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schwands Schwindeleien kommen alle darauf hinaus, daß die aus der Natur der Ware entsprin-
genden und daher in der Warenzirkulation erscheinenden Widersprüche durch Vermehrung der
Zirkulationsmittel beseitigt werden können. Aus der Volksillusion, welche Stockungen des Pro-
duktions- und Zirkulationsprozesses einem Mangel an Zirkulationsmitteln zuschreibt, folgt übri-
gens umgekehrt, daß wirklicher Mangel an Zirkulationsmitteln, z.B. infolge offizieller Pfusche-
reien mit der "regulation of currency"[1*] nicht seinerseits Stockungen hervorrufen kann.
[1*] "Regugierung des Geldumlaufs"
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Umlaufsgeschwindigkeit des Geldes abnimmt oder beides zusammenwirkt. Die Masse der Zirkulations-
mittel kann umgekehrt abnehmen mit abnehmender Warenmasse oder zunehmender Zirkulationsge-
schwindegkeit.
Bei allgemein steigenden Warenpreisen kann die Masse der Zirkulationsmittel gleichbleiben, wenn die
Masse der zirkulierenden Waren in demselben Verhältnis abnimmt, worin ihr Preis zunimmt, oder die
Umlaufsgeschwindigkeit des Geldes ebesno rasch zunimmt als die Preiserhöhung, während die zirkulie-
rende Warenmasse konstant bleibt. Die Masse der Zirkulationsmittel kann fallen, weil die Warenmasse
rascher ab- oder die Umlaufsgeschwindigkeit rascher zunimmt als die Preise.
Bei allgemein fallenden Warenpreisen kann die Masse der Zirkulationsmittel gleichbleiben, wenn die
Warenmasse in demselben Verhältnis wächst, worin ihr Preis fällt, oder die Umlaufsgeschwindigkeit des
Geldes in demselben Verhältnis abnimmt wie die Preise. Sie kann wachsen, wenn die Warenmasse ra-
scher wächst oder die Zirkulaitonsgeschwindigkeit rascher abnimmt, als die Warenprise fallen.
Die Variationen der verschiednen Faktoren können sich wechselseitig kompensieren, so daß ihrer bestän-
digen Unstätigkeit zum Trozt die zu realisierende Gesamtsumme der Warenpreise konstant bleibt, also
auch die zirkulierende Geldmasse. Man findet daher, namentlich bei Betrachtung etwas längerer Peri-
oden, ein viel konstanteres Durchschnittsniveau der in jedem Lande zirkulierenden Geldmasse und, mit
Ausnahme starker Perturbationen, die periodisch aus den Produktions- und Handelskrisen, seltner aus
einem Wechsel im Gelswert selbst eintspringen, viel geringere Abweichungen von diesem Durchschnitts-
niveau, als man nach dem Augenschein erwarten sollte.
Das Gesetz, daß die Quantität der Zirkulationsmittel bestimmt ist durch die Preissumme der zirkulieren-
den Waren und die Durchschnittsgeschwindigkeit des Geldumlaufs[78], kann auch so ausgedrückt wer-
den, daß bei gegebner Wertsumme der Waren und gegebner Durchschnittsgeschwindig-
[78] "Es gibt ein bestimmtes Maß und Verhältnis des Geldes, das erforderlich ist, um den Handel
einer Nation in Gang zu halten; ein Mehr oder Weniger würde ihm Abbruch tun. Geradeso wie in
einem kleinen Deailgeschäft eine bestimmte Menge von Farthings notwendig ist, um die Silber-
münzen zu wechseln und solche Zahlungen zu leisten, die mit den kleinsten Silbermünzen nicht
geleistet werden können .. Ebenso wie nun das zahlenmäßige Verhältnis der im Handel notwen-
digen Farthings von der Zahl der Käufer, der Häufigkeit ihrer Käufe und vor allem auch von dem
Wert der kleinsten Silbermünze abhängig ist, so ist in ähnlicher Weise das Verhältnis des für un-
seren Handel notwendigen Geldes (Gold- und Silbermünzen) bestimmt durch die
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keit ihrer Metamorphosen, die Quantität des umlaufenden Geldes oder des Geldmaterials von seinem
eignen Wert abhängt. Die Illusion, daß umgekehrt die Warenpreise durch die Masse der Zirkulationsmit-
tel und letztre ihrerseits durch die Masse des in einem Lande befindlichen Geldmaterials bestimmt wer-
den[79], wurzelt bei ihren ursprünglichen Vertretern in der ab-
Häufigkeit der Tauschvorgänge und die Höhe der Zahlungen."(William Petty,"A Treatise on Ta-
xes and Contributions", Lond. 1667, p.17.) Die Humesche Theorie ward gegen J. Steuart u.a.
verteidigt von A. Young in seiner "Political Arithmetic", Lond. 1774, wo ein eignes Kapitel:
"Prices depend on quantity of money"[1*], p.112sqq. Ich bemerke "Zur Kritik etc.", p.149[2*]:
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"Die Frage über die Quantität der zirkulierenden Münze beseitigt er(A. Smith) stillschweigend,
indem er das Geld ganz falsch als bloße Ware behandelt." Dies gilt nur, soweit A. Smith ex offi-
cio das Geld behandelt. Gelegentlich jedoch, z.B. in der Kritik der früheren Systeme der Pol.
Ökon., spricht er das Richtige aus: "Die Menge des gemünzten Geldes wird in jedem Lande durch
den Wert der Waren geregelt, deren Umlauf es zu vermitteln hat ... Der Wert der in einem Lande
jährllich gekauften und verkauften Güter erfordert eine gewisse Menge Geld, um sie zu zirkulie-
ren und an ihre eigentlichen Verbraucher zu verteilen, kann aber für mehr Geld keine Verwen-
dung schaffen. Der Kanal der Zirkulation zieht notwendigerweise eine Summe an, die genügt, um
ihn zu füllen, nimmt aber nie eine größere auf."("Wealth of Nations",[vol.III,] l. IV,
ch.I.[p.87,89.]) Ähnlich eröffnet A. Smith sein Werk ex officio mit einer Apotheose der Teilung
der Arbeit. Hinterher, im letzten Buch über die Quellen des Staatseinkommens, reproduziert er
gelegentlich A. Fergusons, seines Lehrers, Denunziation der Teilung der Arbeit.
[79] "Die Preise der Dinge werden sicherlich in jedem Lande so steigen, wie die Menge an Gold
und Silber unter den Leuten anwächst; folglich müssen auch, wenn in einem Lande Gold und Sil-
ber sich vermindern, die Preise aller Waren einer solchen Verminderung des Geldes entsprechend
fallen."(Jacob Vanderlint,"Money answers all Things", Lond. 1734, p.5.) Nähere Vergleichung
zwischen Vanderlint und Humes "Essays" läßt mir nicht den geringsten Zweifel, daß Hume V.'s
übrigens bedeutende Schrift kannte und benutzte. Die Ansicht, daß die Masse der Zirkulations-
mittel die Preise bestimmt, auch bei Barbon und noch viel älteren Schriftstellern. "Keine Ungele-
genheit", sagt Vanderlint,"kann durch ungehinderten Handel entstehen, sondern nur sehr großer
Nutzen, denn wenn die Bargeldmenge der Nation durch ihn verringert wird, was ja die Prohibit i-
onsmaßnahmen verhindern sollen, so werden die Nationen, denen das Bargeld zufließt, sicher
feststellen, daß alle Dinge in dem Maße im Preise steigen, wie die Bargeldmenge bei ihnen an-
wächst. Und ... unsere Manufakturprodukte und alle anderen Waren werden bald so billig, daß
sich die Handelsbilanz wieder zu unseren Gunsten wendet, und infolgedessen das Geld zu uns zu-
rückfließt."(l.c.p.43, 44.)
[1*] "Preise hängen von der Geldmenge ab" – [2*] siehe Band 13 unserer Ausgabe, S.142/143
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geschmackten Hypothese, daß Waren ohne Preis und Geld ohne Wert in den Zirkulationsprozeß eingehn,
wo sich dann ein aliquoter Teil des Warenbreis mit einem aliquoten Teil des Metallbergs austausche.[80]
c) Die Münze. Das Wertzeichen
Aus der Funtkion des Geldes als Zirkulationsmittel entspringt seine Münzgestalt. Der in dem Preise oder
Geldnamen der Waren vorgestellte Gewichtsteil Gold muß ihnen in der Zirkulation als gleichnamiges
Goldstück oder Münze gegenübertreten. Wie die Feststellung des Maßstabs der Preise, fällt das Geschäft
der Münzung dem Staat anheim. In den ver-
[80] Daß jede einzelne Warenart durch ihren Preis ein Element der Preissumme aller zirkulieren-
den Waren bildet, ist selbstverständlich. Wie aber untereinander inkommensurable Gebrauchs-
werte sich en masse mit der in einem Land befindlichen Gold- oder Silbermasse austauschen sol-
len, ist völlig unbegreiflich. Verschwindelt man die Warenwelt in eine einzige Gesamtware, wo-
von jede Ware nur einen aliquoten Teil bildet, so kommt das schöne Rechenexempel heraus: Ge-
samtware = x Ztr. Gold. Ware A = aliquoter Teil der Gesamtware = derselbe aliquote Teil von x
Ztr. Gold. Dies ehrlich heraus bei Montesquier: "Wenn man die Masse des auf der Welt vorhan-
denen Goldes und Silbers mit der Summe der vorhandenen Waren vergleicht, so kann man gewiß
jedes einzelne Erzeugnis bzw. Ware mit einer bestimmten Menge des Geldes vergleichen. Unter-
stellen wir einmal, daß es nur ein einziges Erzeugnis bzw. eine einzige Ware gibt oder daß nur ei-
ne gekauft wird und daß sie ebenso teilbar ist sie das Geld: ein gewisser Teil dieser Ware wird
dann einem Teil der Geldmasse entsprechen; die Hälfte der Gesamtheit der Waren der Hälfte der