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Kunst im Konflikt: Strategien zeitgenössischer Kunst
„Münchner Sicherheitskonferenz‚ 2009 in den
Münchner Kammerspielen stellten sie eine deutsche
Soldatin in Afghanistan einem afghanischen Exilan-
ten, der von Deutschland aus den Widerstand orga-
nisiert, eine somalische Schneiderin, die bei Luftan-
griffen der NATO Teile ihrer Familie verlor, einem
Roboterexperten, einem Kameramann und einer
Konferenzdolmetscherin gegenüber.
http://www.rimini-
protokoll.de/website/de/project_4211.html
Margareth Obexer: Das Geisterschiff (2005)
In ihrem Stück „Das Geisterschiff‚ untersucht Mar-
gareth Obexer einen Vorfall im Winter 1996, als 283
Bootsflüchtlinge, größtenteils aus asiatischen Län-
dern, vor der sizilianischen Küste ertranken. Ob-
wohl Fischer menschliche Knochen in ihren Netzen
fanden und vorlegten, leugneten die Behörden den
Fall so lange, bis schließlich ein Artikel in der Tages-
zeitung „La Repubblica‚ den Fall aufklärte. In einer
szenischen Lesung lässt Obexer die verschiedenen
Akteure zu Wort kommen, am Ende überquert eine
Asiatin singend die Bühne.
http://www.m-
obexer.de/theaterstuecke_10_das_geisterschiff.htm
Kartografie: Multiplicity
Hajusom (seit 1999)
Das Theaterprojekt „Hajusom‚ in Hamburg ist nach
den Anfangssilben der Namen dreier Jugendlicher
benannt, die bald nach Gründung des Projekts wie-
der abgeschoben wurden. „Hajusom‚ versucht ju-
gendlichen Asylanten, die zum Teil aus Konfliktge-
bieten stammen, ein Forum, eine Betätigung und
eine Möglichkeit zu bieten, die traumatischen Erleb-
nisse in ihrem Herkunftsland, auf der Flucht und als
Asylbewerber/-innen in Deutschland zu verarbeiten
und ihre Abschiebung zu verhindern. Kamen in den
ersten Stücken auch kriegerische Konflikte bei-
spielsweise in Sierra Leone zur Sprache, so gewan-
nen die Jugendlichen mit der Zeit an Selbstbewusst-
sein und interessierten sich mehr dafür, ihre aktuelle
Situation in Deutschland zu thematisieren und aktiv
zu verbessern.
http://www.hajusom.de
GRIPS Theater: Hier geblieben! (seit 2005)
Im Rahmen des Aktionsprogramms „Hier geblie-
ben!‚ für Kinderrechte und Flüchtlingsschutz hat
das Berliner GRIPS Theater mehrere hundert Mal
das gleichnamige Stück aufgeführt und seit Ende
2010 ein neues Stück zum Thema, „SOS for Human
Rights‚ im Programm.
http://www.hier.geblieben.net
Centro de teatro do oprimido (seit 1986)
Schon in der Zeit seines Exils in Europa fand die in
den 1960er Jahren von Augusto Boal entwickelte
Methodik des Forum-Theaters in vielen Ländern
Verbreitung.
Nachdem
Boal
nach
Brasilien
zurückgekehrt war, gründete er 1986 das„Centro de
teatro do oprimido‚ in Rio de Janeiro, das bis heute
besteht.
http://ctorio.org.br/novosite
Encuentro Latinoamericano de Teatro del Oprimido
(2010)
Im Januar 2010 fand in der Provinz Jujuy im
äußersten Nordwesten Argentiniens das erste
lateinamerikanische Treffen des Theaters der Unter-
drückten statt, an dem 30 Initiativen aus zehn
Ländern teilnahmen.
http://www.mtojujuy.org.ar/MTOJujuy/
International Theatre of the Oppressed
Organisation
Die Website der internationalen Organisation des
Theaters der Unterdrückten führt Forum-Theater-
gruppen aus sechzig Ländern auf.
http://www.theatreoftheoppressed.org/en/index.php?
nodeID=2
Theatre of the Oppressed
Zwei Websites unter demselben Titel bieten
Informationen zu Methoden und Hintergründen des
Forum-Theaters. Das italienische Centro Ricerche su
Teatro dell’Oppresso e Coscientizzazione hat 2008 seine
Arbeit eingestellt. Der amerikanische Professor
Doug Paterson führt in verschiedenen Ländern
Workshops durch, auch in Ländern wie Liberia oder
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Kunst im Konflikt: Strategien zeitgenössischer Kunst
Kuba, und bis kurz vor den amerikanischen
Angriffen 2003 in Bagdad.
http://ospiti.peacelink.it/giolli/giolli_gb/node2.html
http://www.theatreoftheoppressed.com
Theatre Without Borders
Theatre Without Borders ist eine Website mit vielen
Hinweisen und Links zu Theaterinitiativen weltweit
und mit einer speziellen Abteilung zum Thema
„Theatre and Peace Building Resources‚.
http://www.theatrewithoutborders.com/peacebuilding
/resources
Kolumbien
Arlequín y los Juglares, Medellín (seit 1972)
Adriana María Diosa Colorado und Oscar Manuel
Zuluaga Uribe arbeiten mit einem Ensemble unter
der Haupttribüne des Fußballstadions von Medellín.
Sie bedienen sich verschiedener Mittel wie Puppen-
theater, Musik, Pantomime und Tanz und arbeiten
unter anderem auch mit Kindern und Jugendlichen,
die durch die Konflikte in Kolumbien zu Binnenver-
triebenen geworden sind.
http://www.arlequinylosjuglares.org/deutsch.htm
Red Juvenil, Medellín
In Medellín, der zweitgrößten Stadt Kolumbiens,
sind Jugendliche vor Zwangsrekrutierungen und
Einschüchterung durch paramilitärische Einheiten
nicht sicher. Dagegen hat sich das Jugendnetzwerk
Red Juvenil gebildet, das unter anderem ein jährli-
ches Musikfestival organisiert und eine Theater-
gruppe betreibt. Wie Harón Sánchez Hincapié, einer
der Gründer dieser Theatergruppe, erklärt, gibt die
kolumbianische Regierung an, gegen Paramilitärs
vorgehen zu wollen, die doch in Wirklichkeit in
ihrem Auftrag arbeiten. Daneben gibt es das Prob-
lem der Drogenmafia und der amerikanischen Mili-
tärpräsenz, die wiederum mit dem Kampf gegen
den Kokainhandel begründet wird. Allerdings
macht das Besprühen der Cocapflanzungen mit
Entlaubungsmitteln auch den Anbau von Nah-
rungsmitteln unmöglich und führt so zur Vertrei-
bung der Bauern von ihrem Land. Das Red Juvenil
arbeitet vor allem für das Recht auf Kriegsdienst-
verweigerung. Die Akteure der Theatergruppe agie-
ren im öffentlichen Raum, springen aus dem Bus
und performen auf der Straße oder störten zum
Beispiel eine Militärparade, indem sie nackt aus
einem Brunnen auftauchten. Sie arbeiten oft mit
Masken, Pantomime und folkloristisch wirkenden
Tänzen, die als Gegensatz zu einer „westlichen‚,
amerikanischen Ästhetik empfunden werden. Sán-
chez Hincapié lebt inzwischen in Kopenhagen,
nachdem er verhaftet worden war und Morddro-
hungen erhalten hatte.
www.redjuvenil.org
Kosovo
Centre for Childrens’ Theatre Development (CCTD),
Priština (seit 2002)
Das Centre for Childrens’ Theatre Development betreibt
eine Theatergruppe für Kinder innerhalb eines Mul-
timediazentrums. Sie inszenierte 2005/06 ein ser-
bisch-albanisches Gemeinschaftsprojekt über im
Krieg vermisste Personen.
http://www.insightonconflict.org/conflicts/kosovo/pea
cebuilding-organisations/cctd
Palästina
Freedom Theatre, Jenin
An dem 2006 von Juliano Mer-Khamis – nach der
Zerstörung des ursprünglich von seiner Mutter
Arna Mer-Khamis gegründeten Kinder- und Ju-
gendtheaters – (wieder) eröffneten Freedom Theatre
im Flüchtlingslager von Jenin zeigen sich exempla-
risch die Chancen und Risiken der Theaterarbeit in
einer konfliktgeprägten Region. Mer-Khamis gab
Kindern die Möglichkeit, ihre eigenen Erlebnisse der
während der zweiten Intifada am heftigsten um-
kämpften Stadt im Theaterspiel zu verarbeiten. Er
gewann Zakaria Zubeidi, den ehemaligen militäri-
schen Leiter der Al-Aqsa-Brigaden, als Unterstützer
und versuchte mit allen Mitteln, international Auf-
merksamkeit auf die Situation unter der Besatzung
zu lenken und die Menschen in Jenin selbst dazu zu
bewegen, sich aktiv für die Verbesserung ihrer Situ-
ation einzusetzen. Mer-Khamis, ehemals erfolgrei-
cher Fernseh- und Filmschauspieler, der allerdings
in Israel aufgrund seines Engagements keine Auf-
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