Kirchengeschichte (Historia ecclesiastica)


Die Irrlehre der Audianer



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10. Die Irrlehre der Audianer
Der ruhmvolle Kaiser verwendete also eine so große Sorgfalt auf die Bewahrung der apostolischen Lehre. Um dieselbe Zeit trat aber ein gewisser Audianus, seiner Abstammung und Sprache nach ein Syrer, als Erfinder neuer Lehren auf. Er hatte seine schlimmen Gedanken zwar schon längere Zeit mit sich herumgetragen, damals aber brachte er sie an das Tageslicht. Zunächst verstand er in unverständiger Weise das Wort: „Laßt uns den Menschen machen nach unserem Bild und Gleichnisse1!” Er meinte nämlich, das göttliche Wesen habe eine menschliche Gestalt, und vermutete, es sei von körperlichen Organen umschlossen, da er den Sinn der Heiligen Schrift nicht erfaßte. Sie legt nämlich oft der göttlichen Tätigkeit die Namen menschlicher Organe bei, weil hierdurch die Leute, welche das Geistigere nicht fassen können, leichter zur Erkenntnis der göttlichen Vorsehung gelangen. Zu dieser Gottlosigkeit fügte er noch andere ähnliche Lehren. Aus dem Irrtum des Manes nahm er die Lehre herüber, daß der Gott des Weltalls weder Schöpfer des Lichts noch der Finsternis sei. Jedoch pflegen seine Anhänger diese und ähnliche Ansichten geheim zu halten. Sie behaupten vielmehr, daß sie sich von den kirchlichen Versammlungen fernhalten, weil einzelne (von den Katholiken) schändlichen Wucher treiben, andere außerehelich mit Weibern verkehren und ein unsittliches Leben führen, und die übrigen sich von solchen Lastern zwar frei bewahren, aber doch ohne Scheu mit den Genannten Gemeinschaft pflegen. Aus diesem Grunde, sagen sie, lebten sie für sich allein, um so ihre gotteslästerliche Lehre zu verbergen. Jedoch ist selbst dieser Vorwand voll Selbstüberhebung und ein Erzeugnis pharisäischen Geistes. Denn auch die Pharisäer beschuldigten den Arzt der Seelen und Körper, indem sie zu den heiligen Aposteln sagten: „Warum speist denn euer Lehrer mit den Zöllnern und Sündern2?” Von solchen Menschen redet Gott durch den Propheten: „Die da sprechen: Ich bin rein, rühre mich nicht an! Das ist Rauch von meinem Grimme3.” Doch ist es gegenwärtig nicht an der Zeit, den Unsinn dieser Leute zu widerlegen. Daher will ich in meiner Erzählung fortfahren.

11. Die Irrlehre der Messalianer
In derselben Zeit entstand auch die Irrlehre der Messalianer. Diejenigen, welche den Namen in die griechische Sprache übertragen, nennen sie Euchiten. Sie haben aber auch noch eine andere, aus der Sache selbst geschöpfte Bezeichnung; sie werden nämlich Enthusiasten genannt, weil sie unter der Einwirkung eines bösen Geistes stehen, die sie für die Gegenwart des Heiligen Geistes halten. Diejenigen, welche die Krankheit vollständig in sich aufgenommen haben, lehnen die Handarbeit als etwas Böses ab, überlassen sich dem Schlafe und geben die Trugbilder ihrer Träume für Prophezeiungen aus. Die Urheber dieser Irrlehre waren Dadoes, Sabas, Adelphius, Hermas, Symeones und andere. Sie haben sich von der kirchlichen Gemeinschaft nicht getrennt, indem sie sagen, die göttliche Speise sei weder nützlich noch schädlich, während doch der Herr Christus von ihr sagt: „Wer mein Fleisch ißt und mein Blut trinkt, wird leben in Ewigkeit4.” Sie suchen aber ihre Krankheit zu verheimlichen, und selbst wenn sie überführt sind, leugnen sie frech und schütteln diejenigen von sich ab, die das gleiche denken, was sie selbst in ihrer Seele tragen.
Als nun Letoius, der die Kirche von Melitene leitete, ein von heiligem Eifer beseelter Mann, sah, daß viele Klöster oder vielmehr Räuberhöhlen mit dieser Krankheit behaftet seien, da steckte er dieselben in Brand und vertrieb die Wölfe aus der Herde. In derselben Weise verfuhr auch der berühmte Amphilochius, der mit der Hirtensorge für die Mutterkirche von Lykaonien betraut war und die ganze Provinz zu leiten hatte; als er bemerkte, daß diese Seuche auch dort eingedrungen war, erhob er sich dagegen und befreite die von ihm geweidete Herde von diesem Aussatze. Als der vielgenannte Bischof Flavian von Antiochien erfuhr, daß diese Leute sich in Edessa aufhielten und ihr Gift in der Umgegend verbreiteten, sandte er eine Schar von Mönchen dorthin und ließ sie nach Antiochien bringen, woselbst er sie, da sie ihre Krankheit ableugnen wollten, in folgender Weise überführte. Er sagte, die Ankläger seien Verleumder und die Zeugen Lügner; dann rief er den Adelphius, einen schon hochbetagten Greis, freundlich zu sich, ließ ihn neben sich Platz nehmen und sprach: „Wir, o Greis, die wir den größeren Teil des Lebens hinter uns haben, kennen auch die menschliche Natur genauer und verstehen besser die Kunstgriffe der feindlichen Dämonen, wie wir auch durch eigene Erfahrung den Zug der Gnade kennen gelernt haben. Diese Leute dagegen sind noch jung, haben von solchen Dingen keine gründliche Kenntnis und vermögen daher auch geistigere Ausführungen nicht zu ertragen. So erkläre mir denn, wie nach Euerer Meinung der feindliche Geist entweichen und die Gnade des Heiligen Geistes einziehen soll.” Durch diese Worte wurde der alte Mann ganz vertrauensselig und gab nun all das verborgene Gift von sich und erklärte, aus der heiligen Taufe schöpften die Empfänger gar keinen Nutzen, nur eifriges Gebet allein vermöge den einwohnenden Dämon auszutreiben. Denn jeder, der geboren werde, so sagte er, überkomme vom Stammvater wie die Natur so auch die Knechtschaft der Dämonen; wenn aber diese durch eifriges Gebet ausgetrieben werden, dann zieht der Heilige Geist ein, der seine Gegenwart fühlbar und sichtbar kundgibt und den Leib von den Regungen der Leidenschaft befreit und die Seele von der Neigung zum Bösen vollständig losmacht, so daß es fernerhin weder des Fastens bedarf, um den Körper in Zaum zu halten, noch der Belehrung, um die Seele zu zügeln und zu einem wohlgeordneten Lebenswandel anzuleiten. Wer es einmal so weit gebracht hat, wird dadurch nicht nur frei von den sinnlichen Regungen des Körpers, sondern er sieht auch deutlich die Zukunft voraus und schaut mit seinen Augen die göttliche Dreifaltigkeit. Nachdem der heilige Flavian auf solche Weise die übelriechende Quelle aufgegraben und das tödliche Gewässer bloßgelegt hatte, sprach er zu dem unglücklichen Greise: „O du alter Bösewicht! Nicht ich, dein eigener Mund überführt dich, und deine Lippen zeugen wider dich1.” — Als nun so die Krankheit klar erkannt war, wurden sie aus Syrien vertrieben; sie gingen nach Pamphylien und erfüllten auch dieses Land mit ihrer schändlichen Lehre.

12. Abfall des Valens zur Häresie
Ich will nun in meiner Erzählung fortfahren und den Anfang des Sturmes schildern, der so viele und heftige Wogen gegen die Kirchen geschleudert hat.
Valens zeichnete sich nach Übernahme der Regierung anfangs durch Festhalten an den apostolischen Lehren aus. Als aber die Gothen die Donau überschritten und Thrazien verheerten, beschloß er, ein Heer zu sammeln und gegen dieselben zu Felde zu ziehen. Er wollte aber nicht ohne die göttliche Gnade in den Kampf gehen, sondern geschützt durch die Rüstung der heiligen Taufe. Das war ein schöner und gar weiser Entschluß. Was aber darauf folgte, zeigt uns eine große Seelenschwäche und einen Verrat an der Wahrheit. Denn der Unglückliche erlitt ein ähnliches Schicksal wie unser Stammvater Adam. Auch er ließ sich durch die Worte seiner Gattin verführen und zum Sklaven machen, ja er wurde nicht etwa ein im Krieg gefangener Sklave, sondern ein Knecht, der sich durch trügerische Weiberworte unterjochen ließ. Seine Gattin war nämlich schon früher eine Beute des arianischen Irrtums geworden, und sie verführte nun auch ihn und überredete ihn, sich mit ihr in den Abgrund der Gotteslästerung zu stürzen. Führer, Leiter und Urheber war hierbei Eudoxius, der noch das Ruder der Kirche von Konstantinopel in Händen hielt, aber das Schiff nicht lenkte, sondern in die Tiefe versenkte. Er verpflichtete den Unglücklichen gerade bei Gelegenheit der Taufspendung durch Eidschwüre, daß er selbst bei der gottlosen Lehre verbleibe und daß er auch die Andersgesinnten überall austreibe.

13. Verbannung der durch Tugend ausgezeichneten Bischöfe1
So verließ der Kaiser die apostolische Lehre und ging zur Gegenpartei über, und kurze Zeit nachher erfüllte er das Übrige, was er eidlich versprochen hatte. Er vertrieb aus Antiochien den großen Meletius, aus Samosata den heiligen Eusebius, Laodicea beraubte er seines bewunderungswürdigen Hirten Pelagius. Dieser hatte in seiner Jugend das Joch der Ehe auf sich genommen, aber eben im Brautgemach am ersten Tage der Ehe seine Braut bewogen, die jungfräuliche Keuschheit der ehelichen Gemeinschaft vorzuziehen, und sie angeleitet, statt der ehelichen Vereinigung die geschwisterliche Liebe zu pflegen. So übte er die Enthaltsamkeit in der vollkommensten Weise. Aber auch die mit ihr verschwisterten Tugenden, verbunden mit ihr zum fröhlichen Reigen, vereinigte er in seiner Person. Deshalb hatte er auch die bischöfliche Würde durch einstimmige Wahl erhalten. Allein selbst der Glanz seines tugendhaften Wandels vermochte dem Feind der Wahrheit keine Achtung einzuflößen; er verbannte vielmehr diesen Mann nach Arabien, wie den heiligen Meletius nach Armenien und den Eusebius, der in apostolischer Tätigkeit so viel Schweiß vergossen, nach Thrazien.

14. Eusebius, Bischof von Samosata
Dieser Eusebius hatte nämlich, da er sah, daß viele Kirchen ihrer Hirten beraubt seien, sich in Soldatenkleidung gehüllt und eine Tiara auf das Haupt gesetzt und so Syrien, Phönizien und Palästina durchwandert und Priester und Diakonen geweiht und die anderen kirchlichen Ämter wieder besetzt; und wenn er irgendwo gleichgesinnte Bischöfe getroffen, hatte er sie den verwaisten Kirchen als Bischöfe vorgesetzt.
Welche Seelengröße aber und welche Weisheit er an den Tag legte, als er das kaiserliche Edikt empfing, das ihn anwies, nach Thrazien zu gehen, das sollte, meine ich, jeder erfahren, der es noch nicht weiß. Der Überbringer dieses Ediktes langte gegen Abend an. Der Bischof legte ihm nahe, von der Sache nichts zu sagen und den Grund seiner Ankunft geheim zu halten. „Denn”, sagte er, „wenn das Volk, das im Eifer für den göttlichen Dienst auferzogen ist, davon erfährt, wird es dich umbringen, ich aber werde für deine Ermordung zu büßen haben.” Nach diesen Worten hielt er wie gewöhnlich den Abendgottesdienst; dann bei Anbruch der nächtlichen Ruhezeit ging der greise Mann, nachdem er die Sache noch einem seiner Hausgenossen anvertraut hatte, ganz allein und zu Fuß von dannen. Es folgte ihm sein Diener nur mit einem Kopfkissen und einem Buche. So gelangte er an das Ufer des Flusses — unmittelbar an der Stadtmauer fließt nämlich der Euphrat vorbei —, bestieg ein Schiff und gab den Ruderern den Auftrag, auf Zeugma loszusteuern. Bei Tagesanbruch hatte er Zeugma erreicht, Samosata aber war voll Jammer und Wehklagen. Jener Hausgenosse hatte nämlich seinen Bekannten mitgeteilt, was ihm aufgetragen worden, wer mit dem Bischof in die Verbannung gehen und welche Bücher sie mitnehmen sollten; da jammerten alle über den Verlust ihres Hirten, und die ganze Fläche des Flusses füllte sich mit den Leuten, die dem Bischof nachfuhren. Als sie nach Zeugma kamen und ihren ersehnten Hirten wieder sahen, da weheklagten und seufzten sie und vergossen Ströme von Tränen und versuchten ihn zu bewegen, daß er bleibe und die Schafe nicht den Wölfen preisgebe. Da sie ihn aber nicht überreden konnten, vielmehr hören mußten, wie er sie an das Gebot des Apostels erinnerte, der deutlich befiehlt, den Obrigkeiten und Gewalten zu gehorchen1, da brachten ihm die einen Gold, andere Silber, andere Kleider und wieder andere Sklaven, wie einem Manne, der in ein fremdes und weit entlegenes Land reist. Er nahm aber nur einiges wenige von seinen näheren Freunden an, stärkte alle mit Belehrung und Gebet und ermahnte sie, für die apostolische Lehre immer entschieden einzutreten. Dann brach er nach der Donau auf. Die anderen aber kehrten in ihre Stadt zurück, sprachen sich gegenseitig Mut zu und erwarteten gefaßt den Angriff der Wölfe.

15. Eifer der Samosatener
Ich will nun auch erzählen von dem warmen und unverfälschten Glauben dieser Leute, da ich meine, ich würde ein Unrecht begehen, wenn demselben nicht in dieser Geschichte ein dauerndes Andenken gesichert würde. Nachdem die Arianer der Herde ihren allerbesten Hirten genommen, setzten sie an dessen Stelle einen anderen Vorsteher. Da war nun keiner von allen Bewohnern jener Stadt, keiner, der in Armut lebte, keiner, der im Reichtum schwelgte, kein Sklave, kein Handwerker, kein Landmann, kein Gärtner, kein Mann, kein Weib, kein Jüngling, kein Greis, der wie sonst in die kirchliche Versammlung gekommen wäre. Jener blieb ganz allein, da niemand ihn sehen noch mit ihm reden wollte. Doch soll er sehr menschenfreundlich gewesen sein. Ich will auch hierfür ein Beispiel anführen.
Als er einmal baden wollte, schlossen die Badediener die Türe, um andere, die etwa auch eintreten wollten, zurückzuhalten. Da er aber das draußen harrende Volk bemerkt hatte, befahl er, die Türe zu öffnen, und forderte alle auf, ohne Scheu an dem Bade teilzunehmen. Ganz dasselbe tat er auch drinnen in dem Badehause. Als er sah, daß, während er badete, einige zur Seite standen, lud er sie ein, gemeinsam mit ihm das warme Wasser zu gebrauchen. Doch diese blieben schweigend stehen. Da er dieses Stehenbleiben für ehrfurchtsvolle Scheu hielt, stieg er rascher als sonst aus dem Wasser und entfernte sich. Jene aber, in dem Glauben, auch das Wasser habe von dem Greuel der Häresie etwas an sich genommen, gossen es in die Abflußkanäle und ließen sich dafür neues mischen. Als er dieses erfuhr, verließ er eilends die Stadt, da er es für töricht und ganz unvernünftig erachtete, eine Stadt zu bewohnen, die Haß und allgemeine Abneigung gegen ihn hegte.
Nachdem Eunomius — so hieß er nämlich — Samosata verlassen hatte, stellten die Arianer anstatt seiner den Lucius als Bischof auf, der ganz offen ein Wolf2 und Feind der Schafe war. Aber wenn die Schafe auch ihres (rechtmäßigen) Hirten beraubt waren, sie übernahmen nunmehr selbst die Aufgabe, die sonst den Hirten obliegt: sie wachten fortgesetzt über die Reinerhaltung der apostolischen Lehre. Wie aber auch diesen (arianischen Bischof) alle verabscheuten, zeigt uns eine andere Geschichte.
Knaben vergnügten sich auf dem Marktplatze an einem kindlichen Spiel, indem sie sich einander einen Ball zuwarfen. Da geschah es nun, daß eben, während der Bischof vorüberritt, der abgeschleuderte Ball zwischen den Füßen des Esels hindurchfuhr. Da brachen die Knaben in lautes Klagen aus, weil sie meinten, ihr Ball sei dadurch befleckt worden. Der Bischof, der das bemerkte, gab einem seiner Begleiter den Auftrag, zurückzubleiben und zu beobachten, was weiter geschehen würde. Da zündeten die Knaben ein Feuer an und warfen den Ball durch die Flammen, in der Meinung, ihn so wieder reinigen zu können. Nun weiß ich ja wohl, daß dies ein Kinderstreich war und ein Überbleibsel der früheren Sitten; aber es ist doch bezeichnend für den tiefen Haß, den jene Stadt gegen die arianische Sekte im Herzen nährte.
Indessen ahmte Lucius keineswegs die Milde des Eunomius nach, vielmehr bewog er die Gewalthaber, noch viele andere aus dem Klerus zu verbannen; diejenigen aber, die in hervorragender Weise für die göttlichen Lehren stritten, schickte er an die äußersten Grenzen des römischen Reiches, so den Diakon Euolkius in die Oase in der vielgenannten Wüste und den Antiochus, der mit dem großen Eusebius verwandt war — er war ein Neffe desselben — und durch viele persönliche Tugenden glänzte und mit der priesterlichen Würde geschmückt war, bis an die entlegenste Grenze von Armenien. Mit welchem Eifer dieser letztere für die göttliche Lehre eintrat, zeigt folgendes Ereignis aus späterer Zeit.
Als der heilige Eusebius nach seinen zahlreichen Kämpfen und ebenso zahlreichen Siegen auch das Ende der Martyrer gefunden hatte1, trat wie gewöhnlich die Synode der Provinz zusammen. Da kam auch Jovinus, der damals Bischof von Perre (in Syrien) war. Er hatte sich kurze Zeit zur Gemeinschaft der Arianer gehalten. Da nun alle den Antiochus zum Nachfolger seines Oheims wählten, ihn an den heiligen Tisch führten und nötigten, niederzuknien, da bemerkte dieser, wie er sich umwandte, daß ihm Jovinus die rechte Hand auf das Haupt legte; sofort schüttelte er diese Hand ab und verlangte, daß Jovinus aus der Zahl der Weihenden ausgeschieden werde, weil er, wie er sagte, sich nicht eine Hand auflegen lassen könnte, welche gottesräuberisch konsekrierte Geheimnisse getragen hatte. Doch ereignete sich dieser Vorfall kurze Zeit später. Damals aber wurde er in das Innere von Armenien abgeführt. Der heilige Eusebius aber hielt sich an der Donau auf, während die Gothen Thrazien plünderten und die Städte belagerten, wie seine Briefe bezeugen.

16. Der heilige Barses, Bischof von Edessa
Barses, dessen Ruhm auch jetzt noch groß ist nicht nur in Edessa, das er als Bischof leitete, und in den benachbarten Städten, sondern auch in Phönizien, Ägypten und der Thebais, welche Länder er alle durchwanderte und in denen er wegen seiner glänzenden Tugenden allgemein bekannt und verehrt war, dieser Barses erhielt von Valens zuerst den Befehl, seinen Aufenthalt auf der Insel Aradus zu nehmen. Als aber der Kaiser erfuhr, daß Tausende von Menschen von allen Seiten her bei demselben zusammenströmten, weil er voll apostolischer Gnadengabe durch sein Wort die Krankheiten heilte, schickte er ihn nach Oxyrynchus, einer Stadt Ägyptens. Als aber auch hier sein Ruhm alle um ihn sammelte, wurde der des Himmels würdige Greis in das entlegenste, ganz nahe bei den dortigen Barbaren errichtete Kastell mit Namen Pheno abgeführt. In Aradus aber soll sein Bett bis auf den heutigen Tag aufbewahrt und hoch in Ehren gehalten werden. Viele Kranke, die auf dasselbe gelegt werden, erlangen durch den Glauben ihre Gesundheit wieder.

17. Die Verfolgung in Edessa
Wiederum stellte Valens für die Herde, die er ihres Hirten beraubt hatte, einen Wolf anstatt eines Hirten auf. Da verließen alle die Stadt und versammelten sich draußen vor derselben. Nun kam der Kaiser selbst nach Edessa und gab dem damaligen Präfekten Modestus den Befehl, die ihm unterstellten Soldaten, welche die Steuern einzuheben pflegen, zu sammeln und die vorhandene schwerbewaffnete Macht dazuzunehmen und die versammelte Menge zu zerstreuen und sie dabei mit Ruten und Stöcken zu schlagen und nötigenfalls auch die anderen Waffen zu gebrauchen. Gegen Tagesanbruch brachte nun der Präfekt den Befehl zur Ausführung. Als er über den Marktplatz ging, bemerkte er ein Weib mit einem Kinde auf den Armen, das sich sehr beeilte. Sie hatte sogar die ersten Reihen der Soldaten durchbrochen und vor ihnen allen keine Furcht gezeigt. Denn eine Seele, die von göttlichem Eifer entflammt ist, ist für menschliche Furcht nicht empfänglich, sondern hält derartige Schreckmittel für lächerlich und eitle Spielerei. Als der Präfekt sie erblickte und die Sache durchschaute, ließ er sie vorführen und fragte sie, wohin sie gehe. „Ich habe erfahren,” so antwortete sie, „daß gegen die Diener Gottes schlimme Anschläge geschmiedet worden sind und will mich zu meinen Glaubensgenossen begeben, in der Absicht, gemeinsam mit ihnen den von euch uns zugedachten Tod zu erleiden.” „Und das Kind,” erwiderte der Präfekt, „warum trägst du denn das Kind mit dir?” Sie antwortete: „Damit auch dieses mit mir des erwünschten Todes teilhaftig werde.” Da der Präfekt von der Frau diese Worte hörte und aus ihrer Gesinnung die Todesbereitschaft aller erkannte, meldete er die Sache dem Kaiser und legte ihm dar, daß die bevorstehende Hinrichtung ganz nutzlos sein würde. „Wir werden”, so sagte er, „von solchem Vorgehen nur Schande ernten, ihren Mut aber werden wir doch nicht brechen.” Durch diese Worte erreichte er nur, daß das Volk die erwarteten Leiden nicht zu kosten hatte, dagegen erhielt er den Auftrag, die Vorsteher desselben, nämlich die Priester und Diakonen, vorführen zu lassen und eines von den beiden Mitteln anzuwenden, entweder sie zu überreden, mit dem Wolf in Gemeinschaft zu treten, oder sie aus der Stadt zu vertreiben und in bestimmte Grenzorte zu schicken. Er ließ nun alle zusammenkommen und versuchte sie mit freundlichen Worten zu bewegen, den kaiserlichen Anordnungen sich zu fügen; denn, sagte er, es wäre doch heller Wahnsinn, wenn eine Handvoll Menschen dem Kaiser, der über so viele und so große Männer herrsche, Widerstand leisten wollte.
18. Die edessenischen Priester Eulogius und Protogenes
Da nun alle schweigend dastanden, sagte der Präfekt zu dem ersten aus ihnen: „Warum antwortest du denn nicht auf das, was wir gesagt haben?” Dieser entgegnete: „Ich glaubte, es sei nicht nötig, zu antworten, wenn man nicht gefragt wird.” „Aber”, erwiderte der Präfekt, „ich habe doch fürwahr viele Worte aufgewendet, um euch ans Herz zu legen, was euch frommt.” Eulogius entgegnete, seine Rede sei an alle gerichtet gewesen, und er habe es für unpassend gehalten, allein, ohne Rücksicht auf die übrigen, zu antworten. „Wenn du aber mich allein fragst, so werde ich meine Ansicht schon kundgeben.” „Nun ja,” erwiderte der Präfekt, „so halte Gemeinschaft mit dem Kaiser!” Darauf antwortete jener mit feiner Ironie und zutreffendem Witze: „Bringt er denn Opfer dar und hat er denn mit dem Kaisertum auch das Priestertum erhalten?” Der Präfekt, der den Spott wohl merkte, geriet in Zorn, überhäufte den Greis mit Schmähreden und sagte zum Schluß: „Das habe ich nicht gemeint, du unvernünftiger Mensch, sondern ich habe euch ermahnt, mit denjenigen Gemeinschaft zu halten, mit welchen der Kaiser Gemeinschaft hat.” Als der Greis darauf erwiderte, daß er einen Hirten habe und dessen Befehlen Folge leisten wolle, ließ jener gleichzeitig achtzig Männer ergreifen und nach Thrazien abführen. Auf dem Wege dahin erfreuten sich die Verbannten der größten Aufmerksamkeit; Städte und Dörfer zogen ihnen entgegen und feierten die siegreichen Kämpfer. Allein der Neid bewaffnete die Gegner und trieb sie an, dem Kaiser zu sagen, wie jenen Männern die als Unehre vermeinte Strafe nur sehr große Ehre eintrage. Auf diese Nachricht hin befahl Valens, sie zu je zweien voneinander zu trennen und die einen nach Thrazien, andere an die äußersten Grenzen von Arabien zu schicken, wieder andere in die kleinen Städte der Thebais zu verteilen. Wie man erzählt, hätten jene grausamen Menschen solche, welche die Natur miteinander verbunden, getrennt und Brüder auseinander gerissen. Den Eulogius, den Führer der übrigen, und den Protogenes, den nächsten nach ihm, schickte der Kaiser nach Antino in der Thebais.
Ich will aber ihre Tugend nicht der Vergessenheit anheimfallen lassen. Nachdem sie nämlich in dem Bischof der Stadt einen Gesinnungsgenossen gefunden hatten, nahmen sie an den kirchlichen Versammlungen teil, sahen aber, daß sich zu denselben nur ganz wenige einfanden, und erfuhren auf ihre Frage, daß die Bewohner der Stadt Heiden seien. Das schmerzte sie natürlich, und sie beklagten deren Unglauben. Sie waren jedoch nicht der Meinung, daß mit dem Klagen alles getan sei, vielmehr sorgten sie nach Kräften für die Heilung dieser Menschen. Der heilige Eulogius schloß sich in ein kleines Gemach ein und betete Tag und Nacht zu dem Gott des Weltalls. Der bewunderungswürdige Protogenes aber, der in den Schriftzeichen des Eunomius1 wohl bewandert und im Schnellschreiben geübt war, errichtete, nachdem er einen hierzu geeigneten Platz gefunden hatte, eine Unterrichts- und Erziehungsanstalt, trat als Lehrer der Knaben auf und unterrichtete sie gleichzeitig im Schnellschreiben und in den heiligen Schriften. Er diktierte ihnen nämlich Davidische Gesänge und ließ sie passende Stellen aus den Schriften der Apostel auswendig lernen. Und als einer der Knaben in eine Krankheit fiel, kam er in das Haus, faßte den Knaben an der rechten Hand und verscheuchte die Krankheit durch sein Gebet. Als die Väter der übrigen Kinder davon hörten, führten sie ihn in ihre Häuser und baten ihn, den Kranken zu helfen. Er aber entgegnete, er werde nicht eher Gott um Hinwegnahme der Krankheit bitten, bis der Kranke die Taufgnade empfangen habe. Die Kranken aber gingen, von der Sehnsucht nach Gesundheit getrieben, bereitwillig darauf ein und erlangten so gleichzeitig die Gesundheit der Seele und des Leibes. Wenn er aber einmal einen Gesunden dazu vermochte, sich der göttlichen Gnade teilhaftig zu machen, so führte er ihn zu Eulogius, klopfte an die Türe und bat ihn, zu öffnen und dem für das Christentum Gewonnenen das Siegel des Herrn aufzudrücken2. Und als dieser einmal unwillig wurde, weil er in seinem Gebete gestört wurde, entgegnete jener, notwendiger als das Gebet sei die Rettung der Irrenden. Es bewunderten aber alle den Protogenes, da sie sahen, wie er so erstaunliche Wunder wirkte und so vielen das Licht der Erkenntnis Gottes vermittelte und dennoch dem Eulogius den Vorrang einräumte und die für das Christentum Gewonnenen ihm zuführte. Sie schlossen daraus mit Recht, daß dessen Tugend noch viel größer und vorzüglicher sein müsse. Als endlich der Sturm sich legte und volle Windstille eintrat, erging an sie die Aufforderung zur Rückkehr. Da gaben ihnen alle das Geleite unter Wehklagen und Tränen, nicht zuletzt der Vorsteher jener Kirche, der nun ihre Mitarbeit entbehren mußte. Nachdem sie in ihr Vaterland zurückgekehrt waren, wurde der heilige Eulogius, da der große Barses zu einem schmerzlosen Leben hinübergegangen war, mit der Regierung der von jenem geleiteten Kirche betraut, der bewunderungswürdige Protogenes aber erhielt den Auftrag, seine Arbeit der Stadt Karrhä zu widmen, welche verwildert und mit heidnischen Disteln und Dornen angefüllt war und deshalb großer Sorgfalt bedurfte. — Dieses geschah nach der Wiederherstellung des kirchlichen Friedens.

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