Historischer Verein für Ermland
VII
geselliger Runde unter Ausschluss
jeglicher Politik. Hinzugefügt wurde
die Zielsetzung: Unterstützung und
Verbreitung der Religiosität und Mo-
ral in enger Verbindung mit der Kir-
che, Propagierung bürgerlicher Tu-
genden, und zwar Arbeitsamkeit,
Nüchternheit, Gewissenhaftigkeit,
Sparsamkeit, Zusammenleben in der
Gemeinschaft, Ehrgefühl, Pflege der
Geselligkeit, geistige Bildung und Be-
kämpfung sozialdemokratischer Be-
strebungen. Buchholz arbeitete bei
der Gründung des Bundes mit Li-
szewski und Pieniężny zusammen.
Vielleicht war er sogar der Autor die-
ser Programmpunkte. Man hatte ihn
doch mit der Funktion des stellver-
tretenden Vorsitzenden betraut. In
den Berichten der
Gazeta Olsztyńska
ist der Name des Redakteurs und
Herausgebers der
Nowiny Warmiń-
skie nicht einmal erwähnt worden.
Er hielt keine Vorträge, engagierte
sich auch nicht für Auftritte des Ama-
teurtheaters. Möglicherweise war
seine Rolle auf die Teilnahme an der
Gründungsversammlung be-
schränkt, denn die Seele des Bundes
wurde Seweryn Pieniężny. Sicher
hat der Kampf um die Leser auch in
diesem Falle die Allensteiner Her-
ausgeber entzweit. Auf jeden Fall
war es nicht die Zielvorstellung. Die
dargestellte programmatische
Grundlegung galt sowohl für die
No-
winy Warmińskie als auch für die
Gazeta Olsztyńska.
Buchholz nahm auch an der Grün-
dungsversammlung eines landwirt-
schaftlichen Zirkels in Grieslienen
teil. Auf dieser Versammlung sprach
ebenfalls Seweryn Pieniężny. Die Le-
bensdauer dieses Zirkels war jedoch
relativ kurz. Es fehlte vor Ort an ech-
ten Funktionären, die sich der Sache
annahmen.
4
Anfang Oktober 1893 wurde der
Buchholz’sche Verlag in Allenstein
auf Betreiben von Bischof Andreas
Thiel von der Verwaltung der zen-
trumsnahen
Ermländischen Zeitung
aus Braunsberg übernommen. In Al-
lenstein begann man mit der Heraus-
gabe des
Allensteiner Volksblattes.
Das hing mit der Einbeziehung der
Katholiken in die öffentlichen Aktivi-
täten zusammen. Einen Monat lang
redigierte Eugen Buchholz die Zei-
tung, dann übernahmen das andere
Redakteure. Als Redakteur war er
damals abhängig von der geistlichen
Behörde in Frauenburg, und er sehn-
te sich doch immer so nach Selbstän-
digkeit. Vorher, Ende Mai, Anfang Ju-
ni 1893, hatte er in Braunsberg den
Chefredakteur der Ermländischen
Zeitung vertreten. Möglicherweise
wollte man seine journalistischen Fä-
higkeiten prüfen. Vielleicht auch sei-
ne Erfahrung nutzen, denn es fanden
gerade Parlamentswahlen statt, bei
denen die polnische Bewegung ein
Abgeordnetenmandat im deutschen
Parlament gewann. Abgeordneter,
der das Umfeld der
Gazeta Olsztyń-
ska repräsentierte, wurde der Prie-
ster Antoni Wolszlegier aus Gilgen-
burg.
Eugen Buchholz stand auch in Ver-
bindung mit dem seit Anfang 1894 er-
scheinenden
Warmiak. Die Zeit-
schrift legte in ihrer Ausrichtung
wert auf Katholizität, Bindung an das
Nähe des Bahnhofs. Trotz der Krank-
heit beschäftigte er sich weiterhin
mit dem Verlagswesen. Selbstver-
ständlich musste er seine Arbeit ein-
schränken. Der in der Druckerei be-
schäftigte Josef Drosdowski erinner-
te sich, dass Buchholz ständig über
dem Verlag wachte, obwohl er nicht
sein Eigentum war. Sogar dann, als
er nach Wormditt umziehen musste,
und Formanski sich mit dem Ver-
sand beschäftigte, mit dessen Arbeit
er aber nicht zufrieden war. Offiziell
leitete Buchholz das Büro des
Allen-
steiner Volksblattes bis Ende 1903,
aber die polnische Setzerei, die sein
Eigentum war, noch bis April 1905,
denn herausgegeben wurde noch
der
Warmiak. Die Kontakte zum Al-
lensteiner Volksblatt hat er nicht ab-
gebrochen. Er schrieb Artikel und in-
teressierte sich auch weiterhin für
diese Zeitung.
Im Mai 1906 zog er sich ins Elisa-
beth-Krankenhaus in Wormditt zu-
rück, das von den Katharinenschwe-
stern geleitet wurde. Dieser Umzug
war auch bedingt durch die dortigen
Möglichkeiten, täglich an der heili-
gen Messe in der Krankenhauskapel-
le teilzunehmen und täglich die heili-
ge Kommunion zu empfangen. Wäh-
rend der schlaflosen Nächte betete
er den Rosenkranz. Er betete und
schrieb. Über die Armlehnen des
Rollstuhls wurde ein Brett gelegt, das
ihm als Arbeitspult diente. Der enge
Kontakt zu Gott half ihm, seine Lei-
den und Schicksalsschläge zu ertra-
gen. Buchholz war sein ganzes Le-
ben lang ein engagierter Katholik.
Durch seine Haltung, seine Arbeit
und sein Verhältnis zu anderen Men-
schen lebte er die Wahrheiten des
Evangeliums. Seitdem er wieder in
Wormditt wohnte, dominierte in sei-
nem Schaffen die religiöse Thematik.
Damals entstanden seine wichtigsten
Arbeiten:
Zukunftsbilder, erschienen
seit Anfang 1905 im
Allensteiner
Volksblatt, unterbrochen durch das
Eingreifen des ermländischen Bi-
schofs Andreas Thiel, denn Buch-
holz sagte in diesen Beiträgen die
Wiedergeburt Polens voraus; ferner
Der Katholizismus in Polen und
Russland, zwei Bände in zwei Aufla-
gen 1911 und 1914, erschienen unter
dem Pseudonym „Prawdomir“ in
polnischer Sprache;
Gdzie prawda?
Rozmowy wśród podróżnych o
najważniejszych a najczęściej za-
czepnych prawdach wiary katoli-
ckiej [Wo liegt die Wahrheit? Gesprä-
che unter Reisenden über die wich-
tigsten und am meisten herausfor-
dernden Wahrheiten des katholi-
schen Glaubens], worin er eine Dar-
stellung des katholischen Glaubens
in einer außergewöhnlich kommuni-
kativen Form als Dialog zwischen
Bahnreisenden vornahm. Gleichzei-
tig wies er auf die entstandenen Dis-
krepanzen zwischen den verschie-
denen christlichen Religionen hin.
Bei den Mitreisenden dominiert ent-
schieden der Katholik und räumt mit
Sachkenntnis die von den evangeli-
schen und orthodoxen Christen,
aber auch von den Baptisten einge-
brachten Zweifel aus. Sein Vortrag ist
klar und übersichtlich. Der Autor
verhält sich verständnisvoll gegen-
über den anderen christlichen Reli-
gionen, ich möchte sogar sagen im
Geiste der heutigen Ökumene, aber
das katholische Bekenntnis wurde
Ermländertum und war in wirtschaft-
lich-sozialen Angelegenheiten kon-
servativ. Der
Warmiak wurde von
acht maßgebenden Priestern der Di-
özese unterstützt: Walenty Barczew-
ski, damals noch in Willenberg, Edu-
ard Herrmann aus Bischofsburg, Jo-
hannes Hirschberg aus Wartenburg,
Johannes Jablonski aus Purden, An-
ton Kuck aus Alt-Schöneberg, Josef
Kiszporski aus Göttkendorf, Josef Ra-
pierski aus Diwitten und Josef Te-
schner, damals in Groß Kleeberg. Es
wird angenommen, dass in den er-
sten drei Jahren, als den
Warmiak
nacheinander Barczewski und Kisz-
porski sowie Buchholz selbst redi-
gierten, diese Zeitschrift die gleiche
Zielvorstellung hatte wie die
Nowiny
Warmińskie. Sie strebte somit an:
das polnische sprachlich-ethnische
und religiöse Bewusstsein zu erhal-
ten sowie die polnische nationale
Zugehörigkeit auf das ermländische
Fleckchen Erde zu begrenzen. Sie
machte deutlich, dass in diesen Be-
mühungen um die Erhaltung der pol-
nischen Sprache die örtlichen Prie-
ster engagiert sind.
Unabhängig von den von ihm redi-
gierten und herausgegebenen erm-
ländischen Zeitschriften, arbeitete
Buchholz auch noch mit anderen Pu-
blikationen zusammen. Das Ver-
zeichnis dieser Titel ist ziemlich um-
fangreich. Es enthält polnische und
deutsche Zeitschriften, angefangen
von den bereits genannten örtlichen
wie
Gazeta Olsztynska, Mazur, Erm-
ländische Zeitung, Warmia, in der er
längere Beiträge über Piotr Skarga
und Kardinal Stanislaus Hosius pu-
blizierte, bis hin zu den in ganz
Deutschland verbreiteten, wie u. a.
Germania in Berlin, Allgemeine
Rundschau, Historisch-Politische
Blätter und Die Wahrheit in Mün-
chen,
Theologische Quartalschrift in
Linz,
Katholisches Sonntagsblatt Leo
in Paderborn und
Sächsisches Tage-
blatt in Dresden. Er schrieb auch län-
gere Beiträge, die in Paderborn,
Mainz, Danzig, Posen publiziert wur-
den. Er stellte ein Lehrbuch für den
Polnisch-Unterricht
Der echte Pole
(2. Aufl. 1898) zusammen, obwohl er,
wie er im Jahre 1912 bescheiden
schrieb,
polnisch besser schreiben
als sprechen konnte. Zu nennen sind
auch solche Arbeiten wie:
Zur Frage
der Vereinigung der russischen Kir-
chen mit Rom (1908), Die Masuren in
protestantischer Beleuchtung (1908),
Prediger Thomaschki und die Katho-
likenhetze in Ostpreußen (1909). Sei-
ne schöpferische Arbeit unterbrach
er selbst dann nicht, als sich bei ihm
Beschwerden durch Arthritis be-
merkbar machten, deren erste Sym-
ptome Mitte 1895 festgestellt wurden,
als er nur mit Hilfe von Freunden zur
Ratssitzung der Stadt Allenstein ge-
langte, um die Rechte der Polen zu
verteidigen. Er kämpfte damals
schon mit den Anfängen der
schmerzhaften Krankheit. Im Januar
1896, während der Beerdigung der
Großmutter Thiel, hat er sich stark
erkältet. Eine Zeitlang lag er im Mari-
enkrankenhaus. Es halfen weder ein
drei Monate langer Aufenthalt im Sa-
natorium in Wörishofen in Bayern
noch die Wasseranwendungen nach
Dr. Kneipp in Jordanhan. Etwa 1900
verlor Buchholz die Gewalt über sei-
ne Beine und bewegte sich fortan im
Rollstuhl. Im September jenes Jahres
1900 kehrte er ins heimatliche Worm-
ditt zurück. Er bezog ein Haus in der
durch Veröffentlichung zahlreicher ei-
gener Arbeiten zur Geschichte Erm-
lands.
Auf der Basis eines biographischen
Abrisses und einer Übersicht über
das wissenschaftliche Werk sollte die
Arbeit untersuchen, inwiefern Hipler
das Pastoralblatt vor dem Hinter-
grund eines ausgeprägten ermländi-
schen Regional- und Territorialkir-
chenbewusstseins zu einem Diskussi-
onsforum ausgestaltete, in dem nicht
nur zu binnenkirchlich interessieren-
den Entwicklungen Stellung genom-
men wurde, sondern auch zum ge-
sellschaftlich-politischen Kontext, der
geprägt war vom Kulturkampf, von so-
zialen Spannungen, von wachsen-
dem, auch missbrauchten Nationalbe-
wusstsein und von der Auseinander-
setzung mit den zeitgenössischen
Wissenschaften.
Das Stipendium beträgt bis zu 300,- €
im Monat und wird für die Dauer von
bis zu sechs Monaten gewährt. Der Sti-
pendiat erhält eine Erstattung nachge-
wiesener Reise- und Materialkosten bis
zu einer Höhe von 150,- € pro bewillig-
ten Förderungsmonat.
Für Bewerber/innen aus der Regi-
on Münster besteht die Möglichkeit,
die Arbeit teilweise in der Vereinsbi-
bliothek in Münster zu verfassen. Für
die Betreuung der Bibliothek, die Be-
antwortung von Anfragen und die Auf-
sicht während der Öffnungszeit (ein-
mal in der Woche) gewährt der HVE
ein zusätzliches Stundenhonorar.
Dem Antrag auf das Stipendium sind
als Bewerbungsunterlagen beizufügen:
1. ein ausgefülltes Antragsformular
2. ein tabellarischer Lebenslauf
3. Kopien von Hochschulzeugnissen
4. ein Exposé in deutscher Sprache,
welches das Forschungsthema, die
Aufgabenstellung und das Ziel der
geplanten Arbeit darlegt. Es sollte
fünf Seiten nicht überschreiten
5. ein Gutachten des betreuenden
Hochschullehrers
6. ggf. eine Veröffentlichungsliste
7. ggf. ein Nachweis von Deutsch-
kenntnissen (ausländische Studie-
rende)
Der Antrag ist
bis spätestens 31. Au-
gust 2005 zu richten an:
Historischer Verein für Ermland e. V.
Dr. Hans-Jürgen Karp
Brandenburger Str. 5
D-35041 Marburg
Über die Gewährung des Stipendi-
ums entscheidet ein Auswahlaus-
schuss:
PD Dr. Rainer Bendel, Tübingen
Prof. Dr. Teresa Borawska, Kopernikus-
Universität Toruń/Thorn
Prof. Dr. Winfried Eberhard, Geistes-
wissenschaftliches Zentrum für Ge-
schichte und Kultur Ostmitteleuro-
pas, Leipzig
Dr. Bernhart Jähnig, Historische Kom-
mission für ost- und westpreußische
Landesforschung, Berlin
Dr. Hans-Jürgen Karp, Historischer
Verein für Ermland, Marburg
Prof. Dr. Andrzej Kopiczko, Ermlän-
disch-Masurische Universität Olsz-
tyn/Allenstein
Dr. Andreas Lawaty, Institut für die
Geschichte und Kultur der Deut-
schen in Nordosteuropa, Lüneburg
Weitere Informationen (Antragsfor-
mular): www.historischer-verein-erm-
land.de/Ermland-Stipendium
Fortsetzung von Seite VI - Randspalte
Fortsetzung von Seite VI
Fortsetzung auf Seite VIII