Rudolf steiner



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gesagt ist. Er will zeigen, daß es in der Natur, in der alles nach
Ursache und Wirkung zusammenhängt, auch Erscheinungen gibt,
die noch in anderen Zusammenhängen stehen. Ursache und Wir-
kung bilden einen zweigliedrigen Zusammenhang. Coßmann sucht
innerhalb der Welt des Lebens dreigliedrige Zusammenhänge dar-
zutun. Das Netzhautbild des Auges entsteht als Wirkung eines
Lichtreizes auf den augbegabten Organismus. Wir haben einen
zweigliedrigen Zusammenhang. Der Lichtreiz wirkt auf den Or-
ganismus, und das Augenlid wird geschlossen zum Schutz gegen
den Reiz. Wir haben einen dreigliedrigen Zusammenhang, einen
solchen zwischen der Ursache - dem Lichtreiz - der Wirkung -
dem Lidschluß — und dem Zweck, dem Schutz des Organs. Zwei-
gliedrige Zusammenhänge sollen kausal, dreigliedrige ideologisch
zweckmäßig genannt werden. Der Naturforschung der Gegenwart
wird der Vorwurf gemacht, daß sie alles aus den Zusammen-
hängen von Ursachen und Wirkungen erklären will; und von der
Naturforschung der Zukunft wird erträumt, daß sie die Teleo-
logie in ihrer Herrlichkeit zur Geltung bringen werde. Was Herr
Coßmann auf seinen 129 Seiten breit auseinandersetzt, findet sich
in folgenden acht Zeilen des Buches «Die Welträtsel» von Ernst
Haeckel, den unser Verfasser gewiß zu denjenigen rechnet, die
teleologische Zusammenhänge übersehen: «Im Körperbau und in
der Lebenstätigkeit aller Organismen tritt uns die Zwecktätigkeit
unleugbar entgegen. Jede Pflanze und jedes Tier erscheinen in der
Zusammensetzung aus einzelnen Teilen ebenso für einen bestimm-
ten Lebenszweck eingerichtet wie die künstlichen, vom Menschen
erfundenen und konstruierten Maschinen, und solange ihr Leben
fortdauert, ist auch die Funktion der einzelnen Organe ebenso auf
bestimmte Zwecke gerichtet wie die Arbeit in den einzelnen

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Teilen der Maschine.» Coßmann tut weiter nichts, als diese un-
leugbare Tatsache in unsäglich pedantische Formeln bringen. Ge-
gen solche philosophische Spielerei braucht man nichts einzuwen-
den. Mit ihr sollen sich diejenigen beschäftigen, die nichts Ver-
nünftigeres in der Welt zu tun finden. Wenn aber Herr Coßmann
glaubt, daß die organische Naturwissenschaft die Teleologie in
sich aufnehmen soll, so muß ihm gesagt werden, daß er das Ver-
hältnis der modernen Naturwissenschaft zu der Teleologie nicht
versteht. Eine Lokomotive ist zweifellos zweckmäßig gebaut, und
Herr Coßmann könnte ihre Wirksamkeit auf seine nette drei-
gliedrige Formel zurückführen. Demjenigen, der die Lokomotive
bauen soll, ist aber nicht damit gedient, wenn man ihm den
Zweck reinlich beschreibt. Er muß die Ursachen kennen, durch
die der Zweck erreicht wird. So empfindet der Naturforscher der
Natur gegenüber. Er stellt die Zwecke fest; aber er sucht dann
die zweckmäßigen Wirkungen aus den Ursachen zu erklären. So
wenig eine Maschine nach ihrem Zwecke gebaut werden kann, so
wenig kann ein Lebewesen aus seiner zweckmäßigen Einrichtung
heraus erklärt werden.

Aber Herrn Coßmann trifft noch ein schwererer Vorwurf. Der


Zweck tritt in der Zeitfolge nach der Ursache auf. Wenn wir nun
von der Zeit absehen und bloß in Betracht ziehen, daß ein not-
wendiger Zusammenhang zwischen Ursache und Wirkung besteht,
dann können wir jede Ursache auch ebensogut aus ihrer Wirkung
ableiten wie umgekehrt die Wirkung aus der Ursache. Wir brau-
chen in einer Formel der Mechanik, die eine Wirkung aus der
Ursache ableitet, nur die Zeit mit negativem Vorzeichen einzu-
setzen, dann haben wir die Möglichkeit, das Frühere aus dem Spä-
teren abzuleiten. Erscheint dann das Spätere als Zweck, so wird
der ursächliche Zusammenhang ein zweckmäßiger, und man
braucht Herrn Coßmanns dreigliedrige Formel nicht. Herr Coß-
mann hätte nun erst, wenn er wirklich etwas beweisen wollte,
eine Aufgabe. Er müßte zeigen, daß einer innerhalb der Mechanik
geltenden Tatsache auch eine solche auf ideologischem Gebiete
entspricht. Diese Tatsache ist für die Mechanik die, daß wir im
Gedanken einen Vorgang uns rückläufig vorstellen können (durch

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das negative Vorzeichen vor der Zeit), daß aber in Wirklichkeit
dieser Vorgang nicht rückläufig stattfinden kann. In der Teleo-
logie müßte gezeigt werden, daß die Rückwirkung des Zweckes,
die wir uns vorstellen können, auch wirklich vorhanden ist. Davor
hütet sich Herr Coßmann wohl, denn er müßte dann zu dem ein-
zigen Ausweg kommen, den es für den Zwecktheoretiker gibt,
zur Konstatierung der «Weisheit und des Verstandes», die die
Organismen erst so geordnet haben, wie wir sie uns nachher vor-
stellen. «Ob es außer, neben, über den mit blinder, absichtsloser
Notwendigkeit weiterarbeitenden causas efficientibus (Naturkräf-
ten) noch besondere Zweckursachen, causae finales, gibt, darüber
herrscht Schulstreit und ist Schulstreit möglich; aber daß es in
der Natura naturata eine vom Menschen unabhängige, aller sei-
ner Kunst unendlich überlegene Zweckmäßigkeit gibt, darüber
nicht», sagt Otto Liebmann in «Gedanken und Tatsachen» (1. Heft,
S. 91). Zur Entscheidung über das erstere hat Coßmann nichts,
rein gar nichts beigetragen; zur Feststellung des letzteren brauch-
ten wir ihn nicht. Wir haben das Werk eines Dilettanten vor
uns, der sich die Allüren eines Philosophen angeeignet hat.

Dr. HEINRICH v. SCHOELER • KRITIK DER


WISSENSCHAFTLICHEN ERKENNTNIS

Eine vorurteilslose Weltanschauung. Leipzig 1898

Im Jahre 1865 hat Otto Liebmann in seiner Schrift «Kant und
die Epigonen» die Forderung erhoben, wir müssen in der Philo-
sophie zu Kant zurückkehren. In der Erfüllung dieser Forderung
sieht er das Heil seiner Wissenschaft. Er hat damit nur der An-
sicht der überwiegenden Mehrheit der Philosophen unserer Zeit
Ausdruck gegeben. Und auch viele Naturforscher, insofern sich
dieselben um philosophische Begriffe noch bekümmern, sehen in
der Kantschen Lehre die einzig mögliche Form der Zentralwissen-
schaft. Von Philosophen und Naturforschern ausgehend, ist diese

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Meinung auch in die weiteren Kreise der Gebildeten, die ein
Interesse für Philosophie haben, gedrungen. Damit hat die Kantsche
Anschauungsweise die Bedeutung einer treibenden Kraft in unse-
rem wissenschaftlichen Denken erlangt. Ohne je eine Zeile von
Kant gelesen oder einen Satz aus seiner Lehre gehört zu haben,
sehen viele unserer Zeitgenossen das Weltgeschehen in seiner Art
an. Seit einem Jahrhundert wird immer wieder und wieder das
stolz klingende Wort ausgesprochen: Kant habe die denkende
Menschheit von den Fesseln des philosophischen Dogmatismus
befreit, welcher leere Behauptungen über das Wesen der Dinge
aufstellte, ohne eine kritische Untersuchung darüber anzustellen,
ob der menschliche Geist auch fähig sei, über dieses Wesen etwas
schlechthin Gültiges auszumachen. Für viele, welche dies Wort
aussprechen, ist aber an die Stelle des alten Dogmas nur ein neues
getreten, nämlich das von der unumstößlichen Wahrheit der
Kantschen Grundanschauungen. Diese lassen sich in folgende
Sätze zusammenfassen: Ein Ding kann von uns nur wahrgenom-
men werden, wenn es auf uns einen Eindruck macht, eine Wirkung
ausübt. Dann ist es aber immer nur diese Wirkung, die wir wahr-
nehmen, niemals das Ding an sich. Von dem letzteren können wir
uns keinerlei Begriff machen. Die Wirkungen der Dinge auf uns
sind unsere Vorstellungen. Was uns von der Welt bekannt ist,
sind also nicht die Dinge, sondern unsere Vorstellungen von den
Dingen. Die uns gegebene Welt ist nicht eine Welt des Seins,
sondern eine Vorstellungs- oder Erscheinungswelt. Die Gesetze,
nach denen die Einzelheiten dieser Vorstellungswelt verknüpft
sind, können dann natürlich auch nicht die Gesetze der «Dinge
an sich» sein, sondern jene unseres subjektiven Organismus. Was
für uns Erscheinung werden soll, muß sich den Gesetzen unseres
Subjektes fügen. Die Dinge können uns nur so erscheinen, wie es
unserer Natur gemäß ist. Der Welt, die uns erscheint — und diese
allein kennen wir —, schreiben wir selbst die Gesetze vor.

Was Kant mit diesen Anschauungen für die Philosophie gewon-


nen zu haben glaubte, wird klar, wenn man einen Blick auf die
wissenschaftlichen Strömungen wirft, aus denen er herausgewach-
sen ist und denen er sich gegenüberstellt. Vor der Kantschen Re-

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form waren die Lehren der Leibniz-Wolffschen Schule in Deutsch-
land die alleinherrschenden. Die Anhänger dieser Richtung woll-
ten auf dem Wege des rein begrifflichen Denkens zu den Grund-
wahrheiten über das Wesen der Dinge kommen. Die auf diese
Weise gewonnenen Erkenntnisse galten als die klaren und not-
wendigen gegenüber den durch sinnliche Erfahrung gewonnenen,
die man für verworren und zufällig ansah. Nur durch reine Be-
griffe glaubte man zu wissenschaftlichen Einsichten in den tiefe-
ren Zusammenhang der Weltereignisse, in die Natur der Seele
und Gottes, also zu den sogenannten absoluten Wahrheiten zu
gelangen. Auch Kant war in seiner vorkritischen Zeit ein Anhän-
ger dieser Schule. Seine ersten Schriften sind ganz in ihrem Sinne
gehalten.

Ein Umschwung in seinen Anschauungen trat ein, als er mit


den Ausführungen des englischen Philosophen Hume bekannt
wurde. Dieser suchte den Nachweis zu führen, daß es andere als
Erfahrungserkenntnisse nicht gebe. Wir nehmen den Sonnenstrahl
wahr, und hierauf bemerken wir, daß der Stein, auf den ersterer
fällt, sich erwärmt hat. Dies nehmen wir immer wieder und wie-
der wahr und gewöhnen uns daran. Deshalb setzen wir voraus,
daß sich der Zusammenhang zwischen Sonnenstrahl und Erwär-
mung des Steines auch in aller Zukunft in derselben Weise geltend-
machen wird. Eine sichere und notwendige Erkenntnis ist damit
aber keineswegs gewonnen. Nichts verbürgt uns, daß ein Ge-
schehen, das wir gewohnt sind, in einer bestimmten Weise zu
sehen, nicht bei nächster Gelegenheit ganz anders ablaufe. Alle
Sätze in unseren Wissenschaften sind nur durch Gewohnheit fest-
gesetzte Ausdrücke für oft bemerkte Zusammenhänge der Dinge.
Daher kann es auch über jene Objekte, um die sich die Philo-
sophen bemühen, kein Wissen geben. Es fehlt uns hier die Er-
fahrung, welche die einzige Quelle unserer Erkenntnis ist. Über
diese Dinge muß der Mensch sich mit dem bloßen Glauben be-
gnügen. Will sich die Wissenschaft damit beschäftigen, so artet
sie in ein leeres Spiel mit Begriffen ohne Inhalt aus. Diese Sätze
gelten, im Sinne Humes, nicht nur von den letzten psychologi-
schen und theologischen Erkenntnissen, sondern schon von den

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einfachsten Naturgesetzen, zum Beispiel von dem Satze, daß jede
Wirkung eine Ursache haben müsse. Auch dieses Urteil ist nur
aus der Erfahrung gewonnen und durch Gewohnheit festgelegt.
Als unbedingt gültig und notwendig läßt Hume nur jene Sätze
gelten, bei denen das Prädikat im Grunde schon im Subjekte ein-
geschlossen ist, wie das nach seiner Ansicht bei den mathemati-
schen Urteilen der Fall ist.

Kant sucht das absolute Wissen dadurch zu retten, daß er es zu


einem Bestandteil des menschlichen Geistes macht. Der Mensch
ist so organisiert, daß er die Vorgänge in notwendigen Zusam-
menhängen, zum Beispiel von Ursache und Wirkung, sieht. Alle
Dinge müssen, wenn sie dem Menschen erscheinen sollen, in die-
sen Zusammenhängen erscheinen. Dafür ist aber auch die ganze
Erfahrungswelt nur eine Erscheinung, das heißt eine Welt, die an
sich sein mag, wie sie will; für uns erscheint sie gemäß der Or-
ganisation unseres Geistes. Wie sie an sich ist, können wir nicht
wissen. Kant suchte dem menschlichen Wissen seine Notwendig-
keit, seine unbedingte Gültigkeit zu retten; deshalb gab er seine
Anwendbarkeit auf «Dinge an sich» auf. H. v. Schoeler steht auf
Kantschem Boden. Er sucht mit Aufwand von reichem Wissen,
mit anerkennenswerter Kenntnis des Details der einzelnen Wis-
senschaften, den Nachweis zu führen, daß unser Wissen nicht bis
zu den Quellen des Seins reicht. Wie Kant sucht auch er nicht
in dem Wissen den höchsten Daseinsinhalt des Menschen. Kant
hat das Wissen vernichtet, um der Welt Platz zu machen, die er
aus dem kategorischen Imperativ mit Hilfe des Glaubens hervor-
zaubert. Schoeler sucht zu zeigen, daß sich unabhängig von allem
Wissen in unserer Seele Daseinsziele ergeben, die uns das Leben
viel lebenswerter erscheinen lassen als die Betrachtung des «plum-
pen Mechanismus der Natur» und des «physiologischen Auto-
matismus des Leibes, in dem unsere Begierden wurzeln». «Die
Idealität des Gefühlslebens ist das rettende Heilmittel, das unsere
körperlichen Organe vor Degeneration bewahrt und unsere Seele
gesund erhält und sie in den Stand setzt, alle ihre Kräfte harmo-
nisch zu entfalten, in deren reger Betätigung allein, gleichviel auf
welchem Gebiete gemeinnütziger Arbeit, der Zweck der men-

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schenwürdigen Existenz besteht. Wer den Idealen der Vernunft
und den Kulturzielen des Menschentums gelebt hat, der hat ge-
lebt für alle Zeiten; denn mehr als das Wissen gilt das Können —
am höchsten steht die Tat.» Dieser Schlußfolgerung braucht kein
Anhänger der modernen naturwissenschaftlichen Weltanschau-
ung zu widersprechen. Sie ergibt sich für den, der die moderne
Entwickelungstheorie versteht, als eine notwendige Folge dieser.
H. v. Schoeler würde das nachgewiesen gefunden haben, wenn er
zu dem vielen Wissen, das er sich angeeignet hat, auch noch die
Kenntnis meiner vor fünf Jahren erschienenen «Philosophie der
Freiheit» hinzugefügt hätte. Ich grolle ihm nicht, weil er es nicht
getan hat, finde mich aber auch nicht bemüßigt, ihm hier zu
sagen, was er besser im Zusammenhange in meinem Buche lesen
kann.

DER BRESSA-PREIS

Über den großen «Bressa-Preis», welcher am 7. Januar durch Be-
schluß der Königlichen Akademie der Wissenschaften in Turin
Herrn Professor Ernst Haeckel verliehen wurde, erfahren wir
nachträglich folgendes Nähere: Der Preis (im Betrage von zehn-
tausend Franken) ist von Dr. Caesar Alexander Bressa in Turin im
Jahre 1876 gestiftet worden und wird alle vier Jahre verliehen,
abwechselnd an italienische und an auswärtige Gelehrte. Der
Wortlaut des bezüglichen Statuts besagt: «Dieser Preis wird be-
stimmt sein, den Gelehrten oder Erfinder beliebiger Nationalität
zu belohnen, der im Laufe des Quadrienniums 1895—1898, nach
dem Urteile der Akademie der Wissenschaften in Turin, die wich-
tigste und nützlichste Erfindung gemacht, oder das gediegenste
Werk veröffentlicht haben wird auf dem Gebiete der physika-
lischen und experimentalen Wissenschaften, der Naturgeschichte,
der reinen und angewandten Mathematik, der Chemie, der Phy-
siologie und Pathologie, ohne die Geologie, die Geschichte, die
Geographie und die Statistik auszuschließen. — Das Werk soll
gedruckt sein; man nimmt Handschriften nicht an. — Die Aka-

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demie gibt den Preis dem Forscher, welchen sie für den würdig-
sten hält, wenn er sich auch nicht beworben hat.» — In dem vor-
letzten Konkurse wurde der Preis (1892) an den berühmten, lei-
der zu früh verstorbenen Professor Heinrich Hertz in Bonn erteilt
für seine epochemachenden Entdeckungen über Elektrizität. Das
Werk von Professor Haeckel, welchem diesmal der Preis zufiel,
ist nicht (wie irrtümlich in einigen Zeitungen stand) dessen
jüngst erschienenes philosophisches Buch über die «Welträtsel»,
sondern das dreibändige (in den Jahren 1894—1896 erschienene)
Werk über die «Systematische Phylogenie; Entwurf eines natür-
lichen Systems der Organismen auf Grund ihrer Stammes-
geschichte». Haeckel hat in diesem Werk alle die Untersuchungen
über die natürliche Entwickelung der organischen Welt systema-
tisch geordnet und zusammengefaßt, mit welchen er seit vierzig
Jahren — seit dem Erscheinen von Darwins Hauptwerk über die
«Entstehung der Arten» - ununterbrochen beschäftigt gewesen
ist. Einen kurzen populären Auszug derselben hatte er schon 1868
in seiner «Natürlichen Schöpfungsgeschichte» gegeben, von wel-
cher 1898 die neunte Auflage erschien.

GOETHE UND DIE MEDIZIN

Daß der große Dichter, dem nun auch die Hauptstadt Österreichs
ein Denkmal gesetzt hat, zu den Naturwissenschaften ein Verhält-
nis hatte, welches für den Naturforscher von tiefgehendem Inter-
esse ist, beweist die reiche Literatur, die über dieses Verhältnis
existiert. Eine Reihe der bedeutendsten Naturforscher hat sich
bemüht, Goethes Bedeutung für ihre Wissenschaft zu schildern.
Man braucht nur an die einschlägigen Schriften Virchows (« Goethe
als Naturforscher und in besonderer Beziehung auf Schiller»,
1861), Helmholtz' («Über Goethes naturwissenschaftliche Arbei-
ten» und «Goethes Vorahnungen kommender naturwissenschaft-
licher Ideen», 1892), Haeckels («Goethe, Lamarck und Darwin»,
1882), Cohns («Goethe als Botaniker», 1881) zu erinnern, um die

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Vorstellung davon lebendig zu machen, welch hoher Wert den
naturwissenschaftlichen Arbeiten des Dichters von Seiten berufe-
ner Fachmänner beigemessen wird. Der Verfasser dieses Aufsatzes
hat selbst durch eine Reihe von Arbeiten («Einleitungen zu
Goethes naturwissenschaftlichen Schriften» in der Kürschner-
schen Goethe-Ausgabe, 1883 bis 1897, und «Goethes Welt-
anschauung», 1897) die Bedeutung der naturwissenschaftlichen
Ideen Goethes und ihre Stellung innerhalb der wissenschaftlichen
Entwickelung des neunzehnten Jahrhunderts darzulegen versucht.
Wie man auch im übrigen über diese Bedeutung denken mag:
eines scheint nach den genannten Arbeiten außer Zweifel zu sein,
daß Goethe mit Recht in einem Rückblicke auf seine naturwis-
senschaftlichen Bemühungen sagen durfte: «Nicht durch eine
außerordentliche Gabe des Geistes, nicht durch eine momentane
Inspiration, noch unvermutet und auf einmal, sondern durch ein
folgerechtes Bemühen bin ich endlich zu einem so erfreulichen
Resultate gelangt.» Nicht bloß Lichtblitze einer genialen Persön-
lichkeit, sondern die Ergebnisse streng methodischer Arbeit haben
wir in Goethes naturwissenschaftlichen Ideen vor uns. Und wenn
wir Goethes Bemühungen geschichtlich verfolgen, so springt vor
allem in die Augen, wie nahe er in bezug auf die Art seines
Arbeitens dem Geiste der modernen naturwissenschaftlichen
Methoden steht. Besonders deutlich haben dies die aus Goethes
hinterlassenen Papieren herausgegebenen Aufzeichnungen gezeigt
(Zweite Abteilung der großen Weimarer Goethe-Ausgabe, Band 6,
7, 9, 10, 11 und 12, herausgegeben von Steiner, Band 8, heraus-
gegeben von Professor v. Bardeleben). Um nur auf eines hinzu-
weisen, seien die in diesen Papieren enthaltenen Aufzeichnungen
Goethes über die Verwandtschaft der Schädelknochen mit den
Wirbelknochen erwähnt. Man weiß, daß der Naturphilosoph
Lorenz Oken zuerst öffentlich auf diese Verwandtschaft aufmerk-
sam gemacht hat; und wer Goethes naturwissenschaftliche Schrif-
ten gelesen hat, dem ist auch bekannt, daß dieser vor Oken mit
der entwickelungsgeschichtlich so bedeutsamen Tatsache vertraut
war. Ein sicheres Fundament hat dieselbe jedoch erst durch die im
Jahre 1872 veröffentlichten Untersuchungen Carl Gegenbaurs

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«Über das Kopfskelett der Selachier» erhalten. Die genannten
Aufzeichnungen beweisen nun, daß Goethe nicht plötzlich, durch
einen genialen Einfall, wie der Naturforscher Oken, sondern durch
eine fortgesetzte methodische Arbeit zu seiner Theorie gelangt ist,
und zwar durch eine solche, welche sich schon ganz in der Rich-
tung bewegte, die später Gegenbaur zu seinen wichtigen Resul-
taten führte (vgl. darüber den Aufsatz Professor Karl v. Bardelebens
«Goethe als Anatom» im XIII. Bande des Goethe-Jahrbuches,
1892). Der Dichter Goethe verfuhr viel methodischer als der
Naturforscher Oken.

Es ist nun bei Goethe in vielen Fällen zu beobachten, daß eine


scheinbar nebensächliche Bemerkung in seinen Schriften im emi-
nentesten Sinne aufklärend wirkt für die ganze Art seines Arbei-
tern. Eine solche Bemerkung findet sich in dem «Anhang», den er
1817 dem Wiederabdruck seiner Schrift über die «Metamorphose
der Pflanzen» hinzugefügt hat. Er betrachtet da gewisse patholo-
gische Erscheinungen im Pflanzenreiche und spricht sich über die-
selben in folgender Weise aus: «Die Natur bildet normal, wenn
sie unzähligen Einzelheiten die Regel gibt, sie bestimmt und be-
dingt; abnorm aber sind die Erscheinungen, wenn die Einzelhei-
ten obsiegen und auf eine willkürliche, ja zufällig scheinende
Weise sich hervortun. Weil aber beides nah zusammen verwandt
und sowohl das Geregelte als Regellose von einem Geiste belebt
ist, so entsteht ein Schwanken zwischen Normalem und Abnor-
mem, weil immer Bildung und Umbildung wechselt, so daß das
Abnorme normal und das Normale abnorm zu werden scheint.
Die Gestalt eines Pflanzenteiles kann aufgehoben oder ausgelöscht
sein, ohne daß wir es Mißbildung nennen möchten... Im Pflan-
zenreiche nennt man zwar das Normale in seiner Vollständigkeit
mit Recht ein Gesundes, ein physiologisch Reines; aber das Ab-
norme ist nicht gleich als krank oder pathologisch zu betrachten.»
Eine solche Bemerkung zeigt, wie Goethe über das Pathologische
dachte. Er wußte, welchen Wert die Betrachtung des Krankhaften
für den hat, der sich eine Ansicht über die Gesetze des Gesunden
bilden will.

Man geht gewiß nicht fehl, wenn man einen solchen Gedan-

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ken Goethes in Verbindung bringt mit den Beziehungen, in denen


der Dichter zur Medizin stand. Denn durch diese Beziehungen
wurden seine naturwissenschaftlichen Vorstellungen in weit-
gehendem Maße beeinflußt. Man braucht nur seine eigenen Mit-
teilungen in «Dichtung und Wahrheit» zu verfolgen, um einen
Einblick zu gewinnen in die bedeutsamen Anregungen, die Goethe
der Medizin verdankt. Mehr als zu den Vertretern anderer Fächer
fühlte er sich an den beiden Hochschulen, die er besuchte, zu
denen der medizinischen Wissenschaften hingezogen. (Eine inter-
essante Klarlegung des Verhältnisses Goethes zur Medizin hat vor
kurzem Dr. P. H. Gerber, Privatdozent an der Universität in Königs-
berg, gegeben in seiner Schrift «Goethes Beziehungen zur Medi-
zin», Berlin 1900.) Über seinen Aufenthalt an der Universität in
Leipzig erzählt der Dichter: «In der vielfachen Zerstreuung, ja
Zerstückelung meines Wesens und meiner Studien traf sich's, daß
ich bei Hofrat Ludwig den Mittagstisch hatte. Er war Medicus,
Botaniker, und die Gesellschaft bestand außer Morus in lauter an-
gehenden oder der Vollendung näheren Ärzten. Ich hörte nun in
diesen Stunden gar kein ander Gespräch als von Medizin oder
Naturhistorie, und meine Einbildungskraft wurde in ein ganz
ander Feld hinübergezogen ... Die Gegenstände waren unterhal-
tend und bedeutend und spannten meine Aufmerksamkeit.» Und
später auf der Universität Straßburg verlebte Goethe eine an-
regende Zeit im Kreise von Medizinern. Er berichtet darüber:
«Die meisten meiner Tischgenossen waren Mediziner. Diese sind,
wie bekannt, die einzigen Studierenden, die sich von ihrer Wis-
senschaft, ihrem Metier auch außer den Lehrstunden mit Lebhaf-
tigkeit unterhalten. Es liegt dieses in der Natur der Sache. Die
Gegenstände ihrer Bemühungen sind die sinnlichsten und zu-
gleich die höchsten, die einfachsten und die kompliziertesten.
Die Medizin beschäftigt den ganzen Menschen, weil sie sich mit
dem ganzen Menschen beschäftigt. Alles, was der Jüngling lernt,
deutet sogleich auf eine wichtige, zwar gefährliche, aber doch in
manchem Sinne belohnende Praxis. Er wirft sich daher mit Lei-
denschaft auf das, was zu erkennen und zu tun ist, teils weil es
ihn an sich interessiert, teils weil es ihm die frohe Aussicht von

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Selbständigkeit und Wohlhaben eröffnet.» Aber Goethe be-
schränkte sich in Straßburg nicht auf derlei äußere Anregungen,
sondern er trieb selbst fleißig medizinische und naturwissenschaft-
liche Studien. Er hörte die Vorlesungen über Chemie bei Spiel-
mann und über Anatomie bei einem der bedeutendsten Anatomen
der damaligen Zeit, bei Lobstein. Besondere Umstände veranlaß-
ten ihn, noch weiteren Anteil an gewissen Zweigen der ärztlichen
Kunst zu nehmen. Herder war nach Straßburg gekommen, um
sich einer Augenoperation zu unterziehen. Goethe, der einen inni-
gen Freundschaftsbund mit diesem hervorragenden Geist schloß,
war bei der Operation anwesend und erzeigte sich dem Freunde
auf «mancherlei Weise dienstlich und behilflich». Wie intensiv
Goethes Interesse an diesen Dingen damals war, das erfahren wir
ebenfalls aus «Dichtung und Wahrheit». Er schildert eine Augen-
operation, die dem ihm befreundeten Jung-Stilling mißglückt ist,
und läßt dabei die Worte einfließen: «Gewöhnlich, und ich hatte
selbst in Straßburg mehrmals zugesehen, schien nichts leichter in
der Welt zu sein, wie es denn auch Stilling hundertmal gelungen
war. Nach vollbrachtem schmerzlosem Schnitt durch die unemp-
findliche Hornhaut sprang bei dem gelindesten Druck die trübe
Linse von selbst heraus, der Patient erblickte sogleich die Gegen-
stände und mußte sich nur mit verbundenen Augen gedulden,
bis eine vollbrachte Kur ihm erlaubte, sich des köstlichen Organs
nach Willen und Bequemlichkeit zu bedienen.» Das Interesse, das
Goethe in Straßburg an den medizinischen Studien nahm, ent-
sprach einem tiefgehenden Bedürfnisse seines Wesens. Es hätte
gar keiner äußeren Umstände bedurft, um in ihm ein solches
Interesse zu erwecken. Denn er kam in gewissem Sinne wohl-
vorbereitet nach dieser Richtung hin an die Universität. Auch die
Zeit zwischen seinen Leipziger und Straßburger Studien ist aus-
gefüllt mit der Lektüre medizinischer Schriften. Er hatte sich mit
dem Compendium des Boerhave und mit dessen Aphorismen be-
schäftigt, welche die Grundlage des medizinischen Unterrichts in
der damaligen Zeit bildeten.

Als Goethe dann 1775 von dem Herzog Karl August nach


Weimar gerufen ward, trat er alsbald zur benachbarten Uni-

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versität Jena in Beziehungen. Und wieder waren es die Mediziner,
bei denen er sich seine bedeutsamsten Anregungen holte. Er be-
schäftigte sich unter Anleitung des Hofrates Loder eingehend mit
Anatomie. Ein hinterlassenes Manuskript (jetzt veröffentlicht im
VIII. Bande der Weimarischen Goethe-Ausgabe) zeigt, wie er
diese Wissenschaft ganz im Sinne einer rationellen vergleichenden
Methode getrieben hat. Eine Frucht dieser seiner Studien ist seine
wichtige Entdeckung, daß der Mensch ebenso wie die anderen
Wirbeltiere einen Zwischenkieferknochen in der oberen Kinnlade
habe. Er bereicherte durch diese Jenenser Studien seine anato-
mischen Kenntnisse so weit, daß er selbst in der Lage war, den
Schülern der Weimarer Zeichenakademie anatomischen Unter-
richt zu geben. Für die Gründlichkeit dieser Studien Goethes lie-
fert auch die Tatsache einen Beweis, daß er im Winter 1781 bei
Hofrat Loder die damals von der «medizinischen Jugend gerade
vernachlässigte» Bänderlehre besonders eifrig betrieb.

Es war Goethes Bedürfnis nach einer der ganzen Anlage seines


Geistes entsprechenden umfassenden Naturanschauung, das ihn
zu einer energischen Beschäftigung mit der empirischen Natur-
wissenschaft, die er ja am besten in den Kreisen der medizinischen
Fachmänner vorfand, trieb. Aber diese Beschäftigung hat auch
bewirkt, daß der Dichter ein tiefes Verständnis für die medizi-
nische Wissenschaft in sich ausbildete. Welcher Art dieses Ver-
ständnis war, zeigt wohl klar genug eine Schilderung, die er in
«Dichtung und Wahrheit» von der medizinischen Bewegung der
siebziger Jahre des vorigen Jahrhunderts gibt. «Es war nämlich
vorzüglichen, denkenden und fühlenden Geistern ein Licht auf-
gegangen, daß die unmittelbare originelle Ansicht der Natur und
ein darauf gegründetes Handeln das beste sei, was der Mensch
sich wünschen könne, und nicht einmal schwer zu erlangen. Er-
fahrung war also abermals das allgemeine Losungswort, und jeder-
mann tat die Augen auf, so gut er konnte; eigentlich aber waren
es die Ärzte, die am meisten Ursache hatten, darauf zu dringen,
und Gelegenheit, sich danach umzutun... Weil nun wirklich
einige außerordentliche Menschen, wie Boerhave und Haller, das
Unglaubliche geleistet, so schien man sich berechtigt, von ihren

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Schülern und Nachkommen noch mehr zu fordern. Man behaup-
tete, die Bahn sei gebrochen, da doch in allen irdischen Dingen
selten von Bahn die Rede sein kann; denn wie das Wasser, das
durch ein Schiff verdrängt wird, gleich hinter ihm wieder zu-
sammenstürzt, so schließt sich auch der Irrtum, wenn vorzügliche
Geister ihn beiseite gedrängt und sich Platz gemacht haben, hinter
ihnen sehr geschwind wieder naturgemäß zusammen.»

In einer wichtigen, den medizinischen Unterricht betreffenden


Angelegenheit kam Goethe sogar zu einem fruchtbaren prak-
tischen Vorschlag. Er trug denselben zuerst als «Halbfiktion» im
3. Kapitel von «Wilhelm Meisters Wanderjahre» vor. Die Schwie-
rigkeit, die notwendigen Gegenstände für den anatomischen Un-
terricht zu beschaffen, führte ihn auf den Gedanken, statt wirk-
licher organischer Körper plastische Nachbildungen zu pädago-
gischen Zwecken zu verwenden. Später wandte er sich mit einem
entsprechenden Vorschlage an Geheimrat Beuth in Berlin. Aus
dem Schreiben an diesen ist ein Teil in Goethes Werken unter
dem Titel «Plastische Anatomie» abgedruckt. Er spricht hier da-
von, daß in Florenz seit langen Jahren diese «plastische Ana-
tomie» ausgeübt wird, und fügt die Bemerkung hinzu: «Sollte
man aber bei Forderung eines solchen Lokales nicht unmittelbar
an Berlin denken, wo alles — Wissenschaft, Kunst, Geschmack und
Technik — beisammen ist und daher ein höchst wichtiges, freilich
kompliziertes Unternehmen sogleich durch Wort und Willen aus-
geführt werden könnte?» Goethe hat nach dieser Richtung hin
ganz konkrete Vorschläge: «Man sende einen Anatomen, einen
Plastiker, einen Gipsgießer nach Florenz, um sich dort in gedach-
ter besondern Kunst zu unterrichten. Der Anatom lernt die Prä-
parate zu diesem eigenen Zwecke auszuarbeiten. Der Bildhauer
steigt von der Oberfläche des menschlichen Körpers immer tiefer
ins Innere und verleiht den höheren Stil seiner Kunst Gegen-
ständen, um sie bedeutend zu machen, die ohne eine solche Ideal-
nachhilfe abstoßend und unerfreulich wären. Der Gießer, schon
gewohnt, seine Fertigkeit verwickeiteren Fällen anzupassen, wird
wenig Schwierigkeit finden, sich seines Auftrages zu entledigen;
es ist ihm nicht fremd, mit Wachs von mancherlei Farben und

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allerlei Maßen umzugehen, und er wird alsbald das Wünschens-
werte leisten.» Daß eine solche Anregung zu einem pädagogischen
Hilfsmittel, das später so vielfache Anwendung fand, von Goethe
ausging, beweist, wie gründlich er sich mit den Anforderungen
des medizinischen Unterrichtes auseinandergesetzt hat.

Wenn man die innigen Beziehungen Goethes zur Medizin


überschaut, so kommt man nicht mit Unrecht zu der Behauptung:
es kann nicht nebensächlich sein, daß auch in seiner Lebensdich-
tung, im «Faust», dieses Geistesgebiet eine wichtige Rolle spielt.
Fausts Persönlichkeit erinnert an Paracelsus und andere medizi-
nische Gelehrte des fünfzehnten und sechzehnten Jahrhunderts.
Goethe hat von seinem eigenen Wesen viel in diese Gestalt
hineingelegt. Und wenn wir die Reflexionen Fausts über seine
Kunst als Arzt lesen, so dürfen wir daran denken, daß ähnliche
Gedanken in Goethes Seele selbst oft aufgestiegen seien. Die Fra-
gen über die Bedeutung der Medizin für das Leben haben Goethe
gewiß oft beschäftigt, da er durch häufiges Kranksein auch von
einer nicht bloß theoretischen Seite her Bekanntschaft mit der
Heilkunst gemacht hat. Liegt es doch ganz im Geiste seiner Welt-
anschauung, das Körperliche in voller Einheit mit dem Geistigen
zu denken. Er, dem alles Menschliche so innig vertraut war, mußte
ja immer wieder zu der Wissenschaft zurückgeführt werden, von
der er in Straßburg die Überzeugung gewonnen hatte, daß sie den
ganzen Menschen beschäftigt, weil sie es mit dem ganzen Men-
schen zu tun hat. Es gibt aber auch einen Zweig der medizi-
nischen Wissenschaft, dem Goethe durch sein künstlerisches
Schaffen ganz besonders nahestand: die Psychiatrie. Wenn wir auch
nicht behaupten können, daß Goethe sich mit diesem Gebiete
theoretisch in gleicher Weise auseinandergesetzt hat wie mit den
rein physischen Erscheinungen am lebendigen Organismus, so ist
doch im höchsten Maße interessant, einen welch sicheren Blick
er für psychische Abnormitäten hat. Sein Werther, Orest, der
Harfenspieler im «Wilhelm Meister», seine Lila, Mignon und
endlich Gretchen sind Musterleistungen in bezug auf Schilde-
rung pathologischer Psychen. In feinsinniger Weise hat Gerber
(«Goethes Beziehungen zur Medizin») darauf aufmerksam ge-

587


macht, daß Goethe den Charakter Mignons so zeichnet, wie er
infolge der Abstammung dieses Mädchens von Geschwistern sein
muß.

Zahlreiche Wege führten Goethe zur Heilkunde hin. Er, der


den Ausspruch getan hat, daß die wahre Kunst ein Ausdruck der
höchsten Naturgesetze sein muß, daß die Dichtung auf den
Grundlagen der Erkenntnis ruht, hat durch seine Beziehungen zur
Medizin bewiesen, daß er diesem Geistesgebiete den rechten Platz
in der Gesamtheit des menschlichen Geistes anzuweisen wußte.

588


ANHANG

Zu Seite 568:

Bei dem hier abgedruckten Bericht über «Die 70. Versammlung deutscher
Naturforscher und Ärzte» (Magazin für Literatur, 67. Jg., Nr. 41; 15.
Oktober 1898) scheint es sich um den 3. Teil eines längeren Berichtes zu
handeln. Die ersten beiden Teile sind in den vorangehenden Nummern
erschienen (Nr. 39; 30. September 1898; und Nr. 40; 8. Oktober 1898),
können jedoch nicht mit absoluter Sicherheit Rudolf Steiner zugeschrieben
werden, da sie dort nicht mit seinem Namen gezeichnet sind. Zwar nimmt
Rudolf Steiner in dem auf S. 568 abgedruckten Beitrag Bezug auf den
vorangegangenen Bericht in Nr. 40, läßt jedoch unerwähnt, ob dieser von
ihm stamme. Umgekehrt wird in jenem Bericht auf den folgenden (Nr.
41) hingewiesen, jedoch wird auch hier nicht ersichtlich, wer der Autor
ist bzw. sein wird.

Aus diesem Grunde und auch, um die Paginierung innerhalb des Bandes


nicht zu verändern, wurden diese beiden Teile in den Anhang aufge-

DIE 70. VERSAMMLUNG DEUTSCHER


NATURFORSCHER UND ÄRZTE

Am 19. September wurde die 70. Versammlung deutscher Natur-


forscher und Ärzte in Düsseldorf eröffnet. Die «Kunst-, Garten-,
Handels- und Industriestadt» hat mit großer Sorgfalt alle Vorberei-
tungen getroffen, um die deutschen Gelehrten in würdiger Weise
zu empfangen. - Der erste Versammlungstag brachte interessante
Vorträge. Geeignet in weitesten Kreisen anregend zu wirken ist,
was Prof. Dr. Klein (Göttingen) über «Universität und technische
Hochschule»
gesagt hat. Der Vortragende hat die zwei Gesichts-
punkte hervorgehoben, die vor allen Dingen für die Entwickelung

589


des modernen Hochschulwesens in Betracht kommen. Er fordert
erstens von der Universität, daß sie dem hochgesteigerten Leben
der Neuzeit Rechnung trage. Prof. Klein möchte, daß den Studie-
renden das Rüstzeug an die Hand gegeben werde, um an der
voraussichtlichen Entwickelung in den kommenden Dezennien
mitzuarbeiten. Die Entwickelung des modernen Verkehres hat uns
fremde Völker und Verhältnisse in unmittelbare Nähe gerückt, die
uns vorher gewissermaßen nur dem Namen nach bekannt waren.
Die Universität wird die Aufgabe haben, die sprachlichen, histori-
schen und juristischen Studien in der Weise auszugestalten, daß
diese Erweiterung der modernen Lebensverhältnisse zur Geltung
komme. Auch die Errungenschaften der Technik verlangen im
Universitätsunterricht Berücksichtigung. Die Mathematik und die
Naturwissenschaften sollen nicht nur als reine Theorien gelehrt
werden, sondern die Studierenden müssen auch einen Einblick in
die technischen Anwendungen erhalten, durch welche diese Wis-
senschaften das moderne Leben so sehr befruchtet haben. Als Bei-
spiel, wie in dieser Richtung gewirkt werden kann, hebt Prof. Klein
hervor, daß an der Stätte seines Wirkens, an der Universität Göttin-
gen, Laboratoriumseinrichtungen getroffen worden sind, vermöge
deren die Studierenden der Mathematik und der Naturwissenschaft
in der Lage sind, die großartigen physikalischen Prozesse, welche
sich in unseren Wärmemotoren und Dynamomaschinen abspielen,
eingehend kennen zu lernen und messend zu verfolgen. Klein stellt
die entschiedene Forderung, daß die Wissenschaft überall da, wo
sie hingehört, auch voll zur Geltung komme, daß der Gegensatz
zwischen Theorie und Praxis, den man ja nie völlig aus der Welt
schaffen wird, und die beide einander doch nötig haben, nicht zu
einer Zerreißung unseres höheren Unterrichtes führe. Entspre-
chend dieser Forderung will Klein auch die technischen Hochschu-
len eingerichtet haben. Er ist der Ansicht, daß diese Anstalten in
wissenschaftlicher Hinsicht auf dieselbe Höhe zu stellen sind wie
die medizinische und die juristische Fakultät. Soll das möglich
werden, so wird allerdings mit der Weiterbildung der technischen
Hochschulen eine entsprechende Entwickelung der mittleren tech-
nischen Fachschulen Hand in Hand gehen müssen. Die Fachschu-

590


len werden der Ausbildung der größeren Zahl von Technikern
dienen. Die Hochschule dagegen soll für diejenigen da sein, welche
durch ihre Begabung dazu bestimmt sind, Führer auf dem Gebiete
des kulturellen Fortschrittes zu werden. Sie werden die für die
Technik grundlegenden mathematischen und naturwissenschaftli-
chen Studien in derselben Weise zu pflegen haben wie heute die
Mediziner Zoologie, Botanik, Chemie, Physiologie usw. Ob das
unter solchen Gesichtspunkten getriebene technische Studium be-
sonderen Hochschulen zugewiesen wird, oder ob die Universitäten
so erweitert werden, daß sich an die bestehenden noch besondere
technische Fakultäten anschließen, scheint von geringerer Bedeu-
tung. Klein spricht sich über diese Frage sehr vorsichtig aus. Unbe-
dingt aber fordert er ein Ineinanderarbeiten beider Gattungen von
Hochschulen: «Das Erste, auf alle Fälle Erwünschte und auch
Erreichbare dürfte sein, daß jede Anstalt bemüht sein soll, unbe-
schadet ihrer eigenen Zweckbestimmung sich der ändern anzunä-
hern. Aber man kann fragen, ob man nicht weiter gehen soll, ob
es wirklich auf die Dauer unmöglich sein wird, die technischen
Hochschulen doch noch, wenn auch nur organisatorisch, als tech-
nische Fakultäten an die Universitäten anzuschließen. Es ist auch
viel davon die Rede, an einer Universität, welche von allen beste-
henden technischen Hochschulen abgetrennt liegt und bei der die
Vorbedingungen gegeben waren, versuchsweise eine technische
Fakultät zu begründen. Ich betrachte es bei der heutigen Gelegen-
heit nicht als meine Aufgabe, zu derartigen Vorschlägen, welche
neuerdings von sehr bemerkenswerten Seiten gemacht werden,
Stellung zu nehmen. Mir genügt, den Gedanken von der inneren
Zusammengehörigkeit, von der Solidarität der beiden Anstalten
hier vertreten zu haben. Möge dieser Gedanke in der Öffentlichkeit
seinen Weg machen; dann haben wir die gesunde Grundlage für
alle Organisationen, welche die Zukunft bringen wird, gewonnen!»

(Die Fortsetzung der Mitteilungen über die «Naturforscher-Versamm-


lung» folgt in nächster Nummer.)

Über den wichtigen Vortrag des ersten Versammlungstages «Uni-


versität und technische Hochschule» von Prof. Dr. Klein (Göttin-
gen) ist bereits in der vorigen Nummer dieser Zeitschrift berichtet
worden. Auch der weitere Verlauf der Versammlung bot eine Fülle
des Interessanten sowohl für den Fachmann wie für den Laien,
die Entwickelung der Naturwissenschaften und der Medizin Inter-
esse hat. Über die Entwickelung der Chirurgie in den letzten hun-
dert Jahren sprach Medizinalrat Prof. H. Tillmanns (Leipzig). Der
Redner hob die Anregungen hervor, welche die Chirurgie von der
Physiologie, Chemie, Botanik und Physik erhalten hat. Die Durch-
leuchtung des menschlichen Organismus mit Hilfe der von Rönt-
gen
gefundenen Methode liefert den Beweis, wie fruchtbar die
theoretischen Naturwissenschaften für die Heilkunde werden kön-
nen. Die Zukunft der Medizin ist in der immer stärkeren Durch-
dringung von naturwissenschaftlichem Wissen mit der ärztlichen
Kunst zu suchen. Prof. Martins (Rostock) erörterte in seinem Vor-
trage «Krankheitsursachen und Krankheitsanlage» eine Frage, über
die gewiß in der nächsten Zeit noch viel gesprochen werden wird.
Die Mediziner sind in den letzten Jahren zu weit gegangen, wenn
sie behaupteten, daß in der Infektion durch mikroskopische Lebe-
wesen die alleinige Ursache gewisser Krankheiten zu suchen sei.
Zu Übertreibungen dieser Art haben die an dem Tierkörper ange-
stellten Versuche geführt, die zeigten, daß man wirklich gewisse
Krankheiten durch Einführung von Mikroben in den Organismus
erzeugen kann. Die Cholera-Nachepidemie in Hamburg hat aber
klar ergeben, daß bei zahlreichen Personen Infektion stattgefunden
hat, ohne zur Krankheit zu führen. Daraus geht hervor, daß die
Infektion nur dann ihre verderbliche Wirkung hervorbringen kann,
wenn sie auf einen zur Krankheit veranlagten Organismus trifft.
Wenn die wissenschaftliche Medizin ihre Übertreibungen durch
solch gesunde Erwägungen gut macht, wird es ihr ein leichtes sein,
die sogenannte Naturheilmethode aus dem Felde zu schlagen; denn
diese bemächtigt sich in dilettantischer Weise solcher Schwächen,
wie die oben ausgesprochene eine ist.

Ein besonderer Wert kommt den Ausführungen Professor J.


Baumanns (Göttingen) zu, der über den Bildungswert von Gymna-

592


sium und Realgymnasium sprach. Mit Freuden muß man es begrü-
ßen, daß der hervorragende Gelehrte die Ansicht vertritt: es muß
dem naturwissenschaftlichen und mathematischen Unterricht ein
größerer Raum zugemessen werden, als dies bisher der Fall war.
Denn nicht nur das moderne praktische Leben baut sich auf diesen
Wissenschaftsgebieten auf; sondern der Stoff zu den Überzeugun-
gen, zum ganzen Vorstellungs- und Empfindungsleben des Men-
schen der Gegenwart beruht auf ihnen, oder sollte wenigstens auf
ihnen beruhen. Die Gedanken und Gefühle, die heute noch aus
dem mit Hilfe der alten Sprachen zu gewinnenden Bildungselement
hervorgehen können, sind für unser Leben nur von geringer Bedeu-
tung.

Prof. van t'Hoff (Berlin) hob die Bedeutung, welche die anorga-
nische Chemie in den letzten Jahren erlangt hat, hervor. Es wurden
ja nicht nur durch die Ausnützung der physikalischen Untersu-
chungsmethoden für die Chemie neue Grundstoffe gefunden, son-
dern es hat das Studium der zusammengesetzten unorganischen
Stoffe auf das Wesen der Materie Streiflichter geworfen, die nur
im Sinne einer philosophisch vertieften Weltanschauung betrachtet
zu werden brauchen, um von ganz unermeßlichem Einfluß auf die
allgemeinen Ansichten zu werden.

(Weitere Besprechung dieser Versammlung in nächster Nummer.)

593

HINWEISE DES HERAUSGEBERS



dieser Ausgabe

Die Aufsätze dieses Bandes gehören in die Zeit vor Rudolf Steiners öffentli-


chem Eintreten für die Anthroposophie. Ein Großteil der Beiträge erschien
im «Magazin für Literatur», dessen Herausgeber und verantwortlicher
Redakteur er von 1897-1900 war. Aber schon vor der Übernahme dieser
bekannten Literaturzeitschrift war er schriftstellerisch tätig. In seiner Wie-
ner Zeit war er neben seiner Tätigkeit als Privaterzieher (l 884-1890) kurze
Zeit auch Redakteur der die deutschen Interessen in Österreich vertreten-
den «Deutschen Wochenschrift», in der er unter anderem während eines
halben Jahres unter der Rubrik «Die Woche» die politische Berichterstat-
tung übernahm. Nachdem er schon seit l882 an einer Ausgabe von Goethes
Naturwissenschaftlichen Schriften gearbeitet hatte, wurde er 1886 als Mit-
arbeiter der Weimarer Sophien-Ausgabe von Goethes Werken berufen.
Hiermit war auch eine intensive Arbeit im Goethe- und Schiller-Archiv
verbunden, weshalb Rudolf Steiner 1890 nach Weimar übersiedelte. Aus
seiner langjährigen Beschäftigung mit Goethe und seinem Werk ist eine
Vielzahl von Artikeln und Aufsätzen hervorgegangen (Siehe v. a. S. 69 ff.,
227 ff., 265 ff., 302 ff., 320 ff. und 482 ff.). In die Weimarer Zeit fallen auch
Rudolf Steiners Doktor-Dissertation «Wahrheit und Wissenschaft. Vor-
spiel einer
philosophischen Hauptwerkes «Die Philosophie der Freiheit» (1894), fer-
ner des Buches «Friedrich Nietzsche, ein Kämpfer gegen seine Zeit» (l 895)
und, gleichsam als Abschluß seiner Weimarer Tätigkeit, die Veröffentli-
chung von «Goethes Weltanschauung» (1897). Darauf übernahm er in
Berlin das «Magazin für Literatur» und prägte diese Zeitschrift schnell
und nachhaltig mit seinen Beiträgen.

In der Zeit um 1888 beschäftigte sich Rudolf Steiner eingehend mit


der Ästhetik in der Philosophie, woraus u.a. der Vortrag «Goethe als
Vater einer neuen Ästhetik» resultierte, den er am 9. November 1888 im
Wiener Goethe-Verein gehalten hat (Siehe S. 23 ff., 257 ff.; vgl. auch S.
86 ff. und 201 ff.). In «Mein Lebensgang» (1923-25), Kap. VIII, sagt er
über diese Studien: «Von den Wegen, die ich ging,... war einer das Nach-
sinnen über die Irrtümer der bloß idealistischen Philosophie auf ästheti-
schem Gebiete. Hegel und die, die ähnlich wie er dachten, fanden den
Inhalt der Kunst in dem sinnlichen Erscheinen der . Wenn die

595


im sinnlichen Stoffe erscheint, so offenbart sie sich als das Schöne. Dies
war ihre Ansicht. Aber die auf diesen Idealismus folgende Zeit wollte ein
Wesenhaftes der nicht mehr anerkennen. Weil die Idee der idealisti-
schen Weltanschauung, so wie sie im Bewußtsein der Idealisten lebte, nicht
auf eine Geistweit hinwies, konnte sie sich bei den Nachfolgern nicht als
etwas behaupten, das Wirklichkeitswert hatte. Und so entstand die sche> Ästhetik, die nicht auf das Scheinen der Idee im sinnlichen Bilde
beim Kunstwerk hinsah, sondern nur auf das sinnliche Bild, das aus den
Bedürfnissen der Menschennatur heraus im Kunstwerk eine unwirkliche
Form annimmt.»

Daneben setzte sich Rudolf Steiner sehr ausführlich mit der Naturwis-


senschaft auseinander (neben Goethe mit Darwin, Haeckel u.a.), und es
war ihm damals schon ein großes Anliegen, diese mit seinen Anschauungen
über die geistige Welt zu durchdringen, womit er bereits in den achtziger
Jahren auf die kommende Anthroposophie hinwies (Siehe den Vortrag S.
17 ff. in diesem Band). Über seine Einleitungen zu Goethes Naturwissen-
schaftlichen Schriften etwa schreibt er in den «documents de Barr» (Auf-
zeichnungen Rudolf Steiners für Edouard Schure vom September 1907):
«Wer diese Einführungen liest, wird darin schon die theosophischen Ideen
in dem Gewände eines philosophischen Idealismus finden können» (in:
«Briefwechsel und Dokumente 1901-1925», GA 262, 1967, S. 9.)

Den Schwerpunkt dieses Bandes bilden die Aufsätze zur Philosophie


und über Goethe als Naturwissenschaftler und Philosoph. Daneben enthält
der Band eine Vielzahl von Rezensionen und Würdigungen von Persön-
lichkeiten, die Rudolf Steiner etwas bedeutet haben (siehe u. a. zu Herman
Grimm S. 365 ff., 469 ff., zu Ludwig Büchner S. 383 ff., Johannes Volkelt
S. 246 ff., zu Hermann Helmholtz S. 340 ff., Franz Brentano S. 526 ff).
Weiter finden sich kürzere Abhandlungen zu Themen, die in der Öffent-
lichkeit von Interesse waren, wie zum Beispiel die Frage des Hypnotismus
(S. 333 ff., vgl. auch S. 502 f. und S. 531 f.) oder zur Psychologie (S. 462 ff.).
Diese kurzen Artikel sind größtenteils in den Zeitschriften «Magazin für
Literatur» und «Literarischer Merkur» erschienen.

Die dritte Auflage (1989) dieses Bandes ist textidentisch mit der zweiten
Auflage. Die Durchsicht ergab lediglich einige geringfügige Korrekturen
(Druckfehler und behutsame Angleichung der Rechtschreibung und Inter-
punktion). Die «Hinweise zum Text» wurden erweitert und das Namenre-
gister ergänzt. Neu hinzugekommen sind der «Anhang» sowie der Text
«Zu dieser Ausgabe».

Susi Lötscher

596


Hinweise zum Text

Werke Rudolf Steiners, die innerhalb der Gesamtausgabe (GA) erschienen sind,
werden in den «Hinweisen» mit der Bibliographie-Nummer angegeben. Siehe auch
das Namenregister (unter Rudolf Steiner) und die Übersicht am Schluß des Bandes.

  1. Aus einem ... Vortrag: Der Titel des Vertrages lautete: «Die Wahrheit über
    die Anthroposophie und deren Verteidigung wider die Unwahrheit». Bisher
    einzige Veröffentlichung in «Die Hetze gegen das Goetheanum», Dornach
    1920. Geplant in GA 255.

  2. Rede ... drucken lassen: Siehe Hinweis zu S. 154, Nr. 7.
    eine Rede: Siehe den Aufsatz auf S. 47.

  3. historisch der Reihe nach: Die beabsichtigte Veröffentlichung ist seinerzeit
    unterblieben. 1938 begann die Herausgabe dieser Aufsätze als «Rudolf Stei-
    ner - Veröffentlichungen aus dem literarischen Frühwerk». Innerhalb der
    Gesamtausgabe erschienen als «Gesammelte Aufsätze» in vier Bänden, GA
    29-31.

Das betreffende Thema: Siehe den Aufsatz «Eine «Gesellschaft für ethische
Kultur>», in: «Gesammelte Aufsätze zur Kultur- und Zeitgeschichte, 1887-
1901», GA 31. (Erstveröffentlichung in «Die Zukunft», Berlin, 1. Band, Nr.
5; 29. Oktober 1892.)

in meinen * Welt- und Lebensanschauungen im neunzehnten Jahrhundert»
steht...: Erste Ausgabe unter dem Titel «Welt- und Lebensanschauungen
im neunzehnten Jahrhundert», Band l, Berlin 1900, Band 2, Berlin 1901; in:
«Am Ende des Jahrhunderts. Rückschau auf hundert Jahre geistiger Entwik-
kelung», Band 14 und 19, Berlin 1900/1901. Einzelausgaben Band l, Berlin
1900; 1901. Band 2, Berlin 1901. In einem Band 1900/1901, Berlin o.J. (1903).
1914 erweiterte Ausgabe unter dem Titel «Die Rätsel der Philosophie in
ihrer Geschichte als Umriß dargestellt», GA 18.

20 bis zu der kleinen Schrift: Abgedruckt auf S. 152.



in meine Goetheschriften:

  1. «Goethes Naturwissenschaftliche Schriften. Sämtliche Einleitungen zu
    Goethes Naturwissenschaftlichen Schriften in «Kürschners Deutsche Natio-
    nal-Litteratur>» (1883-1897), GA 1.

  2. «Goethes Naturwissenschaftliche Schriften. Mit Einleitungen, Fußnoten
    und Erläuterungen im Text, herausgegeben von Rudolf Steiner». Photome-
    chanischer Nachdruck nach der Erstauflage in «Kürschners Deutsche Natio-

597

nal-Litteratur»: Goethes Werke, Bd. 33-36. 1.2. (1884-1897), 5 Bände,

Dornach 1975, GA la-e.

3. «Grundlinien einer Erkenntnistheorie der Goetheschen Weltanschauung,

mit besonderer Rücksicht auf Schiller. Zugleich eine Zugabe zu Goethes

Naturwissenschaftlichen Schriften* in Kürschners

teratur>» (1886), GA 2.

(Vgl. hierzu auch den Hinweis zu S. 512.)

20 in der Schrift: «Goethes Weltanschauung» (1897), GA 6.

in der fast gleichzeitig geschriebenen Schrift: «Die Mystik im Auf gange des
neuzeitlichen Geisteslebens und ihr Verhältnis zur modernen Weltanschau-
ung» (1901), GA 7.

23 Dieser Vortrag: Autoreferat des Vortrages «Goethe als Vater einer neuen


Ästhetik. Vortrag, gehalten im Wiener Goetheverein am 9. November 1888»,
(Erstdruck in der Monatsschrift «Deutsche Worte», 9. Jg., Heft 4, Wien
1889, S. 160ff.). Bei der Aufnahme des Autoreferats in die Gesamtausgabe
wurden die Einleitung «Zur zweiten Auflage» und «Einige Bemerkungen»
Rudolf Steiners (ebenfalls für die 2. Auflage) hinzugefügt. Der Aufsatz ist
in dieser Form auch als Einzelausgabe erschienen. Siehe auch den Hinweis
zu S. 257 und vgl. Rudolf Steiner in «Mein Lebensgang» (1923-25), GA 28,
Kap. VIII.

anthroposophisch, Anthroposophie: In der 2., 3. und 4. Aufl. noch: theoso-
phisch, Theosophie. Für die 5. Aufl. (Berlin 1921) hat Rudolf Steiner selbst
die Änderung in anthroposophisch, Anthroposophie vorgenommen.

  1. «Wär' nicht das Auge sonnenhafi...»: «Zur Farbenlehre: Einleitung», in:
    «Goethes Naturwissenschaftliche Schriften», (siehe Hinweis zu S. 20, Nr.
    2), Bd. 3, GA Ic, S. 88. (In abweichender Form kommt der Spruch bei
    Goethe auch in «Zahme Xenien» III, vor.)

  2. eine der jüngsten ... Wissenschaften ... die Ästhetik: Siehe dazu die Bemer-
    kung Rudolf Steiners zur zweiten Auflage (1909) am Schluß des Aufsatzes,
    S. 45.

Alexander Gottlieb Baumgarten: Sein in lateinischer Sprache abgefaßtes
Hauptwerk «Aesthetica» (2 Bde. 1750/1758) begründete die Ästhetik als
philosophische Disziplin im engeren Sinne und führte den Terminus «Ästhe-
tik» überhaupt erst ein.

Winckelmann: Johann Joachim Winckelmann: «Gedancken über die Nach-
ahmung der griechischen Wercke in der Mahlerey und Bildhauerkunst»
(1755) und «Geschichte der Kunst des Alterthums» (1764).

598


26 Lessing: Gotthold Ephraim Lessing: «Laokoon: oder über die Grenzen der
Mahlerey und Poesie. Mit beyläufigen Erläuterungen verschiedener Punkte
der alten Kunstgeschichte» (1766).

  1. so findet diese Weltanschauung: Siehe dazu die Bemerkung Rudolf Steiners
    zur zweiten Aufl. (1909) am Schluß dieses Aufsatzes, S. 46.

  2. der Theologie die Schleppe nachtrug: Ein Ausspruch Kants, siehe dessen
    «Der Streit der Fakultäten in drei Abschnitten», 1798. - Immanuel Kant,
    sämtl. Werke 1868, Bd. 7, Teil l, 2. Abschnitt, S. 344.

Pluto erklärte ja ...: Siehe Hinweis zu S. 259.

30 ff. Zu diesen Seiten vgl. den Hinweis zu S. 207 (Moral und Christentum).

30 «Natur!...»: «Die Natur, Aphoristisch», in: «Goethes Naturwissenschaftli-
che Schriften» (siehe Hinweis zu S. 20, Nr. 2), Bd. 2, GA Ib, S. 5f.

im Buche über Winckelmann: Goethe: «Winckelmann: Antikes».
hei vielen Menschen findet: Goethe: «Winckelmann: Eintritt».

Urpflanze, Urtier: Siehe Rudolf Steiners Aufsätze S. 69 ff. und 265 ff. in
diesem Band. Ferner seine Einleitung zu Goethes Naturwissenschaftlichen
Schriften (siehe Hinweis zu S. 20, Nr. 2), Bd. l, GA l a: «Die Entstehung
der Metamorphosenlehre», S. XX ff. und «Die Entstehung von Goethes
Gedanken über die Bildung der Tiere», S. XXXIV ff. - Goethes Aussagen
über die Urpflanze sind sehr zerstreut, z. T. in diversen Briefen (daher vgl.
die angegebenen Stellen bei Steiner). Über das Urtier schreibt Goethe in
«Zur Morphologie: Der Inhalt bevorwortet» und in «Vorträge über verglei-
chende Anatomie: Über einen aufzustellenden Typus», im oben genannten
1. Bd., S. 15 f. bzw. 331 ff.

31 »Anschauende Urteilskraft»: In: «Goethes Naturwissenschaftliche Schriften»


(siehe Hinweis zu S. 20, Nr. 2), Bd. l, GA la, S. 115f. (Zitat unten: S. 116).

klärte er Goethe auf: Brief Schillers an Goethe (23. August 1794).
33 in folgenden Worten: Goethe: «Winckelmann: Schönheit».

Goethe sogleich sympathisch berührten: Vgl. Goethe: «Einwirkung der neue-
ren Philosophie», in: «Goethes Naturwissenschaftliche Schriften», (siehe
Hinweis zu S. 20, Nr. 2), Bd. 2, GA Ib, S. 28: «Nun aber kam die Kritik
der Urteilskraft mir zu Händen und dieser bin ich eine höchst frohe Lebens-
epoche schuldig. Hier sah ich meine disparatesten Beschäftigungen neben
einander gestellt, Kunst- und Natur-Erzeugnisse eins behandelt wie das
andere. Ästhetische und ideologische Urteilskraft erleuchteten sich wechsel-

599


weise.» Siehe auch Goethes Brief an Johann Friedrich Reichardt vom 25.
Oktober 1790: «Kants Buch hat mich sehr gefreut und mich zu seinen
früheren Sachen gelockt. Der teleologische Teil hat mich fast noch mehr als
der ästhetische interessiert.»

34 ausgesprochenen Überzeugung: «Ästhetik oder Wissenschaft des Schönen.


Zum Gebrauche von Vorlesungen», Reutlingen und Leipzig 1846, 1. Teil:
«Die Metaphysik des Schönen», Einleitung, § 8, S. 41 wörtlich: «... die
Ästhetik, wie sie jetzt eine fertige Welt abschließt, muß nur den Ausblick
in diese Zukunft der Kunst sowohl als ihrer Wissenschaft, wie oben schon
bemerkt wurde, offen halten und dies wird einst ihre Probe sein.»

seine fünfbändige Ästhetik: Siehe oben.

Schiller: «Über die ästhetische Erziehung des Menschen, in einer Reihe von
Briefen» (1795-96). Wie Schiller dabei Goethe verpflichtet ist, zeigt sein
Bekenntnis gegenüber demselben: «Sie werden in diesen Briefen Ihr Porträt
finden, worunter ich gern Ihren Namen geschrieben hätte, wenn ich es nicht
haßte, dem Gefühl denkender Leser vorzugreifen. Keiner, dessen Urteil für
Sie Wert haben kann, wird es verkennen, denn ich weiß, daß ich es gut
gefaßt und treffend genug gezeichnet habe.» (Schiller an Goethe, 20. Oktober
1794). Vgl. dazu Rudolf Steiner: «Goethe-Studien. Moral und Christentum»
(1900). Im vorliegenden Band S. 217-219, und «Die Rätsel der Philosophie
in ihrer Geschichte als Umriß dargestellt» (1914), GA 18, S. 188-200.

35 Deshalb nennt Kant: «Kritik der Urteilskraft» (1788), Leipzig 1867, 1. Teil,



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