ERMLANDBRIEFE
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Sommer 2005
Ein Stückchen Heimat
Die Vesper in St. Paulus
Von Kurt-Peter Engelberg
Begonnen hat die Feier der ermländi-
schen Vesper in der St. Paulus Kirche in
Herford vor 30 Jahren. Ich erinnere
mich noch gut an den Beginn. 181 Wall-
fahrer kamen aus Schleswig-Holstein in
drei Bussen zur Vesper in die St. Paulus
Kirche. Das Gemeindehaus war noch
nicht fertig gestellt. Die Kaffeetafel fand
für einige Jahre in einem Lokal statt. In
den folgenden Jahren vergrößerte sich
die Zahl der Wallfahrer aus Schleswig-
Holstein, Hamburg und Nordnieder-
sachsen. 1989 waren es schon 320 Wall-
fahrer in sieben Bussen.
Den großen Aufschwung gab es zwei
Jahre nach der Wiedervereinigung. Im
Jahre 1993 kamen 18 Busse mit 810
Wallfahrern nach Herford, seit 1997
auch ein Bus aus Allenstein, in den
letzten Jah-ren treffen 13 - 14 Busse mit
etwa 750 Wallfahrern in St. Paulus zur
Vesper ein. Die Wallfahrer kommen
von Stralsund bis Eisenach, von Kiel
bis Bautzen und von Berlin bis Hanno-
ver nach Herford. Aus vielen Gesprä-
chen mit den Wallfahrern weiß ich,
dass sie gerne in die St. Paulus Kirche
kommen. Es ist ein Höhepunkt auf der
Wallfahrt zur Gottesmutter von Werl,
ein Stückchen Heimat. Da ist die herzli-
che Art von Pfarrer Hubert Meik, der
sich über jeden Pilger freut und der die
Herzen der ermländischen Wallfahrer
gewonnen hat. Eine freundliche, fami-
liäre Atmosphäre wird durch die Cari-
tasdamen und die weiteren Helferin-
nen und Helfer verbreitet, welche die
Kaffeetafel herrichten. Ohne viele Wor-
te ist zu spüren: Wir sind willkommen!
Wenn dann zur Vesper die Orgel zu
spielen anfängt und die altvertrauten
Psalmen von vielleicht tausend Wall-
fahrern und Besuchern gesungen wer-
den, dann werden Herzen bewegt. Er-
innerungen an Kindheit und Jugend
werden wach. Dankbarkeit, Freude
und Wehmut kommen auf. Keiner will
alleine sein. Es bildet sich eine Familie.
Die Maiandacht, mit der die Vesper ab-
schließt, bringt Dank und Fürbitte an
die Gottesmutter. Es wird kräftig und
dankbar gesungen.
Dank an Pfarrer Hubert Meik und die
vielen Helferinnen und Helfer, die uns
30 Jahre so freundlich aufnehmen, stär-
ken und bewirten.
30 Jahre ermländische Vesper in Herford
Liebe auf den ersten Blick!
Von Pfarrer Hubert Meik
Die St. Paulus Kirche hat für Ermlän-
der eine große Anziehungskraft. In ihr
wird jedes Jahr am Samstag vor dem
ersten Sonntag im Mai, dem jährlichen
Wallfahrtstag der Ermländer in Werl,
die beliebte ermländische Vesper ge-
sungen. Seit 30 Jahren schon rollen die
Busse aus dem Norden und Osten der
Bundesrepublik - sogar ein Bus aus Al-
lenstein mit Pilgern der dort lebenden
deutschen Minderheit ist dabei - auf
die Parkplätze rund um die Kirche. Ich
freue mich dann, dass ich wieder zahl-
reiche Vesper-Freunde und -freundin-
nen begrüßen kann!
Die ermländische Vesper hat eine
lange Tradition. Von ihrem Aufbau her
ist sie identisch mit der römisch-katho-
lischen Vesper aus dem Stundengebet-
buch der Priester und Ordensleute. Sie
wurde im Ermland jeden Sonntag am
frühen Nachmittag vor dem Kaffeetrin-
ken gesungen. So gehörte sie einfach
zum Sonntag der Ermländer und das
über hunderte von Jahren.
Bereits kurz nach Flucht und Ver-
treibung im Jahre 1947 hatte Bischof
Maximilian Kaller alle Heimatlosen
nach Werl zu einer großen Marienwall-
fahrt eingeladen. Die Leute pilgerten
aus dem ganzen Bundesgebiet nach
Werl, um dort miteinander zu singen
und zu beten und um sich im Glauben
und in der Heimatverbundenheit stär-
ken zu lassen. Über 10.000 Pilger kom-
men auch heute noch dort zusammen.
Bis zu 800 von ihnen machen am
Samstag zuvor Station in Herford. Für
die meisten ein bewegendes und ein-
drucksvolles Erlebnis. Manche kom-
men nur nach Herford, damit sie in St.
Paulus die Vesper erleben können. Ob
unsere schöne Kirche bei vielen Wall-
fahrern Liebe auf den ersten Blick er-
zeugt hat? Ich gestehe es: Für mich
bleibt St. Paulus die beliebteste Kirche!
Ich vermute, dass auch Kurt-Peter
Engelberg, der Organisator der Wall-
fahrt, meine Ansicht teilt. 1985, als wir
das 10-jährige Jubiläum der Vesper fei-
erten, zeichnete der Apostolische Visi-
tator Ermland, Prälat Johannes
Schwalke, Herrn Engelberg für sein
großes Engagement als Leiter der Wall-
fahrt mit der Andreas-Medaille aus.
Der Hl. Andreas ist ja der Patron der
Diözese Ermland.
Aber nicht nur deshalb schätzt Kurt-
Peter Engelberg die Pauluskirche. Sein
Grund: Hier hat seine große Liebe be-
gonnen! Nichts ahnend saß er in der
Bank und sang die ergreifenden Psal-
men mit. In der gleichen Bank saß
auch eine attraktive junge Frau, die
ihm nicht nur auffiel, sondern auch ge-
fiel. Er nahm sich vor, sie gleich nach
der Vesper anzusprechen. Dies ist ihm
auch gelungen. Im nächsten Jahr kön-
nen Irmgard und Kurt-Peter dankbar
auf 25 Jahre Liebe und Treue zurück-
blicken. Also wieder Liebe auf den er-
sten Blick! Auch in der Kirche beim ge-
meinsamen Singen und Beten kann
man sich verlieben.
All die Jahre schon organisiert Kurt-
Peter Engelberg die Wallfahrt nach
Werl. Im Namen von uns Ermländern
sei ihm dafür herzlich gedankt! Auf ei-
ner Wallfahrt halten Essen und Trinken
Leib und Seele zusammen. Kaffee und
Kuchen gehören zur Vesper. Fleißige
Paulaner und Paulanerinnen sorgen
im Gemeindehaus für das leibliche
Wohl der Ermländer. Manche Caritas-
helferin erinnert sich noch an den er-
sten Besuch der Ermländer, der eine
echte Bewährungsprobe war. Der Kaf-
fee wurde im Pfarrhaus gekocht und
dann in die Sakristei und den kleinen
Keller unter der Sakristei getragen, wo
sich jeweils in kurzen Abständen die
Gäste einfanden. Auch heute noch fin-
det eine beachtliche „Kaffeeschlacht"
statt: Etwa 1.600 Tassen Kaffee werden
gekocht und 1500 Stück Kuchen ser-
viert. Grob gerechnet dürften in den 30
Jahren rund 43.000 Tassen Kaffee
durch durstige Pilgerkehlen geflossen
sein. Allen, die das ermöglichen, ein
herzliches Danke!
Euch, liebe Ermländerinnen und
Ermländer, heiße ich hier in St. Paulus
zum 30-sten Mal herzlich willkommen!
Ich danke Euch besonders auch für
Eure Spenden bei den Kollekten. Ihr
habt das Gemeindehaus, die Orgel,
den Kindergarten und den Kirchbau in
Plautzig tatkräftig unterstützt!
Gottes Segen begleite Euch weiter-
hin! Er erhalte Eure Gesundheit und
mildere manche Last des Alters und er
stärke die Liebe zur Heimat!
Euer Hubert Meik, der „Junge mit
der Mundharmonika“!
Bus Allenstein
Dank an Spender
Die Mitglieder der deutschen Minderheit im Ermland bedanken sich bei den Erm-
ländern in Deutschland für die Spenden, die ihnen die Teilnahme an der Jahres-
wallfahrt 2005 in Werl ermöglichten. Vergelt´s Gott.
Ermländertreffen in Mühlhausen
Ermlands Treue zum Papst bekräftigt
Mit einer heiligen Messe begann
in der St.-Bonifatius-Kirche um 10
Uhr am 12. Juni 2005 das Ermlän-
dertreffen in Mühlhausen, das
Erich Groß sehr sorgfältig vorberei-
tet hatte. In seiner Predigt zeigte
der Altvisitator Prälat Johannes
Schwalke ein Plakat aus Polen mit
dem neu gewählten Papst und den
Worten darauf: „Papst Benedikt -
ein Sieg für Deutschland und die
Welt“. Dazu Prälat Schwalke: „Die
Polen freuen sich riesig über den
deutschen Papst Benedikt XVI.
Warum können wir Deutsche uns
nicht freuen?“ Benedikt sei ein Sieg
für Deutschland und die ganze
Welt, doch er selbst sehe sich als
einfachen Arbeiter im Weinberg
des Herrn. Prälat Schwalke sprach
aus den Herzen der Mitfeiernden
und entfachte große Zustimmung.
In seiner Begrüßung dankte Erich
Groß Prälat Schwalke für seine kla-
ren und ermutigenden Worte beim
Gottesdienst und dafür, dass er sich
in seinem hohen Alter die Mühe ge-
macht hatte, nach Mühlhausen zu
kommen. Der Organisator erinnerte
auch an das Kriegsende vor 60 Jah-
ren und an die Unterzeichnung der
Charta der Vertriebenen vor 55 Jah-
ren. Prälat Schwalke ergänzte hier-
zu, dass die erste Unterschrift auf
der Charta der Heimatvertriebenen
die eines Ermländers ist, nämlich
Feier zugegen: Kaplan Götting und
Diakon Höhne aus der Pfarrei Mühl-
hausen sowie Herr Germann und
Herr Groß als Rauchfassdiener. Die
freudig gesungenen Vespergesänge
erfreuten Seele, Gemüt und Geist.
Nach der Vesper fanden wir uns
im Liborius-Wagner-Haus neben der
Kirche ein. Hier hatten fleißige Hel-
ferinnen und Helfer für uns eine
sehr einladende Kaffeetafel ge-
deckt. Neben dem Tassengeklirr er-
füllte ein Stimmengewirr den Saal;
die Menschen freuten sich über das
Wiedersehen und tauchten in hei-
matliche Erinnerungen ein. Ganz
allmählich nur klang das Treffen mit
einem tief empfundenen herzlichen
Dankeschön an den Organisator
Erich Groß und mit dem Wunsch,
sich im nächsten Jahr wieder zu se-
hen, fast unmerklich aus.
EG / np
von Linus Kather, dem Bruder von
Kapitularvikar Arthur Kather.
Anschließend trafen wir uns im
Rathaus der Kreisstadt Mühlhausen
zur Besichtigung der historischen
Räume und des aus dem Mittelalter
stammenden Archivs mit seinen
wertvollen Schätzen. Die Archiva-
rin Beate Kaiser erklärte uns alles
sehr auführlich und antwortete auf
unsere Fragen wohlwollend und
ausführlich. Ein Besuch dieses Ar-
chivs ist sehr lohnenswert.
Am Nachmittag um 14.30 Uhr ver-
sammelten wir uns in der Parrkirche
St. Josef. Hier sangen wir die ermlän-
dische Vesper. Neben Prälat Johan-
nes Schwalke waren am Altar bei der