ein Analgetikum ein. Ebenfalls war auffallend, dass Assistenzärzte deutlich seltener
intubierten als Fachärzte und bei der geringeren Anzahl von Intubationen deutlich
seltener ein Analgetikum verwendeten. Anästhesisten hingegen setzten in nur 20 % der
Fälle nach einer Intubation kein Schmerzmittel ein.
Gerade bei der Gruppe der intubierten Patienten, also Patienten mit einem NACA-Score
von 3 bis 6, besteht die Notwendigkeit großzügig ein Analgetikum einzusetzen (Capuzzo
et al., 2001; Kiviniemi, 1997; Ostermann et al., 1998).
Die Angst vor einer Ateminsuffizienz ist dabei unbegründet, da der Patient ohnehin
intubiert ist. Betrachtet man die Kreislaufverträglichkeit von Fentanyl, so ergeben sich
auch diesbezüglich keine negativen Auswirkungen auf die Kreislaufsituation. Im
Gegenteil: durch eine adäquate Anästhesie kann der kardiale Sauerstoffbedarf deutlich
reduziert werden. Als weiteres potentes Analgetikum und Hypnotikum steht bei
druckinstabilen Patienten zudem Ketamin zur Verfügung, so dass auch hier, bei
ausreichenden Kenntnissen des Pharmakons, keine Befürchtungen seitens des
Notarztes bestehen dürften, ein Analgetikum auch einzusetzen.
Es ist nicht zuletzt eine ethische Frage, eine Narkose auch bei einem reanimierten
Patienten lege artis durchzuführen unter Verwendung von einem Schmerzmittel in
Kombination mit einem Hypnotikum. Ein Patient sollte möglichst schmerzfrei und ohne
weiteren Schaden zu nehmen durch den begleitenden Notarzt transportiert werden.
Auch wenn die Situation für den Patienten noch so aussichtslos erscheint (Adams et al.,
1999; Bouillon et al., 1994), so sollte gerade in dieser Situation darauf geachtet werden,
dass der Patienten unter den gegeben Umständen wenigstens schmerzfrei ist.
4.3.3 Kreislaufverhältnisse
Neben dem Glasgow-Coma-Score wurde die Kreislaufsituation im weiteren untersucht.
Dabei wurde der Schockindex nach Allgöwer zu Grunde gelegt, weil er eine einfache
Methode für den Notarzt darstellt, insbesondere einen Volumenmangel relativ schnell
abschätzen zu können (Gross et al., 1994, Herold, 1997).
Es handelt sich dabei um den Quotienten aus Herzfrequenz und systolischem
Blutdruck. Bei der Untersuchung stellte sich heraus, dass es in der Tat eine deutliche
Abhängigkeit von der Kreislaufsituation in Bezug auf die Dosierung von Schmerzmittel
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gibt. Dies kann methodisch bedingt sein: bei der Erhebung der Daten wurde nicht
ausdrücklich unterschieden, ob es sich um einen internistischen oder traumatologischen
Einsatz durch den Notarzt handelte. Auf der anderen Seite wurde auch bei internistisch
erkrankten Patienten Schmerzmittel verabreicht, so dass eine strikte Trennung nicht
zwangsläufig sich als Notwendigkeit ergab.
Hinsichtlich der Dosierung von Analgetika kann man davon ausgehen, dass das
Hinzuziehen des Schockindexes ein wesentlicher Faktor für den Notarzt war, ein
Analgetikum zu verabreichen oder nicht, beziehungsweise ein Analgetikum höher oder
niedriger zu dosieren. Dabei war es auffällig, dass gerade in der Gruppe der Patienten,
die starke Schmerzen angaben Schmerzmittel auf Grund einer schlechten
Kreislaufsituation weniger verabreicht wurde, als bei den übrigen Patienten. Ein
Kreislauf, der auf Grund der pathophysiologischen Abläufe bei starken Stresssituationen
in einem Circulus vitiosus enden könnte (Adams et al., 1999; Zenz et al., 1993). Auch
hier zeigt sich deutlich, dass es zu einer sehr vorsichtigen Dosierung bei
kreislaufinstabilen Patienten kommt, aus Angst, die kreislaufdepressive Wirkung von
Analgetika könnte die Situation noch verschlimmern.
4.3.4 NACA-Score
In einer weiteren Untersuchung wurde bei der vorliegenden Arbeit berücksichtigt,
inwieweit die Dosierung von Schmerzmitteln von der Schwere der Erkrankung abhängig
ist. Um die Schwere einer Erkrankung festzustellen wurde der NACA-Score zu Grunde
gelegt. Der NACA-Score wird im Notarztprotokoll durch den Notarzt festgelegt.
Bei der näheren Betrachtung der Daten fällt auf, dass es zu einer recht inhomogenen
Einordnung der Patienten durch den Notarzt in den NACA-Score gekommen ist.
Insofern ist auch zu erklären, dass die Gruppe der Ärzte ohne nähere
Gebietsbezeichnung wesentlich mehr Patienten der Gruppe mit NACA III zuordneten als
andere Notärzte, die Neurologen hingegen ordneten mehr Patienten der NACA IV zu.
Die Gruppe der Ärzte ohne Gebietsbezeichnung behandelte keinen einzigen Patienten
mit NACA V, obwohl man unter Berücksichtigung des statistischen Mittels etwa 7 - 8
Einsätze mit NACA V Patienten hätte erwarten können.
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Aus der Datenlage geht hervor, dass die Anästhesisten schwererkrankte Patienten
höher mit Schmerzmittel behandelten als die anderen Notärzte. Auch hier geht der
Trend wieder dahin, dass Notärzte, die weniger Erfahrung im Umgang mit Analgetika
haben, diese zurückhaltender bei Patienten mit starken Schmerzen adäquat einsetzten.
Ein Weg aus diesem Dilemma wäre zum Beispiel der Einsatz einer
patientenkontrollierten Analgesie (PCA) durch schnellwirksame Medikamente, um die
Patientensicherheit zu erhöhen und die Qualität der Schmerzmittelversorgung zu
verbessern (Hoffmann-Kiefer et al., 1998). Risiken seitens des Patienten bestehen
trotzdem, insbesondere durch Volumenverteilungsprobleme in einer
Volumenmangelsituation, jedoch ist dieser Weg der Analgesie alles in allem eine sehr
sichere Form (Brune et al., 2001).
Standarddosierungen, wie sie zum Beispiel in “einer halben Ampulle Dipi (-dolor)“
bestehen, erhöhen nicht wesentlich die Patientensicherheit, verhindern aber eine
optimale patientenorientierte Therapie. Schnellwirksamen Analgetika können dabei mit
einem Nichtopioidanalgetikum kombiniert werden, um so Synergieeffekte zu nutzen
(Hoffmann-Kiefer et al., 1998; Silfvast et al., 2001).
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