Niederrhein-Magazin



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verschiedenen Fürstentümer durchsetzen konnte. Langfristig gesehen profitierte das 

Großherzogtum Berg durch die französische Besetzung  hinsichtlich einer dauerhaft 

existenten Handlungsinfrastruktur zum Zwecke der Organisation und Sicherung der 

territorialen  Herrschaft, deren zunächst vorwiegend institutionell ausgerichteten 

Zellen bereits im französischen Reich eingeführt und erprobt worden waren. Durch 

die klare Unterteilung des Gesamtterritoriums in kleinere Verwaltungseinheiten 

wurde zugleich auch die Anzahl der Verwaltungsinstitutionen erhöht. Die zunächst 

spontan  im Rahmen einer zur Systemverteidigung zeitlich begrenzten Handlungs-

infrastruktur  eingerichteten Zellen, beispielsweise mit der Erhöhung der Anzahl der 

Nachtwächterposten, durch welche eine bessere Kontrolle gewährleistet werden 

sollte, wurden langfristig gesehen mit der Umstrukturierung der Verwaltung in eine 

dauerhaft präsente Handlungsinfrastruktur zu Zwecken der territorialen Organisation 

und Kontrolle überführt. Im Rahmen der Verbesserung der Strukturen nahm auch die 

kommunikative Vernetzung zu. Der Präfekt des Rheindepartements  wurde  dabei in 

drei von vier Fällen gebeten, einem ihm unterstellten Angestellten völlige 

Handlungsbefugnis zu erteilen, damit mit allen Mitteln gegen die Diebesbanden 

vorgegangen werden konnte.

25

 



Dabei wurden dann auch die Stadtgrenzen außer Acht 

gelassen und der Auftrag erteilt

,

  den verdächtigen Personen nachzureisen. Daraus 



wird ebenfalls ersichtlich, dass es zu einer Infrastrukturausweitung bzw. zu einer 

Vervielfachung von Netzwerkzellen kam, die es den Beamten ermöglichte, innerhalb 

weniger Tage untereinander zu kooperieren, um  die Sicherheit der Bevölkerung zu 

gewährleisten. Während aufgegriffene Verbrecher im 17. Jahrhundert noch in Zucht-

häusern zusammen mit Armen, Obdachlosen, Irren und Kranken untergebracht 

wurden, lassen sich im späten 18. Jahrhundert auch in deutschen Gebieten eigens für 

Verbrecher errichtete Strafanstalten finden. Damit lässt sich allerdings erst mit dem 

Beginn des 19. Jahrhunderts

26

  eine sichtbare Steigerung der Effizienz im Vorgehen 



der Behörden erkennen.

27

 



 

                                                 

25

  Dokument (18.02.1807), in: Bestand Großherzogtum Berg Nr. 12490, Landesstaatsarchiv NRW, Ab-



teilung Rheinland; Dokumente (05.07.1813/07.07.1813), in: Bestand Großherzogtum Berg Nr. 10936, 

Landesstaatsarchiv NRW, Abteilung Rheinland.

 

26

  Habermas, Rebekka (Hg.): Verbrechen im Blick: Perspektiven der neuzeitlichen Kriminalitäts-



geschichte. Frankfurt a. Main 2009, S. 120 ff. 

27

 Küther, Carsten: S. 149. 




  

 

58 



Von der Systemverteidigung zur dauerhaften Organisation: Die 

Eliminierung kleiner Religionsgemeinschaften während der NS-

Zeit 

 

von Julia Ostrop und Oleg Uteuov

 

 



Der zentrale Aspekt der Ausarbeitung liegt in der Verfolgung verschiedener Reli-

gionsgemeinschaften und Sekten während des NS-Regimes. Dabei wird der Fokus 

auf die Internationale Bibelforscher-Vereinigung (IBV), auch Zeugen Jehovas ge-

nannt, gelegt. Damit folgt die Darstellung dem bisherigen wissenschaftlichen Main-

stream, denn bis zum heutigen Zeitpunkt sind insbesondere zu den Zeugen Jehovas 

zahlreiche Publikationen verfasst worden. Diese stellen mehrheitlich die Verfolgung 

dieser Religionsgemeinschaft in den Mittelpunkt, andere religiöse Gruppen finden 

dabei jedoch selten Erwähnung. So thematisiert beispielsweise Daniel Heinz (2011) 

in seinem Aufsatz „Missionarische Offenheit in der Welt, ideologische Anpassung in 

Deutschland: Siebenten-Tags-Advenisten und Juden in der Zeit des Nationalsozialis-

mus“

1

  zwar das Verhalten der Advenisten gegenüber den Juden, die Verfolgung 



dieser Gruppierung selbst verbleibt jedoch weitgehend in der Grauzone.  

Wenn auch die folgende Darstellung die Zeugen Jehovas in den Mittelpunkt rückt, 

unterscheidet sie sich thematisch dennoch von bisherigen Ausarbeitungen, erfolgt die 

Untersuchung doch aus einer infrastruktur-historischen Perspektive. In diesem Rah-

men wird vor allem auf die Frage eingegangen, wie das Handlungsnetzwerk um die 

Gestapoleitstelle Düsseldorf herum die für den Staat eine Bedrohung darstellenden 

Zeugen Jehovas überwachte und versuchte, diese mithilfe differenzierter Maßnahmen 

im Rahmen infrastruktureller Zellen zu neutralisieren. 

Als Quellen liegen verschiedene Akten und Rechtsschreiben – in den meisten Fällen 

Verhör-  und Ermittlungsprotokolle –  vor, insbesondere von den einzelnen Außen-

dienststellen der Gestapo an die Leitstelle in Düsseldorf, welche im Nordrhein-West-

fälischen Landesstaatsarchiv, Abteilung Rheinland, eingesehen wurden. Der Doku-

mentationszeitraum der Akten umfasst die Jahre 1932 bis 1939, das Einzugsgebiet 

bezieht sich hauptsächlich auf die Außendienststellen in Essen, Duisburg und 

Krefeld.

2

 

                                                 

1

  Vgl. Heinz, Daniel: Missionarische Offenheit in der Welt, ideologische Anpassung in Deutschland: 



Siebenten-Tags-Advenisten und Juden in der Zeit des Nationalsozialismus. In: Freikirchen und Juden im 

„Dritten Reich“. Instrumentalisierte Heilsgeschichte, antisemitische Vorurteile und verdrängte Schuld 

(Kirche – Konfession – Religion 54), Göttingen 2011, S. 281-311.

 

2



  Vgl. Einlieferungs-Anzeige (26.06.1936), in: Bestand BR 2278 Nr. 27, Landesstaatsarchiv NRW, 


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