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beschriebenen vasodilatatorischen Mechanismus des venösen Gefäßsystems
hinweisen.
Eine wichtige Erkenntnis war, dass L-Arginin, aber nicht D-Arginin, in der
vorliegenden Studie den Insulin-Plasmaspiegel signifikant zu erhöhen vermochte. Wir
stimmen hier mit früheren Studien überein, die zeigten, dass die Insulin-mediierte
Glukoseaufnahme bei gesunden Probanden während L-Arginin-Infusion
stereospezifisch ist (Paolisso et al., 1997), während das Enantiomer D-Arginin keinen
Effekt auf die systemischen, renalen oder okulären Hämodynamik ausübte. Dennoch ist
beschrieben, dass D-Arginin die basale Insulinausschüttung des Insulins in vitro zu
erhöhen vermag (Panagiotidis et al., 1995). Im direkten Vergleich ist jedoch in vivo L-
Arginin viel stärker an der Anhebung des endogenen Insulinspiegels beteiligt. Für D-
Arginin lässt sich kein signifikanter Anstiegt verzeichnen. Die Untersuchungsergebnisse
bleiben in diesem Punkt dennoch kontrovers – Akesson et al., 1996 fanden in ihrer
Tierstudie heraus, dass zum einen L-Arginin in vivo ein negativer Modulator der
Insulinausschüttung ist und zum anderen die Glukagonsekretion aus den Inselzellen
des Pankreas steigert. Bei Vorbehandlung mit dem NOS-Inhibitor L-NAME und
anschließender L-Arginin-Infusion verzeichneten sie daher auch eine gesteigerte
Insulinanwort in Kombination mit einer markanten Glukagon-Suppression und lang
dauerndem Abfall des Plasmaglukosespiegels bei den vorbehandelten Tieren. Hierbei
kamen sie zu dem Ergebnis, dass dieser potenzierende Effekt von L-NAME auf die L-
Arginin-vermittelte Insulinausschüttung hauptsächlich als Ergebnis der NOS-Blockade
zustande kommt. Trotzdem kamen sie bei in vitro Versuchen an isolierten Inselzellen zu
widersprüchlichen Resultaten: die Verabreichung L-Arginins führte zu einer
gesteigerten basalen Insulin- und Glukagonsekretion, wobei zusätzlich verabreichtes L-
NAME die L-Arginin-stimulierte Insulinfreisetzung potenzierte, aber die L-Arginin-
induzierte Glukagonsekretion (Akesson et al., 1996) unterdrückte.
Es gibt Hinweise dafür, dass ein Teil des vasodilatatorischen Effektes von L-Arginin
durch die Erhöhung des Insulin Plasmaspiegels vermittelt wird. Es scheint so, dass ein
Teil der Insulin-vermittelten Vasodilatation NO-abhängig ist. Steinberg et al. erkannten,
dass die Insulin-induzierte Vasodilatation von der Ausschüttung endothel-abhängigen
NO’s (EDNO) abhängt (Steinberg et al., 1993). Zu diesem Zweck infundierten sie an
der A. femoralis den NOS-inhibitor L-NMMA (N
G
-monomethyl-L-Arginin). Unter basalen
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Ruhebedingungen waren ~20% (~60 ml/min) der Beindurchblutung EDNO abhängig. Im
Gegensatz dazu waren bei euglykämischer Hyperinsulinämie ~40% (~ 213 ml / min)
des Blutflusses im Bein EDNO abhängig. Entscheidend war die Beobachtung, dass bei
Gabe von L-NMMA, diese Insulin-vermittelte Vasodilatation vollständig aufgehoben
wurde – ein starker Hinweis dafür, dass EDNO bei der Insulin-mediierrten
Vasodilatation eine große Rolle spielt (Baron et al., 1994). EDNO diffundiert in die
glatten Gefäßmuskelzellen und reduzierte den Ca
2+
-Influx (Ca
i
) durch Stimulation der
Guanylat-Cyclase, die zyklisches Guanosin 3’,5’-monophosphat produziert (Kahn et al.,
1993). EDNO scheint der prinzipielle vasodilatatorische Mechanismus in der Regulation
der glatten Muskulatur zu sein. Ob sich der Mechanismus synergistisch oder additiv
verhält, ist dahingestellt. Dennoch kann nicht ausgeschlossen werden, dass es weiter
Substanzen oder Mechanismen gibt, die in der Lage sind, den Calcium-Influx in die
glatten Gefäßmuskelzelle zu vermindern.
Um den Mechanismus weiter zu charakterisieren, der hinter den beschriebenen
Effekten von L-Arginin steckt, steigerten wir Insulin auf eine Dosis von 6 mU
⋅kg
-1
⋅min
-1
.
Unter dieser Dosierung konnten wir das Maximum der Insulin-vermittelten
hämodynamischen Aktion bewirken. Wir induzierten Hyperinsulinämie mit der
euglykämischen Clamptechnik, um die vasodilalatatorischen Effekte seitens der
Hyperglykämie aus zu schalten. Forscher stellten basierend auf ihren früheren Studien
fest, das die Insulin-induzierten Effekte bei einer Insulin-Infusionsrate von 1 mU
⋅kg
-
1
⋅min
-
1 oder 40 mU
⋅m
-2
⋅min
-1
auf den renalen und okuläre Blutfluss gesunder
Probanden suboptimal waren. Sie stellten überdies fest, dass der Zeitverlauf für die
Insulin-vermittelten Wirkungen, Glukose-Aufnahme und hämodynamischen
Änderungen, wahrscheinlich ausgeprägter wäre bei höheren Insulin-Infusionsraten
(Baron et al., 1994; Prager et al., 1986). Im Vergleich damit erreichten wir in der
vorliegenden Studie das Höchstmaß Insulin-induzierter Vasodilatation. Der maximale
Wirkeffekt bei dieser etwa 6fach höheren Plasma-Insulinkonzentration auf den renalen
Plasmafluss und die glomeruläre Filtrationsrate war jedoch vergleichbar mit denen
niedriger Plasma-Insulinspiegel. Es kam zu einem betonteren Anstieg des regionalen
Blutflusses bei gleichzeitiger Gabe von Insulin und L-Arginin. Betrachtet man die
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Effekte der Stoffe Insulin und L-Arginin einzeln und vergleicht sie mit den Effekten bei
gleichzeitiger Verabreichung, erkennt man, dass bei Co-Infusion die Einflüsse auf den
Blutfluss signifikant höher liegen. Ausgehend von dieser Beobachtung, kann man von
einem synergistischen Effekt zwischen L-Arginin und Insulin sprechen. Besonders
signifikante Unterschiede sind zu verzeichnen bei Verabreichung von L-Arginin unter
euglykämischen und hyperglykämischen Bedingungen (~130fache
Insulinkonzentration). Obwohl wir unsere Ergebnisse nicht auf andere isolierte
Gefäßbetten bzw. den Gesamtorganismus verallgemeinern können und im Grunde
genommen nur spekulieren können, was der Mechanismus bzw. der Grund für eine
derart ausgeprägte Vasodilatation bei gleichzeitiger Verabreichung L-Arginins und
Insulins ist, werden unsere Beobachtungen trotz allem durch in vitro Experimente
gestützt. Diese zeigen, dass Insulin nicht nur den L-Arginin-Transport in endothelialen
Zellen (Sobrevia et al., 1996) und isolierten Magendrüsen (Contreras et al., 1997)
unterstützt, sondern auch die NO-Synthese in Blutplättchen in vivo stimuliert (Trovati et
al., 1997). Die Aggregationshemmung der Thrombozyten, verbunden mit einem Abfall
der Blutviskosität, ist hierbei nur partiell abhängig von der Sekretion endogenen
Insulins, welches durch die Aminosäure L-Arginin gesteigert wird. Umgekehrt ist die
Insulin-induzierte Vasodilatation abhängig von der NO-Synthese (Scherrer et al., 1994;
Steinberg et al., 1994), zumal sich zeigte, dass sowohl der vasodilatatorische Effekt von
Insulin als auch der des L-Arginins herabgesetzt ist bei Patienten mit endothelialer
Dysfunktion (Giugliano et al., 1997). Baron et al. publizierten kürzlich ein
hypothetisches Model der Insulin-mediierten, L-Arginin-abhängigen NO-Sekretion
(Baron et al., 2002). Sie gehen dabei davon aus, dass Insulin einen dosis-abhängigen
Anstieg der NO-Produktion an Endothelzellen menschlicher Umbilikalvenen (HUVECs)
bewirkt. Dieser Effekt wird durch Vorinkubation mit Genestein (einem Tyrosinase-
Inhibitor) vollständig aufgehoben, was die Folgerung zulässt, dass der Insulin-
Signalmechanismus, mit dem Effekt einer NO-Ausschüttung, durch eine Tyrosinase
mediiert wird - höchst wahrscheinlich der Insulinrezeptor selbst (Zeng et al., 2000; Zeng
et al., 1996). Der Insulinrezeptor ist eine Tyrosinkinase, die nach Insulin-Bindung
zelluläre Substrate wie IRS-1 und IRS-2 (Insulin-Rezeptor Substrat-1 bzw. 2)
phosphoryliert, die wiederum die Phosphotidyl-3-Kinase (PI3K) aktivieren. PI3K scheint
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