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IV

Ostern 2010

Historischer Verein für Ermland

Fortsetzung von Seite III

sen dort die Steuern in der gleichen

Höhe, wie sie der preußische Land-

tag festgelegt hatte. Es kann festge-

stellt werden, dass sich der preußi-

sche Landesteil im Hinblick auf die

Verfügungen des Parlaments der Kro-

ne (sejm) ähnlich verhielt. Das Erm-

land weigerte sich auch, in strittigen

Steuerfragen die Schiedsgerichtsbar-

keit des im Jahre 1613 errichteten Fi-

nanztribunals der Krone in Radom

anzuerkennen, wobei es sich wie im-

mer in solchen Situationen auf seine

früheren Rechte und Privilegien be-

rief. Als das Domkapitel im Jahre

1633 wegen Steuerrückständen vor

dieses Tribunal zitiert wurde, organi-

sierte es, um diese Forderungen zu-

rückzuweisen, eine breit angelegte

Verteidigungsaktion, wobei es Ver-

bündete bei Hofe suchte, und auch

bei dem nominierten Bischof Niko-

laus Szyszkowski und dem Nuntius

Honoratus Visconti vorsprach. Als

wichtigstes Argument für die Durch-

setzung seiner Rechte berief es sich

darauf, dass es unmittelbar dem Apo-

stolischen Stuhl unterstellt sei. Die

nach Radom entsandten Delegaten

waren Weihbischof Michael Działyńs-

ki und Domherr Andreas Zagórny, de-

nen eine Instruktion mitgegeben wur-

de, in der alle möglichen Rechtstitel

aufgeführt wurden, die die Unabhän-

gigkeit des Ermlands vom Tribunal

der Krone belegen sollten.

6

Eine ebensolche Unabhängigkeit



von den Tribunalen der Krone (dem

Petrikauer und dem Lubliner) bean-

spruchte das Ermland im 17. Jahrhun-

dert im Hinblick auf die weltliche Ge-

richtsbarkeit über alle seine Unterta-

nen, darunter auch den Adel. Das war

indes nicht leicht, denn der ermländi-

sche Adel schaute auf die umfangrei-

chen Rechte seiner Stammverwand-

ten im Gebiet der Krone. Als einer der

ermländischen Adligen, Jakob Nen-

chen aus dem Kammeramt Allenstein,

ein Urteil anfocht, das das Domkapitel

gegen ihn erlassen hatte, legte er zu-

nächst eine Berufung beim königli-

chen Hofe ein, und später beim Tribu-

nal. Das Domkapitel hat daraufhin am

königlichen Hofe alles in Bewegung

gesetzt, um die Berufung abzulehnen,

was es auch erreichte, denn König Ka-

simir erließ im Jahre 1655 eine Verfü-

gung


7

, in der er bestimmte, dass alle

weltlichen Angelegenheiten in letzter

Instanz im Ermland entschieden wer-

den und dass niemandem ein Beru-

fungsrecht zusteht, weder beim König

noch beim Papst.

Die ermländische Sonderstellung,

die anfangs sehr deutlich zur Geltung

gekommen war und von den Men-

schen dieser Region geschätzt und

mit großer Entschlossenheit vertei-

digt wurde, verlor im Laufe der Zeit

ihre Kraft, wodurch sich dieses Terri-

torium immer mehr den anderen pol-

nischen Regionen anglich. Das war

das Ergebnis der systematischen Po-

lonisierung des Ermlands. Besonders

deutlich wurde dies nach dem letzten

Krieg gegen den Orden im Jahre 1520,

als die verlassenen Anwesen immer

häufiger von Ankömmlingen aus dem

Gebiet der Krone übernommen wur-

den. Wir können das etwa am Beispiel

der von Nicolaus Copernicus durch-

geführten 

locatio mansorum deserto-

rum beobachten, wonach im Jahre

1520 ein beachtlicher Teil der angesie-

delten Bevölkerung aus dem polni-

schen Masowien stammte. Der Poloni-

sierungsprozess schritt immer weiter

voran und erreichte seinen Höhe-

punkt im 17. und 18. Jahrhundert. Pol-

nische Namen kamen zuhauf nicht

nur bei der einfachen Bevölkerung

vor, sondern auch bei den ermländi-

schen Kanonikern und Bischöfen.

Den polnischen Geistlichen fehlte die

Motivation, sich für die frühere regio-

nale Sonderstellung einzusetzen. Um

ihre eigene Bedeutung zu unterstrei-

chen, beriefen sie sich jedoch gerne

auf die Exemtion und die unmittelba-

re Unterstellung des Ermlands unter

den Apostolischen Stuhl. Bei jeder

Gelegenheit erinnerten sie daran,

dass das Ermland 

est immediate a Se-

de Apostolica fundata et dotata. 

Aus dem Polnischen übersetzt von

Ursula Fox



Anmerkungen:

1 Über die wichtigsten rechtlichen

und verfassungsmäßigen Bestim-

mungen das Ermland betreffend

siehe B. Leśnodorski, 

Dominium


warmińskie [Das ermländische Do-

minium], Poznań 1949. A. Szorc, 

Do-

minium warmińskie 1243-1772.



Przywilej i prawo chełmińskie na

tle ustroju Warmii [Das ermländi-

sche Dominium 1243-1772. Das Pri-

vileg und das Kulmer Recht auf

dem Hintergrund der Verfassung

des Ermlands], Olsztyn 1990. Ders.,

Dzieje diecezji warmińskiej (1243-

1991) [Geschichte der Diözese Erm-

land], Olsztyn 1991. Siehe auch A.

Kopiczko, 

Ustrój i organizacja die-

cezji warmińskiej w latach 1525-

1772 [Verfassung und Organisation

der Diözese Ermland in den Jahren

1525-1772], Olsztyn 1993. Erläute-

rungen zu den vier Bedeutungen

des Begriffs „Warmia“ siehe 

War-


mia w dobie potopu szwedzkiego

1654-1660. Protokoły posiedzeń ka-

pituły warmińskiej, korespon-

dencja i akta [Ermland in der Zeit

der schwedischen „Sintflut“. Proto-

kolle der Sitzungen des ermländi-

schen Domapitels, Korrespondenz

und Akten], bearb. von A. Szorc

und I. Makarczyk, Olsztyn 2008, S. I. 

2 I. Makarczyk, 

Szwedzi w kapitule

warmińskiej w XVI wieku [Schwe-

den im ermländischen Domkapitel

im 16. Jahrhundert], in: 

Między ba-

rokiem a oświeceniem - Staropolski

regionalizm [Zwischen Barock und

Aufklärung - Altpolnischer Regiona-

lismus], hrsg. von S. Achremczyk,

Olsztyn 2008, S. 274-305.

3 T. Długosz, 

Biskupi polscy XVII  i

XVIII  w. Obsada, dyspensy, taksy

[Die polnischen Bischöfe des 17.

und 18. Jahrhunderts. Besetzung,

Dispensen, Steuern], in: Roczniki

Teologiczno-Kanoniczne, 1958,

Band 5, Heft 2, S. 75, 85.

4 Zu diesem Thema siehe u.a.: A. Pe-

trani, 


Zasada większości w prawie

kanonicznym [Das Mehrheitsprin-

zip im kanonischen Recht] Lublin

1947. J. Grzywacz, 

Nominacja bisku-

pów w Polsce przedrozbiorowej

[Die Nomination der Bischöfe in Po-

len vor den Teilungen], Lublin 1960.

5 J. Obłąk, 

Egzempcja diecezji war-

mińskiej i jej obrona za biskupa Mi-

kołaja Szyszkowskiego [Die Exemti-

on der Diözese Ermland und ihre

Verteidigung unter Bischof Niko-

laus Szyszkowski], in: Polonia Sacra

7 (1955), Heft 2-3, S. 123-136.

6 Text der Instruktion: Archiwum Ar-

chidiecezji Warmińskiej, Olsztyn

[Archiv der Erzdiözese Ermland,

Allenstein] AB, D 127, S. 442-445.

7 Publiziert von A. Szorc, 

Dominium


warmińskie, S. 462-463.

schofsstuhles die Wendung 

nominare

oder 


presentare benutzten, wobei sie

darüber hinaus unterstrichen, dass

dies zu ihren Rechten gehöre, wäh-

rend der Apostolische Stuhl in seiner

Bulle schrieb, dass die Besetzung 

ad

nominationem regis Poloniae



3

erfolgt


sei. Wir sehen also, dass selbst wenn

es dem ermländischen Domkapitel

manchmal gelang, in den Text der

Bulle die Formulierung „aufgrund der

Wahl“ hineinzuschmuggeln, so war

doch der tatsächlich Entscheidende

der polnische König, dessen Ent-

scheidungen Rom im allgemeinen ak-

zeptierte. Ein anderes, bisher von

den Fachleuten nicht gelöstes Pro-

blem ist die Frage, ob der polnische

König irgendwann vom Apostoli-

schen Stuhl das Recht der Bischofs-

nominierung erhalten hatte, oder ob

er es sich nach dem Prinzip vollzoge-

ner Tatsachen angeeignet hat.

4

Wie immer es dazu kam, Tatsache



ist, dass es dem ermländischen Dom-

kapitel auch in dieser Hinsicht nicht

gelungen ist, seine früheren Rechte

und ermländischen Privilegien zu

wahren. Praktisch war seine Bischofs-

wahl nur eine Scheinwahl. Trotzdem

wollte es daran festhalten, um auf die-

se Weise sein Wahlrecht und Ent-

scheidungsrecht zu demonstrieren.

Ein evidentes Beispiel der Ohnmacht

des Domkapitels, geradezu eine Par-

odie der Wahlen, war der Wahlvor-

gang, durch den dem Domkapitel der

Königssohn, der damals kaum zehn-

jährige Johann Albert Wasa, als Bi-

schof aufgezwungen wurde.

Eine weitere Eigenart Ermlands

betraf die Zugehörigkeit zu einer Kir-

chenprovinz. Ab 1255 war die Diöze-

se dem Erzbistum Riga zugeordnet.

Nachdem dieses jedoch im Jahre

1566 untergegangen war, hat die Di-

özese Ermland nie die Oberhoheit

der Kirchenprovinz Gnesen aner-

kannt, trotz des beträchtlichen

Drucks sowohl von Seiten des Apo-

stolischen Stuhls als auch des Gne-

sener Erzbischofs, sondern sie be-

trachte sich als unmittelbar dem

Apostolischen Stuhl unterstellt.

5

Die-


ser Zustand wird als Exemtion be-

zeichnet, oder anders ausgedrückt,

als Ausgliederung aus der Amtsge-

walt eines Erzbischofs. In der Praxis

demonstrierte die Diözese Ermland

diese Tatsache u. a. dadurch, dass

sie keine Vertreter zu den Provinzial-

synoden entsandte. Das Exemtions-

privileg geriet beträchtlich in Gefahr,

als die polnischen Diözesen gezwun-

gen wurden, dem König das sog.

subsidium charitativum zu gewäh-

ren. Dies war im Jahre 1634 der Fall,

als Nikolaus Szyszkowski das Bi-

schofsamt in der Diözese übernahm.

Die Konzilskongregation hatte über

den päpstlichen Nuntius in Polen ge-

fordert, Szyszkowski solle Gnesen

als übergeordnete Kirchenprovinz

wählen und an deren Synoden teil-

nehmen. Gegen dieses Diktum unter-

nahm das ermländische Domkapitel

gemeinsam mit dem Bischof sowohl

im Lande als auch in Rom energi-

sche Schritte und rettete schließlich

den Status der Diözese, der dann ei-

nige Jahrhunderte überdauerte,

nämlich bis zum Jahre 1929, als auf

der Grundlage des mit Preußen ge-

schlossenen Konkordats die Diözese

Ermland in die neu gebildete Kir-

chenprovinz Breslau eingegliedert

wurde.

Ein weiteres Merkmal der Sonder-



stellung, des Widerstandes, gleichzei-

tig aber auch der Attraktivität betraf

das Amt und die Macht des ermländi-

schen Bischofs. Das Amt wies viele

Gemeinsamkeiten mit den anderen

Diözesen auf, wie z.B. die, dass der

ermländische Bischof wie die übrigen

polnischen Bischöfe Mitglied des Se-

nats in der Adelsepublik gewesen ist.

Unter den Bischöfen im Senat nahm

er eine hohe Position ein, nämlich

den sechsten oder siebenten Platz 

al-

ternatim mit dem Bischof von Łuck.



Wenn man wiederum die Einnahmen

des Bischofs aus seiner Diözese be-

rücksichtigt, dann nahm die Diözese

Ermland, obwohl sie gebietsmäßig

nicht sehr groß war, den vierten Platz

ein. Mitte des 17. Jahrhunderts betru-

gen die Einnahmen des ermländi-

schen Bischofs ca. 40 000 polnische

Gulden, und vor dem schwedischen

Krieg mit seinen Zerstörungen er-

reichten diese Einnahmen wohl die

Höhe von 50 000 Gulden. Zum Ver-

gleich ist hinzuzufügen, dass in dieser

Zeit die Einnahmen eines ermländi-

schen Domherrn 1 200 Gulden betru-

gen. 


Was indes den ermländischen Bi-

schof im Vergleich zu den anderen

polnischen Bischöfen auszeichnete,

war seine weltliche Macht mit Rech-

ten, die einem Fürstentum gleich ka-

men. Über solch eine Macht verfügte

kein Bischof in der Republik. Sie be-

deutete, dass der Bischof in seinem

Territorium das Recht hatte, Städte-

und Dorflokationen zu vergeben,

Steuern zu erheben und die Gerichts-

barkeit auszuüben. Über die gleichen

Rechte verfügte das ermländische

Domkapitel in seinen drei Kammer-

ämtern. Den Titel des ermländischen

Fürstbischofs hielt der berühmte Hi-

storiker Eugen Brachvogel für sehr

problematisch. Er war der Meinung,

dass die Bischöfe der Barockzeit sich

diese Würde selbst verliehen. Unab-

hängig von den rechtlichen Grundla-

gen hat Wenceslaus Leszczyński

(1644-1658) als erster der ermländi-

schen Bischöfe seinem Titel die pa-

thetische Formulierung 

Sacri Romani

Imperii Princeps hinzugefügt. Aber

ähnliche Neigungen zeigte bereits der

frühere Bischof Nikolaus Szysz-

kowski. Als er im Jahre 1637 die Lan-

desordnung unterzeichnete, schrieb

er, dass er diese „an unserem Fürsten-

hofe zu Heilsberg“ herausgegeben ha-

be. Diesen Titel benutzten die Bischö-

fe Szyszkowski und Leszczyński eher

selten und sehr zurückhaltend, aber

bereits ihre Nachfolger, bis Ignatius

Krasicki (†1801) einschließlich, brach-

ten den Fürstentitel ungeniert in die

Akten ein.

Eine gewisse Unabhängigkeit de-

monstrierte das Ermland auch in der

Steuerfrage. Der normale Vorgang

war, dass Steuern zugunsten der Kro-

ne auf Wunsch des Königs auf dem

preußischen Generallandtag be-

schlossen wurden. Der König ent-

sandte seine Delegierten zum preußi-

schen Landtag und legte durch sie

seine konkreten Wünsche im Hin-

blick auf die Höhe des Steueraufkom-

mens in Preußen zugunsten der Kro-

ne vor. Die Regenten des Ermlands,

d.h. Bischof und Domkapitel, waren

der Ansicht, dass die Beschlüsse die-

ses Landtages für sie nicht bindend

sind. Da sie aber die Beziehung zum

König nicht gefährden wollten, berie-

fen sie einen eigenen Landtag ein,

meistens in Heilsberg, und beschlos-




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