Kirchengeschichte (Historia ecclesiastica)


Ursache der Trennung der Eunomianer von den Arianern



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30. Ursache der Trennung der Eunomianer von den Arianern2
Diesen Aëtius erhebt Eunomius in seinen Schriften, nennt ihn einen Mann Gottes und feiert ihn mit sehr vielen Lobsprüchen. Damals aber stand er auf seiten derjenigen, die ihn absetzten, und empfing von ihnen auch die bischöfliche Weihe. Eudoxius, Acacius und ihre Anhänger, die den oben3 erwähnten Glaubensdekreten von Nice in Thrazien beigestimmt hatten, weihten nun an Stelle des Basilius, Eudoxius und ihrer Anhänger in deren Kirchen neue Bischöfe. Ich halte es für überflüssig, aller übrigen zu gedenken, nur das auf Eunomius Bezügliche will ich hier erzählen.
Eunomius übernahm, obwohl Eleusius noch lebte, die Kirche von Cycicus. Da nun Eudoxius den gesunden Glauben des Volkes wahrnahm und den Unwillen des Kaisers merkte gegen diejenigen, welche behaupteten, daß der eingeborene Sohn Gottes geschaffen sei: so gab er dem Eunomius den Rat, seine wahre Gesinnung zu verheimlichen und sie denen nicht zu verraten, welche darauf ausgingen, einen Anlaß zur Klage zu finden. Später, so sagte er, wenn der rechte Augenblick gekommen ist, werden wir schon verkündigen, was wir jetzt geheim halten, werden die Unwissenden lehren und die Widerstrebenden entweder überreden oder zwingen oder strafen. Diesen Vorstellungen gab Eunomius nach und hüllte die gottlose Lehre, die er vortrug, vorsichtig in einen dunklen Schleier. Allein jene Zuhörer, welche in den göttlichen Schriften wohl unterrichtet waren, bemerkten das in seinen Reden versteckte Gift und ärgerten sich, hielten es aber nicht für klug, sondern für verwegen, ihm offen zu widersprechen. Sie umgaben sich deshalb mit der Maske häretischen Irrglaubens, suchten ihn in seinem Hause auf und baten ihn flehentlich, er möge ihnen doch offen die wahre Lehre auseinandersetzen und nicht zulassen, daß sie zwischen den verschiedenen Lehrmeinungen hin und her schwankten. Da faßte er Mut und legte ihnen seine wahre Gesinnung, die er bisher verborgen gehalten hatte, ganz offen dar. Nun sagten sie, es sei doch gegen menschliches und in hohem Grade auch gegen göttliches Recht, daß nicht alle Untergebenen der Wahrheit teilhaftig werden sollen. Durch solche und ähnliche Reden bewogen, ließ er sich herbei, seine gotteslästerliche Lehre auch in den kirchlichen Versammlungen zu enthüllen. Jene aber eilten, von ihrem feurigen Eifer getrieben, nach Konstantinopel, reichten zuerst bei Eudoxius eine Klageschrift gegen Eunomius ein; und als ersterer sie nicht vorließ, wandten sie sich an den Kaiser und jammerten über das Verderben, das von jenem Menschen komme; denn dessen Lehre, so sagten sie, sei noch gottloser als die Gotteslästerung des Arius. Der Kaiser, hierüber aufgebracht, befahl dem Eudoxius, den Eunomius vor sein Gericht zu ziehen, und wenn er schuldig befunden werde, des Priesteramtes zu entsetzen. Als aber Eudoxius auf das wiederholte Drängen der Kläger hin fortwährend Ausflüchte suchte, begaben sie sich nochmals zum Kaiser und klagten und wiesen besonders darauf hin, daß Eudoxius nichts von dem getan habe, was ihm befohlen worden sei, und daß er ruhig zusehe, wie eine so bedeutende Stadt den gotteslästerlichen Lehren des Eunomius preisgegeben sei. Da drohte Konstantius, den Eudoxius selbst in die Verbannung zu schicken, wenn er den Eunomius nicht vor sein Gericht ziehe, aburteile und, falls er der ihm zur Last gelegten Vergehen schuldig erkannt werde, in Strafe nehme. Durch diese Drohung erschreckt, gab Eudoxius dem Eunomius schriftlich den Rat, er möge aus Cycicus fliehen und die Schuld daran nur sich selbst zuschreiben, weil er die erhaltenen Ratschläge nicht befolgt habe. Eunomius zog sich nun zwar aus Furcht zurück, vermochte aber die Schande nicht ruhig zu ertragen, sondern beschuldigte den Eudoxius des Verrates und beteuerte, daß ihm sowohl wie dem Aëtius Unrecht geschehen sei.
Von dieser Zeit an gründete er eine eigene Partei. Alle nämlich, welche um die Übereinstimmung der beiden Männer in der Lehre wußten, klagten jetzt den Eudoxius des Verrates an, sagten sich von ihm los und schlossen sich an Eunomius an, nach dem sie noch bis auf den heutigen Tag benannt werden. Von da an war Eunomius ein Sektenstifter, der die gotteslästerliche Lehre des Arius mit seinen eigenen gottlosen Zusätzen noch bereicherte. Daß er aber nur aus leidenschaftlichem Ehrgeiz eine eigene Partei gebildet hat, das verkünden laut die Tatsachen. Denn als Aëtius abgesetzt und verbannt wurde, ging er mit demselben nicht fort, obwohl er ihn seinen Lehrer und einen Mann Gottes nannte, sondern blieb in enger Verbindung mit Eudoxius; als er aber selbst der Strafe für seine Gottlosigkeit verfiel, da nahm er das Urteil der Synode nicht an, sondern weihte Bischöfe und Priester, obschon er selbst der bischöflichen Würde beraubt war.
Das sind die Vorgänge, die sich in Konstantinopel zugetragen haben.

31. Die Belagerung der Stadt Nisibis und der apostolische Wandel des Bischofs Jakobus
Als der Perserkönig Sapor gegen die Römer zu Felde zog, sammelte Konstantius ein Heer und begab sich nach Antiochien. Es vertrieb aber die Feinde nicht das Heer der Römer, sondern der Gott der Frommgläubigen unter den Römern. Wie dieser Sieg errungen wurde, will ich nun erzählen.
Nisibis, das einige Antiochia Mygdonia nennen, liegt an der Grenze des persischen und römischen Reiches. Der Bischof dieser Stadt und Schützer und Feldherr derselben war Jakobus, den ich schon früher erwähnte1. Er strahlte im Glanze apostolischer Gnadenfülle. Da ich seine bewunderungswürdigen und vielgepriesenen Wunderwerke in meiner Mönchsgeschichte schon beschrieben habe2, so halte ich es für überflüssig und unnütz, dieselben hier noch einmal aufzuzählen; nur eines will ich berichten, das mit der vorliegenden Geschichte zusammenhängt. Die von ihm verwaltete Stadt gehörte zum römischen Reiche und wurde deshalb vom persischen Heere belagert. Aber obschon dieses bereits siebzig Tage vor der Stadt lag und viele Helepolen3 an die Mauer heranführte und zahlreiche andere Belagerungsmaschinen ringsum aufstellte und Wälle und Gräben herstellte, konnte es die Stadt doch nicht einnehmen. Endlich staute man auf weite Entfernung hin die Fluten des Stromes, der die Stadt in der Mitte durchschneidet und Mygdonius heißt, und erhöhte die Flußufer auf beiden Seiten durch Errichtung von Dämmen, die den Strom fest zusammenhalten sollten; als man dann sah, daß das Wasser sehr hoch geworden und endlich bereits über den Damm hinwegspülte, da ließ man es plötzlich wie eine Maschine gegen die Mauer los. Diese hielt vor dem überaus heftigen Andrang nicht stand, sondern neigte sich und stürzte zusammen. Dasselbe Schicksal erlitt der entgegengesetzte Teil der Stadtmauer, durch welchen der Mygdonius seinen Ausgang nahm; auch dieser brach zusammen, weil er den Anprall nicht auszuhalten vermochte. Als Sapor dieses sah, hoffte er, sich nunmehr mit Leichtigkeit der Stadt bemächtigen zu können. Doch unternahm er an diesem Tage nichts mehr, damit der schlammige Boden trocknen und der Fluß leicht durchschritten werden könnte. Als er aber am folgenden Tage mit dem ganzen Heere vorrückte in der Erwartung, über die eingestürzten Teile der Mauer hinweg in die Stadt eindringen zu können, da sieht er, daß die Stadtmauer an den beiden Stellen wieder aufgebaut und seine Mühe umsonst gewesen ist. Jener göttliche Mann hatte nämlich durch sein Gebet sowohl die Soldaten wie auch die übrigen Bewohner der Stadt mit Mut und Kraft erfüllt, die Mauer ausgebessert und die Kriegsmaschinen auf derselben aufgestellt, mit denen er die Angreifer zurücktrieb; und solches bewirkte er, ohne der Mauer nahe zu kommen, dadurch, daß er drinnen, im Tempel Gottes, den Herrn des Weltalls um seine Hilfe anflehte. Sapor wurde aber nicht nur durch die Schnelligkeit des Wiederaufbaues in Bestürzung, sondern überdies noch durch eine Erscheinung in Schrecken versetzt. Er sah nämlich auf der Mauer einen Mann stehen in kaiserlicher Rüstung, von dessen Purpurgewand und Diadem glänzende Strahlen ausgingen. Da er vermutete, es könnte der römische Kaiser sein, bedrohte er diejenigen mit dem Tode, welche ihm gemeldet hatten, daß derselbe nicht anwesend sei. Als diese aber versicherten, daß ihre Meldung der Wahrheit entspreche, und beteuerten, daß Konstantius in Antiochien weile, da erkannte er die Bedeutung des Gesichtes und äußerte sich, Gott kämpfe für die Römer. Zornentbrannt sandte der Unglückselige einen Pfeil in die Luft; denn obschon er wußte, daß er den Körperlosen nicht treffen könne, so vermochte er doch den heftigen Drang seiner Wut nicht zu beherrschen.
Nunmehr forderte der bewunderungswürdige Ephräm — es ist dieses der hervorragendste Schriftsteller unter den Syrern — den heiligen Jakobus auf, die Mauer zu besteigen, die Barbaren sich anzusehen und die Pfeile des Fluches gegen sie zu senden. Der Mann Gottes gab den Bitten nach, stieg auf einen Turm, überblickte die nach Tausenden und Abertausenden zählende Menge, sprach aber keinen anderen Fluch aus als die Bitte, daß Ameisen und Mücken über sie gesandt würden, damit man selbst durch diese kleinen Tierchen die Macht desjenigen erkennen möchte, der den Belagerten zur Seite stand. Auf dieses Gebet hin erschienen ganze Wolken von Ameisen und Mücken, welche die hohlen Rüssel der Elephanten und die Ohren und Nasen der Pferde und anderen Tiere erfüllten. Diese konnten den Angriff der kleinen Tierchen nicht ertragen, zerrissen die Zügel, warfen die Reiter ab, verwirrten die Schlachtordnung, verließen das Lager und eilten in rasender Flucht davon. Hierauf zog der unglückliche König mit seinem Heere ab, nachdem er durch eine kleine und menschenfreundliche Zurechtweisung die Macht Gottes, der für die Frommen sorgt, kennen gelernt hatte. Er hatte sich bei der Belagerung nicht Sieg, sondern nur Schande geholt.

32. Synode zu Antiochien. Das Verfahren gegen den heiligen Meletius1
Zu jener Zeit hielt sich Konstantius in Antiochien auf. Nachdem die Ruhe hergestellt und der persische Krieg beendet war, versammelte er wieder Bischöfe und wollte sie zwingen, daß sie sämtlich sowohl den Ausdruck „wesensgleich1“ als auch den anderen „wesens-ungleich2“ verwerfen sollten. Da Eudoxius, der nach Leontius jenen Stuhl (von Antiochien) an sich gerissen hatte, später verbannt worden war und nach vielen Synoden widerrechtlich sich der Kirche von Konstantinopel bemächtigt hatte, so war die antiochenische Kirche damals ihres Hirten beraubt. Als nun die Bischöfe hier zusammenkamen — es waren ihrer aber viele von allen Seiten her erschienen —, da erklärten sie, man müsse zuerst der Herde einen Hirten vorsetzen, dann erst könne man gemeinschaftlich mit diesem über die Dogmen beraten.
Um jene Zeit hatte der vortreffliche Meletius zuerst eine Stadt Armeniens regiert, sich aber später aus Ärger über die Unbotmäßigkeit seiner Untergebenen an einen anderen Ort in die Ruhe zurückgezogen3. Diesen hielten die Arianer für ihren Glaubens- und Gesinnungsgenossen und baten deshalb den Konstantius, ihm die Regierung der antiochenischen Kirche zu übergeben. In ihrem Bestreben, der gottlosen Lehre zur Herrschaft zu verhelfen, übertraten sie nämlich ohne Scheu jegliches Gesetz; ja die Übertretung der Gesetze wurde das Fundament ihrer Gottlosigkeit. An vielen Orten hatten sie viele derartige Neuerungen vorgenommen4. Aber auch die treuen Anhänger der apostolischen Lehre, welche die Rechtgläubigkeit des großen Meletius kannten und den Glanz seines Lebens und den Reichtum seiner Tugenden wahrnahmen, stimmten zu und arbeiteten mit dem größten Eifer darauf hin, daß die Abstimmung schriftlich geschehe und von allen unterschrieben werde. Dieses Dokument übergaben sie, die einen wie die anderen, wie die gemeinsame Vertragsurkunde dem Bischof Eusebius von Samosata, einem echten Verteidiger der Wahrheit, zur Aufbewahrung. Als der große Meletius nach Empfang der kaiserlichen Berufung anlangte, kamen ihm alle Bischöfe entgegen; es zogen ihm aber auch entgegen die übrigen Grade des Klerus der Kirche und das gesamte Volk der Stadt; selbst Juden und Heiden fanden sich ein, um den weltberühmten Meletius zu sehen.
Der Kaiser aber befahl ihm und den anderen, welche reden konnten, dem Volke die Stelle zu erklären: „Der Herr schuf mich als Erstling seiner Wege zu seinen Werken5.“ Zugleich beauftragte er geübte Schnellschreiber, die Worte eines jeden genau aufzuzeichnen, weil er glaubte, daß infolgedessen die Erklärungen um so sorgfältiger gegeben würden. Zuerst nun gab Georg von Laodicea seine übel riechende Irrlehre von sich; hierauf trug Acacius von Cäsarea eine sozusagen in der Mitte liegende Lehre vor, die zwar soweit als möglich von der Gottlosigkeit der ersteren abrückte, aber doch den apostolischen Charakter nicht rein und unverfälscht bewahrte; an dritter Stelle erhob sich der große Meletius und legte die wahre und echte Regel der Gotteslehre dar. Indem er nämlich die Wahrheit zur Richtschnur seiner Lehre nahm, vermied er glücklich das Zuviel und Zuwenig. Es wurde ihm von seiten des Volkes sehr großer Beifall gespendet, nur baten sie ihn, er möchte ihnen eine ganz kurze Lehrformel geben. Da zeigte er ihnen drei Finger, bog dann zwei davon ein und ließ nur einen ausgestreckt und sprach dazu die denkwürdigen Worte: „Drei sind es für unser Denken, aber wie zu einem reden wir1.“
Gegen diese Erläuterung erhoben die an der geistigen Krankheit des Arius Leidenden ihre Stimme und ersannen die verleumderische Anklage, daß der heilige Meletius sabellianisch denke; und wirklich gelang es ihnen, den unbeständigen Kaiser, der sich mit Leichtigkeit bald auf diese, bald auf jene Seite ziehen ließ, zu überreden und zu veranlassen, daß er den Meletius wieder in seine Heimat zurückschickte. Und sofort setzten sie an seine Stelle den Euzoius, einen offenkundigen Anhänger der arianischen Lehre. Derselbe war als Diakon von dem großen Alexander zugleich mit Arius abgesetzt worden2. Alsbald nun sonderte sich der gesunde Teil des Volkes von dem kranken3 und hielt fortan seine Versammlungen in der Apostelkirche, welche in der Altstadt gelegen ist. Dreißig Jahre hatten sie ausgehalten, seitdem gegen den berühmten Eustathius die Verfolgung eröffnet worden war4, hatten beständig die Schamlosigkeit der Arianer ertragen und immer auf eine günstige Wendung der Dinge gehofft. Als sie aber sahen, wie die Gottlosigkeit bei denselben nur zunahm, wie die Anhänger der apostolischen Lehre öffentlich bekämpft und im geheimen verfolgt wurden, wie der heilige Meletius vertrieben wurde und Euzoius, der Vorkämpfer der Häresie, an seiner Stelle den Vorsitz übernahm, da gedachten sie der Worte, die zu Lot gesprochen worden waren: „Rette deine Seele5!” Dazu erinnerten sie sich der Vorschrift des Evangeliums, welche deutlich bestimmt: „Wenn dein rechtes Auge dich ärgert, so reiß es aus und wirf es von dir6!“ Dasselbe hat der Herr auch in bezug auf Hand und Fuß befohlen und hinzugefügt: „Denn es ist dir nützlicher, wenn eines von deinen Gliedern zugrunde geht, als wenn dein ganzer Körper in die Hölle geworfen wird7.“
Auf diese Weise entstand also die Spaltung in der Kirche.

33. Bischof Eusebius von Samosata
Als der vorhin erwähnte bewunderungswürdige Eusebius, dem das gemeinsame Wahlprotokoll zur Aufbewahrung übergeben worden war8, die Verletzung der Übereinkunft wahrnahm, kehrte er wieder in die ihm anvertraute Stadt zurück. Die Gegner aber fürchteten das beweiskräftige Schriftstück und wirkten auf Konstantius ein, daß er die Urkunde durch einen Boten abholen lasse. Der Kaiser ließ sich wirklich überreden und sandte einen von jenen Eilboten, welche auf dem Wege die Pferde zu wechseln und so die Antwort so schnell wie möglich zu überbringen haben. Als dieser hinkam und den Auftrag des Kaisers meldete, antwortete der bewunderungswürdige Eusebius: „Ich kann das mir anvertraute gemeinsame Vertragsdokument nicht ausliefern, bevor alle zusammenkommen, die es mir übergeben haben.“ Solches meldete der Bote seinem Auftraggeber. Dieser entbrannte in heftigem Zorn und sandte dem Bischof einen Brief mit dem wiederholten Auftrag, das Schriftstück auszuliefern, und er fügte hinzu, daß er den Befehl gegeben habe, ihm die rechte Hand abzuhauen, wenn er die Wahlurkunde nicht herausgebe. Dieses schrieb er aber nur, um ihn bange zu machen; denn dem Überbringer des Briefes verbot er, die Drohung auszuführen. Als nun jener göttliche Mann den Brief öffnete und aus dem Inhalte ersah, welche Strafe ihm der Kaiser androhte, reichte er mit der rechten Hand auch die linke hin und verlangte, daß man ihm beide abhaue. „Denn die Wahlurkunde“, sagte er, „werde ich nicht herausgeben; sie ist ein zu deutlicher Beweis von der Schlechtigkeit der Arianer.“ Da Konstantius von dieser mannhaften Tat erfuhr, staunte er schon damals darüber und hörte auch in der Folgezeit nicht auf, sie zu bewundern. Denn auch die Feinde bewundern die Vorzüge ihrer Gegner, überwältigt von der Größe ihrer Taten.
Um diese Zeit brachte Konstantius in Erfahrung, daß Julian, den er zum Cäsar Europas ernannt hatte, nach größerem strebe und gegen den Urheber seiner Würde ein Heer sammle. Daraufhin brach er aus Syrien auf, beschloß aber in Cilicien sein Leben. Denn er hatte den nicht zum Helfer, den ihm sein Vater als solchen hinterlassen hatte, da er das väterliche Erbe der frommen Rechtgläubigkeit nicht unversehrt bewahrte. Darum bereute er (im Sterben) bitterlich klagend den Wechsel seines Glaubens1. Drittes Buch (361—363)

Drittes Buch [361—363]


1. Die Regierung des Kaisers Julian2
Seufzend und weheklagend über seinen Abfall vom Glauben seines Vaters war Konstantius aus dem Leben geschieden. Julian erfuhr dessen Tod, als er eben im Begriffe war, von Europa nach Asien herüber zu ziehen. Von neuem Mute beseelt, übernahm er die Regierung, die ihm niemand mehr streitig machte.

2. Die christliche Erziehung Julians
Julian hatte in seiner Jugend, als er noch ein Kind war, zugleich mit seinem Bruder Gallus die Milch der christlichen Lehre eingesogen, und auch als Knabe und Jüngling hatte er noch dieselbe Unterweisung erhalten. Aus Angst aber vor Konstantius, der, Empörungen befürchtend, seine Verwandten aus dem Wege räumte, ließ er sich unter die Lektoren aufnehmen und las in den kirchlichen Versammlungen dem Volke die heiligen Schriften vor. Er ließ auch eine Martyrerkapelle bauen, aber die Martyrer nahmen sie nicht an, da sie seinen Abfall zum Heidentum voraussahen. Die Fundamente waren nämlich gerade so wie seine Gesinnung, ohne Festigkeit, und so stürzte die Kapelle ein, bevor sie eingeweiht wurde. Dergestalt verlief also seine Kindheit und seine Jugend.

3. Julians Übertritt zum Heidentum. Anfängliche Verheimlichung desselben
Als Konstantius nach dem Abendlande aufbrach, wohin ihn der Krieg gegen Magnentius rief, da ernannte er den Gallus zum Cäsar des Morgenlandes. Dieser war rechtgläubig und blieb es bis an sein Ende. Julian aber bannte die Furcht, die ihm so nützlich gewesen wäre, aus seinem Herzen, waffnete sich, nicht zu seinem Vorteile, mit kühnem Mute und richtete seine Begierde auf die kaiserliche Herrschaft. Von demselben Verlangen getrieben, durchreiste er Griechenland und suchte Wahrsager und Orakeldeuter auf, um zu erfahren, ob er das Ziel seiner Sehnsucht erreichen würde. Er traf auch einen Menschen, der ihm dieses kundzumachen versprach. Derselbe führte ihn in einen Götzentempel, ließ ihn in das innerste Heiligtum eintreten und rief die trügerischen Dämonen. Als nun diese in der gewohnten Gestalt sich zeigten, trieb ihn die Furcht, das Zeichen des Kreuzes auf seine Stirne zu machen. Kaum hatten jene das Siegeszeichen des Herrn erblickt, als sie, an ihre Niederlage erinnert, sofort sich auf und davon machten. Der Gaukler, der die Ursache ihrer Flucht wohl erkannte, machte Julian Vorwürfe. Dieser gestand auch, daß er sich gefürchtet habe, erklärte aber zugleich, daß er sich wundern müsse über die Macht des Kreuzes; die Dämonen waren nämlich entflohen, weil sie das Zeichen desselben nicht ansehen konnten. „Glaube doch das nicht, mein Bester“, entgegnete der Gaukler, „nicht aus Furcht, wie du meinst, sondern aus Abscheu vor deiner Tat sind sie davongeeilt.” So täuschte er den Unglückseligen, weihte ihn in die Mysterien ein und erfüllte ihn mit seiner schändlichen Gesinnung. So brachte die Herrschsucht den Bedauernswerten um seinen christlichen Glauben.
Dennoch hielt er, zur Herrschaft gelangt, seine ungläubige Gesinnung noch lange verborgen, besonders aus Furcht vor den Soldaten, die in der christlichen Religionslehre wohl unterrichtet waren. Es hatte sie nämlich zuerst schon der berühmte Konstantin nicht nur von dem früheren Irrwahn befreit, sondern auch in den Lehren der Wahrheit eingehend unterwiesen; sodann hatten seine Söhne die von dem Vater herrührenden Kenntnisse in ihnen noch mehr befestigt. Denn wenn auch Konstantius, irregeführt von den Räten, die ihn leiteten, den Ausdruck „wesensgleich” nicht zuließ, so hat er doch wenigstens den Sinn desselben aufrichtig bekannt. Er nannte ja den Gott Logos den wahren Sohn, der vor den Zeiten aus dem Vater gezeugt ist, und schloß diejenigen, welche ihn ein Geschöpf zu nennen wagten, geradezu aus der kirchlichen Gemeinschaft aus; den Götzendienst aber untersagte er vollständig. Ich will auch noch einen anderen ruhmwürdigen Zug von ihm mitteilen, der geeignet ist, seinen Eifer für die Religion zu bezeugen. Im Kriege gegen Magnentius versammelte er das ganze Heer und riet allen, die heiligen Geheimnisse zu empfangen, indem er sagte, das Ende des Lebens sei zwar immer ungewiß, nicht am wenigsten aber in einem Kriege, wo von beiden Seiten Tausende von Geschossen, Lanzen und Spießen abgeschleudert würden, wo dazu noch Schwerter und Dolche anstürmten und die anderen Kriegswerkzeuge, durch welche ein gewaltsamer Tod herbeigeführt werden könne. „Deshalb muß jeder jenes kostbare Gewand besitzen, dessen wir ganz besonders im jenseitigen Leben bedürfen. Wenn aber einer zögert, sich dieses Gewand zu verschaffen, so möge er jetzt von hier fortgehen und nach Hause zurückkehren; denn ich will mit noch Ungetauften keinen Krieg führen1.”

4. Die Rückkehr der Bischöfe
Da Julian dieses wohl wußte, so trug er seine unchristliche Gesinnung nicht öffentlich zur Schau, im Gegenteil, um alle für sich einzunehmen, erließ er die Verordnung, daß die von Konstantius von ihren Kirchen vertriebenen und in den entlegensten Gegenden der Erde wohnenden Bischöfe wieder zu ihren Kirchen zurückkehren sollten. Auf Grund dieses Gesetzes kehrte der göttliche Meletius wieder nach Antiochien, der vielgepriesene Athanasius wieder nach Alexandrien zurück. Eusebius und Hilarius aus Italien und Lucifer, dem das Hirtenamt über die Insel Sardinien übertragen worden war1, weilten in der an Ägypten grenzenden Thebais, wohin sie Konstantius verbannt hatte. Diese versammelten sich mit den anderen Gesinnungsgenossen und erklärten, man müsse die Kirchen wieder zur Eintracht zurückführen. Dieselben wurden nämlich nicht mehr bloß von Andersgläubigen verfolgt, sondern in ihrem eigenen Schoße waren Parteien entstanden, die sich gegenseitig befehdeten.
So war in Antiochien der gesunde Leib der Kirche in zwei Teile gespalten: die einen nämlich hatten sich gleich anfangs aus Anhänglichkeit an den berühmten Eustathius von den übrigen getrennt und gesonderten Gottesdienst gehalten; die anderen hatten sich mit dem bewunderungswürdigen Meletius von der Verbindung mit den Arianern zurückgezogen und feierten die heiligen Geheimnisse in der sogenannten Altstadt. Es hatten aber beide Parteien ein und dasselbe Glaubensbekenntnis; jede Partei trat für die zu Nizäa aufgestellte Lehre in die Schranken. Was sie voneinander trennte, war einzig und allein die Streitsucht und die Liebe zu ihren Bischöfen. Ja nicht einmal der Tod des einen Bischofs machte der Spaltung ein Ende. Obwohl nämlich Eustathius schon vor der Weihe des Meletius gestorben war und obwohl die Anhänger des rechten Glaubens nach der Verbannung des Meletius und der Weihe des Euzoius die Verbindung mit den Irrgläubigen wieder abgebrochen hatten und gesonderte Versammlungen hielten, so ließen sich die Eustathianer doch nicht bewegen, sich mit ihnen zu vereinigen.
Eusebius, Lucifer und ihre Freunde suchten nun Mittel und Wege ausfindig zu machen, um diese Vereinigung wieder herzustellen. Eusebius bat den Lucifer, nach Alexandrien zu kommen und mit dem großen Athanasius hierüber Beratung zu pflegen; er selbst wollte die Mühe übernehmen, die beiden Parteien miteinander zu versöhnen2.

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