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Kunst im Konflikt: Strategien zeitgenössischer Kunst
(Belgrad), SCCA (Sarajewo) und weiteren Beteilig-
ten.
Aus dem Ankündigungstext der Website: „The goal
of the Project D-O ARK Underground is to promote
human rights and tolerance. It will promote the con-
tinuity of cultural identity within the region and also
promote the values of democracy, compassion, and
social and cultural equality. It will promote open
thinking about the war and the post-war period. *<+
ARK is a multifaceted institution that symbolizes
how a Cold War product par excellence is trans-
formed into an artifact of freedom and peace, crea-
tivity and critical thinking through an innovative
partnership between civil, public/military and cor-
porate sectors.‛
http://www.bijenale.ba
Einzelne Künstler/-innen / Projekte
Marina Abramović: Balkan Baroque (1997)
Auf der Biennale von Venedig 1997 reinigte Marina
Abramović vier Tage lang jeweils sechs Stunden
Rinderknochen und sang Klagelieder. Den Hinter-
grund für die Performance, die auch dem Film von
Pierre Coulibeuf über Abramović den Titel gab,
waren die Jugoslawienkriege und das Massaker von
Srebrenica.
http://www.ubu.com/film/coulibeuf.html
NSK / Irwin / Laibach
NSK (Neue slowenische Kunst) ist ein 1984 gegrün-
detes multidisziplinäres Künstlerkollektiv aus Slo-
wenien, innerhalb dessen Irwin die Gruppe für bil-
dende Kunst und die bereits seit 1980 bestehende
Band Laibach die Musikabteilung bilden. NSK arbei-
tet nach dem von Slavoj Žižek formulierten Prinzip
der Überidentifikation, das heißt der bewussten
Übernahme totalitärer Symbole und Riten. Durch
die Verdoppelung der Insignien und Handlungen
der Macht werden diese ihrer Zweckgebundenheit
entleert und auf ihre pompöse Ästhetik reduziert,
ohne dass sich die Künstler angreifbar machen.
Wenn Laibach die deutsche Bezeichnung für Ljublja-
na als Bandname verwenden, steckt dahinter nicht,
wie manchmal vermutet wurde, eine faschistoide
Haltung, vielmehr erinnert der Name an die tabui-
sierte, verdrängte Geschichte. NSK verwendet als
Symbol das schwarze Kreuz von Kasimir Male-
witsch, das auch die Nationalflagge eines 1992 ge-
gründeten utopischen, also an keinerlei Staatsterri-
torium gebundenen Staates ziert, der im Oktober
2010 im Haus der Kulturen der Welt den ersten NSK
Citizens Congress abhielt.
http://www.nskstate.com
http://www.laibach.nsk.si
East.art.map (seit 2001)
Ein äußerst nützliches Recherchetool ist die 2001
von Irwin initiierte Datensammlung und Website
zur Kunst Osteuropas, „East.art.map‚. 226 Künst-
ler/-innen und Künstlergruppen aus sämtlichen
Ländern des ehemaligen Ostblocks seit 1945, vom
Baltikum bis zum Balkan, sind aufgeführt, offen für
Ergänzungen: „History is not given. Please help to
construct it‚, fordert die Website zur Beteiligung
auf.
http://www.eastartmap.org
Rasa Todosijević: Gott liebt die Serben
In immer wieder anderen Installationen kombinierte
Rasa Todosijević, ein Weggefährte von Marina Ab-
ramović, im 1971 eröffneten studentischen Kulturzent-
rum (SKC) in Belgrad, totalitäre Symbole bis hin zu
einem seitenverkehrten Hakenkreuz mit dem immer
gleichen Satz: „Gott liebt die Serben‚. Indem er die-
sen Satz in deutscher Sprache schrieb, rückte er die
Kernaussage des serbischen Nationalismus, noch
bevor dieser in den Jugoslawienkriegen seine ver-
heerende Wirkung entfaltete, in die Nähe zum Nati-
onalsozialismus.
194
Milica Tomić
In Milica Tomićs Video ‚XY ungelöst‛ (1997) vertre-
ten Akteure aus der Belgrader Kunstszene symbo-
lisch die vierzig Menschen, die im März 1989 nach
Protesten gegen die Aufhebung der Autonomie von
der serbischen Polizei erschossen worden waren.
194
Branislav Dimitrijevic: „Danke, Rasa Todosijevic! Zur
Retrospektive von Rasa Todosijevic im Museum für
zeitgenössische Kunst (MOCA) Belgrad‚, in: springerin 4/20.
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Kunst im Konflikt: Strategien zeitgenössischer Kunst
Der Titel spielt auf die deutsche Fernsehsendung an,
in der Zuschauer durch telefonische Hinweise ein
Verbrechen aufklären helfen sollen, und versteht
sich insofern als direkte Aufforderung, das Schwei-
gen zu brechen. Als die Arbeit 1997 in der Ausstel-
lung „Murder 1‚ im damaligen Soros Center for Con-
temporary Art (SCCA) in Belgrad gezeigt wurde, war
der Kosovokrieg noch nicht beendet und die Arbeit
wurde als Tabubruch verstanden.
In „I am Milica Tomić‚ (1998/99) dekonstruiert die
Künstlerin identitäre Zuschreibungen, indem sie
dem Satz „I am Milica Tomić – I am Serbian‚ lauter
analoge Formulierungen folgen lässt, in denen sie
sich wahlweise als Norwegerin, Koreanerin usw.
bezeichnet, wobei jedes Mal eine Wunde an ihrem
Körper aufplatzt. In „Porträt meiner Mutter‚ (1999)
zeigt sie Straßen und Häuser des von NATO-
Luftangriffen zerstörten Belgrad. Sie befindet sich
auf dem Weg zu ihrer Mutter, einer bekannten
Schauspielerin, die sich dem Modernismus ab- und
einer religiösen Innerlichkeit zugewandt hat. Es ist
der Versuch, einen Weg durch den Trümmerhaufen
gescheiterter Geschichtsauffassungen zu finden.
195
http://www.galerieimtaxispalais.at/archiv_1999-
2008/ausstellungen/tomic/tomic_progindex.htm
Alma Suljević: 4 Entity (seit 1997)
In ihrem Projekt ‚4 Entity‛ konzentriert sich Alma
Suljewić, die die Kriegszeit in Sarajewo durchlebt
hat, auf Landminen. Sie zeigt und bearbeitet Karten
der Minenfelder und verkauft Erde aus Landstri-
chen, die sie zunächst von Minen gesäubert hat. Die
Minen werden zu einem Symbol der Separation des
dreigeteilten Landes, einer im wörtlichen Sinne noch
immer explosiven Situation.
196
195
Georg Schöllhammer: „Wunden der Identität. Zwei neue
Videoarbeiten der Belgrader Künstlerin Milica Tomic und eine
Personale im Innsbrucker Taxispalais‚, in: springerin 4/99.
196
http://www.womenbeyondborders.org/j_bosnia.htm; Nebojsa
Jovanovic: „Von EINEM Trauma zu DEM Trauma. Über Arbeiten
der beiden bosnischen KünstlerInnen Alma Suljevic und Jasmila
Zbanic‚, in: springerin 4/01,
http://www.springerin.at/dyn/heft.php?id=28&pos=1&textid=743
&lang=de.
Jasmila Žbanić: After, after (1997) / Red Rubber
Boots (2000)
Bereits in ihren frühen Videos ‚After After‛ und
‚Red Rubber Boots‛ beschäftigt sich die Regisseurin
Jasmila Žbanić mit Kriegstraumata. In „After After‚
fragt eine Schulpsychologin Kinder, wovor sie Angst
haben. „Red Rubber Boots‚ zeigt die verzweifelte
Suche einer Mutter nach ihren ermordeten Kindern.
Die roten Gummistiefel werden zum greifbaren
Symbol ihrer Abwesenheit.
197
Antea Arizanović: We don‘t kill, we erase (2003-
2008)
In ihrer Arbeit ‚We don’t kill, we erase‛ beschäftigt
sich Antea Arizanović mit den rund 18 000 Men-
schen, größtenteils aus anderen Teilen der jugosla-
wischen Republik, die 1991 aus den Melderegistern
Sloweniens gestrichen wurden und sich plötzlich
ohne Pass und festen Wohnsitz wiederfanden. Die
Künstlerin, die damals gerade 13 Jahre alt war, fragt
ihre
damaligen
Klassen-
kamerad/-innen, was sie davon halten. Ihre zum Teil
ausweichenden Antworten, oder die Weigerung,
sich zu einem so ernsten Thema zu äußern, bezeich-
net Arizanović als einen wesentlichen Teil ihrer
Arbeit.
198
Comic: Harvey Pekar, Heather Roberson
Theater: Centre for Childrens’ Theatre Development,
Priština
Einige neuere Ausstellungen zum
Thema Krieg und Konflikt
A Picture of War is not War,
Wilkinson Gallery, London, 05.01. - 12.02.2006
Sechs Künstler/-innen reflektieren, wie der Titel der
Ausstellung besagt, in vier- bis vierzigminütigen
Filmen und Videos die Unangemessenheit der Be-
richterstattung über den Krieg.
197
Ebd.; http://www.galerieimtaxispalais.at/archiv_1999-
2008/ausstellungen/zbanic/zbanic_rundgang3.htm.
198
http://www.oktobarskisalon.org/49/index.php?option=com_
content&task=view&id=202&Itemid=73&lang=en.
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