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IV Diskussion
Zentrales Ergebnis der vorliegenden Studie ist, dass der vasodilatatorische Effekt der
Aminsäure L-Arginin durch Insulin verstärkt wird. Insulin verursachte eine signifikante
Linksverschiebung
in der regionalen hämodynamischen Dosis-Wirkkurve von
L-Arginin
(Studie 2, dieser vasodilatatorische Effekt ist stereospezifisch).
Es sind eine Zahl verschiedener Instrumente verfügbar, um die endotheliale Funktion
im Zusammenhang mit NO zu untersuchen: muskarinerge Agonisten wie Acetylcholin
und Metacholinchlorid bewirken eine Endothel-abhängige Vasodilatation, die primär auf
die gesteigerte NO-Freisetzung zurückzuführen ist; NO-Donatoren wie Nitroprussid-
Natrium können direkt auf die Gefäßmuskelzellen unter Umgehung des Endothels
wirken, während Arginin-Analoga wie L-NMMA benutzt werden können, um zu testen,
ob eine Vasodilatation NO-abhängig ist. Darüber hinaus beobachtet man, dass
systemische L-Arginin-Verabreichungen bei normalen Probanden zur Erhöhung der
Urinausscheidung von cGMP und NO
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-
führen (welches das stabile metabolische
Endprodukt des NO-Metabolismus darstellt) (Bode-Boger et al., 1994), sowie zu einer
Erhöhung des plamatischen cGMP-Spiegels (Smulders et al., 1994) und des
abgeatmeten NO (Kharitonov et al., 1995). Es liegt die Vermutung nahe, dass die
Menge an L-Arginin für die NOS Dosis-limitierend sein muss und stereospezifisches
Edukt ist für die endogene NO-Produktion. Mehta et al. zeigten, dass eine direkte
Korrelation zwischen der hämodynamischen Antwort auf infundiertes L-Arginin und dem
Anstieg der abgeatmeten NO-Konzentration besteht. Des weiteren beschrieben sie
einen Anstieg des L-Citrullins im Plasma, das ein direktes Abbauprodukt von L-Arginin
darstellt. Sie folgerten, dass zumindest ein Teil des NO-Anstiegs in der Atemluft durch
den NO-Mebatolismus mediiert sein müsse (Mehta et al., 1996). Die Produktion von L-
Citrullin aus exogen zugeführtem L-Arginin, CO-Produkt im NOS Metabolismus von L-
Arginin zu NO, wird als Hilfsmarker der NOS-Aktivität angesehen und dient als
indirekter Beweis für eine Beteiligung des NO-Systems und L-Arginins an
Veränderungen der Hämodynamik (Mehta et al., 1995; Palmer et al., 1989). Darüber
hinaus legt es nahe, dass die hypotensiven Blutdruckregulationen, assoziiert mit L-
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Arginin-Infusionen, verursacht werden durch die steigende Produktion von NO im
Gefäßbett. Dennoch ist die Quelle des NO’s in der Ausatemluft wahrscheinlich nicht-
vaskulären Ursprungs. Dies wird gestützt durch die Tatsache, dass Gaben von NO-
Donoren nicht die Konzentration im Exhalat beeinflussen (Dirnberger et al., 1998).
Vielmehr scheint ein signifikanter Anteil von den oberen Luftwegen herzurühren
(Lundberg et al., 1994). Folglich beweisen ansteigende Konzentrationen NOs in der
Ausatemluft nicht direkt, dass der vasodilatatorische Effekt bei Verabreichung von L-
Arginin durch Endothel-abgeleitetes NO induziert wird, sondern führen eher zur
Annahme, dass es auf eine gesteigerte NO-Produktion in den oberen Luftwegen
zurückzuführen ist.
Einige Forscher kamen zur Hypothese, dass die ecNOS substratlimitierend sei.
MacAllister et al. (MacAllister, 1995) konnten in ihren Versuchen keine derartige
Limitierung nachweisen, da biochemische Überlegungen die Hypothese widerlegen: die
halbe Sättigungskonzentration von L-Arginin (Km) für isolierte NO-Synthethase-
Isoenzyme beträgt 1-3
µmol/l, die intrazelluläre Konzentration L-Arginins erreicht 1
mmol/l und die normale Plasmakonzentration etwa 100
µmol/l (Forstermann et al.,
1994). Obwohl MacAllister et al. in ihrer Studie die Blutkonzentration von 77
± 13 µmol/l
auf ca. 2 mmol/L anhoben, was etwas mehr als das 100fache der supraphysiologischen
Konzentration ist, verzeichneten sie keine Änderungen der Hämodynamik (MacAllister
et al., 1995). Wäre die L-Arginin-Dosis limitierend für die NO-Synthese, hätte es zu
Änderungen der hämodynamischen Parameter kommen müssen, besonders da eine
solch hohe Plasmakonzentration hätte ausreichen müssen, alle L-Arginin-bindenden
Rezeptoren aufzusättigen. Die gefasste Hypothese konnte daher nicht bestätigt
werden. Wie kommen nun diese Diskrepanzen zwischen einzelnen Forschergruppen
und Studien zustande? Während in manchen Studien schon bei niedrigen L-Arginin
Konzentrationen sich hämodynamische Effekte im Sinne einer Hypotension nachweisen
ließen, bewirkten in anderen selbst hohe Konzentration nichts. In der vorliegenden
Studie überprüften wir daher die Hypothese, dass die vasodilatatorischen Effekte des L-
Arginins an die Ausschüttung andere Hormone – besonders Insulin (Visek et al., 1986)
gekoppelt sein müsse. L-Arginin führt zur Ausschüttung von Insulin, das auf das
Endothels vasodilatatorisch wirkt (Steinberg et al., 1994). In wieweit diese
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Vasodilatation NO-vermittelt ist, ist noch unklar. Bekanntlich existieren starke
interindividuelle Unterschiede in der Insulin-Ausschüttung als hormonelle Antwort auf
eine L-Arginin Infusion (Baron et al., 1994; Fajans et al., 1967; Floyd et al., 1966). Es
lässt sich die Beteiligung des Insulins an der Vasodilatation erkennen und erklärt,
warum einmal niedrige Konzentrationen einer L-Arginin-Infusion vasodilatatorisch
wirken und einmal nicht.
D-Arginin führte weder zu einer Erhöhung des Insulin-Plasmaspiegels, noch hatte es
signifikante Einflüsse auf die Hämodynamik. Ähnliche Dosen des Enantiomers D-
Arginin, das nicht zur endogenen NO-Synthese herangezogen wird (Moncada et al.,
1993) und L-Lysin, welches das gleiche kationische Aminosäure-Transportsystem wie
L-Arginin benutzt (White et al., 1985), haben keinen Effekt auf Hyperglymämie-
induzierte vaskuläre Veränderungen. Die vorliegende Studie liefert folglich mehrere
Hinweise dafür, dass exogen zugeführtes L-Arginin in vivo die NO-Produktion erhöht.
Frühere Studien verglichen die vasoaktive Wirkung von D-Arginin und L-Arginin am
menschlichen Unterarm. Während direkte intraarterielle Infusionen von L-Arginin in
aufsteigender Dosis den Blutfluss im ipsilateralen Unterarm steigerten und den
Gefäßwiderstand erniedrigten, hatte im Gegensatz dazu das Stereoisomer D-Arginin
keinen Einfluss auf Blutfluss und vaskulären Widerstand (Imaizumi et al., 1992).
Ueda et al. konnten zeigen, dass in Anwesenheit von Insulin der vasodilatatorische
Effekt von L-Arginin deutlich ausgeprägter zu sein scheint als der des D-Arginins (Ueda
et al., 1998). Calver et al. infundierten ebenfalls L-Arginin in aufsteigender Dosis (2.1.
8.3, 33.6 mg/min) und kamen dabei zu einem anderen Ergebnis: die höchste Dosis von
L-Arginin und D-Arginin wirkte in beiden Fällen vasodilatatorisch am Unterarm
gesunder Probanden. Sie postulierten deshalb, dass die Auswirkung der
Argininverabreichung nicht begründet seien in der Aktivierung des L-Arginin/NO-
Stoffwechselwegs (Imaizumi et al., 1992). Auch McAllister et al. (MacAllister et al.,
1995) fanden heraus, dass hohe Dosen von L-Arginin wie auch D-Arginin, lokal in eine
Vene am Handrücken oder die V. brachialis infundiert, den venösen Blutfluss erhöhten.
Diese Entdeckungen unterscheiden sich von unseren und den Ergebnissen Imaizumi´s
et al. Die Ergebnisse McAllisters et al. könnten auch in Richtung eines noch nicht
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