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Die Gestapoleitstelle in Düsseldorf
Die Staatspolizeistelle Düsseldorf war nach der in Berlin die zweitgrößte Geheime
Staatspolizeistelle im Deutschen Reich zur Zeit des Nationalsozialismus. Seit dem 1.
Juli 1926 unterstand die Düsseldorfer Polizei weder dem Oberbürgermeister noch der
Kommune, sondern dem preußischen Innenministerium.
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Zum Polizeipräsidium
Düsseldorf zählten die Verwaltungspolizei, Kriminalpolizei sowie die Schutzpolizei,
der Polizeipräsident Hans Langels wurde 1933 in den vorläufigen Ruhestand ver-
setzt. Sein Nachfolger, Fritz Weitzel, war SS-Gruppenführer und besetzte Langels
Amt ab dem 1. Mai 1933. Innerhalb der Verwaltungspolizei Düsseldorf bestand die
Abteilung IA, die für Staats- und Verfassungsrecht zuständig war. Aus dieser Abtei-
lung entstand ab 1933 nach Einsatz Weitzels die Geheime Staatspolizei – Gestapo
4
.
Die Staatspolizeistelle unterstand damit ab dem 1. April 1934 nur noch dem preu-
ßischen Ministerpräsidenten Göring und dem Geheimen Staatspolizeiamt Berlin –
der Gestapa – und war infolgedessen lediglich dieser gegenüber rechenschafts-
pflichtig. Den Obrigkeiten vor Ort, den Bürgermeistern Düsseldorfs, die in der Zeit
von 1933 bis 1945 regierten und die alle der NSDAP angehörten, waren sie hingegen
keine Rechenschaft schuldig, da diese sich ebenfalls an die Vorschriften des
Ministerpräsidenten und der Gestapa zu halten hatten. Die Stapostelle Düsseldorf
zählte zum Hauptamt Sicherheitspolizei (zusammengefasst aus Kriminalpolizei und
Geheimer Staatspolizei) und nach 1939 als Staatspolizeileitstelle zum Amt des IV
des Reichssicherheitshauptamts (RSHA). Die Stapostelle Düsseldorf umfasste die
Außendienststellen, auch Kommandos genannt, in Essen, Mönchengladbach,
Wuppertal, Duisburg, Oberhausen, Mülheim und Krefeld sowie mehrere Stellen an
der deutsch-niederländischen Grenze, wie z. B. Emmerich, Kaldenkirchen, Kleve und
die Nebenstellen Remscheid und Solingen.
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Die Geheime Staatspolizei als zentrales
Exekutivorgan des Staates war mit weit reichenden Kompetenzen ausgestattet.
6
Durch mehrere Gesetze wurde die Gestapo aus dem inneren Verwaltungsapparat
herausgelöst und später unter die Führung der SS und Heinrich Himmlers gestellt.
Laut Dams und Stolle definierte der preußische Ministerpräsident Hermann Göring
Abteilung Rheinland; vgl. auch Brief (13.04.1938) an Gestapo Düsseldorf, in: Bestand BR 2278 Nr. 49,
Landesstaatsarchiv NRW, Abteilung Rheinland.
3
Dams, Carsten/Stolle, Michael: Die Gestapo. Herrschaft und Terror im Dritten Reich, München 2008, S.
23ff.
4
Dams, Carsten/Stolle, Michael: S. 16 ff.
5
Ebd.
6
Dams, Carsten/Stolle, Michael: S. 7.
60
im Jahre 1933 die Aufgaben der Gestapo als die Erforschung aller
staatsgefährlichen
politischen Bestrebungen im gesamten Staatsgebiet und die Sammlung und Auswer-
tung der Ergebnisse.
7
„Der Begriff „staatsgefährlich“ statt „staatsfeindlich“ ließ ei-
nen weiten Spielraum bei der Gegnerdefinition [zu].“
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So etablierte sich die Gestapo
als vornehmlich institutionell ausgerichtete Zelle einer Handlungsinfrastruktur mit
Steuerungs- und Kontrollfunktion der Vorgänge im Reich, zunächst mit dem Ziel der
Verteidigung der bestehenden Ordnung. Die Bewährung dieser Zelle führte im Ver-
lauf der Zeit zu einer „Zellteilung“, beispielsweise mit dem Einsetzen der Leitstelle
Düsseldorf. Sie wurde damit schließlich zum Zwecke der Steuerung und Kontrolle
langfristig in eine dauerhafte Handlungsinfrastruktur zum Zwecke der Organisation
des politischen Systems überführt.
9
Die Internationalen Bibelforscher (IBV)/Zeugen Jehovas
Im Jahr 1870 wurde die Vereinigung Ernster Bibelforscher vom Kaufmann Charles
Taze gegründet und seit 1916 durch den Richter Rutherford geleitet. Aus dieser Ver-
einigung gingen schließlich die Zeugen Jehovas hervor. In den eingesehen Akten des
Landesstaatsarchivs NRW, auch „Täter-Akten“
10
genannt, werden diese als Inter-
nationale Bibelforscher-Vereinigung (IBV) bezeichnet. Vor dem Ersten Weltkrieg
hatte die Organisation nur vereinzelte Anhänger, seit 1918 jedoch wuchs die Zahl der
Bekehrungen. Grund dafür war „die aus der Not der Inflationsjahre herrührende Ver-
zweiflung“,
11
welche Männer und Frauen für die biblischen Verheißungen des Jen-
seits der Zeugen Jehovas „empfänglich“
12
machte. Zipfel (1965) weiß in seinem
Werk zu berichten, dass die Mitglieder zum größten Teil aus „einkommens-
schwachen Schichten ohne berufliche Aufstiegsmöglichkeit“ kamen, was mitunter
„aus dem relativ hohen Alter der Bibelforscher“
13
erkennbar wurde. Des Weiteren
fanden sich unter den Angehörigen der IBV hohe Anteile von „älteren Ledigen“, die
hauptsächlich der weiblichen Natur angehörten.
14
Mittels der eingesehenen Akten
7
Dams, Carsten/Stolle, Michael: S. 19.
8
Ebd.
9
Vgl. Schröder, Lina: Exemplarische Forschungen zur Handlungsinfrastruktur in zwei unterschiedlichen
Epochen. In Niederrhein-Magazin Nr. 20 (2015), S. 49 f.
10
Moß, Christoph: Verfolgung und Widerstand der „Ernsten Bibelforscher“ (Zeugen Jehovas) während
der NS-Zeit in Düsseldorf. Düsseldorf 2000, S. 4.
11
Zipfel, Friedrich: Kirchenkampf in Deutschland 1933-1945. Religionsverfolgung und Selbstbehauptung
der Kirchen in der nationalsozialistischen Zeit, Bd. 11. Berlin 1965, S. 178.
12
Ebd.
13
Zipfel, Friedrich: S. 178.
14
Ebd.