14
I.3.3 Insulin – systemische versus lokale Modelle der Einflussnahme auf die
okuläre Hämodynamik
Der Mechanismus, über den Insulin zu einer Vasodilatation führt, ist immer noch nicht
komplett geklärt. Es konnte ein direkter vasodilatatorischer Effekt, unabhängig vom
Gewebemetabolismus in vitro (Yagi et al., 1988) und an isolierten Gefäßsegmenten in
vivo (Feldman et al., 1993) nachgewiesen werden. Es wurde ein Anstieg des
Blutflusses im Oberarm und Bein nach Infusion von Insulin beschrieben, ferner der
Abfall des Gefäßwiderstandes im Bein (der größer ist als der Abfall des systemischen
Gefäßwiderstandes), der Anstieg des Herzindex, aber keine Änderung des Blutdruckes
(einzige Ausnahme beschrieben durch Rowe et al., 1981) während der akuten Phase
der Hyperinsulinämie (Baron et al., 1993; Creager et al., 1985; Fisher et al., 1987;
Gelfand et al., 1987; Kahn et al., 1993; Liang et al., 1982; Natali et al., 1990; Rowe et
al., 1981; Vollenweider et al., 1993;). Ob die Insulin-vermittelte Vasodilatation 1.) durch
den direkten Effekt des Insulins auf die glatte Muskulatur, 2.) auf indirektem Wege via
Freisetzung endothelialer oder Gefäßwandmediatoren (NO, Adenosine), 3.) durch
indirekte Effekte, gekoppelt an metabolische Aktivitäten oder 4.) durch Kombination all
dieser vonstatten geht, ist letztendlich nicht geklärt. Steinberg et al. (Steinberg et al.,
1999) wiesen auf eine starke Beteiligung von NO als lokal-vasodilatative Komponente
hin, deren Freisetzung durch Insulin moduliert wird. Schmetterer et al. lieferten weitere
Beweise dafür, dass die Insulin-induzierte Vasodilatation abhängig ist von Endothel-
abhängigem NO. Sie beschrieben, dass Insulin zu einem Dosis-unabhängigen Anstieg
des choroidealen Blutflusses und der mittleren Flussgeschwindigkeit (MFV) in der A.
ophthalmica führte, während der retinale Blutfluss sich aber nicht signifikant änderte
(Polak et al., 2000).
Applikation systemischer NO-Synthetase-Inhibitoren führten zu einem signifikanten
Abfall des choroidealen Blutflusses, was die These der NO-Beteiligung stützt
(Schmetterer et al., 1997).
In vitro Daten weisen darauf hin, dass der vasodilatatorische Effekt von Insulin in der
Retina gleichfalls Stickstoffmonoxid-abhängig ist (Mann et al., 1995).
15
I.3.4 Einfluss von Sauerstoff und CO
2
auf die retinale und choroideale
Autoregulation
Gelöste Gase im Blut nehmen eine Schlüsselrolle in der Autoregulation vieler
Gefäßbetten ein – so auch im Auge. Dennoch divergieren die Reaktionen der einzelnen
Gefäßbetten.
Die Inhalation 100%igen Sauerstoffes bewirkt eine Vasokonstriktion der retinalen
Blutgefäße (Riva et al., 1983), wahrscheinlich Endothelin-vermittelt (Takagi et al.,
1996), wohingegen fast kein Einfluss auf den choroidealen Blutfluss besteht (Kergoat et
al., 1999). Obwohl weniger Sauerstoff die Retina während Inhalation 100%igen
Sauerstoffes erreicht, bedingt durch die erniedrigte retinale Blutzirkulation bei
Vasokonstriktion, wird dies ausgeglichen durch zusätzlichen Sauerstoff aus dem
choroidealen Blutkreislauf.
Bei Hyperkapnie reagieren dagegen beide Gefäßbetten, retinale als auch choroideale,
mit einer starken Vasodilatation (Friedmann et al., 1972 ; Harris et al., 1995). Man kann
dies als lokale Adaption an lokal-metabolische Änderungen ansehen, ähnlich den
cerebralen Blutgefäßen.
I.3.5 Humoral-hormonelle Faktoren und Mediatoren benachbarter Zellen
Neben diesen physikalisch-chemischen Veränderungen spielen auch andere Arten von
Botenstoffe eine Transmitterrolle. An erster Stelle ist dabei das NO-System zu
erwähnen, das hier an späterer Stelle ausführlicher erörtert wird.
Prostaglandine werden vom Endothel gebildet. Je nachdem können diese eine
Vasokonstriktion aber auch Vasodilatation hervorrufen. Thromboxan A
2
und
Prostaglandin H
2
z.B. verursachen Vasokonstriktion und Plättchenaggregation.
Prostaglandine scheinen komplexe vasoregulatorische Einflüsse auf die Gefäße der
Retina und Choroidea zu haben, ob dabei lokal gebildete Prostaglandine eine Rolle
spielen, ist bisher unklar.
Die stärksten Vasokonstriktoren, produziert und freigesetzt von Endothelzellen, sind
Endotheline – vasoaktive Polypeptide, die aber auch über vasodilatatorische
Wirkungen verfügen. Man unterscheidet 3 Isoformen – Endothelin-1. Endothelin-2 und
16
Endothelin-3. Hiervon ist Endohelin-1 als Einziges vom Endothel produziert; es wird aus
Präproendothelin und Proendothelin erzeugt, die Produktion wird stimuliert via
Thrombin, transforming growth factor
β, Interleukin-1, Vasopressin, Epinephrin und
Angiotensin II. Inhibiert wird es durch Stickoxide und Prostazykline . Biochemisch agiert
Endothelin über einen Phospholipase-C-abhängigen ET
B
-Rezeptor und die sich daraus
ergebende Erhöhung der intrazellulären Kalciumkonzentration. Endotheline werden in
direkter Nachbarschaft von Gefäßmuskelzellen sezerniert. Endothelin-I reduziert, in
Konzentrationen die keine systemischen Nebenwirkungen verursachen, den pulsatilen
Blutfluss in der Choroidea und im Discus nervi optici gesunder Probanden (Luescher et
al., 1990; Luescher et al., 1992).
Seit einigen Jahren ist die Existenz eines weiteren Faktors bekannt, der ebenfalls mit
NO an der Vasodilatation beteiligt ist – EDHF »Endothelium-Derived Hyperpolarizing
Factor« (Cohen et al., 1995). Dieser Faktor ist wahrscheinlich ein Epoxid der
Arachidonsäure und wird durch eine Cytochrom P450-abhängige Monooxygenase
erzeugt (Campbell et al., 1996). EDHF aktiviert insbesondere Kalzium-abhängige K
+
-
Kanäle, die im Endeffekt über ein hyperpolarisiertes Membranpotential der glatten
Gefäßmuskelzellen zu deren Relaxation führen (Cohen et al., 1995). Endotheliale
Dysfunktion könnte daher ebenfalls mit Defekten des EDHF erklärt werden.
I.3.6 Autoregulation und Reaktionen auf metabolische Veränderungen
Wie erwähnt reagieren die Gefäße des retinalen Kreislaufes bei einem Anstieg des
pCO2 mit Vasodilatation, ferner erhöht sich die retinale Durchblutung bei gesteigertem
Metabolismus (im Stroboskop-Test) (Kondo et al., 1997; Wang et al., 1997). Beides
sind Adaptionen im Sinne von Autoregulationen an lokal-metabolische Bedürfnisse. Im
Gegensatz dazu wird die choroideale Durchblutung nicht durch den retinalen
Metabolismus beeinflusst, was durch ihren enorm hohen Blutfluss erklärbar ist. Selbst
bei substantiellen Erniedrigungen des Blutflusses, hat dies keinerlei Effekt auf die
Zusammensetzung der interstitiellen Flüssigkeit. Zu vermuten ist, dass die Bruch’sche
Membran außerdem eine Art Barriere bildet, die verhindert, dass Metaboliten der
Retina die Widerstandsgefäße der Choroidea erreichen (Delaey et al., 2000).
Dostları ilə paylaş: |