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Allgemein wird Autoregulation definiert als »die Fähigkeit eines Gefäßbettes, dessen
Blutfluss bei Änderungen des Perfusionsdrucks konstant zu halten oder als die
Fähigkeit eines Gewebes, dessen Blutfluss den metabolischen Bedürfnissen
anzupassen« (Johnson et al., 1986). Ausgehend davon müsste sich der retinale
Gefäßwiderstand bei Änderung des retinalen Perfusionsdrucks dahin gehend
verändern, dass ein dennoch konstanter Blutfluss gewährleistet bleibt – genau dies
konnte beschrieben werden (Robinson et al., 1986).
Diverse andere Studien konnten jedoch keine autoregulatorischen Vorgänge in der
Choroidea nachweisen, deuten aber darauf hin, dass sie über Mechanismen zur
Aufrechterhaltung des Blutflusses bei Änderungen des Perfusionsdrucks verfügt (Alm et
al., 1992; Friedman et al., 1970; Riva et al., 1997; Riva et al., 1997A).
I.3.7 Basale Freisetzung von Stickoxiden
Die Gefäßbetten der ophthalmologischen Zirkulation befinden sich in ständiger
Vasodilatation, auf Grund basaler NO-Sekretion. Inhibitoren der Stickoxide induzieren
an isolierten Retinaarterien, sowohl beim Schwein als auch beim Menschen, eine
endothelabhängige Kontraktion. An perfundierten Schweineaugen reduziert L-NAME
den Blutfluss um 40%. Eine basale NO-Sekretion und die damit verbundene
Vasodilatation ist essentiell für die Aufrechterhaltung des lokalen Blutflusses und
schützt vor krankhaften Veränderungen wie Plättchenaggregation oder
Thrombenbildung (Meyer et al., 1993).
I.4 Vom L-Arginin zum NO
I.4.1 L-Arginin als Precursor der NO-Synthese
Die semi-essentielle Aminosäure Arginin (Arg, C6H14N4O2) ist eine basische
Aminosäuren, die in zwei stereoisomeren Formen vorkommt, der L- und D- Form. Das
L-Enantiomer sprich L-Arginin (Abk. für L-(+)-alpha-amino-delta-guanidinovalerinsäure,
IUPAC) dient dem Körper als Substrat für verschiedene Stoffwechselwege; für uns
vornehmlich von Interesse ist hierbei die NO-Synthese. Im »L-Arginin Nitric Oxide
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Pathway« wird L-Arginin durch eine enzymkatalysierte Oxidationsreaktion in mehreren
Zwischenschritten zu L-Citrullin und NO umgewandelt (Voet et al., 2004).
Diese Sauerstoff- und NADPH-abhängige Reaktion wird durch ein Enzym katalysiert,
das wir »Stickstoffmonoxid-Synthetase« (NOS) nennen (Schmidt et al., 1994).
L-
L-
Arginin
Arginin
L-Citrullin
NO
NO
NH
NH
3
3
Agmatin
Agmatin
CO
CO
2
2
Decarboxylase
N
O
-s
yn
th
et
as
e
A
rginin
-d
eam
ina
se
Ornitin
Ornitin
Harnstoff
Harnstoff
Fumarate
Fumarate
Aspartat
Aspartat
1
1
Abbildung 1 - Biosynthese von NO und schematische Metabolisierung von L-Arginin (1) L-Arginin wird
durch die L-Arginase in L-Ornithin und Harnstoff konvertiert. Der Harnstoffzyklus und die
Wiedergewinnung von L-Arginin aus Harnstoff sind nicht aufgezeichnet– (Böger et al., 2001)
L-Arginin ist überdies das Hauptsubstrat für die Entgiftung toxischen Ammoniaks (NH
3
)
im Körper. Der Harnstoffzyklus ist hierbei der einzige Weg – L-Arginin wird durch
enzymatische Katalyse mit L-Arginase, unter Verbrauch von Ammoniak, zu L-Ornithin
und Harnstoff konvertiert. Im weiteren Verlauf des Harnstoffzyklus wird es wieder
zurückgewonnen (Voet et al., 2004). Das Nebenprodukt L-Ornithin wird dabei weiter
umgewandelt in L-Citrullin, dient aber auch als Edukt zur Gewinnung wichtiger
Polyamine, die für die Zellproliferation und –differenzierung von Nöten sind (Pegg et al.,
19
1986). Über einen anderen Stoffwechselzweig kann L-Arginin überdies durch Arginin-
Decarboxylase zu CO
2
und Agmatin abgebaut werden (Ketteler et al., 1998). Die
Funktion dieses Moleküls wurde bis heute nicht gänzlich geklärt. Agmatin ist selbst ein
schwacher Inhibitor der NO-Synthetase; es könnte eine Art negativer
Rückkopplungsmechanismus sein, über den bei ausreichend hohen NO-Spiegeln die
weitere NO-Produktion durch Substratkompetition gedrosselt wird.
Die Homöostase des Plasmaspiegels an L-Arginin wird aufrechterhalten über exogene
Zufuhr, endogene Produktion und Reutilisation sowie den Abbau und die enzymatische
Verstoffwechselung. Exogenes L-Arginin wird mit der täglichen Nährstoffaufnahme
zugeführt, es wird im Darm zügig und zum überwiegenden Teil resorbiert, über den y
+
-
Transporter für kationische Aminosäuren aktiv durch die Zellmembran transportiert und
von den Enterozyten aktiv metabolisiert. Selbiger Transporter findet sich auch in der
Niere, im dünnen Teil der aufsteigenden Henleschen Schleife sowie im proximalen
Tubulus. L-Arginin wird hier nach renaler Filtration, folgend einer Sättigungskinetik, zu
99% reabsorbiert (Silbernagl et al., 1988; Young et al., 1971).
Bei der oralen Gabe von L-Arginin stellen 1 g zugeführten Proteins 54 mg ( 31.5 mmol)
L-Arginin zur Verfügung. Bei einer durchschnittlichen Proteinaufnahme von 1.0 – 1.5 g/
Körpergewicht würde demnach ein 70 kg schwerer Mann etwa 3.8 – 5.7 g ( 21.7 – 32.6
mmol) pro Tag mit der Nahrung aufnehmen. Nur unter Ausnahmesituation wie z.B. in
der Wachstumsperiode kann die nicht-essentielle Aminosäure L-Arginin hierbei den
Status einer essentiellen Aminosäure erlangen (Rose et al., 1954).
Endogenes L-Arginin wird vornehmlich in der Niere aus L-Citrullin synthetisiert und
stellt die Hauptquelle des systemischen Pools an L-Arginin dar. Zweiter Produktionsort
von L-Arginin ist die Leber: hier wird L-Arginin vollständig im Harnstoffzyklus reutilisiert.
Da dieser hepatische Anteil endogen synthetisierten L-Arginins aber fast vollständig zur
Ammoniakdetoxikation heran gezogen wird, besteht eine fast vollständige Separation
beider Pools (Watford et al., 1991). Eine zweite Möglichkeit der Reutilisation
verbrauchten L-Arginins ist der »Arginin-Citrullin-Zyklus«. Hierbei wird L-Citrullin unter
Beteiligung verschiedener Enzyme, die teilweise auch im Harnstoffzyklus vorkommen,
zu L-Arginin remetabolisiert.