Historischer Verein für Ermland
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Sommer 2010
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Germania 1922-1939, Pos. 594, fasc.
100. Kopien wurden dem Histori-
schen Verein für Ermland dankens-
werterweise von Herrn Prof. Dr. Er-
win Gatz, Vatikanstadt, zur Verfü-
gung gestellt.
Literatur: Erwin Gatz, Zur Beset-
zung von Bistümern gemäß dem
Preußischen Konkordat von 1929.
Nach neu zugänglichen vatikani-
schen Quellen. In: Römische Quar-
talschrift 98 (2003), Heft 3-4, S. 210-
235, über die erste Besetzung im
Ermland mit Maximilian Kaller S.
214-222.
Hans-Jürgen Karp, Universalkir-
che und kirchlicher Partikularis-
mus in Ostmitteluropa. Die exem-
ten Bistümer. In: Reiche und Terri-
torien in Ostmitteleuropa. Histori-
sche Beziehungen und politische
Herrschaftslegitimation. Hrsg. von
Dietmar Willoweit und Hans Lem-
berg. München 2006, S. 209-226, Bis-
tum Ermland, S. 212-220.
H. J. K.
1
Um das Bistum Ermland
Zu Dr. Otto Millers
„Bischof Augustinus“ in der
„Ermländischen Zeitung“
Man schreibt uns:
Wir würden die Gedanken und
Erwägungen von Hochw. Dr. Otto
Miller an der Gruft des Ermländi-
schen Oberhirten, die in der „Erm-
ländischen Zeitung“ standen, nach
der Lesung am liebsten still und
ernst hinlegen. Sie hatten uns tief
Erbauendes und Beherzigenswer-
tes von dem hochseligen Verbliche-
nen zu erzählen. Wenn nur nicht da
und dort Bemerkungen eingestreut
wären, Klagen und Anklagen, die
im einfachen Leser bittere Empfin-
dungen zurücklassen müssen,
nicht gegen den hohen Verstorbe-
nen, sondern gegen höhere noch
Lebende, nämlich gegen die ober-
ste kirchliche Leitung. Deshalb ei-
nige Worte der Klarstellung, zudem
wir meinen, dass jene Bemerkun-
gen den Angegriffenen schwerstes
Unrecht zufügen.
Wir nehmen zuerst bestimmte
Vorgänge zwischen Kriegsende und
Konkordat heraus, für die der Ver-
fasser sehr scharfe Worte findet. Er
schreibt: „Wir Ermländer … sagen
es staatlichen und geistlichen höch-
sten Instanzen hiermit offen heraus,
dass es der Beraubungen nun viel-
leicht doch endlich genug ist und
unsere Diözese schließlich kein Ob-
jekt für Plünderungen ist. Dixi et
salvavi animam meam.“
Beraubungen und Plünderungen!
Was liegt denn vor? Nun, folgendes:
Der Versailler Vertrag, für den die
Päpste doch wohl nicht verantwort-
ne Forschungsprojekte vorgestellt
werden könnten.
An den Workshop soll die die Mit-
gliederversammlung des HVE und
eine Tagung für die Mitglieder ange-
schlossen werden, auf denen neue
Projekte und Forschungsergebnisse
vorgestellt werden. Außerdem ist
daran gedacht, einen Archiv- oder
Museumsbesuch in das Programm
aufzunehmen.
Die ZGAE 54 (2010) soll als Jahres-
gabe für die Mitglieder pünktlich
zum Jahresende vorliegen. Sie wird
neben einigen Referaten der Elbin-
ger Tagung von 2009 über die Religi-
onsgeschichte des Preußenlandes in
der Frühen Neuzeit voraussichtlich
zwei spezifisch ermländische Beiträ-
ge enthalten:
Hans Poschmann, „In Leiden
froh“. Der Jodokusaltar von Santop-
pen. Mit Abbildungen.-
Der Kreissynodal-Bericht der Di-
özese Heilsberg von 1865. Eine Quel-
le zur Geschichte des Protestantis-
mus im Ermland. Herausgegeben
von Grzegorz Jasinski.
Der Druck des als Beiheft 20 ge-
planten Sammelbandes Maximili-
an Kaller – Päpstlicher Sonderbeauf-
tragter für die heimatvertriebenen
Deutschen. Hrsg. in Verbindung mit
dem Institut für die Geschichte des
Bistums Münster von Thomas Flam-
mer und Hans-Jürgen Karp verzö-
gert sich wegen Finanzierungs-
schwierigkeiten.
Dafür erscheint zunächst voraus-
sichtlich Ende 2010 als Beiheft der
ZGAE die in Verbindung mit dem
HVE entstandene Publikation der
Kongregation der Schwestern von
der hl. Jungfrau und Martyrin Katha-
rina:
Relinde Meiwes, Von Ostpreußen
in die Welt. Die Geschichte der erm-
ländischen Katharinenschwestern
(1772 - 1914), ca. 320 Seiten, Farb- und
Schwarz-Weiß-Abbildungen.
Weitere Informationen über die
Vereinstätigkeit erhalten die Mitglie-
der im Herbst 2010 in einem Rund-
brief, mit dem auch die neue Sat-
zung des HVE versandt wird.
lich sind, schuf den Freistaat Dan-
zig. Dessen Gebiet hatte bis dahin
zu den Diözesen Culm und Erm-
land gehört. Ermland blieb
deutsch, Culm wurde mit dem Frie-
den eine polnische Diözese. Den
neuen Freistaat ganz oder zum Teil
einer deutschen Diözese zuzutei-
len, hätte Polen nicht geduldet. Ihn
ganz oder jedenfalls in seinem
Kernstück, der Stadt Danzig, zu ei-
nem polnischen Bistum zu schla-
gen, hätte Deutschland empfindlich
und gefährlich verletzt. Was tat der
Hl. Stuhl? Er wählte eine Ordnung
der Dinge, die vernünftigerweise
von beiden Seiten als gerecht aner-
kannt werden musste und von der
Preußischen und der Reichsregie-
rung aufrichtig begrüßt wurde: er
bildete aus dem ganzen Freistaat ei-
ne eigene, weder einem deutschen
noch einem polnischen Diözesan-
verband angehörige, Rom unmittel-
bar unterstellte Diözese. Aus dem
ganzen Freistaat. Denn wenn der
Hl. Stuhl einmal diesen Weg be-
schritt, dann musste er natürlich
auch Danzig Land der neuen Diöze-
se zuteilen. Damit verlor freilich
das Bistum Ermland den Danziger
Werder, blühendes, wertvolles Di-
özesangebiet. Aber das war nicht
zu ändern. Und ebenso wenig war
schließlich die Abtrennung des Me-
melgebietes von Braunsberg zu um-
gehen, wollte der Hl. Stuhl nicht Li-
tauen gegenüber eine unhaltbare
und unmögliche Lage schaffen.
Wenn übrigens damals in der kir-
chenpolitischen Memelfrage Dinge
versäumt worden sind, so nicht von
seiten des Hl. Stuhles. Als Ersatz für
den Verlust fiel dem Bistum Erm-
land infolge der politischen Ge-
schehnisse von selbst Pomesanien
zu. Pomesanien ist das Gebiet der
früheren Diözese Culm, das nach
Frieden und Volksentscheid beim
Reich verblieb. Wozu sollte es ge-
schlagen werden, wenn nicht zur
Diözese Ermland? Das arme Dia-
sporagebiet war freilich ein
schlechter Ersatz für den reichen
Danziger Werder. Das leugnet nie-
mand, und das fühlen wir alle mit
den Ermländer Katholiken mit.
Aber höchst ungerecht ist es, an-
dere und zwar schließlich Rom des-
halb des Raubes und der Plünde-
rung zu zeihen. Es hat sich für den
Hl. Stuhl doch einfach um Zwangs-
läufigkeiten gehandelt. Wenn bei
der Ausführung der Verschiebun-
gen aus Unachtsamkeit, nicht aus
bösem Willen – Herr Dr. Miller weiß
und sagt selbst, dass der jetzige
Papst Ostpreußens Diözese und
Oberhirten immer ein besonders
gütiges Andenken wahrte und
wahrt –, wenn also aus Unachtsam-
keit bei der Ausführung Formfehler
vorgekommen sind, die wehe getan
haben, so ist auch das zu bedau-
ern. Man sage es an der zuständi-
gen Stelle; die ist nicht so empfind-
lich. Aber verletzen muss den Hl.
Stuhl, was Herr Dr. Miller beifügt:
Bischof Bludau habe „bislang ge-
dacht, dass man auch Bischöfen ei-
nes besiegten Landes gegenüber
die Form zu wahren habe, ein offen-
barer Irrtum, den er nun berichtigt
sah.“ Ich hatte seinerzeit, nach dem
Ruhrkampf, Gelegenheit, im Vatikan
Einsicht zu bekommen in die Akten
über die mehr caritative Betätigung
und Vermittlung des Hl. Stuhles
zwischen Deutschland und Frank-
reich. Ich denke als Deutscher nur
mit den angenehmsten und dank-
barsten Gefühlen an die vornehme
und überaus taktvolle Form, in der
sich der Hl. Stuhl und Kardinal Gas-
parri im besonderen zur Siegerseite
über das besiegte Deutschland
mündlich und schriftlich geäußert
haben. Von Nuntius Pacelli gar
nicht zu reden! Ihm war Takt und
seine Rücksichtnahme auf unsere
Empfindungen und unsere Not Na-
tur, diplomatisches und religiöses
Gebot.
Im übrigen mögen die Ermländer
zu ihrem Trost nicht vergessen,
dass gerade das weite Land südlich
und südwestlich von Ostpreußen
sich vor etwa 100 Jahren im Zusam-
menhang mit der Teilung Polens
nicht weniger als dreimal einer
Neuordnung der Diözesangrenzen
unterziehen musste. Damals waren
Preußen und Rußland die Mächte,
die den Druck auf den Hl. Stuhl aus-
übten. Nach 100 Jahren oder schon
früher mögen neue politische Ereig-
nisse, für die der Hl. Stuhl ebenso
wenig verantwortlich sein wird, wie
er es für die jüngst vergangenen ist,
wieder eine andere Bistumseintei-
lung schaffen, wenn nun einmal
von den Staaten krampfhaft an dem
Grundsatz festgehalten wird, dass
die Diözesangrenzen mit den Lan-
desgrenzen zusammenfallen müs-
sen. Jedenfalls wäre es unbillig und
rücksichtslos, von der Kirche zu
verlangen, dass sie der Stabilität
der Diözesangrenzen, so wertvoll
der unveränderte und sichere Be-
stand eines Bistums im übrigen
ganz sicher sein mag, höhere und
höchste Belange opfere, ohne die
sie in einem Staate überhaupt nicht
leben kann.
Die zweite Klage und Anklage
geht gegen das Konkordat. Zu-
nächst gegen dessen finanzielle Be-
stimmungen. Der Verfasser spricht
da von den Folgen der Inflation für
die katholische Kirche in Deutsch-
land, Folgen, „über die das Konkor-
dat so tiefschweigend hinweg ge-
gangen“ sei. Ist sich der hochwürdi-
ge Verfasser über die Situation ganz
klar? Um von vielem anderen abzu-
sehen: glaubt er, das Konkordat hät-
te den Landtag passieren können,
wenn es den Versuch unternom-
men hätte, im Angesicht der vielen
Millionen durch die Inflation für im-
mer Geschädigter, deren Folgen ge-
rade für die katholische Kirche wett
zu machen? Glaubt er, dass sich so
etwas seelsorglich gut ausgewirkt
hätte? Wir können ihm versichern,
dass unter diese Rücksicht für Nun-
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