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liche Leben im Rhein-Maas-Raum mit den „Gefürchteten Zeitgenossen“ zwischen
dem 17. und 19. Jahrhundert. Der Fokus der kleinen Untersuchung wurde dabei auf
„Diebes- und Räuberbanden im Großherzogtum Berg“ gelegt. Im Zuge dessen wur-
den die behandelten Akten unter mehreren Fragestellungen analysiert. U. a. sollte be-
antwortet werden, um welche Außenseitergruppen es sich konkret handelte und wa-
rum sie als solche angesehen wurden. Vordergründig wurde das Ziel verfolgt he-
rauszufinden, welche Maßnahmen aus infrastruktureller Sicht gegen diese Außensei-
tergruppen von Seiten der Obrigkeit vorgenommen wurden. Aufgrund der kleinen
Quellenmenge sind allerdings nur erste exemplarische Aussagen möglich, welche
während weiterführender Archivarbeiten verifiziert werden müssten. In der For-
schungslandschaft lassen sich nur wenige einschlägige Publikationen zu Räuber- und
Diebesbanden in der frühen Neuzeit finden. Erwähnenswert ist besonders das bereits
1976 erschienene Werk „Räuber und Gauner in Deutschland. Das organisierte Ban-
denwesen im 18. und frühen 19. Jahrhundert“ von Carsten Küther. Etwas aktuellere
Arbeiten liegen mit den Publikationen von Rebekka Habermas „Verbrechen im
Blick: Perspektiven der neuzeitlichen Kriminalitätsgeschichte“ (2009)
sowie dem im
Jahr 2012 von Astrid Küntzel veröffentlichten Werk „Räuber und Gauner im Rhein-
land 1798-1814“ vor, welche allesamt für die vorliegende Arbeit herangezogen wur-
den.
Das Großherzogtum Berg in französischer Hand
Bevor das Großherzogtum Berg am 15. März 1806 im Tausch gegen das Fürstentum
Ansbach an Napoleon überging, gehörte es zum Besitz des kürzlich ernannten Kö-
nigs Maximilian I. Joseph von Bayern. Zeitgleich mit besagtem Tausch übereignete
Napoleon das Herzogtum Berg an seinen Schwager Joachim Murat.
1
Mitte 1806 trat
Berg dem Rheinbund bei, somit wurde aus Joachim Murat ein Großherzog und aus
Berg ein Großherzogtum. Nachdem dieser sein Amt niedergelegt hatte, da er von
Napoleon zum König von Neapel ernannt worden war, übernahm Napoleon selbst die
Herrschaft und Verwaltung des Großherzogtums.
2
1
Vgl. Schmidt, Charles: Das Großherzogtum Berg 1806-1813. Eine Studie zur französischen Vorherr-
schaft in Deutschland unter Napoleon I. (Bergische Forschungen 27), Neustadt (Aisch)² 2000, S. 14-32.
2
Ebd. S. 33-65.
52
Abb. 1: Hantsche, Irmgard/Krähe, Harald: Preußen am
Rhein. Kleiner Kommentierter Atlas zur Territorial-
geschichte Brandenburg – Preußens am Rhein, Essen 2002,
S. 37.
Ende 1808 führte er eine neue Verwaltungsordnung ein, welche sich stark an der
französischen Ordnung orientierte. Es wurden
Departements,
Arrondissements, Kan-
tone und Munizipalitäten geschaffen. Jede dieser Ordnungen hatte ihre eigenen
Unterteilungen und Aufgaben wie z. B. die innere Verwaltung der Departements
oder die gesamte Ordnung der Gemeinde in den Munizipalitäten. Ziel dieser stark
getrennten Aufgaben- und
Verwaltungsbereiche war die
Stärkung der Zentralgewalt
und vor allem die Verbes-
serung der kompletten Ver-
waltungsstruktur des gesamt-
en Reiches.
3
1813 zogen die
Franzosen nach der bekann-
ten Niederlage in der Völker-
schlacht bei Leipzig ab. Berg
bestand ab diesem Zeitpunkt
zusammen mit Jülich und
Kleve als zusammenhängen-
de Provinz, vorerst proviso-
risch, unter der Verwaltung
von Preußen, ab 1816 dann
endgültig, woraus schließlich
die Einführung eigener Re-
gierungsbezirke sowie die
Einteilung in Land- und
Stadtkreise resultierten.
4
Auch im Justizwesen kam es
durch die
Übernahme der
Franzosen zu starken Verän-
derungen. Vor der Franzosen-
herrschaft war dieses von
divergierenden rechtlichen
Grundlagen geprägt. Das
3
Vgl. Schmidt, Charles: S. 96-143.
4
Vgl. Ebd. S. 304-342.
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vorhandene Gerichtspersonal war stark unterqualifiziert. Hinzu kam, dass keine
einheitliche Rechtsprechung existierte.
5
Mit der Besetzung des rheinischen Gebietes
wurde das Justizwesen nicht sofort erneuert. Sowohl der Wechsel der französischen
Führung als auch die schon erwähnten territorialen Umstrukturierungen nahmen viel
Zeit in Anspruch. Erst im Jahr 1810, also vier Jahre nach der Übernahme, wurde im
Großherzogtum Berg der Code Napoleon eingeführt. Dieser war für die einheitliche
Gesetzgebung im Bereich des Zivilrechts ausgelegt. Später folgten die
Zivilprozessordnung, die Strafprozessordnung und das Strafgesetzbuch, der Code
Pénal. Die wichtigste Neuerung der französischen Rechtsordnung war die Trennung
der Obrigkeiten. Auch das neu eingeführte Prinzip der Rechtsgleichheit sorgte für
eine größere Gleichberechtigung im Großherzogtum Berg. Von nun an wurde anhand
der begangenen Delikte entschieden, vor welchem Gericht die Straftat verhandelt
wurde. Damit war fortan nicht mehr der Status des Angeklagten ausschlaggebend für
diese Entscheidung. Außerdem wurden Staatsanwaltschaften errichtet, welche eine
systematische Strafverfolgung zum Ziel hatten. Des Weiteren wurde an den
Gerichten ein einheitlicher, dreistufiger zivilrechtlicher Instanzenzug eingeführt: Er
bestand aus den Verwaltungseinheiten in einem Kanton (Friedensgericht), dem
Arrondissement (Tribunal) und dem Department (Appellationsgerichtshof). Dem
Vorhaben, dem Gericht mehr Transparenz und Ausgewogenheit zu geben, kam die
Obrigkeit durch die Einführung des Kollegialitätsprinzips, die Besetzung der
Spruchkammern mit mehreren Richtern und die Beteiligung von juristischen Laien in
den Jurys nach, welche über Schuld- und Tatfragen zu entscheiden hatten.
6
Gefürchtete Zeitgenossen – Protagonisten, Organisation und Vorgehen
Diebes- und Räuberbanden waren zwischen dem 16. und 17. Jahrhundert in
der Re-
gel an lokale Grenzen gebunden. Diese spiegelten den erweiterten Wohnradius der
Mitglieder wieder.
7
Auch in den analysierten Quellen sind diese lokalen Grenzen
deutlich zu erkennen. Dort ist hauptsächlich die Sprache von den Städten Grefrath
und Mettmann.
8
Die Zusammensetzung der Räuberbanden bestand aus einem „har-
5
Pöppinghege, Rainer: Zwischen Modernisierungsanspruch und verfehlter Umsetzung – Das Justizwesen
im Königreich Westphalen und im Großherzogtum Berg. In: Dethlefs, Gerd (Hg.): Modell und
Wirklichkeit – Politik, Kultur und Gesellschaft im Großherzogtum Berg und im Königreich Westphalen
1806-1813. Paderborn 2008, S. 288 f.
6
Pöppinghege, Rainer: S. 291 ff.
7
Vgl. Danker, Uwe: Räuberbanden im Alten Reich um 1700: ein Beitrag zur Geschichte von Herrschaft
und Kriminalität in der Frühen Neuzeit. Frankfurt am Main 1988, S. 276-296.
8
Dokumente (05.07.1813/07.07.1813), in: Bestand Großherzogtum Berg Nr. 10936, Landesstaatsarchiv