Sommer 2010
Gemeinschaft Junges Ermland
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Quartals
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Der mit dem
Besen tanzt -
Oder warum es
bei der GJE im-
mer so sauber
ist!
Foto: GJE
Als G
Gastschülerin iin E
England
Von Hanna und Barbara Teschner
Im Herbst treffen wir uns in diesem
Jahr in Erbach im Odenwald mit der
GJE und anderen Gruppen aus der Ak-
tion West-Ost. Dort wird es um das The-
ma „Bildung“ gehen. „Wo kommt sie
her? Wo geht sie hin? Und was bleibt?“
- sind unsere Fragen. Durch die vielen
Veränderungen und Studien in den
letzten Jahren im und über das Bil-
dungssystem in unserem Land ist an
vielen Stellen unklar, ob das System,
wie es gerade ist, gut ist für die Schüler,
Studenten, Auszubildenden und auch
für die Lehrenden. Es wird viel vergli-
chen mit den Schul- und Ausbildungs-
systemen anderer Länder in Europa.
Wir werden uns vom 24. bis 26. Sep-
tember in einem Planspiel in die Poli-
tik hineinbegeben, die beschließt, was
ein junger Mensch in Deutschland
heutzutage lernen sollte. Wir wollen
sehen, wo (und warum) manche Ent-
scheidungen getroffen werden und für
wie sinnvoll wir sie halten.
Im Vorhinein können wir schon mal
einen Vergleich mit einem anderen
Land nachlesen: Barbara Teschner, 16,
aus Nidderau hat ein halbes Jahr an ei-
ner englischen Schule verbracht. Über
ihre Erfahrungen und Eindrücke be-
richtet sie uns:
Das englische Schulsystem ist welt-
weit hoch angesehen. Aber ist es wirk-
lich so gut wie sein Ruf?
Ich bin seit fünf Monaten in England
auf der Schule und habe da ganz ande-
re Erfahrungen gemacht. In England
beginnt man die erste Klasse im Alter
von 5 Jahren. Bis zur 6. Klasse geht
man zur Grundschule (Primary
School). Ab Klasse 7 bis Klasse 11 geht
man auf die weiterführende
Schule. In year 10 und 11 berei-
tet man sich auf die Examen,
die GCSEs (General Certifica-
te of Secondary Education)
vor. Das englische Schuljahr
hat 3 Terms. Zeugnisse gibt
es jedes halbe Trimester.
Nach der Schule geht
man 1-2 Jahre aufs
College und dann ins
Berufsleben oder auf
die Uni.
Der wohl offen-
sichtlichste Unter-
schied zu den
deutschen Schu-
len ist, dass man
hier Schuluni-
form trägt. Meine
Schuluniform be-
steht aus einer
schwarzen Ho-
se oder einem
s c h w a r z e n
Rock, einer
Bluse, Kra-
watte, ei-
nem Pulli
und einem
Blazer. Ich
trage gerne
eine Schul-
u n i f o r m .
Man merkt
w i r k l i c h ,
dass es we-
niger Au-
ß e n s e i t e r
gibt und
hier viel
weniger Wert auf Äußerlichkeiten gelegt
wird als in Deutschland.
Meine Mitschüler sind 14-15, scheinen
mir manchmal aber viel jünger.
Dadurch, dass man hier keine
Gymnasien, Realschulen und
Hauptschulen hat, kommen da
wirklich alle zusammen. In
Geographie wurde über die
Ein-Kind-Politik in China ge-
redet und eine meiner Mit-
schülerinnen meinte:
„Ist das denn über-
haupt erlaubt, ich
meine, China ist
doch auch ein Teil
der EU und so
oder?“. Oder im
E n g l i s c h u n t e r -
richt, als die Re-
de von Obama
durchgenommen
wurde: „Was ist
denn ein Politi-
ker?“. Mein Ma-
thelehrer hat
noch nie etwas
von binomi-
schen Formeln
gehört und mein
C h e m i e l e h r e r
kennt die Lewis-
S c h r e i b w e i s e
nicht.
An meiner
Schule kann
man Deutsch
oder Franzö-
sisch lernen.
Viele Lehrer
sprechen die
Fremdsprache
sehr gut und oft
akzentfrei, es
werden viele
Hörübungen gemacht. Der komplette
Unterricht wird aber in Englisch gehal-
ten und die Schüler können oft keine
eigenen Sätze in Französisch oder
Deutsch bilden, da man hier keine
Grammatik oder Vokabeln, sondern
viel mehr einzelne Sätze lernt. So ver-
stehen mich viele, wenn ich sie frage,
wie es ihnen geht, aber die wenigsten
können anders antworten als „mir geht
es gut“.
Hier in England gibt es keinen Poli-
tikunterricht. Geschichte ist ein Wahl-
fach. So machen die englischen Schü-
ler ihren Abschluss ohne jegliche
Kenntnisse über ihre eigene Geschich-
te oder Politik.
Ein anderer Unterschied zu meiner
deutschen Schule ist der Sportunter-
richt. Mädchen und Jungen haben ge-
trennten Sportunterricht. Außerdem
werden hier ganz andere Sportarten
durchgenommen als in Deutschland:
Netzball, Tennis, Schlagball, Tanz und
Gymnastik, Cricket.
In der 10. Klasse werden hier noch
erstaunlich viele Lernspiele gemacht,
unglaublich viel Gruppenarbeit, viel
ausschneiden und aufkleben. Die Leh-
rer sind sehr bemüht und planen ihren
Unterricht sehr gut und abwechslungs-
reich, während die Schüler es teilwei-
se nicht einmal schaffen, einen Stift zur
Schule mitzubringen. Es sind die Leh-
rer, die den Schülern helfen wollen,
aber die Schüler haben manchmal ei-
ne furchtbare Einstellung der Schule
gegenüber.
Einmal in der Woche gibt es hier ei-
ne Assembly für jeden Jahrgang. Es
werden viele Urkunden verteilt. Wenn
sich die Noten verbessert haben oder
man außerordentlich wenig gefehlt
hat. Man wird dafür gelobt, was man
nicht falsch macht.
Barbara trägt ihre englische Schuluniform
gern. Sie besteht aus einer schwarzen Hose
oder einem schwarzen Rock, einer Bluse, Kra-
watte, einem Pulli und einem Blazer.
Freiwillig h
hier
Von Hanna Teschner und Vaidotas Kilkus
Kennt ihr Vaidotas? Vielleicht mö-
gen sich jetzt einige fragen: „Was ist
das denn?“ – Die richtige Frage würde
aber lauten: „Wer ist das denn?“
Vaidotas Kilkus heißt der Freiwillige
der Aktion West-Ost. Er ist ein sieben-
undzwanzigjähriger Litauer, der schon
seit Januar in Düsseldorf im Büro der
Aktion West-Ost arbeitet. Vor allem be-
reitet er dort die Sommerjugendbegeg-
nung in Litauen vor. Aber er hilft auch
bei sonstigen Dingen, die so anfallen:
er trägt Briefe und Pakete durch die
Gegend, recherchiert, schreibt Blog,
erstellt Listen und fährt natürlich auf
Veranstaltungen mit.
Bei der GJE war er zur Jugendbegeg-
nung in Rathewalde dabei. Die JA
(Junge Aktion) hat er über Ostern be-
sucht, die JG an Pfingsten in Hamburg.
Die Tatsache, dass ein junger
Mensch aus einem anderen europäi-
schen Land bei uns für ca. ein Jahr
wohnen und mitarbeiten kann, haben
wir einem Programm der EU zu ver-
danken: Jugend für Europa. Über die-
ses Programm werden Jugendliche
aus ganz Europa innerhalb ganz
Europas „verschickt“, um in verschie-
denen Einrichtungen (meistens sozia-
len) mitzuarbeiten, für eine Zeit lang
das Leben in einem anderen Land und
damit auch die Sprache kennen zu ler-
nen. Dieses Programm heißt „EFD –
Europäischer Freiwilligendienst“ oder
auch „EVS – European Volunteer Ser-
vice“. Daher kommt es, dass wir Vaido-
tas auch unseren „EVSler“ nennen.
Wer Interesse an dem Programm hat,
kann sich über die Internetseite schlau
machen. www.jugendfuereuropa.de
Von seinen Erfahrungen erzählt sein
Blog, einige möchten wir euch hier
präsentieren:
Vaidotas wohnt in einer kleinen
Dachwohnung einer Kirchengemein-
de, die nicht weit weg vom Büro ist. In
seinem Blog schreibt er: „Am Anfang
war es ein bisschen seltsam, in einer
leeren Wohnung zu leben, aber die
Wohnung hat sich langsam gefüllt. Ein
paar Sachen hat mir Hanna gekauft,
die anderen habe ich von verschiede-
nen netten Menschen bekommen, da-
für bin ich allen meinen Helfern sehr
dankbar. So allmählich habe ich meine
ganze Wohnung ausgestattet – mein 20
m˛ Apartement auf dem Dach – und
wohne jetzt wie Karlsson.“
Noch ziemlich zu Beginn seines
Dienstes kommentierte er die Bundes-
ausschusssitzung so: „Dazu will ich ei-
ne Bemerkung machen – wenn zwei
Deutsche über etwas heftig diskutie-
ren, kann ein Litauer mit solchen
Deutschkenntnissen wie meinen nur
schweigen. Aber insgesamt war es ein
sehr tolles Wochenende.“ Vaidotas
Deutschkenntnisse sind dabei gar
nicht so schlecht – und verbessern
sich immer mehr, seit er hier ist und
auch eine Sprachschule besucht.
Über die Reise zur Jugendbegeg-
nung: „Nächste Tag ist schon da und
wir sind in der Sächsischen Schweiz.
Die Umgebungen und Natur sind wun-
derschön. Jeder Ausflug in die Berge
ist für mich wie ein Fest. Die Berge sind
für mich etwas Ungewöhnliches, wie
Schnee für einen Afrikaner. In Litauen
haben wir nur ein paar Hügel, die bis
300 Meter hoch sind.“
Über Ostern bei der JA: „Dann ha-
ben wir in kreativen Arbeitskreisen ge-
arbeitet: hier habe ich gelernt, wie man
mit leeren Flaschen berühmte Melo-
dien spielen kann. Unsere Leistungen
haben wir am letzten Abend gezeigt,
wo wir ein Minikonzert veranstaltet ha-
ben. Natürlich haben wir auch zusam-
men Ostern gefeiert. Es war ein unbe-
schreibliches Gefühl, um 5 Uhr mor-
gens in der dunklen Kirche zu sein.
Das war etwas Neues für mich, sowas
hab ich noch nie in meinem Leben er-
lebt!“
Die Gelegenheit, Vaidotas noch ken-
nen zu lernen gibt es natürlich bei der
Sommerjugendbegegnung in Litauen.
Aber auch bei der Herbsttagung wird
er dabei sein. Dort eventuell auch
schon mit seiner Nachfolgerin, die ab
Ende September nach Düsseldorf kom-
men soll.