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III

Ostern 2010

Historischer Verein für Ermland

Fortsetzung auf Seite IV

setzung der übrigen Kanonikate war

es indes machtlos wegen des seit 1448

bestehenden Grundsatzes der 

alterna-


tiva mensium. Demnach lag das Recht

der Besetzung eines Kanonikates, das

in einem ungeraden Monat vakant ge-

worden ist, beim Apostolischen Stuhl,

der sehr oft dieses Recht auf die Nun-

tien, Könige und Bischöfe übertrug.

Auf diese Weise gab es aufgrund der

päpstlichen Provisionen mit der Zeit

immer mehr Geistliche mit Herkunft

außerhalb von Preußen, und zwar

nicht nur aus dem Gebiet der Krone,

sondern auch aus anderen Ländern.

Als ich mich mit den Domherren

schwedischer Herkunft im ermländi-

schen Domkapitel beschäftigte, habe

ich die personelle Zusammensetzung

des Domkapitels vom Zeitpunkt sei-

ner Gründung im Jahre 1260 bis zum

Ende des 17. Jahrhunderts analysiert.

2

In diesem Zeitraum gehörten dem



Domkapitel rund 480 Kanoniker an,

davon etwa 80 Ausländer. Dazu gehör-

ten: zehn Italiener, zwei Franzosen,

ein Kurländer, ein Portugiese, ein Hol-

länder, fünf Schweden. Die größte

Gruppe stellten Geistliche aus dem

Reichsgebiet: sechs aus Böhmen und

Mähren, einer aus Siebenbürgen (An-

dreas Bathory, ein Neffe des Königs),

23 aus Schlesien und etwa 20 aus an-

deren Reichsgebieten. Aber das erm-

ländische Domkapitel wehrte sich

nicht nur gegen Geistliche aus dem

Ausland. Wie schon erwähnt, sah es

in der Korporation auch ungern Geist-

liche aus dem Gebiet der Krone. Von

denen gab es bis zum 17. Jahrhundert

einschließlich etwa 60. Insgesamt wie-

sen also von den 480 Kanonikern

rund 140, also über 30%, eine Her-

kunft außerhalb von Preußen auf, so-

mit eine beachtliche Gruppe.

Wir sehen also, dass das Privileg

des Indigenats, welches das ermländi-

sche Domkapitel bei der Besetzung

der Kanonikate zu wahren versuchte,

und das anderen polnischen Domka-

piteln fremd war, schließlich seine

Geltung verlor, und dass ein Sitz im

ermländischen Domkapitel zu einem

Benefizium wurde, das auch für jene

Geistliche erreichbar war, die sich

nicht als preußische Bürger auswei-

sen konnten.

Noch entschiedener beachtete das

Domkapitel das Prinzip des Indige-

nats bei der Nominierung für das Amt

des ermländischen Bischofs. Aber

auch hier musste es schließlich dem

Druck des Königs nachgeben. Der er-

ste Bischof aus Polen, der diesen

Grundsatz zu Fall brachte, war Stanis-

laus Hosius. Das Domkapitel musste

sich dabei mit der königlichen Garan-

tie zufrieden geben, dass die ermlän-

dischen Rechte in Zukunft beachtet

würden, was – wie wir wissen – in der

Praxis nicht geschehen ist. Als im Jah-

re 1633 Nikolaus Szyszkowski Bischof

von Ermland wurde, kein Einheimi-

scher, gaben sich die Stände damit zu-

frieden, dass er einige Jahre in

Braunsberg studiert und mit Sicher-

heit die Realitäten Preußens kennen

gelernt hatte, und dass er gelobte, die

preußischen Privilegien zu achten. 

Hinsichtlich des ermländischen Bi-

schofsamtes gab es im Vergleich zu

den anderen polnischen Diözesen au-

ßer dem Indigenat noch eine weitere

Besonderheit, nämlich das Verfahren

zur Besetzung dieses Amtes. König

Kasimir der Jagiellone (1447-1492)

war der Monarch in der Adelsrepu-

blik, dem es gelang, sich und seinen

Nachfolgern das entscheidende

Stimmrecht bei der Besetzung der Di-

özese zu sichern. Seit der Inkorpora-

tion des Preußenlandes in die Adels-

republik wollte der König die Mög-

lichkeit haben, auch über die Beset-

zung des ermländischen Bischofssit-

zes zu entscheiden. Dies war im Erm-

land nicht vorgesehen. Hier hatte das

Domkapitel durch Wahlen den zu-

künftigen Bischof zu bestimmen. Das

Domkapitel wollte sich indes dem

Grundsatz der königlichen Nominie-

rung nicht beugen, und es ist ihm

dreimal gelungen, einen Bischof un-

ter Umgehung des Monarchen zu

wählen. Diese Bischöfe waren nach-

einander: Nikolaus von Tüngen (1467-

1489), Lukas Watzenrode (1489-1512)

und Fabian von Lossainen (1512-

1523). Letzterer musste jedoch am 7.

Dezember 1512 – nicht mehr ihn, aber

seine Nachfolger betreffend - einen

Vertrag akzeptieren, der dem polni-

schen König das Recht verlieh, vier

Kandidaten für den Bischofssitz aus

den Reihen des Domkapitels zu prä-

sentieren. An erster Stelle dieser Vie-

rerliste nannte der König jeweils den

Namen seines Favoriten und forderte,

dass dieser gewählt wurde. Seitdem

hat das Domkapitel die benannte Per-

son jeweils auch gewählt. Diese Vor-

gehensweise hatte mit Wahlfreiheit

nichts mehr gemein. Dass das Dom-

kapitel Scheinwahlen durchführte,

wurde dann besonders deutlich,

wenn der Kandidat des Königs nur

für kurze Zeit in die Korporation ein-

geführt wurde, um so dem Grundsatz

der Wahl des Bischofs aus dem Kreis

der Kanoniker des ermländischen

Domkapitels gerecht zu werden.

Obwohl das Domkapitel praktisch

seine Entscheidungsmacht verloren

hatte, machte es den König bei den

weiteren Wahlen auf diese Rechte

aufmerksam und verlangte deren Re-

spektierung, wenngleich auch nur

zum Schein. So bemühte es sich z.B.

darum, dass sich in der Bestätigungs-

bulle für den zukünftigen Bischof die

Formulierung fand, dass der ermlän-

dische Bischof diese Position auf-

grund der Nominierung durch den

König und „aufgrund der Wahl des

Domkapitels“ erhalten habe. Wenn

diese Formulierung fehlte, verlangte

das Domkapitel vom Bischof, dass er

sich bei der Römischen Kurie um ein

entsprechendes päpstliches Doku-

ment bemühte, eine sog. cautio pa-

pae, in dem sich die Formulierung

„aufgrund der Wahl des Domkapi-

tels“ befinden sollte. Wir wissen je-

doch, dass die polnischen Könige in

ihren Schreiben an den Papst bezüg-

lich der Besetzung des vakanten Bi-

Nach dem Anschluss eines Teils

von Preußen an die Krone Polen infol-

ge des zweiten Thorner Friedens im

Jahre 1466 sind die ermländischen

Sonderstellungen

1

deutlich sichtbar



geworden. Um diese Eigenarten dar-

zustellen, ist zunächst in einigen Sät-

zen an die Geschichte der Diözese

vor dem Inkorporationsakt zu erin-

nern. Die historischen Fakten sind all-

gemein bekannt. Wenn über diesen

ersten Zeitabschnitt gesprochen wird,

ist nicht nur die Diözese Ermland zu

berücksichtigen, sondern auch die

zwei weiteren preußischen Diözesen,

das heißt Pomesanien und Samland.

Im Jahre 1243 errichtete Papst Inno-

zenz IV. vier Diözesen: Ermland, Po-

mesanien, Samland und Kulm. Die Di-

özese Kulm wird nicht Gegenstand

unserer Betrachtungen sein. Die drei

uns hier interessierenden Diözesen

lagen im Gebiet des Ordensstaates

und unterstanden der weltlichen Lan-

desherrschaft des Ordens mit Aus-

nahme der den Bischöfen und Dom-

kapiteln gewährten Enklaven. Dem

Ordensstaat nicht unterstellt war

demnach ein Drittel des Gebietes der

Diözese Ermland, der Versorgungsti-

tel des ermländischen Bischofs. Dar-

über übte er die Landesherrschaft

aus, die er seit dem Jahre 1260 mit

dem Domkapitel teilte, das er mit Ge-

nehmigung des Apostolischen Stuhls

in jenem Jahr gegründet hatte. Das

Domkapitel erhielt ein Drittel des bi-

schöflichen Territoriums als Versor-

gungstitel und übte über diesen Teil

auch die Landesherrschaft aus. Das

unter der Landesherrschaft des Bi-

schofs und des Domkapitels stehende

Drittel der gesamten Diözese war so-

mit ein geistliches Fürstentum, Hoch-

stift Ermland genannt.

Die drei uns interessierenden Di-

özesen blieben innerhalb nahezu un-

veränderter Landesgrenzen bis zur

Mitte des 15. Jahrhunderts bestehen.

Erst infolge des Thorner Friedens im

Jahre 1466 wurde ein Teil der Diözese

Ermland, das sog. Hochstift bzw. das

Territorium des Bischofs und des

Domkapitels, sowie ein Teil der Diöze-

se Pomesanien (46 Pfarreien) der

Adelsepublik Polen inkorporiert. Wei-

tere bedeutende Änderungen der ter-

ritorialen und konfessionellen Zuge-

hörigkeit der drei Diözesen erfolgten

in der Reformationszeit. Im Jahre 1525

fand die Säkularisation des Ordens

statt und aus dem früheren Ordens-

staat entstand das Herzogtum Preu-

ßen, konfessionell lutherisch geprägt.

Innerhalb seiner Landesgrenzen be-

fanden sich: die gesamte Diözese

Samland und die übrigen Teile der Di-

özesen Pomesanien und Ermland, die

nicht Bestandteile der Adelsrepublik

geworden waren. Sie wurden in die lu-

therische Kirche eingegliedert. Von

den drei uns hier interessierenden Di-

özesen hat nur ein Drittel der Diözese

Ermland, das sog. Hochstift, seinen

Namen und die ununterbrochene Zu-

gehörigkeit zur katholischen Kirche

bewahrt. Eben diesen Teil nennen wir

das historische Ermland, das schon

immer den Kern der Diözese Ermland

bildete. Das war ein eher kleines

Land, gerade mal 4249,09 Quadratkilo-

meter groß, und die Bevölkerung zähl-

te bis zum Jahre 1772 nie mehr als 100

000 Einwohner.

Nach der Verbindung mit Polen

zeigte sich auf zwei Ebenen – der

kirchlichen und der weltlichen –, dass

diese Diözese über gewisse Sonder-

stellungen verfügte. Sie ergaben sich

im Vergleich zu den anderen polni-

schen Diözesen aufgrund ihrer verfas-

sungsmäßigen Andersartigkeit. Und

obwohl sie innerhalb der Krone ge-

meinsam einen Organismus bildeten,

pflegte das Ermland sorgfältig seine

Besonderheiten und nutzte sie in strit-

tigen Angelegenheiten immer gründ-

lich aus. Die Wahrung dieser gewis-

sen Art von Unabhängigkeit erschwer-

te die innerkirchliche Kommunikati-

on. Das immer katholisch gebliebene

Ermland wollte innerhalb der Struktu-

ren der polnischen katholischen Kir-

che seine Sonderstellung wahren und

in bestimmten Bereichen unabhängig

bleiben. Es bemühte sich, soweit dies

möglich war, die früheren Rechte und

ermländischen Privilegien zu erhal-

ten. Trotz dieser Bestrebungen war

das Ermland für den höheren Klerus

der Krone eine attraktive Diözese,

manchmal sogar ein geradezu er-

wünschtes Benefizium. 

Ein wesentliches und zuerst zu nen-

nendes Element ist die Erhaltung und

Verteidigung der Rechte der Bürger

und der ethnischen Identität in die-

sem Territorium. Das betraf nicht nur

die Diözese Ermland, sondern den ge-

samten preußischen Landesteil Auf

der weltlichen Ebene war ein gewis-

ser Separatismus hauptsächlich darin

sichtbar, dass Bürger, die nicht aus

Preußen stammten, für die Besetzung

höherer Posten (Wojewoden, Burggra-

fen, Starosten) nicht infrage kamen. In

der Diözese Ermland zeigte sich diese

Abwehr besonders deutlich im kirch-

lichen Bereich und betraf hauptsäch-

lich die Besetzung höherer Diözesan-

ämter. Wir wissen, dass das Gebiet

der Diözese Ermland zum größten

Teil von Menschen deutscher Her-

kunft bewohnt war. Eine langsame

aber sukzessive Polonisierung erfolg-

te nach der Eingliederung der Diözese

in die Krone Polen. Das ermländische

Domkapitel verteidigte zunächst das

Privileg des Indigenats und konnte

ziemlich erfolgreich Widerstand lei-

sten gegen Geistliche aus dem Gebiet

der Krone, und zwar sowohl gegen je-

ne, die in das Domkapitel aufgenom-

men werden wollten, als auch jene,

die den Bischofsthron anstrebten.

Hinsichtlich der Besetzung der Kano-

nikate waren die Bemühungen um die

Verteidigung des Indigenats jedoch

immer weniger erfolgreich und wur-

den schließlich aufgegeben. Denn im

Jahre 1519 erlangte König Sigismund

der Alte vom Apostolischen Stuhl für

sich und seine Nachfolger das Recht

der Besetzung der wichtigsten Präla-

tur im Domkapitel, das heißt der

Dompropstei. Seitdem hatte das Dom-

kapitel in dieser Hinsicht sein Ent-

scheidungsrecht verloren. Bei der Be-

Die Verteidigung der ermländischen Privilegien

in der Adelsrepublik Polen-Litauen

Von Irena Makarczyk



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