Seminar für allgemeine pädagogik


Aktives Zuhören I (Steil/Summerfield/DeMare)



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5.4 Aktives Zuhören I (Steil/Summerfield/DeMare)


    Literatur

Steil, K./J. Summerfield/ G. DeMare: Aktives Zuhören. Eine Anleitung zur erfolgreichen Kommunikation. Heidelberg 1986.

5.4.1 Das WIBR-Modell der Kommunikation


Die Autoren gehen von einem Kommunikationsmodell auf, das durch die folgenden vier Faktoren bestimmt wird:

  • Wahrnehmung

  • Interpretation

  • Bewertung

  • Reaktion

Anhand der folgenden Beispiele werden die vier Bausteine der Kommunikation erläutert:

1. Wahrnehmung - Der Fall der ungehörten Frage

Die Wahrnehmung im Interpretationsprozeß beziehen Steil et al. ausschließlich auf die akustische Wahrnehmung, das Hören. Die erste These lautet: “Wir hören nur, was wir hören wollen“(S. 33); Zur Veranschaulichung der These geben sie verschiedene Beispiele, von denen das folgende vielleicht das bemerkenswerteste ist: Ein Mann, der lange nicht von sich hören ließ, erzählt über seine Ehe, die geschieden wurde:

„Eigentlich dachte ich immer, daß wir recht glücklich miteinander seien. Eines Abends kam ich wie gewöhnlich spät nach Hause, und wir aßen zusammen zu Abend. Die Kinder hatten bereits vorher gegessen und Doris sagte etwas zu mir, was ich wohl nicht ganz verstand, doch ich sagte, ‘Fein, Liebling!’. Sie fragte: ‘Hast Du gehört, was ich sagte?’ Ich hielt ein und bemerkte, daß ich nicht wußte, wovon sie sprach und sagte: ‘Ich muß wohl mit meinen Gedanken woanders gewesen sein!’ Sie sah mich seltsam an, ich sah auf. ‘John’, sagte sie, ich sagte gerade, daß ich mich scheiden lassen möchte.’ Ihr zufolge hatte ich offenbar seit zwei Jahren kein Wort von dem, was sie gesagt hatte, wirklich gehört. Sie meinte, daß sie mir wieder und wieder vorgehalten habe, daß sie nicht glücklich sei mit unserem Leben und daß sie ihren alten Beruf als Designerin wieder aufnehmen wollte. Sie hatte mich darum gebeten eine Lösung für diesen Wunsch zu finden. Und sie hatte plötzlich gemerkt, daß ich nicht ein einziges Wort, das sie sagte, gehört hatte, daß ich ihr überhaupt nie zugehört hatte und daß tief in ihrem Inneren das Gefühl steckte, mir nichts zu bedeuten, daß sie im Grunde unwichtig war für mich. Wir haben seitdem viel miteinander geredet, aber sie glaubt, daß es nun zu spät ist und daß unsere Wege bereits auseinander gegangen seien.“ (ebenda, S. 31)

Die Alltagswahrnehmung kann von den Vorerwartungen dessen, was der andere sagt, dermaßen geprägt sein, daß man nicht mehr zuhört, vor allem dann nicht zuhört, wenn einmal etwas anderes gesagt wird. Die Autoren machen darauf aufmerksam, daß die Art und Weise, wie die Eltern den Kindern zuhören, eine wichtige eigene Erfahrung der Kinder ist, wenn sie selbst erwachsen sind: „Ich lernte zuzuhören, weil meine Eltern mir zuhörten.“

2. Interpretation - Der Fall der falsch aufgefaßten Anweisung

Mit Interpretieren ist gemeint, „zu verstehen, aufzufassen und zu begreifen“. Im Interpretieren sehen Steil et al. die „geheimnisvollste und am schwierigsten erlernbare Fähigkeit beim Zuhören - und die erstaunlichste.“ Immer geht es dabei „um die Frage, ob das, was die beiden Gesprächspartner meinen, zusammenpaßt". Ebenso wie die Wahrnehmung ist auch die Interpretation hochgradig selektiv. Tatsächlich kann bis heute keine Theorie wirklich erklären, wie die Tatsache, daß wir uns verstehen, funktioniert. Dessen ungeachtet gibt es zahlreiche Situationen, in denen das Mißverstehen zu verheerenden Konsequenzen führt.

Ich erinnere mich noch gut der Zeitungsberichte über ein Flugzeugunglück auf den Kanarischen Inseln, als ein aufsteigendes Flugzeug der KLM mit einer landenden PAN-Maschine zusammenstieß; beide Maschinen fingen Feuer, 583 Insassen verloren ihr Leben - das größte Flugzeugunglück seit den Anfängen der Fliegerei. Die Autoren zitieren aus dem Unfallbericht:

Die Hauptursache für den Unfall war die Tatsache, daß der KLM Kapitän (1.) ohne Erlaubnis startete, (2.) die Anweisung ‘warten Sie auf Freigabe’ nicht befolgte oder falsch interpretierte, und (3.) den Start nicht abbrach, als er hörte, daß sich die Pan­Am noch auf der Startbahn befand. (ebenda, S. 39)

Im Alltag ist nicht jedes Mißverständnis mit derart schwerwiegenden Konsequenzen verbunden. Viele Fehlhandlungen kommen zustande, wenn der Zuhörer sich nicht in die Situation des Sprechers hineinzuversetzen vermag. Allerdings erwähnen die Autoren nicht jene Möglichkeiten des Gesprächs, durch Rückfragen und die eigene Darstellung des Gehörten sich genügend Sicherheit zu verschaffen.

3. Bewerten - Der Fall der geschickten Produktpräsentation

„Das Bewerten ist sozusagen der 'Wachhund', der gewissermaßen ein Preisschild an das heftet, was wir gehört und verstanden haben“ (ebenda, S. 43). Für den Bewertungsprozeß spielen meine Erwartungen, deren Bestätigung oder Nichtbestätigung eine herausragende Rolle (vgl. „sich selbst erfüllende Prophezeiungen“). Entscheidend ist auch, wem man sich anvertraut, d.h. ob man eine Person als zuhörenswert einschätzt oder nicht. Denn man kann nicht allem und allen zuhören. Manche Menschen hören nur die Stimme, die sie am meisten beeindruckt - ihre eigene. Steil et al. machen darauf aufmerksam, daß Bewertungen unter anderem abhängen



  • von den Wert- und Glaubensvorstellungen des Beurteilers;

  • von dem Grad der Information, der für Entscheidungen zur Verfügung steht;

  • von den Vorerwartungen, die das Urteil prägen;

  • von der Fähigkeit des richtigen Zuhörens;

  • von der Art und Weise, wie ein zu bewertender Sachverhalt präsentiert wird.

Die Autoren berichten folgendes Beispiel für die Kontextabhängigkeit von Entscheidungen im Rahmen der Neuentwicklung eines Produktes.

Einer Gruppe von Mitarbeitern hatte man ein Budget von 25 000 Dollar gegeben mit dem Auftrag, mit Hilfe eines völlig neuen Lösungsansatzes ein Produkt zu konstruieren, das dem bisherigen zwar gleich, aber dennoch überlegen war. Die damit befaßten Ingenieure waren sicher, daß es ihnen sehr schwer fallen würde, das für Forschung zuständige Vorstandsmitglied zu bewegen, dieses völlig außerhalb der 10 Jahre alten Patentstruktur entwickelte neue Produkt zu berücksichtigen, auch wenn er ihnen das Geld dazu bewilligt hatte. Aber, so überlegten sie, wenn er nun dachte, daß es von einer anderen Firma entwickelt wäre, dann müßte die Resonanz ganz anders ausfallen. Sie nahmen also heimlich Kontakt zuerst mit alten Kollegen und dann mit einem kleinen privaten Forschungsunternehmen auf. Es sollte das Produkt in einen seiner Verkaufsbereiche aufnehmen, es als das Produkt eines Wettbewerbers präsentieren. Der Vorstand wurde auf das vermeintliche Wettbewerbsprodukt aufmerksam gemacht - und er ließ es prompt testen. „Wieviel wollen Sie dafür?“ frage er. Man sagte ihm, ca. 25 000 Dollar Anzahlung und Beteiligung am Umsatz seien wohl angemessen. Der Vorstand willigte ein. Erst später sagte man ihm, daß man das Produkt tatsächlich gekauft habe, und daß es das Ergebnis von 25 000 Dollar Forschungsaufwand war, die er ihnen ja selbst bewilligt habe. (ebenda, S. 47 f.)

Soweit zum dritten Baustein, Bewerten.

4. Reagieren: Das 20 Millionen-Dollar-Mittagessen

Wir neigen dazu, durch Handeln zu reagieren. Die hundertprozentige Aufmerksamkeit als Reaktionsform ist eine der wirkungsvollsten, über die man als Zuhörer verfügt. Die Autoren stellen unter anderem folgendes Beispiel für verspätetes Reagieren dar (unter dem Stichwort „Das 20-Millionen-Mittagessen“):

Ein Manager, der über ein vielversprechendes Produkt zu entscheiden hatte, lud den Erfinder, ein altes Original, zum Essen ein. Er ließ sich nicht anmerken, daß er sich bereits entschieden hatte, die Rechte für das Produkt zu kaufen und erbat sich, weil er das so in einem Ratgeber gelesen hatte, ein paar Tage Bedenkzeit, als ihn der Erfinder fragte, ob er das Produkt denn nun kaufen wolle. Nach drei Tagen rief er den Erfinder an, um den Vertrag perfekt zu machen. Zu seiner Enttäuschung hatte dieser nach dem Mittagessen bei der Konkurrenzfirma angefragt, dort sogleich seinen Vertrag bekommen - und der Firma des Managers gingen 20 Millionen Dollar Gewinn verloren, den das Produkt der Konkurrenz brachte. (ebenda, S. 52 f.)

Manchmal reagieren wir zu schnell oder lassen uns eine Reaktion aufnötigen, weil wir nicht richtig zuhören. Ein Beispiel dafür wird weiter unten gegeben. Forschungsergebnisse zeigen, "daß der Mensch etwa 70-80 % seines wachen Lebens mit Kommunikation und etwa die Hälfte davon, 45 %, wiederum mit Zuhören verbringt, im Vergleich zu 30 % Sprechen, 16 % Lesen und 9 % Schreiben". (ebenda, S. 15)



Kritische Zwischenbemerkung: Das WIBR-Modell ist offensichtlich aus der Praxis des Managements entstanden; es besitzt kaum eine tiefere theoretische Fundierung und nennt keine in der Psychologie oder Kommunikationswissenschaft geläufigen Autoren oder Modellvorstellungen. Es ist gleichsam „selbstgestrickt“ und lebt fast ausschließlich von den Geschichten, „die das Leben schrieb“ und mit deren Hilfe die Autoren, jedes Funktionsmerkmal Ihres Modells anschaulich zu machen suchen. Gerade deshalb, weil das WIBR-Modell eine theoretische Unterforderung darstellt, ist das Gesagte nicht uninteressant. Das, was Steil et al. mitteilen, ist in vielen anderen Fachbücher zur Kommunikation kaum vorfindbar.

5.4.2 Die fünf Hauptgründe für Kommunikation


1. Die verbindende Absicht: Die meisten Menschen glauben, das Hauptziel von Kommunikation sei Information oder Überzeugung, Austausch von Wissen. Dabei wird übersehen: Kommunikation ist ein Mittel zum Aufbau und zur Pflege von sozialen Beziehungen, wobei der Information gegebenenfalls nur eine untergeordnete Bedeutung zukommt. In diesem Sinne wird Kommunikation als "Verbindendes Sprechen" angesehen, small talk, Geplauder, mit dem Atmosphäre erzeugt, Zeit überbrückt wird. Das Hauptanliegen verbindender Kommunikation ist es, eine persönlcihe Beziehung zu der Person herzustellen, mit der ich kommuniziere. Ohne eine solche Beziehung verläuft jede Kommunikation unbefriedigend: "Wir haben 6 Jahre zusammengearbeitet, aber ich lernte ihn nie richtig kennen.“ Oder: "Er ist ein Fisch. Ich schätze sein Können, aber zusammenarbeiten möchte ich lieber nicht mit ihm. Man kommt an ihn nicht heran. Er beachtet uns nur, wenn er etwas von uns will". Dies sind Beispiele für das Fehlen einer "verbindenden Absicht".

2. Gefühlen Luft machen: Wir brauchen manchmal jemandem, der uns zuhört, bei dem wir Dampf ablassen können (zum Beispiel: „Wenn der Chef ein Choleriker ist...“). Das In-Sich-Hineinfressen von Problemen und "Unerledigtem" macht psychisch krank.

3. Die Absicht zu informieren: "Die perfekte Verpackung und Darbietung von Information zu kommerziellen Unterhaltungs- und Bildungszwecken scheint den Aspekt der Bewertung beim Zuhören besonders zu betonen. Sie hat gleichzeitig unsere Fähigkeit zuzuhören erheblich verringert..." Gerade weil wir immer mehr Zeit damit verbringen, uns das Wissen und die Information zu verschaffen, die wir benötigen, um unser Leben so gestalten zu können, wie wir es wünschen, müssen wir lernen, wie man zuhört. Wir verhindern damit auch, daß neue Ideen, Trends, Moden, Bewegungen oder Denkweisen ausgeschlossen werden (ebenda, S. 105).

4. Die Absicht zu überzeugen: Zuhören ist als Werkzeug wichtig, um andere von den eigenen Vorstellungen überzeugen zu können. Um zu analysieren, unter welchen Bedingungen wir unseren Gesprächspartner überzeugen können, sind einerseits Optimierungsfaktoren (z.B. Vorerwartungen in bezug auf Glaubhaftigkeit u.a..) sowie die möglichen Störungen der Kommunikation zu untersuchen. Hierzu sind die Hinweise des Buches eher dürftig.

5. Die Absicht zu unterhalten: Der größte Teil der heutigen Kommunikation ist Unterhaltung - das Fernsehen macht's möglich, wird zum Vorreiter dieser Entwicklung mit Auswirkungen auf andere Lebensbereiche. Wer etwas witzig vorträgt, hat immer Zuhörer. Spannung, Witz, farbiger Erlebnisreichtum als Bestandteil kommunikativer Botschaften finden beim Empfänger eine besondere "Antenne", in der Regel auch die Massen. Dabei ist zu beachten (ebenda, S. 115):

  • Botschaften haben - wie Worte - eine denotative (wörtliche, lexikalische) und eine konnotative Bedeutung (Mitschwingen eines semantischen Umfeldes von Anmutungen, positiven oder negativen Gefühlstönungen);

  • Nachrichten und übermittelte Sätze haben eine wörtliche und eine latente Bedeutung. Jede Botschaft enthält ein Bündel latenter (bzw. symbolischer) Bedeutungen, ist selten ein-eindeutig [Der Beziehungsaspekt im Sinne Watzlawicks, der in diesem Buch nicht erwähnt wird, sorgt für die Uneindeutigkeit der Botschaft - vor allem, wenn er nicht mit dem Inhaltsaspekt kongruent ist];

  • Botschaften ändern ihre Bedeutung je nach Kontext;

  • Die Akzeptanz von Botschaften hängt auch davon ab, inwieweit sie mit den Normen und Werten der Empfängergruppe übereinstimmt;

  • Was jemand sagt, ist nicht immer das, was er tatsächlich meint. In der Botschaft sind oft unsere unbewußten und emotionalen Wünsche verschlüsselt enthalten. [Wenn der 10jährige Johannes, sagt, "Mir ist so langweilig", nützt es überhaupt nichts, daß ihm die Mutter eine Fülle von Vorschlägen macht, um dem abzuhelfen. Er will damit einen ganz bestimmten Wunsch zum Ausdruck bringen, den er direkt nicht vorbringen möchte, weil er um die fehlende Akzeptanz der Eltern weiß, z.B. „Ich möchte- schon wieder - Computer spielen!].

Die positiven Seiten des Zuhörens (ebenda, S. 70 f.): Zuhören kann Spannung reduzieren - Man lernt durch Zuhören - Durch Zuhören kann man Freude bereiten - Zuhören kann das Problem des anderen lösen - Zuhören trägt dazu bei, Probleme gemeinsam zu lösen - Zuhören erhöht die Kooperationsbereitschaft - Zuhören stimuliert den Redner Zuhören verbessert meine Entscheidungen - Zuhören verbessert die Arbeitsqualität - Zuhören schützt mich vor Unannehmlichkeiten - Zuhören gibt mir Selbstvertrauen - Zuhören macht Spaß - Zuhören gibt mir Zeit zum Denken

Verbesserung des Zuhörens durch drei Grundeinstellungen: Das Zuhören wird verbessert durch

  1. die Bereitschaft, nicht das ganze Gespräch selbst bestreiten zu wollen;

  2. die Bereitschaft, den anderen zu akzeptieren und ihm dies deutlich zu machen;

  3. die Bereitschaft, das Zuhören zu einem aktiven Teil des Kommunikationsprozesses zu machen.

Die Verbesserung des Zuhörens gelingt durch Beachtung folgender Gesichtspunkte:

Schaffe eine angenehme Atmosphäre - Sei bereit, die Art des anderen zu akzeptieren - Sei auf eine Diskussion des Themas vorbereitet - Berücksichtige die Situation des Sprechers und sei tolerant - Achte auf grundlegende Gedanken und fasse sie zusammen - Wiederhole den wesentlichen Inhalt - Durchschaue die inhaltliche Anordnung der Rede - Stelle Fragen - Mache dir Notizen - Rekapituliere das Gesagte (wenn möglich gegenüber Dritten).



Zur Verbreitung und Durchsetzung von Innovation ( S. 124): Die Autoren unterscheiden drei Phasen:

  1. Die Idee bzw. die Innovation wird von einer kleinen Anzahl von "fortschrittlichen" Personen vorgestellt, die sie durch Lesen oder Zuhören aufgenommen haben und sie nach einer Experimentierphase an ihre Freunde und Nachahmer weitergeben.

  2. Während der zweiten Phase verbreitet sie sich auf Grund ihrer Vorteile und gegebener Modetrends rasch.

  3. In der dritten Phase wird sie selbst zur Norm, und auch die älteren isolierteren Mitglieder der Gruppe nehmen sie an.

Merke: Jede Idee muß nicht nur von den Meinungsführern akzeptiert werden, sondern sie muß auch in den bestehenden kulturellen Kontext passen und in das Wertesystem der Gesellschaft integriert werden.

5.4.3 Irrtümer


Irrtum Nr. 1: Zuhören ist vor allem eine Frage der Intelligenz.

Hinweis: Viele intelligente Menschen sind deshalb schlechte Zuhörer, weil sie bestimmten Zielen nachstreben, die eine Offenheit für andere erschweren. Ob Männer schlechtere Zuhörer als Frauen sind, ist nicht geklärt. Die Untersuchungen haben unterschiedliche Ergebnisse gebracht. Es sieht so aus, als ob der Faktor des Geschlechts abhängig ist vom Thema. Die Korrelation zwischen Intelligenz und "Zuhören" liegt bei Null.



Irrtum Nr. 2: Zuhören ist eng mit dem Hörvermögen verbunden.

Hinweis: Nach Meinung der Autoren leiden nur etwa 5 % der Kinder unter Gehörschwächen (durch laute Musik dürfte der Anteil insbesondere bei Jugendlichen wesentlich größer sein).



Irrtum Nr. 3: Tägliches Zuhören ersetzt das Üben

Hinweis: Wir sind nicht schon deshalb gute Zuhörer, weil wir den größten Teil des Alltags mit unseren Ohren das eigene Sprechen sowie die Sprache anderer wahrnehmen. Zuhören kann durch Üben verbessert werden.



Irrtum Nr. 4: Da wir in der Schule Aufpassen, Lesen und Schreiben gelernt haben, wissen wir auch, wie man richtig zuhört

Hinweis: Leider wird in der Schule nur die Förderung des Sprechens und Schreibens, nicht aber die des Zuhörens in den Mittelpunkt des muttersprachlichen Unterrichts gestellt!



Irrtum Nr. 5: Lesen lernen ist wichtiger als Zuhören zu lernen.

Hinweis: In der Tat ist der größte Teil der Information, die wir im Alltag aufnehmen, visuelle Information; sie macht etwa 80 % der aufgenommenen Gesamtinformation aus. Das Auge muß erst etwas fixieren, das Ohr kann dagegen ständig Reize aufnehmen, die Reaktionszeit für Geräusche ist geringer als für optische Reize. Das Hören ist in besonderer Weise gebunden an emotionale Qualitäten (Taubstumme Menschen neigen eher zu Mißtrauen und sozialer Isolation als blinde Menschen).



Irrtum Nr. 6: Gutes Zuhören ist nur eine Sache des Wissens.

Hinweis: Ein entsprechender Test kann das Gegenteil beweisen!



Irrtum Nr. 7: Zuhören ist passiv und erfordert weder Anstrengung noch Geschick, es ist immer der Sender, der im Kommunikationsprozeß für den Erfolg der Übermittlung verantwortlich ist.

Hinweis: Kommunikation ist immer ein wechselseitiger Prozeß, an dem das Zuhören aktiv beteiligt ist, weil die Entschlüsselung von Botschaften über den Hörkanal besondere Fähigkeiten verlangt.



Demgegenüber haben folgende Aussagen nach Ansicht der Autoren einen hohen Wahrheitsgehalt:

  • Zuhören kann Spannung reduzieren.

  • Man lernt durch Zuhören.

  • Durch Zuhören kann man Freunde gewinnen.

  • Zuhören trägt dazu bei, Probleme gemeinsam zu lösen und unterschiedliche Meinungen wirklich auszutauschen.

  • Zuhören erhöht die Kooperationsbereitschaft.

  • Zuhören stimuliert den Sprechenden, seine Ideen besser zu präsentieren.

  • Zuhören verbessert die eigenen Entscheidungen.

  • Zuhören steigert den persönlichen Erfolg, schützt vor Unanehmlichkeiten und gibt Selbstvertrauen.

  • Zuhören macht Spaß und gibt Zeit zum Denken.

5.4.4 Aufgaben für die Selbstanalyse


Steil et al. bieten dem Leser folgenden Verständnistest für die Selbstanalyse an:7

Verständnistest: Sie haben genau drei Minuten Zeit, um den Test ... zu machen. Es kommt in erster Linie auf Logik und die Fähigkeit, Anweisungen zu befolgen, an. Lesen Sie, bevor Sie anfangen, alle Aufgaben sorgfältig durch. Gehen Sie beim Ausfüllen nicht auf bereits beantwortete Fragen zurück und verändern Sie nicht Ihre bereits gegebenen Antworten! Kreuzen Sie Ihre Antworten auf dieser Buchseite an, um eine Aufzeichnung zu haben, auf die Sie später zurückgreifen können.

Diesen einfachen, auf Zeit ausgerichteten Verständnistest machte der Kommunikationsexperte Jud Morris mit seinen Zuhörern. Jud Morris hat über 25 Jahre hinweg Tausende von Situationen untersucht, die zu Mißverständnissen, Verwirrung und Fehlentscheidungen führten. Dies ist einer der Tests, die er nach seinen audiovisuellen Präsentationen über die Kunst des Zuhörens durchführte. Probieren Sie den Test selbst aus.



Verständnistest

Richtig Falsch

  1. In skandinavischen Ländern ist der 4. Juli kein Feiertag. ( ) ( )

  2. Es ist verboten, daß sich ein Bewohner des Vatikanstaats

an einem Sonntag beerdigen läßt. ( ) ( )

  1. In manchen Ländern gilt es als unhöflich, ein Bild von einem

Mann mit einem Holzbein zu machen. ( ) ( )

  1. Es gibt eine Insel im Südpazifik, auf der es verboten ist, daß

ein Mann die Schwester seiner Witwe heiratet. ( ) ( )

  1. Es ist weniger schmerzhaft, von einem Hai als von einem

Piranha gebissen zu werden. ( ) ( )

  1. Sehr wenige Leute wissen, wie der Präsident der

Vereinigten Staaten im Jahr 1927 hieß. ( ) ( )

  1. Der männliche Durchschnittsbürger von Neu Guinea hat

weniger Geburtstage als der weibliche Durchschnittsbürger. ( ) ( )

  1. Es gibt eine genaue Grenze, wieweit man im Wald ohne

Jagdschein gehen darf. ( ) ( )

9. Die Anweisungen besagen, daß Sie alle Fragen lesen sollen,


bevor Sie anfangen. Beantworten Sie die obigen Fragen nicht!
Es wäre eine Schande, ein so schönes Buch zu verunzieren.
Verständnistest von Steil/Summerfield/DeMare 1986, S. 83

Kommentar zum Verständnistest: Ein Test, der zeigt, wie schnell wir uns überrumpeln lassen! Die Autoren wollen damit demonstrieren, wie ungenau unsere Wahrnehmung ist, wenn es darum geht, eine Anweisung zu befolgen, die in einem winzigen Punkt abweicht von jenen Verhaltensweisen, die wir erwartungsgemäß bei der Durchführung eines Tests praktizieren.

Weitere Aufgaben:

Wie schätzen Sie sich selbst, wie schätzen Sie andere Personen als Zuhörer ein? Schreiben Sie die Ziffer der zutreffenden Kategorien in die nachfolgenden Spalten:



(1) überragend; (2) ausgezeichnet; (3) überdurchschnittlich; (4) durchschnittlich; (5) unterdurchschnittlich; (6) schlecht; (7.) miserabel

a) Eigene Fähigkeit des Zuhörens: = . . .

b) Mein(e) beste(r) Freund/Freundin: = . . .

c) Meine Mutter: = . . .

d) Mein Vater: = . . .

e) Vermutete Einschätzung meiner Zuhörfähigkeit durch die drei vorgenannten Personen (pauschal): =

Bitte nehmen Sie zu den folgenden 16 Statements Stellung, indem Sie die zur Wahl stehenden Ziffern 1-5 jeweils davor setzen:

Es bedeuten: 1 = sehr oft, 2 = oft, 3 = manchmal, 4 = selten, 5 = nieA) Ich hatte schon

Erlebnisse, bei denen ich Nachteile hatte, weil ich...

( ) kein Interesse zeigte

( ) falsche Schlußfolgerungen zog

( ) den "springenden Punkt" verpaßte

( ) emotional reagierte

( ) nicht hörte, was gesagt wurde

( ) nicht verstand, was gesagt wurde

( ) nicht richtig beurteilte, was gesagt wurde

( ) nicht richtig reagierte auf das Gesagte.

B) Ich hatte schon Erlebnisse, bei denen ich Vorteile hatte, weil ich ...

( ) echtes Interesse zeigte

( ) Geduld zeigte

( ) trotz der Art und Weise, wie der Sprecher das Gesagte vortrug, erkannte, worauf es ankam

( ) mich einer emotionalen Reaktion auf unberechtigte Kritik enthielt

( ) etwas aufnahm, was ganz beiläufig gesagt wurde

( ) eine verwirrende Interpretation richtig interpretierte

( ) den richtigen Schluß zog aus dem, was wirklich gewollt war (d.h. aus dem Kern der Sache)

( ) umgehend und angemessen reagierte - im Vergleich zu anderen, die mit ihren Antworten zu langsam waren oder falsch reagierten



Abschließende Bewertung: Das Modell von Steil et al. ist aus der Praxis von Schulungsseminaren erwachsen und theoretisch nicht allzu anspruchsvoll; die Kommunikationsbeispiele stammen überwiegend aus den Berufsleben, insbesondere aus dem Management. Besonders instruktiv sind die Selbst- und Fremdeinschätzungen bzw. "Tests" in bezug auf die Fähigkeit des Zuhörens.

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