Zur Sprachgeschichte des Mittelhochdeutschen Zur Periodisierung des mhd 2


Lautwechselerscheinungen in den Ablautreihen



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2.1.3.4. Lautwechselerscheinungen in den Ablautreihen

a) Konsonantenwechsel - der „Grammatische Wechsel“

Als „Grammatischen Wechsel“ (GW) bezeichnet man im Mhd. die Alternanzen

h - g, d - t, f/v - b, s - r

z. B.: mhd.: ch - zugen, snîde - sniten, dürfen - darben, kôs - kurn,

nhd.: ziehen - gezogen, schneiden - geschnitten, dürfen - darben, kiesen - erkoren,

in Wörtern oder Wortformen gleichen Stammes.

Dieser Wechsel ist im Mhd. vielfach schon ausgeglichen, noch mehr im Nhd. Er zeigt sich bei wurzelverwandten Wörtern, bes. aber bei den verschiedenen Tempusformen der starken Verben. Der GW hat sprachhistorische Gründe und fußt in den idg. Akzentverhältnissen. Im Germ. ergibt sich aufgrund des Vernerschen Gesetzes ein synchronischer Wechsel zwischen stimmlosen und stimmhaften Reibelauten innerhalb von Wörtern oder Wortformen gleichen Stammes. Diesen germ. Alternanzen entsprechen infolge der lautlichen Entwicklung im Mhd. folgende Alternanzen:


germ.

X - g

Þ - d

f - b

s - z

mhd.

h - g

d - t

f/v - b

s - r

Der im Idg. freie Wortakzent wechselte auch innerhalb der Flexionsformen. Die Wirkung des (akzentabhängigen) Vernerschen Gesetzes (VG) betrifft daher nur einen Teil der Flexionsformen, nämlich jene mit Endsilbenakzent:

Präsens und Präteritum Singular hatten Wurzelbetonung - der Akzent lag daher vor dem stl. Reibelaut und dieser blieb erhalten;

Präteritum Plural und Partizip Flexionssilbenbetonung - mit Akzent auf der Folgesilbe, wodurch der vorausliegende stl. Reibelaut zum sth. Reibelaut erweicht wurde.

Daher wechseln innerhalb ein und desselben Paradigmas bzw. der Wortfamilie die Konsonanten = grammatischer Wechsel:

idg. Stammsilbenakzent im Präsens und im Präteritum Singular

(= Stammformen 1 + 2 d. st.V.):



  • Präsens + Prät. Sg. = ohne VGmhd.: h, d, f, s

idg. Endungsakzent im Plural des Präteritums und im Partizipium Präteritum

(= Stammformen 3 + 4 d. st. V.):



  • Prät. Pl. + Part. Prät. = mit VGmhd.: g, t, b, r

In Wörtern und Wortformen des gleichen Stammes ergibt sich daher mhd. und z. T. noch nhd. der Wechsel zwischen folgenden Konsonanten:

h : g

ziehen - zugen (nhd. zogen) - gezogen, dazu zuc, zuges (‘Zug’); slahen - sluogen - geslagen; swëher ‘Schwiegervater’ - swâger

d : t

snîden - sniten - gesniten; mîden - miten - gemiten; sëdel ‘Sitz’ - satel

f : b

Hefe - heben, dürfen - darben, verderben;

(häufig mhd. auch Doppelformen: wërven – wërben, heven - heben)



s : r (

kiesen - kurn - gekorn, dazu kür (‘Kür’) und kosten; verliesen - verlurn - verloren, dazu verlust; sen - wâren – gewësen (im Part. Prät. ist hier Ausgleich erfolgt).

  • Mhd. > Nhd.:

In der Konjugation der starken Verben ist der GW z. T. bis heute erkennbar, trotz Ausgleich und Analogiebildungen im Nhd.:

ohne VG mhd. ziehen - ch nhd. ziehen - zog (Ausgleich vom Pl. her)

mit VG mhd. zugen - gezogen nhd. zogen - gezogen

Auch nhd. z. T. noch innerhalb von Wortfamilien: Hefe - heben; gedeihen - gediegen


b) Vokalwechselerscheinungen innerhalb der Ablautreihen

Abgesehen vom regelmäßigen Vokalwechsel zwischen Präsens und Präteritum aufgrund des Ablauts (nhd. reiten - ritt) gibt es auch innerhalb der Präsens- bzw. Präteritalformen Vokalwechselerscheinungen, sprachhistorisch bedingt durch die lautliche Umgebung. Wechsel der Stammvokale tritt ein:

In den Präsensformen:



  • Sg. Ind. der Klassen II, IIIb, IV, V

  • in der 2. 3. Sg. Präs. Ind. der Klassen VI und z. T. VII.

In den Präteritalformen: (2.P.Sg. Ind. richtet sich nach der 3. Stammform = Stammform des Pl. Prät. + Konj. Prät., + Umlaut: ich/er bant [= 1.+3.P.Sg.] - wir bunden [= Pl.], du bünde = 2.P.Sg.Ind., ich bünde etc. = Konj.)

  • in der 2. Pers. Sg. Ind. Prät. der Klassen II-VI

  • im Konj. Prät. der Klassen II-VI

Übersicht über Vokalwechsel innerhalb der Ablautreihen




Präsens

Präteritum




Sg.Präs.Ind. + Imp.

Konj. Prät.

2. Pers. Sg. Ind. Prät.

I

-

-

-

-

IIa+b

/ie/ - /iu/

giezen – giuze

bieten – biute

/u/ - /ü/

(guzzen ‘sie gossen’)

du güzze ‘du gossest’

ich güzze ‘ich gösse’

IIIa







/u/ - /ü/

(sungen ‘sie sangen’)

du sünge ‘du sangst’

ich sünge ‘ich sänge’

IIIb

/ë/ - /i/

hëlfenhilfe

/u/ - /ü/

(wir hulfen -’wir halfen’)

du hülfe ‘du halfst’

IV

/ë/ - /i/

nëmen – nime

stëln - stil

/a/- /ae/

(wir nâmen - ‘wir nahmen’)

du naeme -’du nahmst’

du staele - ‘du stahlst’

V

/ë/ - /i/

gëben - gibe

/a/- /ae/

(wir gâben - ‘wir gaben’)

du gaebe ‘du gabst’

ich gaebe ‘ich gäbe’

VI

/a/ - /e/

(nur 2.+3.Sg. Ind. Präs.!)



du verst, er vert zu varn

/uo/ - /üe/

(wir gruoben - ‘wir gruben’)

du grüebe - ‘du grubst’

VII

2.+3.Sg. Ind. Präs. Wechsel möglich zwischen:

/a/ - /e/

/â/ - /ae/

/ô/ - /œ/

/ou/ - /öu/

du raetest,er raetet/raet;

du stœzest, er stœzet






Sprachhistorisch sind diese Vokalwechselerscheinungen zu differenzieren in Umlaut und Wechsel bzw. Brechung des Wurzelvokals (vor /i, î, j/, vor /u/, vor /ë, a o ê/der Folgesilbe):



a) Umlaut des Wurzelvokals

Alternanzen: a, â, o, ô, u, û // e, ä, ae, ö, œ, ü, iu

Umlaut, d. h. Palatalisierung velarer Vokale a, o, u vor /i, î, j/ der Folgesilbe betrifft nur die Formen, die einen umlautfähigen Wurzelvokal haben und zugleich im Ahd. eine i-haltige Endung aufweisen: Umlaut findet sich daher

  • im gesamten Konj. Prät.

  • in der 2. Pers. Sg. Ind. Prät. der Klassen II-VI

  • in der 2. 3. Sg. Präs. Ind. der Klassen VI und z. T. VII.

(Dazu kommen Ausnahmen in anderen Klassen).
b) Wechsel / Brechung des Wurzelvokals

Die Alternanzen /i/ - /ë/ sowie /iu/ - /ie/ ergeben sich aus den Folgevokalen, die im Ahd. noch vorliegen, im Mhd. aber abgeschwächt sind: Vor /u/ und /i, î, j/ erscheint /i/ bzw. /iu/ (z. B.: ich gibe < ahd. gibu), vor /ë, a, o, ê/ erscheint /ë/ bzw. /ie/ (z. B.: si gëbent < ahd. gëbant).






Mhd. Wurzelvokale

Ahd. Vokale der Folgesilbe

Sg. Präs. Ind.

/i/ bzw. /iu/

/u/, /i/

Pl.Präs.Ind., Imp.Pl., Konj.Präs., Inf.,

Part.Präs., Gerundium



/ë/ bzw. /ie/

/ë, a, o, ê/


Starke Verben mit

  • Infinitiv-Wurzelvokal /ë/ oder /ie/ (z. B. nëmen, gëben, hëlfen; bieten, giezen)

wechseln also im

  • Sg. Ind. Präs. und im Sg. Imp. zu /i/ bzw. /iu/

(z.B. ich nime, du nimest, er nimet, nim; ich giuze):




Ind. Präs.

Imperativ




mhd.

ahd.

mhd.

ahd.

Sg. 1.

giuz-e

giuz-u







2.

giuz-e-st

giuz-i-s(t)

giuz

giuz

3.

giuz-e-t

giuz-i-t







Pl. 1.

giez-e-n

gioz-ê-m, -ê-n (-amês)

giez-e-n

gioz-ê-m, -ê-n (-amês)

2.

giez-e-t

gioz-e-t

giez-e-t

gioz-e-t

3.

giez-e-nt

gioz-a-nt










Wechsel

Verbklasse

Beispiele

Nhd.

/ie/ - /iu/

II

giezen – giuze

bieten - biute

/ie/ in allen Formen des Präs. u. Imp. (aber vgl. noch Formen wie: kreucht, fleucht  mhd. iu > nhd. eu)

/ë/ - /i/

IIIb

hëlfen - hilfe

(nicht für IIIa: binden, finden)



/e/ des Infinitivs steht im Pl. Präs.; /i/ im Sg. Präs. (hilfe, hilfst, hilft)




IV

nëmen - nime

und im Sg. Imp. (hilf).




V

gëben - gibe






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