Landtag Plenarprotokoll Nordrhein-Westfalen 16/133 16. Wahlperiode 25. 01. 2017 133. Sitzung



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Vizepräsident Dr. Gerhard Papke: Vielen Dank, Herr Kollege Abel. – Für die CDU-Fraktion spricht Herr Kollege Dr. Optendrenk.

Dr. Marcus Optendrenk (CDU): Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Wir stehen für Steuergerechtigkeit. Auch in Zukunft soll jeder einen angemessenen Teil zur Finanzierung öffentlicher Leistungen beitragen. Niemand darf sich seiner angemessenen Verantwortung für die Gesellschaft entziehen. Dazu werden wir weiter Steuerschlupflöcher schließen und Steuerhinterziehung bekämpfen. Das hat der CDU-Bundesvorstand am 13./14. Januar 2017 beschlossen.

(Stefan Zimkeit [SPD]: Oh, schon!)

Damit unterstützt die Union zu 100 % den erfolgreichen Kurs von Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble.

(Zuruf von Stefan Zimkeit [SPD])

Wegen seiner beharrlichen Arbeit in der Bundesregierung, in Europa, in der OECD, in der G20 gehört Deutschland zu den Vorreitern im Kampf gegen Steuerhinterziehung, Steuerumgehung und unsoziale Steuergestaltung.

(Vereinzelt Beifall von der CDU)

Seit Wolfgang Schäuble Bundesfinanzminister ist, hat Deutschland auf diesem Feld viel mehr erreicht als in den 30 Jahren davor. Das schließt, Kollege Zimkeit, insbesondere die Zeit von 1998 bis 2009 mit ein. In dieser Zeit ist auf diesem Feld nämlich nichts geschehen. Bekanntermaßen hießen da die Finanzminister auf Bundesebene Hans Eichel und Peer Steinbrück und gehörten Ihrer Partei an.

In Erinnerung ist eher geblieben, dass sich Peer Steinbrück für Steuererleichterungen für Heuschrecken eingesetzt hat, um den internationalen Kapitalmarkt mehr nach Deutschland zu holen. Die Milliarden an Steuerausfällen, die daraus resultierten, haben wir heute noch gut in Erinnerung. Manches, was Sie heute als unsozial diskutieren, was wir heute gemeinsam versuchen, in Bund und Land zu korrigieren, stammt aus der Zeit von Hans Eichel und von Peer Steinbrück als Bundesfinanzminister.

(Beifall von der CDU – Zuruf von Stefan Zimkeit [SPD])

Es war ganz im Gegenteil Wolfgang Schäuble, der auf europäischer Ebene das Projekt – der Fachbegriff ist BEPS – vorangetrieben hat, Gewinnverlagerungen und Gewinnverkürzungen entsprechend einzuschränken. Er hat das von Beginn an mit unterschrieben.

All das, was wir hier auf Landesebene diskutieren, kommt mir als Relativierung vor, als der Versuch, einen Popanz aufzubauen, als würde der Bundesfinanzminister nicht genug tun, und Sie hätten den Stein der Weisen erfunden.

Die Wahrheit ist aber: In der Großen Koalition in Berlin ist viel Gutes dazu passiert, übrigens auch in Zusammenarbeit mit Ihrem ehemaligen oder Noch-Wirtschaftsminister Sigmar Gabriel. Es wäre es vielleicht ganz gut, wenn Sie nicht immer den Eindruck erzeugen würden, dass die Bundesregierung an der Stelle nicht arbeiten würde. Das ist erstens falsch und zweitens für einen Genossen verdammt unsolidarisch gegenüber seinen Berliner Freunden.

(Zuruf von Britta Altenkamp [SPD])

Im Sommer haben sich übrigens die Mitgliedsstaaten der Europäischen Union auf weitere Vorschriften zur Bekämpfung der Steuervermeidung geeinigt, und zwar wieder unter maßgeblicher Beteiligung des Bundes.

Vizepräsident Dr. Gerhard Papke: Herr Kollege, entschuldigen Sie. Würden Sie eine Zwischenfrage von Herrn Kollegen Abel zulassen?

Dr. Marcus Optendrenk (CDU): Ja.

Vizepräsident Dr. Gerhard Papke: Bitte.

Martin-Sebastian Abel (GRÜNE): Vielen Dank, Herr Präsident. – Vielen Dank, Herr Kollege, dass Sie meine Zwischenfrage zulassen. Da Sie eben die Bundesregierung so überaus gelobt haben, frage ich: Welche Punkte des Zehnpunkteplans des Bundesfinanzministers, veröffentlicht auf dem Höhepunkt der Enthüllungen zu den Panama Papers, sind bereits umgesetzt, und welche der noch nicht umgesetzten Punkte halten Sie für am dringlichsten?

Damit einhergehend: Warum stimmen Sie unserem Antrag nicht zu, wenn er doch im Wesentlichen die Punkte enthält, die Ihr Bundesfinanzminister vorgeschlagen hat?



Vizepräsident Dr. Gerhard Papke: Das waren zwar drei Fragen, aber Herr Kollege Optendrenk sucht sich etwas davon heraus.

Dr. Marcus Optendrenk (CDU): Herr Kollege Abel, danke, dass Sie danach fragen. Der Punkt ist nur: Wir sind hier im Landtag von Nordrhein-Westfalen.

(Zuruf von Stefan Zimkeit [SPD])

Ich finde es schon bemerkenswert, was Sie hier permanent tun. Ich habe ja versucht, Ihnen darzustellen, dass es sich tatsächlich nur um eine bundespolitische Materie handelt. Das, was Sie hier im Landtag von Nordrhein-Westfalen regelmäßig seit zwei, drei Jahren betreiben, geschieht doch nur, um davon abzulenken, dass Sie keine Idee haben, wo das Land hinsoll, wie Sie den Haushalt strukturell in den Griff bekommen.

Führen Sie sich einmal vor Augen, was Sie hier wissen wollen. Sie werfen eine bundespolitische Fragestellung auf, zu der das Gesetzgebungsverfahren läuft. Zusammen mit Ihren Kollegen in Berlin könnten Sie daran mitwirken. Warum diskutieren Sie es an dieser Stelle? Ich versuche, mich den Dingen zu stellen, obwohl wir im Landtag explizit nicht für Fragen der Steuerpolitik zuständig sind. Daher bitte ich herzlich, dass wir uns darauf konzentrieren, das zu tun, wofür wir gewählt worden sind.

(Zurufe von der SPD)

Die Kollegen in Berlin sind für die bundespolitischen Themen gewählt worden.

Ich berichte jetzt einfach weiter. Bei den Steuervermeidungsstrategien, die wir auf Bundesebene, auf europäischer Ebene, in der OECD und G20 miteinander vereinbart haben – die Bundesregierung treibt das aus meiner Sicht sehr sinnvoll voran –, handelt es sich nicht um einfache Dinge, zu denen man mal eben im Landtag sagen kann: Lasst uns doch dieses und jenes unterstützen, dann ist es schon passiert. – Sie wissen doch selbst – und das ist nicht nur in der Steuerpolitik so –, dass die Dinge viel mit dem Bohren ganz dicker Bretter zu tun haben.

Ich darf noch ein weiteres Beispiel vortragen. Am 21. Dezember hat die Bundesregierung ein Gesetz zur Bekämpfung von Steuerumgehung beschlossen. Darin geht es unter anderem um eine Regelung für Briefkastenfirmen. Demnächst muss beim Finanzamt gemeldet werden, wenn man da sein Geld anlegt. Noch viele andere sinnvolle Dinge stehen darin.

Gerade heute ist ein Gesetzentwurf der Bundesregierung zum Thema „Lizenzschranke“ vorgelegt worden. Damit – das war einer der ganz wesentlichen Punkte, die uns allen, glaube ich, sehr auf den Nägeln brennen – kann in Zukunft eine deutliche Verbesserung erreicht werden. Es geht darum, dass die Verlagerung von Patent- bzw. Lizenzgebühren innerhalb eines Konzerns in Zukunft so nicht mehr passieren kann, dass man nicht einfach die Gewinne nach Irland, in die Niederlande oder anderswohin verlagern kann, obwohl die tatsächliche Wirtschaftsleistung hier passiert; all die Stichwörter haben Sie genannt.

(Zuruf von Martin-Sebastian Abel [GRÜNE])

Damit das nicht mehr passieren kann, gibt es die Gesetzgebungsinitiative der Bundesregierung. Dafür sind wir sehr dankbar. Es wäre gut, wenn auch aus diesem Hause ein Signal käme, das wir die Arbeit der Bundesregierung an dieser Stelle unterstützen. Der Landtag von Nordrhein-Westfalen sollte sich nicht mit Nebenkriegsschauplätzen beschäftigen.

Ich bin der Auffassung, dass wir in Nordrhein-Westfalen so große Aufgaben haben – ob es die innere Sicherheit, die Haushalts- und Finanzpolitik oder die Struktur- und Wirtschaftspolitik ist –, dass wir nicht solche Debatten führen sollten und die Zeit an der Stelle …

(Stefan Zimkeit [SPD]: Steuergerechtigkeit ist also nicht wichtig!)

– Das Thema sollten wir in Berlin miteinander diskutieren. Wir können auch gerne im Wahlkampf darüber sprechen. Es ist im Grunde Ihre Flucht in andere Themen, weil Sie hier nichts zu bieten haben. – Herzlichen Dank.

(Beifall von der CDU)

Vizepräsident Dr. Gerhard Papke: Vielen Dank, Kollege Dr. Optendrenk. – Für die FDP-Fraktion spricht Herr Kollege Witzel.

Ralf Witzel (FDP): Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Es gibt Obersätze und Leitlinien in diesem Antrag, die alle Fraktionen – wir auch – unterschreiben werden. Selbstverständlich ist es Aufgabe aller Abgeordneten und aller Fraktionen, gegen Steuerbetrug und illegitime Steuervermeidungsstrategien einzutreten.

Wir haben auch von uns aus häufig das Thema „Gewinnverschiebungen und -verlagerungen“, was Lizenzboxmodelle angeht, angesprochen. Es ist nicht in Ordnung, wenn Konzerne, die Millionen und Milliarden verdienen, dieses Geld in einem Niedrigststeuerland versteuern und dann über Lizenzzahlungen alle Gewinne international absaugen. Das muss bekämpft werden, weil gerade das kein fairer Wettbewerb dem mittelständischen Unternehmer oder dem Handwerker um die Ecke gegenüber ist, der diese Möglichkeiten eben nicht hat.

(Beifall von der FDP)

Die Gemeinsamkeiten in Bezug auf den Antrag hören allerdings schnell auf, wenn man sieht, dass Sie hier Wahlkampfrhetorik betreiben. Dazu passt auch die Adressierung des Kollegen Zimkeit an die Genossen hier; das war wahrscheinlich noch sein letzter Textbaustein vom Parteitag.

Sie legen einen Showantrag vor, mit dem Sie dazu stehen, dass Sie selber Steuererhöhungen wollen. Zu Recht erwähnen Sie, dass wir umgekehrt eine Debatte über Steuerentlastungen in diesem Land wollen. Das ist vollkommen zutreffend. Denn wann soll man über Steuerentlastungen reden, wenn nicht in Zeiten, in denen es über mehrere Jahre nacheinander hinweg Rekordsteuereinnahmen gab?

Die Rekordsteuereinnahmen, die Bund und Länder in den letzten Jahren erzielt haben, beinhalten das Geld, das Bürgern und Unternehmen weggenommen worden ist. Das ist das Ergebnis von Steuersatzerhöhungen. Gerade in Nordrhein-Westfalen ist die Belastung bei der Grunderwerbsteuer seit Amtsantritt von Rot-Grün um 250 % gestiegen. Sie haben die Landeskasse ja nicht durch Sparpolitik gefüllt.

Im Bund haben Sie immer dagegen gekämpft, die volle Beseitigung der kalten Progression in Angriff zu nehmen. Deshalb werben wir für den „Tarif auf Rädern“, damit eine automatische Anpassung stattfindet bzw. damit die Produktivität von Menschen nicht letztlich nur als Mehreinnahme in der Steuerkasse landet. Deshalb ist die Debatte über Entlastungen in unserem Land wichtig.

(Beifall von der FDP)

Wir setzen in der Tat andere Prioritäten als Sie. Wir sagen: Eine Facette im Umgang mit Steuergeld ist die Vermeidung von Steuergeldverschwendungen. Auch das muss auf die Agenda. Darüber schreiben Sie kein einziges Wort. Zur Akzeptanz, dass die Menschen Steuern bezahlen, ist es wichtig, dass das Richtige mit den Steuergeldern geschieht. In diesem Zusammenhang können wir uns über Projekte des Landes unterhalten.

(Stefan Zimkeit [SPD]: Landesarchiv Duisburg!)

Wir sind ja kurz vor Ende der Legislaturperiode dabei, auch Bilanz bei der WestLB zu ziehen. Fast 20 Milliarden € öffentliche Gelder sind dort verbrannt worden.

(Stefan Zimkeit [SPD]: Das ist die Unwahrheit, Herr Witzel! Das wissen Sie!)

Dafür brauchen wir die nächsten Steuererhöhungen nicht.

All das, Herr Kollege, was Sie in Ihrem Antrag fordern – Handeln gegen Cum-Ex-Geschäfte, gegen Offshore-Destinationen und Briefkastenfirmen –, hat doch die WestLB gemacht. Da hat Ihr Finanzminister im Aufsichtsrat gesessen. Erst als wir gesagt haben, er solle sich einmal erkundigen, was da in der Karibik läuft, hat er nachgeschaut. Mit all den Dingen haben Sie kein Problem!

(Stefan Zimkeit [SPD]: Das ist komplett unwahr!)

Das, was Sie kritisieren, machen Sie in Ihrer tagtäglichen Regierungspolitik. Sie verkaufen reihenweise Gebäude als Share-Deal.

(Ralf Witzel [FDP]: Das ist gelogen, Herr Witzel!)

Das haben Sie gemacht bei den WestFonds Immobilien; Portigon AG, EAA – alle machen Share Deals. Sie machen das vor, die Wirtschaft macht es Ihnen nach, und für die einfachen Leute verdoppeln Sie die Grunderwerbsteuer. Das ist Ihre praktische Politik. Sie steht im genauen Widerspruch zu dem, was Sie hier vorlegen.

(Heike Gebhard [SPD]: Das ist unglaublich!)

Die Cum-Ex-Geschäfte gibt es natürlich auch, die von der Steuerfahndung bei der WestLB aufgefunden worden sind. Da haben wir vom Finanzminister jahrelang erzählt bekommen, diese Geschäfte seien doch kein Thema der WestLB. Wir haben immer wieder nachgefragt und gesagt: Doch, aus Marktkreisen wird aber behauptet, die hätten das auch gemacht. – Nein, dafür gebe es ja keine Anzeichen.

Dann ist ein Gutachten erwähnt worden, das die WestLB an dieser Stelle exkulpieren soll. Wir haben dann gesagt: Das hätten wir gerne mal vorgelegt bekommen. – Das ist bis zum heutigen Tage nicht passiert. Jetzt ermittelt dort die Steuerfahndung – alles ausgesprochen bemerkenswert. Sie fordern in Ihrem Antrag so einiges, was Staatsunternehmen, die unter Ihrer Verantwortung stehen, auf diese Weise nicht angehen, und was auch das Handeln dieser Regierung so nicht wiedergibt.

Die Krönung dieses Antrags ist der Beschlussteil. Da fordern Sie nämlich den Landtag auf, gegen mögliche Lücken im Strafrecht vorzugehen. Ich würde Sie doch bitten, konkret gesetzlichen Regelungsbedarf zu benennen; dann kann man sachlich-fachlich darüber reden. Einem Parlament jedoch prophylaktisch einen Beschluss vorzulegen, mit dem dazu aufgefordert wird, gegen mögliche Lücken im Gesetz vorzugehen, das ist auch unter Ihrem Niveau. – Vielen Dank.

(Beifall von der FDP)



Vizepräsident Dr. Gerhard Papke: Vielen Dank, Herr Kollege Witzel. – Bleiben Sie noch bitte einen Moment vorne, weil Herr Kollege Zimkeit sich zu einer Kurzintervention gemeldet hat. Er bekommt jetzt, wie gewohnt, für 90 Sekunden das Wort. Jetzt ist Herr Kollege Zimkeit dran.

Stefan Zimkeit (SPD): Ihr Redebeitrag hat so viele Falschbehauptungen enthalten, dass an einigen Stellen etwas richtiggestellt werden muss.

Die angeblich verbrannten Gelder aus der WestLB in Höhe von 20 Milliarden € sind Ihrerseits frei erfunden. Der Finanzminister hat gerade in der letzten HFA-Sitzung in Ihrem Beisein noch einmal deutlich gemacht, dass diese Zahl so nicht richtig ist. Sie haben da auch nicht widersprochen. Insofern finde ich es sehr merkwürdig, dass Sie diese Zahl jetzt wieder aufrufen.

(Sigrid Beer [GRÜNE]: Das hat Methode!)

Der nächste Punkt: Sie haben gerade die Cum-Ex-Geschäfte angesprochen, die getätigt wurden, als der Finanzminister im Aufsichtsrat saß. Der Finanzminister, der im Aufsichtsrat saß, als diese Cum-Ex-Geschäfte laut der bisherigen Darstellung im Jahre 2007 getätigt wurden, war derjenige, den Sie ins Amt gebracht haben. Das war nämlich der Kollege Linssen von der CDU, den Sie in der Regierung mit unterstützt haben. Also ist auch diese Behauptung falsch.

(Beifall von der SPD und den GRÜNEN)

Herr Witzel, ich finde es bei aller Auseinandersetzung nicht in Ordnung, dass Sie hier schlicht und einfach an der Wahrheit vorbei versuchen, von dem abzulenken, was Sie an Fehlern gemacht haben. Das ist ein Umgang, den wir hier nicht pflegen sollten.

(Beifall von der SPD und den GRÜNEN)

Vizepräsident Dr. Gerhard Papke: Vielen Dank. – Jetzt hat Kollege Witzel das Wort zur Replik. – Bitte schön.

Ralf Witzel (FDP): Herr Kollege Zimkeit, ich weise in aller Entschiedenheit zurück, was Sie hier vorgetragen haben. Das ist nämlich Ihre typische Methode, irgendetwas aufzuschnappen, zu verdrehen und dann zu behaupten, jemand anders hätte etwas Falsches gesagt. Ich erwarte von Ihnen, dass Sie sich meine Ausführungen anhand des Wortprotokolls dieser Plenarsitzung noch einmal ansehen. Sie werden nicht einen einzigen Punkt finden, an dem die Fakten, die ich hier vorgetragen habe, unzutreffend sind.

(Zuruf von Heike Gebhard [SPD])

Das muss ich an dieser Stelle noch einmal ausdrücklich ausführen, weil Sie es auch so manipulativ dargestellt haben.

Der Finanzminister hat in seiner Projektion eine Rechnung vorgelegt – darauf haben wir in der letzten Woche im Haushalts- und Finanzausschuss nochmals Bezug genommen, worauf Sie auch hingewiesen haben –, die insgesamt knapp 20 Milliarden € an öffentlichen Belastungen vorsieht.

Ich habe den Finanzminister letzte Woche nach dem aktuellen Stand gefragt. Da hat er gesagt, das könne er nicht berichten, das mache er beim nächsten Mal. Er hoffe jedoch, dass wir unter dieser Summe blieben; dafür gebe es auch Anzeichen.

(Stefan Zimkeit [SPD]: Das ist auch wieder nicht wahr!)

– Auch das können wir irgendwann im Protokoll nachlesen.

Zum Thema „Cum-Ex“: Ich habe mit keiner Silbe gesagt – weil ich nämlich wahrheitsgemäß argumentiere –, dass der Finanzminister irgendwelche Cum-Ex-Geschäfte in Auftrag gegeben hätte oder dafür die Verantwortung tragen würde.

(Stefan Zimkeit [SPD]: Sie haben gesagt, er hätte im Aufsichtsrat gesessen!)

Ich habe gesagt: Der Finanzminister dieser Landesregierung sitzt im Aufsichtsrat und hat den Dingen nachzugehen.

(Zurufe von der SPD)

Es ist ein typisches Muster, dass der Finanzminister den Dingen dann nachgeht, wenn wir als Opposition auf die Fragen hinweisen. Das ist bei Cum-Ex so, das ist auch bei Offshore-Destinationen so.

(Michael Hübner [SPD]: Unglaublich! – Zuruf von Heike Gebhard [SPD])

Da erteilen wir die Aufträge, bestimmten Dingen nachzugehen, damit da etwas geschieht. Wenn es doch so viel Handlungsbedarf gibt, erwarte ich, dass die Regierung die Themen auch mal proaktiv anspricht und nicht immer nur von der Opposition dazu gedrängt werden muss. – Vielen Dank.

(Beifall von der FDP)

Vizepräsident Dr. Gerhard Papke: Vielen Dank, Herr Kollege Witzel.

(Heike Gebhard [SPD]: Das ist alles widerlegt!)

So weit die Kurzintervention und die Entgegnung darauf. – Für die Piratenfraktion hat jetzt Herr Kollege Kern das Wort.

Nicolaus Kern (PIRATEN): Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Liebe Zuschauer hier im Saal und zu Hause! Bei dem Antrag von SPD und Grünen handelt es sich um einen typischen Show-Antrag – da hat der Kollege recht –, mit dem man sich vor der Landtagswahl noch einmal kräftig abfeiern will. Beim genaueren Hinsehen bleibt allerdings nur wenig übrig, wofür sich diese rot-grüne Landesregierung objektiv feiern lassen kann.

Im Bereich der Bekämpfung von Steuerhinterziehung und Schließung von Steuerschlupflöchern bleibt in der Legislaturperiode des Robin Hood der Steuerzahler – „Nowabo“ – lediglich der rechtlich fragwürdige Ankauf von Steuer-CDs übrig, unterm Strich also Datenhehlerei für den guten Zweck. Aber heiligt der Zweck wirklich jedes Mittel? – Ich denke, eher nicht. Es gibt nämlich Alternativen.

Statt Finanzbeamte mit Geldkoffern durch die ganze Republik zu schicken, um Datenträger in dunklen Hinterhöfen anzukaufen, hätte man die Lücken im Steuerrecht auf dem Weg der ordentlichen Gesetzgebung schließen müssen.

(Stefan Zimkeit [SPD]: Hier im Landtag!)

– Und, ja, Herr Kollege Zimkeit, Herr Kollege Abel, die Themen Transparenz und Steuergerechtigkeit sind wichtig, aber es ist immer relativ einfach, sich hier vom Redepult des Düsseldorfer Landtags aus an den Bund in Berlin zu wenden, wenn man hier im Lande nicht alle Hausaufgaben gemacht hat. Wo bleibt das Transparenzgesetz NRW, Herr Abel?

Und Herr Zimkeit: Steuergerechtigkeit, ja – aber der Kampf für Steuergerechtigkeit wird ein Stück weit unglaubwürdig, wenn man sich nicht gleichzeitig konsequent gegen ÖPP ausspricht, gegen die Privatisierung von öffentlichen Aufgaben.

Wenn man von Steuerfinanzierung auf Gebührenfinanzierung umschwenkt, ist das genau das Gegenteil von Steuergerechtigkeit; denn Gebühren sind immer gleich. Gebühren kennen kein Existenzminimum, sie kennen auch keinen Höchststeuersatz. Das ist sozial ungerecht und somit das Gegenteil von Steuergerechtigkeit.

(Beifall von den PIRATEN)

Zu Ihrem Antrag.

(Martin-Sebastian Abel [GRÜNE]: Das ist nicht nur der falsche Film, das ist auch das falsche Kino!)

– Herr Abel, schauen Sie sich die aktuellen Verhandlungen zwischen Bund und Ländern bezüglich der Autobahnprivatisierung an. Da bleibt NRW stumm, da …

(Zuruf von Martin-Sebastian Abel [GRÜNE])

– Es mag Ihnen nicht gefallen, aber es ist so. Diese Debatte haben wir hier schon geführt,

(Martin-Sebastian Abel [GRÜNE]: Das ist veraltet, was Sie sagen!)

und die Versäumnisse von NRW in diesem Bereich sind bekannt.

(Stefan Zimkeit [SPD]: Da haben wir zum Glück gleich den richtigen Redner, der Ihnen das erklären kann!)

Ich komme auf Ihren Antrag zu sprechen. Im Feststellungsteil des Antrages heißt es lapidar, die rot-grüne Landesregierung hätte in dieser Legislaturperiode eine Debatte über Steuerumgehung angestoßen, zum Beispiel durch Lizenzmodelle. Das ist verdammt wenig dafür, dass man jahrelang sowohl im Land als auch im Bund an der Regierung war/ist.

Die Wahrheit ist: Es waren die Piraten, die solche Themen wie aggressive Steuervermeidungsstrategien, ruinöser Steuerwettbewerb, Lizenz- und Patentboxen oder

(Lachen von Martin-Sebastian Abel [GRÜNE])

Country-by-Country Reporting als Erste in diesem Landtag auf die Agenda gesetzt haben.

(Beifall von den PIRATEN – Stefan Zimkeit [SPD]: Da gab es Sie noch nicht mal!)

Rot -Grün hat darauf mit Entschließungsanträgen reagiert,

(Stefan Zimkeit [SPD]: Und das wird hier noch diskutiert werden, wenn es Sie nicht mehr gibt!)

die allesamt ohne Folgen blieben. Die Tatsache, dass die Landesregierung auch weiterhin lukrative Beraterverträge an Wirtschaftsprüfungsunternehmen wie zum Beispiel PwC vergibt, die die Konzerne erwiesenermaßen bei der Ausnutzung von Steuerschlupflöchern unterstützen, ist nur noch peinlich.

(Vereinzelt Beifall von den PIRATEN)

Auch dass der vorliegende Antrag im Beschlussteil die Erarbeitung eines Gesetzentwurfes um sogenannte Share-Deals enthält, ist kurz vor dem Ende der Legislaturperiode einfach nur noch lächerlich.

Schon in einem Entschließungsantrag vom 16. Dezember 2014 haben die regierungstragenden Fraktionen die Landesregierung aufgefordert, Umgehungstatbestände bei der Grunderwerbsteuerpflicht zu verhindern. Passiert ist seitdem jedoch nur wenig.

(Ralf Witzel [FDP]: Nichts! Gar nichts!)

Share-Deals erfreuen sich nach wie vor großer Beliebtheit. Gut aber, dass SPD und Grüne in diesem Antrag kurz vor der Landtagswahl noch einmal Lippenbekenntnisse abgeben und Pseudoaktivität simulieren.

Toll ist auch, dass der Antrag die steuerpolitischen Wahlkampfvorstellungen von Rot-Grün enthält. Dabei fällt auf, dass Sozialdemokraten und Grüne in diesem Antrag versuchen, ihre Steuerpolitik der letzten Jahre wieder zurückzunehmen und zu korrigieren.

(Stefan Zimkeit [SPD]: Ja!)

Wer hat denn den Spitzensteuersatz in der Einkommensteuer auf 42 % abgesenkt? Die Antwort lautet: SPD und Grüne. Wer hat denn die Abgeltungssteuer auf Kapitalerträge in Höhe von 25 % eingeführt? Das waren die SPD und die Union.

(Zuruf von Heike Gebhard [SPD])

Wer hat den zahllosen Erbschaftsteuerreformen, die nach wie vor Betriebsvermögen in Millionenhöhe keinerlei Besteuerung unterwerfen, im letzten Jahr zugestimmt? SPD und Grüne. Meine Damen und Herren, ich denke, Sie erkennen die Handlungsmuster.

Schön, dass SPD und Grüne auf der Zielgeraden vor der Landtags- und Bundestagswahl ihren steuerpolitischen Amoklauf der letzten Jahre, der die Vermögensungleichheit in unserem Land exponentiell hat anwachsen lassen, mit diesem Antrag korrigieren möchten. Glaubwürdig ist er aber leider nicht. – Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall von den PIRATEN)

Vizepräsident Dr. Gerhard Papke: Vielen Dank, Herr Kollege Kern. – Als Nächster spricht der fraktionslose Abgeordnete Schulz.

Dietmar Schulz (fraktionslos): Vielen Dank. – Herr Präsident! Verehrte Kolleginnen und Kollegen! Für Steuergerechtigkeit sind wir alle. Insofern freue ich mich natürlich auch, dass der Antrag hier nicht direkt abgestimmt wird, sondern zur weiteren Beratung in den Haushalts- und Finanzausschuss verwiesen wird.

Einige Anmerkungen möchte ich unter Berücksichtigung meiner nur sehr kurzen Redezeit an dieser Stelle dennoch machen.

Zunächst einmal richtet sich mein Dank an die Regierungsbank. Vielen Dank dafür, dass immer fleißig mitgeschrieben worden ist, was die Opposition Ihnen hier seit 2012 in den Block diktiert hat.

(Heiterkeit und Beifall bei Nicolaus Kern [PIRATEN])

Unabhängig davon, was in diesem Antrag steht – wir haben längst eine Reform des Körperschaftsteuergesetzes und europäische Konsolidierungsmaßnahmen gefordert. Außerdem sollten Steuerwettbewerb und Steuervermeidungsstrategien – seien sie aggressiv oder weniger aggressiv – unterbunden werden. Menschenskinder, jetzt ist es so weit!

2013 habe ich gesagt, Nordrhein-Westfalen müsse Vorreiter im Kampf gegen aggressive Steuervermeidungsstrategien werden. Recht so! Leider Gottes kommt das jetzt alles ein bisschen spät. Und ja, der Finanzminister hat sich in den Jahren seit 2012 wirklich redlich bemüht – das muss man hier auch einmal anerkennend erwähnen;

(Beifall von Minister Michael Groschek)

daraus haben wir vonseiten der Piraten nie einen Hehl gemacht; in der Zeit war ich übrigens Sprecher für Finanzpolitik bei den Piraten –, dass bestimmte Dinge angegangen werden.

(Stefan Zimkeit [SPD]: 2010, lange bevor Sie hier waren! – Zuruf von Britta Altenkamp [SPD])

Dieses Vorgehen ist allerdings von unterschiedlichen Stellen – nämlich bei der Fraktion bzw. den Koalitionsparteien selbst und natürlich auch im Bund – ausgebremst worden. Und wer regiert im Bund mit? Die SPD.

Möglicherweise kann die SPD nicht, jetzt soll sie wahrscheinlich von der Leine gelassen werden. Herr Schulz aus Europa wird es richten, so heißt es. Ich wage das zu bezweifeln. Entscheidend ist allerdings, dass die weiteren …

(Ralf Witzel [FDP]: Jetzt kommt der Eurofighter!)

– Bitte?


(Ralf Witzel [FDP]: Jetzt kommt der Eurofighter! – Gegenruf von Marc Olejak [PIRATEN]: Besser als Jäger 90!)

– Da kommt der Eurofighter. Das mag wohl sein.

Alle Punkte, die hier im Antrag von den regierungstragenden Fraktionen aufgeführt worden sind, haben sowohl die Piraten, also auch ich, als auch die SPD und die CDU in den letzten viereinhalb Jahren immer wieder vorgebracht. Wir hören seit viereinhalb Jahren in unterschiedlicher Reihenfolge – auch vom Finanzminister selbst – immer wieder dasselbe, nämlich dass der Finanzminister das Ganze angehen werde.

Inzwischen sind wir bereits am Ende der Legislaturperiode, und die Ankündigung lautet immer noch, man wolle es angehen. Wie lange soll es denn noch dauern, bis man das unter Dach und Fach gebracht hat?

Herr Zimkeit, Sie schütteln mit dem Kopf.

(Stefan Zimkeit [SPD]: Haben Sie sich die Mühe gemacht, den Antrag zu lesen?)

– Aber selbstverständlich.

(Stefan Zimkeit [SPD]: Scheinbar nicht!)

– Natürlich habe ich ihn gelesen.

(Stefan Zimkeit [SPD]: Dann haben Sie ihn nicht verstanden!)

Teilweise ist er sogar aus den Anträgen, die ich selbst gestellt habe, wortgleich übernommen worden; natürlich kenne ich ihn.

(Zuruf von Martin-Sebastian Abel [GRÜNE])

Heute kommen Sie mit der Vermögensteuer und behaupten auch noch – leider Gottes nicht ganz richtig –, die Vermögensteuer sei abgeschafft worden. Die Vermögensteuer wurde nicht abgeschafft, sondern das Bundesverfassungsgericht hat dem einfach erst mal einen Riegel vorgeschoben. Sie haben seit über drei Jahren …


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