R e c h t s k u n d e


Das historische und geistesgeschichtliche Kriterium



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1.2 Das historische und geistesgeschichtliche Kriterium



Als weitere Abgrenzungskriterien zur Beantwortung der Frage, ob die Türkei zu »Europa« gehört, muss an das Problem mit historischen und geistesgeschichtlichen Kriterien herangegangen werden. Die Frage nach Europas Wurzeln und Identität muss – von der Tagesaktualität losgelöst – grundsätzlich/er untersucht und beantwortet werden, wenn »Europa« mehr sein soll als der diffus-lockere Staatenbund Europarat bestenfalls mit einer gemeinsamen oder sonst ohne eine gemeinsame Verfassung oder gar nur eine bloße Freihandelszone auf multinationaler Basis, eine als bloßer Binnenmarkt organisierte EWG modern und light! Für eine bloße Freihandelszone ohne weitergehenden politischen Anspruch brauchten wir keinen kostenaufwändigen »Wanderzirkus« zwischen Brüssel und Straßburg. Meine Vorstellung von Europa richtet sich auf ein größeres Ziel: wir brauchen ein Europäisches Parlament für den Aufbau einer irgendwie gearteten europäischen politischen Union!
Die Frage nach der Identität Europas spielt auch im Vertrag über die Europäische Union eine wichtige, mehrfach angesprochene Rolle. Eine Identität wird als existent vorausgesetzt und bildet die Basis für den proklamierten Willen zur Integration Europas. Was aber neben den Identitäten der einzelnen Nationalstaaten die gemeinsame Identität Europas ausmacht, worin sie schon jetzt besteht oder erst fürderhin bestehen werde, bleibt gleichwohl letztlich unbeantwortet. 1973 verabschiedeten die EG-Außenminister ein „Dokument über die europäische Identität“, in dem aber auch nur ganz grob ein „gemeinsames Erbe“ angesprochen wird. Worin dieses Erbe aber nun eigentlich bestehe, das bleibt auch in diesem Dokument offen. Pfetsch schreibt in seinem Buch „Die Europäische Union - Eine Einführung“ (S. 99) mit Bezug auf Weidenfelds Aufsatz „Europa – aber wo liegt es?“: „Mit der Frage nach der Identität ist das elementare Konstruktionsprinzip moderner Gesellschaften’ thematisiert. Europa muss mehr sein als ein Konsumenten- und Produzentenmarkt, will es von den Bürgern akzeptiert und damit legitimiert werden; die europäische Identität müßte als eine kollektive Identität entstehen, ...“ Der benutzte Konjunktiv macht deutlich, dass der Autor nicht an die Existenz einer europäischen Identität glaubt.

Ich sehe es anders und glaube, eine europäische Identität wenigstens der gebildeten Europäer ausmachen zu können. Das soll nachfolgend näher dargestellt werden, nachdem ich kurz aus Pfetsch referiert habe:

„Mit dem Begriff der Identität sind mehrere Dimensionen und Analyseebenen angesprochen; die philosophische (das Mit-sich-eins-Sein), die psychologische (Identitätsbewußtsein, Zusammengehörigkeitsgefühl, emotionale Bindung), die geographische (Grenzen: wo beginnt das Andere?), die kulturelle (Sprache, Religion, materielle und ästhetische Kultur, Geistesgeschichte) oder die historisch-politische (historisches Bewußtsein, Nationalismus, Europa als gegen andere abgrenzbare Idee und Realität). Identität fragt nach der Verbundenheit des einzelnen zu einem Kollektiv, nach dem Zusammenklang persönlicher Eigenschaften und Eigenarten von Individuen mit denen anderer. Dabei werden im Allgemeinen mehrere Bezugseinheiten und Loyalitätsebenen angesprochen.“ Anschließend unterscheidet Pfetsch einen historischen, einen genetischen und einen sozialpsychologischen Identitätsbegriff. Für die historische Betrachtungsweise wird von ihm Karl Jaspers mit dem Satz zitiert: „Europa, das ist die Bibel und die Antike.“ Als Historiker werde ich das Schwergewicht meiner Ausführungen auf den historischen Aspekt legen.

Der Vollständigkeit halber sei noch referiert, dass unter dem genetischen Identitätsbegriff unter Bezug auf Richard Münchs Aufsatz „Das Projekt Europa. Zwischen Nationalstaat, regionaler Autonomie und Weltgesellschaft“ verstanden wird (S. 102): „Identität



  1. durch Gemeinsamkeit und Wir-Gefühl (innere Homogenisierung),

  2. durch Abgrenzung gegenüber anderen,

  3. durch Einbeziehung von Peripherem ins Zentrum (Inklusion) und

  4. durch Ausgleich innerer Spannungen.“

„Beim psychologischen oder sozialpsychologischen Identitätsbegriff geht es um die affektive Bindung einzelner Bürger bzw. Nationen zu einer politischen Gemeinschaft. ... Die europäische Identität richtet sich auf Gemeinsamkeiten, die von den Europabürgern auch als solche empfunden und wahrgenommen werden.“


Nachfolgend möchte ich darlegen, was ich als ein in Europa lebender deutscher Historiker, Politiklehrer und Jurist unter der Identität der Europäer verstehe, wie ich sie erlebe. Andere mögen auf Grund ihrer Herkunft, Ausbildung und ihrer persönlichen Erfahrungen zu anderen Identitätsvorstellungen kommen. Ich werde darum vermutlich auch keine allgemein verbindliche Identität für alle Europäer aufzeigen können, vielleicht aber eine für einen gebildeten Deutschen, wenn er sich seiner historischen und kulturellen Wurzeln bewusst ist.

Vermutlich müssen wir in Europa unsere europäische Identität so handhaben, wie mir vor fast 50 Jahren einmal ein Waliser seine Identitätsgefühle erklärt hat: „In Großbritannien bin ich Waliser, außerhalb Großbritanniens bin ich Brite.“


1.2.1 Europäische Identität und Kulturgrenze

Wenn es um die Frage der europäischen Identität geht, dann kann bei der fast geographischen Randlage Europas auf dem eurasischen Doppelkontinent nicht so sehr ein ziemlich willkürlich gewählter geographischer Maßstab - das nicht zu diesem Zweck, aber für eine Abgrenzung nach geographischen Gesichtspunkten prak­ti­scher­weise in Nord-Süd-Richtung verlaufende Uralgebirge und eine gedachte ungefähre Linie von seiner Südspitze zum Bosporus - entscheidend für die Beantwortung der Fragestellung nach der europäischen Identität sein. Es muss eher ein geistiger Maßstab sein, der an die Jahrhunderte der europäischen Geistesent­wicklung und -geschichte, der an die europäische Identitätsbildung angelegt wird. Mit ihm lässt sich vielleicht eine »Kulturgrenze« finden, bis wohin das historisch gewachsene »Europa« reicht.



Eine solche Kulturgrenze zu überspringen, gelang in der Geschichte bisher nie auf Dauer, wenn es auch wiederholt mit militärischer Macht, Religion, »kultureller Überlegenheit« oder mit Geld versucht wurde: Das Weltreich Alexanders des Großen zerfiel sofort nach seinem Tod, das Kunstgebilde »Jugoslawien« zerfiel sofort nach Titos Tod. Der Sudan kommt bis heute nicht zur Ruhe: Dort herrscht seit ungefähr einem halben Jahrhundert ununterbrochen Bürgerkrieg, in dem der arabisierte islamisierte Norden den mehrheitlich anderen Religionen angehörenden negroiden Süden überfällt oder durch von ihm unterstützte Milizen überfallen lässt, die dann die Dörfer niederbrennen, die Männer töten, Frauen und Kinder vergewaltigen und oft in die Sklaverei führen, von wo sie mit den Geldern europäischer Hilfsorganisationen wieder freigekauft werden.

Warum konnte das Reich, das die »Heere des Propheten« geschaffen hatten, als sie das christliche Nordafrika mit einem der ersten christlichen Länder der Welt, Ägypten, niederritten und dort überall die bis heute dort etablierte gemeinsame islamisch-arabische Kultur begründeten, trotz gemeinsamer Sprache, Religion und Kultur nicht als Einheit erhalten werden? Die Wiederherstellung eines einheitlichen Reiches der Rechtgläubigen ist der Traum (nicht nur) der arabischen islamischen Fundamentalisten! Nasser war mit seinem Panislamismus gescheitert, als er Syrien und Jemen unter Ägyptens (sprich seiner) Führung vereinen wollte. Nun war Ägypten zwar reich an Kultur, aber arm am Beutel und hatte darum außer der panislamischen Idee nichts zu bieten. Aber auch Ghaddafi scheiterte, als er - mehrfach - versuchte mit den ihm aus der Erdölförderung seines Landes zur Verfügung stehenden Erdöl-Milliarden, andere, arme arabische Staaten zur Erneuerung dieser vormaligen Einheit der Gläubigen (unter seiner Führung) »anzukaufen«, denn das islamisch-religiös-kulturelle Identitätsgefühl ist auch in den arabischen Ländern nicht gleichbedeutend oder gar deckungsgleich mit dem politischen!

Das gilt nicht nur für den arabischen Raum, das galt und gilt auch für den europäischen: die von Dänemark 1397 gegründete und von ihm dominierte Kalmarische Union mit Schweden (bis 1523) und Norwegen (bis 1814) wurde von der Bevölkerung der mit militärischer Macht integrierten Staaten nicht ertragen, das dänische Großreich zerfiel und hinterließ bei den dann von den Schweden dominierten Norwegern ein bis heute nicht überwundenes politisches Trauma bezüglich ihrer erst 1905 erlangten staatlichen Unabhängigkeit, so dass sie 1972 und 1994 mehrheitlich einen Beitritt zur EU abgelehnt haben, um nicht schon wieder politische Souveränität abzugeben.

Die Erkenntnis daraus ist: Nicht einmal bei gleicher Sprache, gleicher Religion, ähnlicher oder gar gleicher kultureller Tradition und Lebensgestaltung, also bei noch gelebter gleicher Kultur, funktionierte das, was bei einem Anschluss der Türkei an die EU - von wenigen westlich orientierten Ausnahmen in vorwiegend der türkischen Oberschicht abgesehen - sogar eine echte Kulturgrenze überschreiten würde!

Warum versuchen, ein totgeborenes Kind - »Vereinigte Staaten von Europa« unter Einschluss der (was nachfolgend näher begründet wird) kulturell nicht zu Europa gehörenden Türkeiins Leben zu rufen? Das kann nicht funktionieren und wird der Europäischen Idee als Friedensidee auf dem Jahrhunderte als Schlachtfeld geschundenen europäischen Kontinent schaden. Und damit letztlich auch der Türkei, die sich von einem starken Europa wirtschaftliche Hilfe verspricht und dafür in den letzten zwei Jahren politische Veränderungen in Richtung zu mehr Achtung der Menschenrechte und zu mehr Rechtstaatlichkeit vornahm, die von den bis dahin politisch führenden Kräften in der Türkei maximal nur halbherzig oder gar nicht gewollt waren.

Die politische Umgestaltung der Türkei hätte aber schon aus demokratischem und rechtsstaatlichem Eigeninteresse heraus – ohne die EU als politischem Entwicklungshelfer - seit spätestens den Jahrzehnten der NATO-Mitgliedschaft durchgeführt werden müssen, da die NATO ja auch eine Gemeinschaft zur Verteidigung der Staaten mit gleichen Freiheitswerten zu sein beanspruchte – was man von dem Folterstaat Türkei wirklich nicht sagen konnte: jedes Jahrbuch von amnesty international legte jedes Jahr die systematischen Verstöße staatlicher türkischer Organe gegen die Menschenrechte bloß!

Wegen der Ratifizierung der Europäischen Menschenrechtskonvention 1954, der Antifolterkonventionen der UN und der – nach meinem Dafürhalten systemfremden - Mitgliedschaft der zu 97 % ihres Staatsgebietes asiatischen Türkei im Europarat und der Überleitung der entsprechenden Konventionen durch einen Verfassungsartikel in türkisches Recht hätte in türkischen Gefängnissen seit Jahrzehnten nicht mehr gefoltert werden dürfen, doch es geschah täglich, ja stündlich – und geschieht auch heute noch, nur weniger und verdeckter, diskreter, da mit einem schlechteren Gewissen vorgenommen!


"Gefolterte Kinder

rtr/dpa Bonn - Weltweit werden nach Angaben von `Amnesty International' Tausende Kinder von Sicherheitskräften gefoltert und ermordet. Besonders schlimm seien die Greueltaten in Brasilien, Guatemala und Peru. Auch in der Türkei gebe es Mißhandlungen von Kindern."

(Hamburger Abendblatt 21.10.92)
"Wer läßt foltern?

Amnesty warnt türkische Regierung: Immer mehr Gewalttaten

dpa/apf London/Bonn - Die Menschenrechtslage in der Türkei hat sich nach den jüngsten Berichten von Amnesty International im vergangenen Jahr `dramatisch verschlechtert'. Amnesty forderte die türkische Regierung auf, schwere Menschenrechtsverletzungen nicht länger zu leugnen und damit Folter, politische Morde und das `Verschwindenlassen' von Zivilisten durch Sicherheitskräfte zu decken. … Menschen seien politischen Morden zum Opfer gefallen, bei denen zumindest der Verdacht auf eine Mittäterschaft der Sicherheitskräfte bestehe … Sogar Kinder würden schwer mißhandelt und mit Elektroschocks gequält, hieß es. …“

(Hamburger Abendblatt 08.02.95)


Türkische Beamte, die - ganz vereinzelt - wegen der Anwendung von Folter als polizeiliche Verhörmethode angeklagt gewesen waren, wurden hinterher sogar befördert! Die wenigen mutigen türkischen Richter, die die Verfassung ihres Landes ernst zu nehmen gewagt und Folterer verurteilt hatten, waren wegen ihrer der Folter wehrenden Urteile strafversetzt worden. Erst Ende 1999 wagte es der Vorsitzende des obersten Berufungsgerichts der Türkei, eine komplette Überarbeitung der Verfassung der Türkei sowie Menschenrechtsreformen zu fordern, denn die zu damaliger Zeit gültige Verfassung „verteidige nicht die Freiheiten des Individuums, sondern schütze den Staat vor dem Bürger“, kritisierte Sami Selcuk. Amnesty International berichtete wiederholt neben Fällen staatlich verübten Mordes
„Frau Ciller und die Mordkommandos

ap Ankara – Türkische Staatsorgane haben auf Anordnung oder mit Wissen der Regierung der früheren Ministerpräsidentin Ciller Oppositionelle ermorden lassen und dabei eng mit dem organisierten Verbrechen zusammengearbeitet. Das geht aus einem Regierungsbericht in Ankara hervor.“ (Hamburger Abendblatt 29.01.98)


von der durchgängigen Anwendung der Folter in türkischen Gefängnissen. Eine dort praktizierte besonders widerliche Art der Folter war oder ist die Folterung von Kindern in Gefängnissen zur Erpressung von Aussagen von deren Eltern, die bei der Folterung ihrer Kinder zusehen oder sogar mit Hand anlegen mussten.

Hoffnungen auf Änderung wurden wach, nachdem der ehemals Vorsitzende Richter am Verfassungsgericht Sezer, der für Rechtsstaatlichkeit, Demokratie und eine dementsprechende Verfassungsreform steht, im Mai 2000 neuer Staatspräsident der Türkei geworden war.

Einen Dämpfer erhielten die gerade aufkeimenden Hoffnungen, als einen Monat nach dieser Wahl der türkische Parlamentspräsident anlässlich eines ihm überreichten, mit Folterwerkzeugen aus türkischen Gefängnissen als Anschauungsmaterial drapierten Berichts der Menschenrechtskommission des türkischen Parlamentes am 30.05.00 systematische Folter in türkischen Gefängnissen glattweg leugnete. Ganz mochte er aber die allseits bekannten Foltervorkommnisse nicht abstreiten. Er erklärte sie kurzerhand für individuelles Fehlverhalten. Das sah ai aber ein Jahr später ganz anders:
„ai appelliert an die Türkei

MÜNSTER dpa - Die Menschenrechtsorganisation amnesty international (ai) hat die türkische Regierung vor dem Hintergrund des Gefangenen-Hungerstreiks zum Verzicht auf Folter aufgerufen. ... In 125 Staaten der Welt würden Menschen gefoltert, in 70 Ländern sogar systematisch, sagte … [der Vorstandssprecher der deutschen ai-Sektion]. (taz 05.06.01)


Bislang sind staatliche Folterungen in der Türkei noch immer nicht hinlänglich effektiv unterbunden! Nur sprach­lich: Die türkische Regierung spricht nicht mehr von Folter, sondern nur noch von "Misshandlungen, von Einzelfällen". Erdogan: "’Es gibt keine systematische Folter in der Türkei.’ Wer dies behaupte, der lüge und sei beeinflusst von politischen Ideologien oder der PKK, der verbotenen kurdischen Partei. Menschenrechtsorganisationen in der Türkei widersprechen dem jedoch. Hüsnü Öndül, Präsident der Human Rights Association, spricht von 1391 gemeldeten Fällen von Folter im Jahr 2003; und in der ersten Hälfte dieses Jahres seien es auch schon wieder 692 gewesen“ (DIE WELT 05.10.04). „Ob ’unsystematisches Foltern’ in der EU wohl erlaubt sei, fragte sich daraufhin der ehemalige FDP-Wirtschaftsminister Otto Graf Lambsdorff – und lieferte seine Antwort gleich mit: ’Ein Land, in dem gefoltert wird – ob systematisch oder unsystematisch -, gehört nicht in die EU’“ (SPIEGEL 04.10.04).

Sogar noch kurz vor der Abschlussreise des Erweiterungskommissars Verheugen im September 2004 zur Erstellung des Berichts, auf dessen Grundlage die EU-Kommission über die Aufnahme von Beitrittsverhandlungen mit der Türkei entscheiden will, gab es Äußerungen von Yuvas Önen von der türkischen Human Rights Foundation, dass in der Türkei, vor allem aber im von Kurden bewohnten Südosten des Landes, nach wie vor "systematisch gefoltert" werde. Trotz der Reformen der Regierung von Recep Tayip Erdogan mit ihrer angeblichen „Null-Toleranz“ gegenüber Folterungen habe es "keine Veränderung zum Positiven gegeben. Die Zahlen sind die gleichen", sagte Önen dem EU-Kommissar, als der sich in der Türkei aufhielt. Human Rights Foundation mit Sitz in Ankara hat nach Angaben von Önen allein 597 Folterfälle aus der ersten Hälfte des Jahres 2004 dokumentiert. „Sollten sich die Vorwürfe Önens bewahrheiten, stünde die Kommission in der Türkei vor einem Dilemma. Sollte dort tatsächlich immer noch systematisch gefoltert werden, dann brauche man über die anderen Beitrittskriterien gar nicht weiter reden, sagte Verheugen während seines Türkei-Besuchs. Der Beginn von Beitrittsverhandlungen zwischen der EU und der Türkei würde in weite Ferne rücken“ (DIE WELT 09.09.04).

Der SPIEGEL (51/2004) listete noch nach der offiziellen Fassung des Beschlusses zur Aufnahme der Beitrittsverhandlungen mit der Türkei in einem Schaukasten (S.29) zusammengefasst als „hässliche Kehrseite“ der Türkei auf:


  • Folterungen und Misshandlungen in Polizeigewahrsam

  • Anwendung von exzessiver Gewalt gegen Demonstranten

  • Schikanen gegenüber Menschenrechtsverteidigern

  • Straflosigkeit für Übergriffe seitens der Polizei

  • Tötungen unter umstrittenen Umständen

  • Geschlechtsdiskriminierende Paragrafen im türkischen Strafgesetzbuch

  • Straffreiheit bei häuslicher Gewalt gegen Frauen

Das deckt sich in den wichtigsten Punkten mit der vorstehenden Bilanz der türkischen Human Rights Founda­tion: Wieso sollten wir Europäer der Türkei einen anderslautenden, diesen Befund negierenden »Persil-Schein« ausstellen – und damit die verdienstvollen und für den Einzelnen immer noch gefährlichen Bemühungen der türkischen Human Rights Founda­tion negieren, dieser unter persönlichem Einsatz ihrer Mitglieder sich um die Mehrung der Menschenrechte mühenden Organisation in den Rücken fallen?

Warum wichen die führenden Politiker Europas bei einer solchen, durch die türkische Human Rights Founda­tion so gut dokumentierten Sachlage so feige vor dem sich »machohaft« zelebrierenden und zur Herbeiführung des EU-Beschlusses für eine Aufnahme der Beitrittsverhandlungen mit der Türkei so unangenehm auftrumpfenden Erdogan zurück, anstatt ihm schon auf Grund seines Benehmens seine Grenzen aufzuzeigen?
Der grundsätzliche Fehler in der von Verheugen geteilten Position ist aber der, dass eine Mitgliedschaft der asiatischen Türkei in der Europäischen Union immer noch und weiterhin für möglich erklärt wird!
Eine sofort entsandte Expertengruppe der EU ging den gemeldeten Menschenrechtsverletzungen nach und verfasste einen abschwächenden Bericht, in dem man nach mehrfacher Prüfung zu dem Ergebnis gekommen war, dass in der Türkei zwar "nicht mehr systematisch", das heißt nach einer Meinung: im Auftrag der Regierung oder der Sicherheitskräfte, gefoltert werde, dass das Instrument der Folter aber "noch immer in weiten Teilen des Landes angewendet" werde. "Es besteht ein klares Implementierungsdefizit" (DIE WELT 28.09.04). Das sehen Menschenrechtsorganisationen in Deutschland auch so, die ihre Beurteilung der Situation der Menschenrechte in der Türkei nicht so sehr an der im Strafgesetzbuch vorgenommenen Erhöhung des Strafrahmens für Folterer orientieren, sondern beim Auftreten von Folter eine effektive Bestrafung nicht nur der Folterer, sondern auch ihrer duldenden Vorgesetzten in den einzelnen Polizeistationen fordern.

Die Brüsseler Beamten hatten in Ankara mit sieben Menschenrechtsorganisationen gesprochen. Amnesty International und Human Rights Watch bestätigten dabei, dass man nicht mehr von "systematischer Folter" in der Türkei sprechen könne, aber Folter weiterhin praktiziert werde. Der Vorsitzende der türkischen Menschenrechtsstiftung (TIHV), Önen, hält die Brüsseler Sicht auf das Foltergeschehen für eine „fatale Fehleinschätzung“ und die „Null-Toleranz-Parolen“ der Regierung Erdogan daher für blanken Hohn (SPIEGEL 27.09.04). Der Präsident der Human Rights Association Hüsnü Öndül wird in demselben Artikel mit dem Statement zitiert: "Die Türkei hat sich in den letzten Jahren sehr gewandelt". Doch noch immer gebe es "systematische Folter". Er frage sich, wie EU-Kommissar Günter Verheugen dazu komme, das Gegenteil zu behaupten.

Vermutlich hängt das daran, wie die Wortwahl "systematische Folter" definiert - oder wegdefiniert - wird: Während Erdogan bei der Verwendung des Begriffes "systematische Folter" von staatlich angeordneter oder zumindest geduldeter Folter spricht, gehen die Menschenrechtler in Ankara weiter. Für sie gilt Folter als systematisch, wenn sie "kontinuierlich, verbreitet und intentional" ist, wie der Präsident der Human Rights Association, Öndül, erklärte. Dies heiße allerdings nicht, dass in der Türkei Folter ein Teil der Regierungspolitik sei.
Die von der Human Rights Association gemeldete Zahl von 692 Folterungen allein in den ersten sechs Monaten des Jahres 04 wird von dem offiziellen Menschenrechtsbeirat beim Ministerpräsidenten in seinem Bericht bestätigt: „Von ’Einzelfällen’ könne daher keine Rede sein. … UNO-Vertreter hatten … festgestellt, daß es in den Reihen der Sicherheitsbehörden Widerstand gegen diese Reformen gebe“ (HH Abendblatt 22.10.04).
Und von einer Änderung der Gerichtspraxis, folternde Polizisten nach der vor Abgabe des Fortschrittgutachtens der EU-Erweiterungskommission ganz schnell und mit großem Aplomb und europäischem Medienaufwand (hoffentlich nicht nur als Nebelkerze zur Erreichung der Aufnahme von Beitrittsverhandlungen) beschlossenen Strafrechtsänderung nunmehr härter zu bestrafen, kann auch nicht unbedingt und uneingeschränkt die Rede sein:
Folter-Urteil abgemildert

Türkisches Gericht verkürzt Haftstrafe für Polizisten

ANKARA afp Ein türkisches Berufungsgericht hat am Mittwoch eine Gefängnisstrafe von vier Jahren und zwei Monaten für einen Polizisten verhängt, der zusammen mit zwei anderen Beamten einen türkischen Gewerkschafter zu Tode gefoltert hat.

… Yeter war 1999 im Istanbuler Hauptquartier der Antiterrorabteilung so stark gefoltert worden, dass er an den Folgen starb. Der Polizist war zunächst zu zehn Jahren Haft verurteilt worden; ein zweiter wurde freigesprochen, was das Berufungsgericht bestätigte; der dritte ist weiterhin flüchtig. Die türkische Regierung hatte im September eine Strafrechtsreform beschlossen, die höhere Strafen für Beamte vorsieht, die foltern. (taz 11.11.04)



Aus diesen beliebig herausgegriffenen Zeitungsmeldungen wird die Kulturgrenze deutlich, die zwischen dem demokratischen Europa - „Die Union beruht auf den Grundsätzen der Freiheit, der Demokratie, der Achtung der Menschenrechte und Grundfreiheiten sowie der Rechtsstaatlichkeit; diese Grundsätze sind allen Mitgliedsstaaten gemeinsam.“, heißt es in Artikel 6 des Vertrages zur Gründung der Europäischen Union von 1997 - und der Türkei immer noch besteht. (Wobei ich gerne zugestehe, dass sich erst recht das diabolisch-mörderische Nazi-Regime außerhalb jeglicher demokratischer Wertegemeinschaft befunden hat und zu Recht von der Weltgemeinschaft geächtet und in einer großen weltweiten Kraftanstrengung zum Glück aller, auch der Deutschen, niedergerungen wurde! Aber die Nazis haben sich nie als Verteidiger demokratischer Werte und Freiheiten geriert, die Türkei hingegen tut es, ging seit einem halben Jahrhundert offiziell die Verpflichtung zur Wahrung der Menschenrechte und zur Errichtung eines Rechtsstaates ein und verstieß trotz des Protestes der Weltöffentlichkeit völlig ungerührt dieses letzte halbe Jahrhundert durchgängig gegen die eingegangenen Verpflichtungen zur Wahrung der Menschenrechte. Darin sehe ich eine trotz inzwischen entgegenstehender Gesetze noch immer nicht vollständig beseitigte Unkulturgrenze zum demokratisch verfassten Europa, die aber wohl am ehesten überwunden werden wird. Die Regierung Erdogan kämpft – wegen der kritischen Beobachtung durch die EU gezwungenermaßen - wohl entschiedener als die meisten ihrer Vorgängerinnen gegen Folter durch Polizisten.)
Und diese das Zusammenleben belastende kulturelle Grenze auf Grund zu divergierender, von der fremden Kultur geprägter moralischer Vorstellungen ist natürlich nicht auf einen zu großen Teil der islamischen Türken beschränkt. Die kulturelle Grenze verläuft schon durch Teile Europas und teilt Gebiete vom »abendländischen Europa« ab, die (zu) lange unter türkischem Einfluss standen und von diesem Einfluss so geprägt wurden, dass daraus in den Jahrhunderten türkischer Herrschaft auf Teilen des Balkans ein uns in Nord-, Mittel- und Westeuropa fremdes »morgenländisches Europa« geworden ist, das nicht immer als Bereicherung empfunden werden kann! Und nach meinem Dafürhalten wegen der dort geltenden zu gröblich von unseren Wertvorstellungen abweichenden eigenen Wertvorstellungen auch nicht Mitglied der EU werden sollte: Ich vermag nicht alle auf dem europäischen Kontinent lebenden Menschen als »Kultur-Europäer« zu empfinden – wie es die Nazis ja auch nicht waren! (Wie Nazi-Deutschland aus einer Europäischen Union zwangsläufig hätte ausgeschlossen werden müssen, so müsste es für die EU Suspendierungs- und letztlich Ausschlussmöglichkeiten geben, wenn sich in ihrem Gebiet solche Vorkommnisse wie in Ex-Jugoslawien, insbesondere im Kosovo, ereignen sollten. Wenn ein Staat Mitglied der EU ist, dann berechtigt das nur zu der Hoffnung, dass sich dessen Regierung und Volk zivilisiert verhalten werden; eine Garantie ist das aber – leider – nicht!)

Die in Europa verlaufende angesprochene kulturelle Grenze macht der folgende (Extrem-)Fall deutlich, der sich in Hamburg-Wilhelmsburg, im so genannten „Balkan des Nordens“, ereignete. Es ist ein Extremfall – in Deutschland aber leider kein Einzelfall:


Ein in seinem sozialen Umfeld hochangesehener 60-jähriger Kosovo-Albaner in Wilhelmsburg, Vater von vier erwachsenen Kindern, streckte seinen 25-jährigen Schwiegersohn mit zwei Schüssen nieder, weil der seine Tochter wegen einer anderen Frau verlassen wollte, die ihm als Prostituierte ein in jeder(!) Hinsicht angenehmeres Leben versprach. Der Familienpatriarch, der sich in seiner Ehre so schwer verletzt gefühlt hatte, dass er zum Totschläger geworden war, weil es für ihn nach seinem seelischen Erleben keine andere Lösung gab, seine zutiefst erniedrigte Ehre wieder reinzuwaschen, rechtfertigte sich in der Strafgerichtsverhandlung mit dem von ihm seelisch so erlebten Argument, er habe nach dem Kanun, dem albanischen Gewohnheitsrecht, so handeln müssen: In dieser moralischen Werteordnung stelle die Ehre der Sippe den alles überragenden Wert dar. Schwere und schwerste Ehrverletzungen, insbesondere der Sippenehre, wie durch den Schwiegersohn geschehen, könnten nur durch Blutvergießen getilgt werden: „Wasche dein beschmutztes Gesicht mit dem Blut des Schänders der Familienehre.“ Als Familienoberhaupt und damit die oberste moralische und juridische Instanz der Sippe habe er für die Sippenehre einzustehen und die Tötung des Ehrverletzers vorzunehmen gehabt.
Ein anderer, aus dem Internet gefischter, aber dort inzwischen nicht mehr abrufbarer Fall war

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 Forum: Balkan-Forum

 Thema: "Ehrenmord" - Kosovo-Albaner ermordet seine Tochter

Sarah_HrNje_18

Mord an der Tochter im Namen der Ehre?

Weil sie modern gekleidet und geschminkt war, soll ein Albaner die 16-Jährige getötet haben


TÜBINGEN Dass Frauen ermordet werden, weil sie die so genannte Familienehre beschmutzt haben, kommt nicht nur in fernen Ländern vor. Im Kusterdingen soll ein Albaner seine Tochter ermordet haben, weil sie wie ein deutsches Mädchen aufwachsen wollte.
Michael Petersen zeichnete in diesem Beitrag für die Stuttgarter Zeitung den „Ehrenmord“-Fall des 42-jährigen Kosovo-Albaner Latif Z. nach, dem vorgeworfen wurde, seine 16 Jahre alte Tochter Ulrika am 13 März 2003 in Tötungsabsicht ins Untergeschoss des Kusterdinger Wohnhauses der Familie gelockt, ihr dort mit einem stumpfen Gegenstand mehrfach auf den Kopf geschlagen und sie dann stranguliert zu haben. Anschließend habe er die Leiche in einen Bettbezug gewickelt, zum Hirschauer Baggersee gefahren und sie ins Wasser geworfen.

"Ehrenmorde sind ein weltweites Phänomen", wird die Organisation Terres des Femmes zitiert. Die Gewaltakte würden gegen angeblich "unreine" Frauen "zur Wiederherstellung der Familienehre" begangen. Frauen und Mädchen würden von männlichen Familienmitgliedern getötet, weil sie durch ihre Verhaltensweisen, wie beispielsweise die Freundschaft zu einem Jungen oder das Tragen moderner Kleidung, angeblich die Familienehre verletzten.

In dem Kusterdinger Fall ist ungewöhnlicherweise die mit ihrem Mann zwangsverheiratete Hanife G., die 35 Jahre alte Mutter von Ulrika, an die Öffentlichkeit gegangen und sogar bei der Kundgebung aufgetreten, um durch ihre Geschichte "andere Frauen und Mädchen vor ähnlichen Schicksalen zu bewahren". Hanife G. war als 17-Jährige zwangsverheiratet worden und hatte ihren Mann erst einen Tag vor ihrer Hochzeit kennengelernt. Seit 1989 lebte die albanische Familie in Deutschland.

Hanife G. und ihre Töchter strebten ein Leben an, das dem von deutschen Frauen und Mädchen gleiche. Die Mutter unterstützte die Entwicklung ihrer Töchter hin zu modernen Frauen mit Freiheiten, wie sie in unserer Gesellschaft üblich sind, doch ihr Ehemann Latif Z. versuchte mit Gewalt, seine eigenen Wertvorstellungen für seine Familienmitglieder als verbindlich durchzusetzen. Als er ein Foto entdeckte, dass seine Tochter im Arm ihres Freundes zeigte, stieß er Morddrohungen aus. Die Frauen nahmen die Drohung des Vaters offenbar nicht ernst. Doch am 13. März, als die Mutter weg war, sperrte Latif Z. laut Anklage seine drei jüngeren Töchter in ihren Zimmern ein. Anschließend habe er seine älteste Tochter ermordet. Diesen von langer Hand geplanten Mord hat er gestanden.


Diese Extremfälle fokussieren unseren Blick auf das so völlig andere, bei einem heutigen Zusammenleben mit uns im »abendländischen Europa« hoch konfliktträchtige Werterleben jenseits der Kulturgrenze schon im »morgenländischen Europa«. Wenn es sich auch in den letzten beiden Fällen um Albaner handelte, die auf Grund ihrer Jahrhunderte langen Besetzung durch das Osmanische Reich der Hohen Pforte in ihren Wertvorstellungen so »türkisiert« worden sind, dass sie deren Wertvorstellungen bis hin zu Ehrenmorden als Wiederherstellung der eigenen »Ehre« übernommen haben, so spielen sich solche Dramen auch innerhalb der türkischen Bevölkerungsgruppe ab. Die vorstehenden Fälle stehen nur pars pro toto, die Nationalität ist auswechselbar. Da die Türken in Deutschland die größte nichtdeutsche Bevölkerungsgruppe bilden, gehen die meisten hier verübten Ehrenmorde auf ihr Konto. Die FAZ vom 11.04.05 berichtete:
Esslingen
Neun Jahre Haft für „Ehrenmord”

11. April 2005 Das Landgericht Stuttgart hat einen 19 Jahre alten Türken zu neun Jahren Haft wegen eines „Ehrenmordes” verurteilt.

Das Gericht sah es am Montag als erwiesen an, daß der Mann im vergangenen Oktober in Esslingen den 27 Jahre alten Liebhaber seiner in Scheidung lebenden Schwester mit 40 Messerstichen getötet hat.


Das Gericht stellte fest, dass es der Familie, insbesondere dem ältesten Sohn als Familienoberhaupt nicht gepasst habe, dass die verheiratete Schwester einen Liebhaber gehabt habe. „Auch daß der Ehemann der 27jährigen ebenfalls eine neue Freundin gehabt habe und sich die Ehepartner einvernehmlich scheiden lassen wollten, habe daran nichts geändert.“

Nachdem der ältere Bruder den 19jährigen Angeklagten wegen seines Lebensstils scharf kritisiert hatte, habe dieser sich entschlossen, den Liebhaber seiner Schwester zu töten, „um sich zu bewähren und von der Familie bewundert zu werden.”

Diese Fälle sind referiert worden, weil sie durch Gerichtsverfahren gut dokumentiert sind – und weil ich gegen die Aufnahme von uns hier in Mitteleuropa mit ihren archaischen Ehrvorstellungen zu kulturferne Bevölkerungen in die EU bin, wenn deren Vorstellungen die Männer nach dem Leben anderer trachten lassen: selbst dann, wenn eine Bevölkerung rein geographisch zu Europa gehört! Erst recht aber dann, wenn Asiaten mit solchen archaischen Ehrvorstellungen den Anspruch erheben, in die Europäische Union aufgenommen werden zu wollen!

Ich lehne nicht »die Türken« ab, bin sogar mit einigen (wenigen) von ihnen ein bisschen befreundet. Ich lehne es aber ab, mit potentiellen Frauen-Quälern und Frauen-Mördern aus - nach subjektivem Wertempfinden - beschädigter oder verlorengeglaubter Ehre zusammenleben zu müssen. Die drei vorstehenden Fälle sollen die aus der Aufnahme zu kulturferner Menschen resultierenden Gefahren für das Zusammenleben in unserer Gesellschaft verdeutlichen.

Dabei wird üblicherweise bei uns über diese Probleme fast ausschließlich nur berichtet, wenn ein Mord passiert ist. Die unterhalb dieser Schwelle liegenden Gewalttätigkeiten werden kaum erwähnt: Die Ärztin und Frauenrechtlerin Casan Bakir aus der Stadt Arbil, die schon mehrmals mit Säureattentaten angegriffen wurde und es daher nicht wagte, sich vom STERN fotografieren zu lassen, weil sie weitere Attentate von Islamisten fürchtete, sammelt in ihrer Praxis Bilder, die Frauen als Opfer männlicher Gewalt zeigen, so z.B. das Bild der Kurdin Kagal Chidir, der von ihrem Mann ein Teil der Nase weggeschnitten wurde, „… weil sie im Hof ihres Hauses mit einem fremden Mann gesprochen hat. Dafür hat ein Mullah Frau Chidir zum Tode verurteilt. Da sie schwanger ist, begnügte man sich vorerst mit der Verstümmelung. Die Todesstrafe soll vollstreckt werden, sobald ihr Kind geboren ist“ (STERN 37/2000).

Das ist nicht europäischer Standard! Das ist absolute Kulturferne zu den bei uns gelebten Werten! Solche Leute, bei denen aufgrund ihrer tradierten (Un-)Kultur die Gefahr solcher Einstellungen besteht, möchte ich lieber gar nicht erst in Europa wissen, um nicht darauf warten zu müssen, ob die vielleicht ausrasten, wenn ihnen etwas nicht passt!



Noch mehr »Morgenland« als Vollmitglied in der Europäischen Union vergrößert die Diskrepanzen in der EU und verhindert nach meiner festen Überzeugung die als wünschenswertes Fernziel an­zu­strebende Herausbildung der »Vereinigten Staaten von Europa«. Die sich durch die Überschreitung der Ku­l­turgrenze aus einem zu großen Zusammenschluss zu unterschiedlicher Kulturen ergebenden zentrifugal wirkenden Spannungen, die – wie wir nach den Ausbrüchen in den Niederlanden nach dem durch einen als Musterbeispiel einer gelungenen Integration angesehenen Muslim verübten Mord an van Gogh miterleben konnten - eine Gesellschaft explodieren lassen können, weil zwei überkritische Massen zusammenkommen, sollten nicht von »politischen Gutmenschen« als möglicherweise »anregend und bereichernd« schön geredet werden.
Die bisherigen verbreiteten Integrationsmisserfolge bezüglich auch noch der schon in vierter Generation hier im »abendländischen Europa« Lebenden lassen erwarten, dass – ohne jede Türkei- oder Islamophobie - die mit den nicht hier, sondern jenseits der Kulturgrenze Lebenden vorprogrammierten Spannungen im politischen Gebilde einer durch 70-80 Mill. weitere Asiaten überdehnt erweiterten EU als ständige Störung oder gar als Bedrohung empfunden werden. Es ist zu befürchten, vielleicht sogar zu erwarten, dass das »abendländische Europa« durch den Druck des - mit der Türkei als bald darauf volkreichstem Staat verstärkten - »morgenländischen Europas« irgendwann politisch handlungsunfähig werden wird! Eine solche »politische Supernova« muss in sich zusammenstürzen! Aus einem solchen Zusammenschluss über Kulturgrenzen hinweg kann kein Gebilde der »Vereinigten Staaten von Europa« wachsen, in dem sich dessen Mitglieder als Bürger der »Vereinigten Staaten von Europa« fühlen würden wie sich die US-Amerikaner als Bürger der Vereinigten Staaten von Amerika fühlen. Die Menschen sind so! Darauf muss man sich in seinem politischen Wollen und Handeln einstellen. Man muss »die Menschen mitnehmen«, wenn man ein politisches Ziel anstrebt. Einen Vorgeschmack auf das, was der EU nach einer Vollmitgliedschaft der Türkei in der EU bevorstehen kann, einen Einblick auf die dem politischen Gebilde EU schon jetzt immanenten Spannungen, gab das ohne den Blick auf »das neue Ganze« aus zu vielen staatlichen Egoismen gespeiste bisherige Gerangel um eine »Verfassung Europas«. Bei einem - vielleicht ja illusionären - Fernziel der Bildung der »Vereinigten Staaten von Europa« muss die Kulturgrenze zwischen dem »abendländischen« und dem von den Bürgern der EU bezüglich einer Mitgliedschaft der Türkei in diesem Zusammenschluss zu erwartenden politischen Gebilde unbedingt respektiert werden, wenn sich bei den Bürger im »abendländischen Europa« letztlich das für einen politischem Zusammenschluss zu den »Vereinigten Staaten von Europa« bereite Gemeinschaftsgefühl einstellen können soll! Und das wird schon schwer genug sein! Wegen der durch eine Überdehnung der Mitgliedschaften entstehenden Spannungen wird es die »Vereinigten Staaten von Europa« mit einer asiatischen Türkei nicht geben. Die Aufnahme der Türkei in die EU wird für die EU zu einem Pyrrhussiegwerden! Da bin ich mir absolut sicher. Die Menschen sind so.

Da bleibt nur der kluge Rat von Konrad Adenauer: „Nehmen Sie die Menschen wie sie sind: Sie haben keine anderen.“ „Und richten sie ihre politischen Ziele danach aus“, muss man den weisen Rat des ersten Bundeskanzlers der Bundesrepublik Deutschland ergänzen.





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