch mit Untermietern, für jedes Zimmer. So ward eine Bevölkerung gedrängt in Häuser, nicht für sie

bestimmt, und wofür sie durchaus unpassend, mit einer Umgebung, die wahrhaft erniedrigend für die

Erwachsnen und ruinierend für die Kinder ist."

Je rascher das Kapital in einer industriellen oder kommerziellen Stadt akkumuliert, um so rascher der

Zustrom des exploitablen Menschenmaterials, um so elender die improvisierten Wohnlichkeiten der Ar-

beiter. <691> Neweastle-upon-Tyne, als Zentrum eines fortwährend ergiebigeren Kohlen- und Bergbau-

distrikts, behauptet daher nach London die zweite Stelle in dem Wohnungsinferno. Nicht minder als

34.000 Menschen hausen dort in Einzelkammern. Infolge absoluter Gemeinschädlichkeit sind kürzlich in

Newcastle und Gateshead Häuser in bedeutender Anzahl von Polizei wegen zerstört worden. Der Bau der

neuen Häuser geht sehr langsam voran, das Geschäft sehr rasch. Die Stadt war daher 1865 überfüllter als

je zuvor. Kaum eine einzelne Kammer war zu vermieten. Dr. Embleton vom Newcastle Fieberhospital

sagt:


"Ohne allen Zweifel liegt die Ursache der Fortdauer und Verbreitung des Typhus in der Überhäufung

menschlicher Wesen und der Unreinlichkeit ihrer Wohnungen. Die Häuser, worin die Arbeiter häufig

leben, liegen in abgeschloßnen Winkelgassen und Höfen. Sie sind mit Bezug auf Licht, Luft, Raum und

Reinlichkeit wahre Muster von Mangelhaftigkeit und Ungesundheit, eine Schmach für jedes zivilisierte

Land. Dort liegen Männer, Weiber und Kinder des Nachts zusammengehudelt. Was die Männer angeht,

folgt die Nachtschicht der Tagesschicht in ununterbrochnem Strom, so daß die Betten kaum Zeit zur Ab-

kühlung finden. Die Häuser sind schlecht mit Wasser versehn und schlechter mit Abtritten, unflätig, un-

ventiliert, pestilenzialisch.

Der Wochenpreis solcher Löcher steigt von 8 d. zu 3 sh.

"Newcastle-upon-Tyne", sagt Dr. Hunter, "bietet das Beispiel eines der schönsten Stämme unsrer Lands-

leute, der durch die äußern Umstände von Behausung und Straße oft in eine beinah wilde Entartung ver-

sunken ist."

Infolge des Hin- und Herwogens von Kapital und Arbeit mag der Wohnungszustand einer industriellen

Stadt heute erträglich sein, morgen wird er abscheulich. Oder die städtische Ädilität mag endlich sich

aufgerafft haben zur Beseitigung der ärgsten Mißstände. Morgen wandert ein Heuschreckenschwarm von

verlumpten Irländern oder verkommenen englischen Agrikulturarbeitern ein. Man steckt sie weg in Keller




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