Von Hinterpommern nach irgendwo …



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staben LBA. Zu dieser Dekoration gehörten noch 
eine Hakenkreuzbinde am linken Ärmel und die 
sonstigen Utensilien einer HJ-Uniform. Die Ausbil-
dung zum Lehrerberuf dauerte an der LBA fünf 
Jahre, verbunden mit Schulpraktika in den letzten 
zwei Jahren. 
Immer, wenn es der Tagesablauf in den Sommer-
monaten 1944 am Nachmittag erlaubte, in die Stadt 
zu gehen, verzehrten wir eine Menge Speiseeis. Die 
dafür erforderlichen Zuckermarken bekamen wir 
ohne Mengenbeschränkung von unseren Eltern, die 
im ländlichen Hinterpommern noch ohne die allge-
meinen Versorgungsnöte der Kriegszeit lebten.  
 Ein ehemaliger Kösliner Kamerad schrieb mir 
1999, dass der tägliche Dienstplan im allgemeinen so 
aussah: 
„6.30 Uhr   Wecken durch Jagdhornblasen 
6.35 Uhr   Frühsport im Gelände mit nacktem 
Oberkörper und kurzer Sporthose, auch 
bei Regen, Schnee und Eis 
6.45 Uhr   Waschen 
6.50 Uhr   Waschraumappell, Kontrolle des Wasch-
raums und der Waschutensilien, Stuben-
reinigung und Küchendienst, Stuben- 
und Schrankappell, Flaggenappell, 
feierliches Flaggenhissen, Trompetensig-
nal, Spruch, Einrücken in den Ess-Saal, 
gemeinsames Lied, Frühstück 


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8.00 Uhr   Unterricht: Deutsch, Mathematik, Ge-
schichte, Erdkunde, Naturkunde Physik, 
Chemie, Musik, Kunsterziehung, Eng-
lisch, später kamen noch Ethik und 
Werken dazu 
13.00 Uhr   Mittagessen, kurze Pause, Küchendienst 
14.00 Uhr   Ordnungsdienst (Exerzieren) 
15.00 Uhr   Sport: Ballspiele,  Boxen, Läufe (3000 m), 
Leichtathletik, Wettkämpfe 
17.00 Uhr   Erledigung der Schularbeiten 
18.50 Uhr   Flaggenappell, Einholen der Flagge 
19.00 Uhr   Abendessen 
20.00 Uhr   Singen, Spielen, Vorlesen, Erzählen 
21.50 Uhr   Appell in den Schlafräumen 
22.00 Uhr   Zapfenstreich, Jagdhornblasen 
 
Für den reibungslosen Tagesablauf sorgte der 
wöchentlich wechselnde ZvD (Zugführer vom 
Dienst). Er wurde unterstützt durch einen abkom-
mandierten Jungmann, den FvD (Führer vom 
Dienst). Dieser musste die gesamte Jungmannschaft 
zum Frühsport, zu den Appellen, zum Sport und 
Ordnungsdienst  antreten lassen  und dem Zugfüh-
rer Meldung erstatten. Jeder Zug hatte daneben noch 
einen eigenen diensthabenden Jungmann, der dem 
jeweiligen Zugführer gegenüber für den geregelten 
Tagesablauf verantwortlich war.“ 
 


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An die von der nationalsozialistischen Ideologie 
demokratiefeindlich geprägte kurze LBA-Zeit habe 
ich mich stets besonders lebhaft erinnert, wenn seit 
der deutschen Teilung bis zur Wiedervereinigung 
von der Freien Deutschen Jugend und dem Bil-
dungswesen der DDR in Wort und Bild berichtet 
wurde. Indessen habe ich die ständige Motivation zu 
persönlicher Weiterbildung jedoch immer als eine 
förderliche Nachwirkung des mit dem Einzug in die 
LBA verbundenen sozialen Horizontwechsels emp-
funden. 
Neben den sehr oft zum Nachtisch gereichten 
Mirabellen sind mir von allen servierten Gerichten 
gut abgeschmeckte Graupen mit Backobst in Erinne-
rung, für dessen Rezept ich mich damals leider nicht 
interessiert hatte. Ich aß dieses einfache Gericht stets 
mit besonderem Vergnügen und esse seither Grau-
pen, die meine Frau zunächst etwas verächtlich 
„Kälberzähne“ nannte, in verschiedenen Varianten 
gerne.  
In meinem Kleiderschrank liegen, wie damals im 
Spind in Köslin, alle T-Shirts, Pullover und Hemden 
auf Kante. Obwohl meine Frau nie – wie damals der 
ZvD – zum Schrankappell ruft, lege ich alles nach 
einer Schablone zusammen und habe bei geöffneter 
Tür daran nun ein ästhetisches Vergnügen. 
Obwohl doch auch niemand zum abendlichen 
Schuhappell pfeift, stehen alle Schuhe stets von 


103 
unten und oben geputzt und gepflegt in einem 
Kellerregal mit zugehöriger Schuhputzbar. 


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Im frühen Herbst des Jahres 1944 wurde die ge-
samte LBA zum Bau von Panzer- und Schützengrä-
ben nach Malchow in der Nähe von Schlawe beor-
dert. Die Arbeiten unter Anleitung von Soldaten, das 
improvisierte Kampieren in großen Räumen und das 
Essen aus Gulaschkanonen haben Spaß gemacht. 
Allerdings stellten sich bei der Überlegung, die 
Ostfront könnte eines Tages an diesem Panzergraben 
unserer Heimat die Kampflinie sein, die ersten 
brenzligen Gefühle und Zweifel am Endsieg ein. Ich 
erinnere mich sehr deutlich an solche Gespräche in 
den ersten Tagen nach der Rückkehr aus Malchow.  
Kriegsende und Flucht aus Köslin 
Herbst 
1944 


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Ende Februar 1945 wurde mir noch einmal eine 
Heimfahrt genehmigt. Ich suchte aus Furcht vor den 
unkalkulierbaren Folgen der immer weiter auf  und 
schon in Pommern vorrückenden sowjetischen 
Truppen Zuflucht in der Familie. Zur Begründung 
meines Antrages hatte ich angegeben, zu Hause 
meinen Bruder im Urlaub von der Ostfront treffen 
zu können.  
Den sechs Kilometer weiten Fußweg vom Klein-
bahnhof Budow über Gaffert durch die steile 
Schlucht der Struschk und über den unter einem 
großen Schneeteppich liegenden Lindenberg konnte 
ich zusammen mit unserer Nachbarin Gerda Below 
zurücklegen, die aus Stolp zurückkehrte. Als ich spät 
abends zu Hause an die Haustür klopfte, schliefen 
meine Eltern, Großeltern und Geschwister längst. 
Mein Vater kam mit einer Laterne an die Haustür 
und fragte mich, wieso ich unter diesen Umständen 
noch nach Hause gekommen sei. Immer öfter seien 
schon Detonationen von der herannahenden Front 
zu hören, Elektrizität gäbe es kaum noch, alles sei 
schon lange für die Flucht mit dem Pferdewagen 
gepackt und hier im Flur bereitgelegt. In Köslin sei 
ich doch bestimmt sicherer.  
Am nächsten oder übernächsten Tag trat ich dann 
auf Drängen meiner Eltern wieder die Rückreise 
nach Köslin an. Dabei blieb mir der Fußmarsch über 
den verschneiten Lindenberg zum Kleinbahnhof in 
Zurück 
am 28. 
Februar  
Februar 
1945 in 
Klein 
Nossin 


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