Wörtliches Protokoll


Hatzl: Zu Wort gemeldet ist der Abg Kabas. Abg Mag Hilmar Kabas



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Hatzl: Zu Wort gemeldet ist der Abg Kabas.

Abg Mag Hilmar Kabas (Klub der Wiener Freiheitlichen): Sehr geehrter Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren!

Natürlich ist es nicht alltäglich, wenn ein Gesetz von der Bundesregierung beeinsprucht wird und heute die Mehrheit dieses Hauses einen Beharrungsbeschluss fassen muss. Aber auch dann, wenn man einen Beharrungsbeschluss fasst und sich nicht wirklich inhaltlich mit den Argumenten, warum es zu dem Einspruch gekommen ist, befasst, sondern auf den schlechten Argumenten zumindest von einer Partei, die vor mir gesprochen hat, beharrt, wird das nicht besser.

Ich möchte nur zwei Beispiele herausgreifen von der Vorrednerin. Wenn sie die Ankündigung, dass zwei Parteien dieses Hauses, Abgeordnete dieses Hauses den Verfassungsgerichtshof anrufen wollen, als erbärmlich bezeichnet, da kann ich nur sagen: Es ist bezeichnend für die gesamte Argumentationslinie derer, die jetzt den Beharrungsbeschluss fassen wollen, dass dann, wenn ein Weg, der in der Bundesverfassung eingeräumt wird als Recht, als erbärmlich angesehen wird und bezeichnet wird. Erbärmlich ist diese Argumentation, die ich wirklich mit allem Nachdruck zurückweisen möchte! (Beifall bei FPÖ und ÖVP.)

Und ein zweites Argument, das auch wieder einmal tief blicken ließ, entweder Sie wissen es nicht besser oder Sie wollen eben eine tatsächliche Desinformation. Man weiß ja, da gibt es Meister in dem Bereich der Desinformation. (Bewegung bei den GRÜNEN.) Das habt ihr beim Ostblock gelernt, die Desinformation. Das weiß ich schon. Ihr habt es gut gelernt. (Beifall bei der FPÖ.)

Wenn Sie meinen, dass sich die moderne Demokratie doch nicht nur beschränken soll auf Staatsbürgerrechte und deshalb kann man willkürlich über Staatsbürgerrechte hinweggehen, auch wenn sie verfassungsrechtlich verankert sind, kann ich nur sagen: Mitnichten ist es so, dass in einer modernen Demokratie nur Staatsbürgerrechte vorhanden sind. Natürlich gibt es auch Grundrechte, die unabhängig vom Staatsbürgerrecht Geltung haben, und zwar für alle hier im Staat Befindlichen, wie Vereinsfreiheit, Versammlungsfreiheit, Pressefreiheit und so weiter. Aber es gibt eben auch die Staatsbürgerrechte. Zu denen gehört das Wahlrecht. Darauf werden wir uns berufen, und ich bin überzeugt davon, dass uns hier der Verfassungsgerichtshof auch Recht geben wird. (Beifall bei der FPÖ.)

Nun zur Vorrednerin und ihren versuchten Angriff auf unsere Informationskampagne: Sie können überzeugt sein, wir haben alles vollkommen abgecheckt, auch rechtlich abgecheckt, und ich würde nur meinen, man soll keine Bürger – weil darin sind Sie auch Meister – unter Druck setzen, damit sie von Standpunkten, die sie sogar schriftlich hergegeben haben, abrücken sollen. Das wäre wirklich etwas, was man dann auch in aller Öffentlichkeit besprechen muss, weil das muss endlich einmal aufhören, dass bestimmte linke Gruppierungen ständig versuchen, Druck auf Bürger auszuüben. (Beifall bei der FPÖ. – Zwischenrufe bei den GRÜNEN.)

Ich möchte daher noch einmal heute die Argumente darlegen, die wir schon bei der seinerzeitigen Beschlussfassung dieses Landesgesetzes dargelegt haben, hier noch einmal in Erinnerung rufen. Und es wäre interessant, sich wirklich einmal mit diesen Argumenten auseinander zu setzen und nicht nur sich zu ergehen in irgendwelchen Verbalinjurien oder zu sagen, das ist erbärmlich und skandalös und so weiter, sondern es handelt sich hier um eine wirklich ganz ernsthafte demokratiepolitische Frage, ob man ohne weiters über Verfassungsrecht und über Staatsbürgerrecht hinweggehen will, wenn man glaubt, vielleicht damit parteipolitische Vorteile bekommen zu können. Ich glaube, dass das einfach zu wenig ist, sondern man muss wirklich hier sehr genau abwägen und schauen, wie weit das jetzt tatsächlich von der Verfassung gedeckt ist. Es ist nicht gedeckt.

Aber wir haben jetzt nicht nur diese juristischen Argumente vorzubringen und ins Treffen zu führen, sondern auch durchaus politische Argumente.

Ein Hauptargument für uns ist, dass in einer demokratischen Gesellschaft das Wahlrecht eines der wichtigsten Staatsbürgerrechte darstellt und das ist daher nur von jenen auszuüben, die sich mit dieser Gesellschaft und mit diesem Staat identifizieren, ihre Pflichten erfüllen und die auf Grund von Wahlentscheidungen sich ergebenden Konsequenzen dann auch auf Dauer mittragen.

Dass der Geist, der hier in unserer Verfassung zum Ausdruck kommt, ein normiertes Staatsbürgerschaftsrecht ist, ist eben im Sinne von Identitätsstiftung, das, was etwa jetzt bei der Frage des Konvents in Europa der Landeshauptmann vorhin auch gemeint ist, dass es ganz wichtig ist, dass sich die Bürger innerhalb eines Staates oder innerhalb der Union identifizieren mit diesem Gemeinwesen. Und wir meinen, dass es sinnvoll ist und integrativ wirkt, wenn das am Endpunkt des Integrationsprozesses steht, dann die Verleihung des Staatsbürgerrechtes gegeben ist und damit auch das staatsbürgerschaftliche Recht des Wahlrechtes, dass das dann der Endpunkt und die Zielsetzung eines Einwanderers sein soll, der hierher kommt, sagt, aus welchen Gründen immer, das soll die neue Heimat, meine neue Heimat sein, und dann, so wie es im Staatsbürgerschaftsgesetz vorgesehen ist, eben zehn Jahre hier lebt und wirkt und den Mittelpunkt seines Lebensinteresses hat. Daher hat der Herr Landeshauptmann schon Recht; er geht nur jetzt mit diesem Gesetz den entgegengesetzten Weg.

Und daher meinen wir, dass mit diesem Weg des Ausländerwahlrechts das Staatsbürgerschaftsrecht ausgehöhlt wird und auch in Frage gestellt wird, weil eben das Wahlrecht ein zentraler Punkt des Staatsbürgerschaftsrechtes ist. Und daher stand eben die Staatsbürgerschaftsverleihung bisher am Ende der Integration Fremder und konnte in der Regel auch nur frühestens nach zehn Jahren erlangt werden. Wir wissen, gerade in Wien wurde es dann verkürzt, aber im Gesetz steht es einmal so grundsätzlich drinnen. Nach zehn Jahren – so das Staatsbürgerschaftsgesetz – ist ein Ausländer einem Staatsbürger durch Verleihung der Staatsbürgerschaft gleichzustellen. Und das ist die Zielsetzung für einen Einwanderer, dass am Ende die Staatsbürgerschaft mit dem Wahlrecht steht, wenn er sich durch einen bestimmten Zeitablauf integriert hatte und eben auch Zeit hatte, sich zu integrieren.

Und ich möchte jetzt einen Zeugen nennen, dem Sie sicher nicht unterstellen werden, Herr Kollege Schuster, sicher nicht unterstellen werden können, dass er irgendein Naheverhältnis zu uns hat. Der Prof Bassam Tibi hat vor einigen Wochen hier im Cajetan-Felder-Institut einen Vortrag gehalten. An sich war der Schwerpunkt Frage Nahost, Frage Krise et cetera und auch, wie es seiner Meinung nach weitergehen wird mit der islamistischen Bewegung, weil er ist ja ein Liberaler. Also er lehnt ja den Islamismus ab. Aber in der Diskussion ging es dann auch um das Ausländerwahlrecht. Und er sagt – er ist deutscher Staatsbürger, aber ein gebürtiger Syrer –, dass er das Ausländerwahlrecht ablehnt, denn das Wahlrecht ist ein Bürgerrecht. Und Bürger soll und darf nur der werden, der sich mit seiner neuen Heimat voll identifiziert, sich als Bürger mit allen Rechten und Pflichten begreift und diesem Staatswesen gegenüber, dem er nunmehr angehört, dazu auch zu hundert Prozent loyal ist. Und da soll eben das äußere Zeichen der Staatsbürgerschaftsverleihung stehen und damit auch dann das Wahlrecht.

Und das, glaube ich, ist ein ganz entscheidender Gedanke. Ich bin noch beim Politischen, ich komme dann auch zur rechtlichen Diskussion und zu den rechtlichen Argumenten. Um diese Integration, an deren Ende die Erlangung der Staatsbürgerschaft steht, zu erreichen, können eben auch – und das habe ich vorhin schon erwähnt – von den Ausländern selbstverständlich Rechtsgarantien wie Meinungsfreiheit, Versammlungsfreiheit-, Pressefreiheit, Vereinsfreiheit in Anspruch genommen werden. Die Grundrechte selbstverständlich. Aber in der Form nicht die Staatsbürgerrechte.

Dieser Integrationsweg kann aber nicht konsequent weiterverfolgt werden, wenn der Anreiz, sich mit der Einbürgerung voll zu integrieren, wegfällt, indem schon ohne Übernahme der vollen Staatsbürgerpflichten maßgebliche Bürgerrechte vorher eingeräumt werden. Um ein persönliches Recht wie das Wahlrecht verleihen zu können, bedarf es daher einer konkreten Integration in den Personalverband der jeweiligen Gebietskörperschaft, die durch die Verleihung der Staatsbürgerschaft nach außen repräsentiert wird und bei der das Gastgeberland auch davon ausgehen kann, dass sich diese Person voll mit dem Wohnsitzstaat identifiziert und zu ihm zugehörig fühlt.

Ich komme zum zweiten Argument, nämlich: Diese Ansicht wird auch von der Europäischen Union vertreten. Eine Entschließung des Rates vom 4. März 1996 – weil wir vorhin gerade auch einstimmig die Europadeklaration beschlossen haben – über die Rechtsstellung von Staatsangehörigen dritter Länder, die im Hoheitsgebiet der Mitgliedsstaaten auf Dauer aufhältig sind, verweist darauf, dass Drittstaatenangehörige grundsätzlich erst nach einer zehnjährigen ununterbrochenen rechtmäßigen Aufenthaltsdauer in der EU eine Gleichstellung mit Inländern, das heißt mit EU-Bürgern, im rechtlichen und sozialen Status erlangen sollen. Und damit ist ohne Zweifel auch das Wahlrecht als Kernbereich der staatsbürgerschaftlichen Rechte gemeint.

Drittes Argument: Ein weiterer Punkt zeichnet das Wahlrecht für EU-Bürger innerhalb der EU aus. Es beruht nämlich auf dem völkerrechtlichen Grundsatz der Gegenseitigkeit. Ich möchte jetzt nur in Erinnerung rufen, dass ab nächstem Jahr, ab 1.5., weitere zehn Länder in die EU aufgenommen werden, deren Bürger dann in der EU das kommunale Wahlrecht ausüben können, sodass ja nur mehr wenige Staaten in Europa übrigbleiben, deren Bürger dann innerhalb der EU und daher auch innerhalb Österreichs nicht wählen können. Aber da ist eben das entscheidende Argument der Gegenseitigkeit ins Treffen zu führen.

Und gerade dieses Element findet nun bei den Nicht-EU-Ausländern nach diesem Landesgesetz keine Beachtung. Der Grundsatz der Gegenseitigkeit bedeutet – das ist bekannt –, dass jener Bürger, in dessen Staat ein Ausländer wählen kann, auch die Möglichkeit hat, in dem Staat des Ausländers wählen zu können. Dies ist in der Europäischen Union der Fall, fehlt aber natürlich gegenüber den Drittstaaten. Versuchen Sie einmal, in die Türkei auszuwandern und dann ohne türkische Staatsbürgerschaft das Wahlrecht auf kommunaler Ebene in Anspruch nehmen zu wollen. Da werden Sie Ihre Wunder erleben.

Viertes Argument, nämlich: Das zielt in die Richtung, dass der Grundsatz der Gleichheit und Nichtdiskriminierung der österreichischen Staatsbürger hier mit diesem Schritt verletzt wird, weil österreichische Staatsbürger gegenüber diesen Staaten, Drittstaaten, wo die Österreicher eben nicht wählen können, benachteiligt und diskriminiert sind.

Fünftes Argument: Weder die Entschließung des Rates vom 4. März 1996 der EU über die Rechtstellung von Staatsangehörigen dritter Länder, die im Hoheitsgebiet der Mitgliedsstaaten auf Dauer aufhältig sind, noch die Kommunalrichtlinie der EU oder der UN-Pakt über bürgerliche und politische Rechte zwingt uns in irgendeiner Weise in diese Richtung, mit der Sie heute einen Beharrungsbeschluss machen wollen, sondern es ist nach diesen internationalen Richtlinien der EU, aber auch der UNO sogar unverständlich, warum Sie diesen Schritt gehen.

6. Dieser Punkt ist schon immer wieder diskutiert worden: Es wird das Homogenitätsgebot verletzt. Das Homogenitätsgebot, Sie wissen, da kommt der Gedanke der Einheit der verfassungsrechtlichen Wahlgrundsätze in unserem Staat, in unserer Bundesverfassung zum Ausdruck.

7. Argument: Durch die Einführung des Wahlrechtes für Drittstaatsangehörige wird aber auch das demokratische Prinzip unserer Bundesverfassung - eines Bausteines der Bundesverfassung - verletzt, weil hier ja das Postulat gilt, alle Gewalt, alles Recht geht vom Volk aus und unter Volk versteht die Bundesverfassung selbstverständlich das Staatsvolk, also die Summe der Staatsbürger. Darum haben wir auch das letzte Mal im Dezember den Antrag gestellt auf eine Volksabstimmung, denn geht man von den Grundprinzipien der Bundesverfassung ab, ist das sogar zwingend vorgeschrieben.

8. Punkt: Dieser Entwurf widerspricht aber auch dem Art 3 des Staatsgrundgesetzes, wonach ein öffentliches Amt nur von Staatsbürgern ausgeübt werden darf. Da haben Sie versucht, gerade noch die Kurve zu kratzen, indem Sie jetzt normieren, dass nicht von Angehörigen von Drittstaaten ausgeübt werden kann das Amt des Bezirksvorstehers, des Bezirksvorsteher-Stellvertreters, eines Mitgliedes des Bauausschusses und eines Mitgliedes der Kleingartenkommission. Das sind Bereiche, in denen in einer Bezirksvertretung hoheitliche Aufgaben wahrgenommen werden und Angehörige von Drittstaaten dürfen dort nicht hineingewählt werden. Die Verfassungswidrigkeit geht aber tatsächlich mit Sicherheit weit über diese genannten Funktionen hinaus.

Und Sie schaffen damit, als 9. Argument, zwei Klassen von Wahlwerbern. Nämlich jene, die unbeschränkt alle Funktionen besetzen können und jene, die das nicht können, mit all dem Sprengstoff, der auch in dieser Problematik liegt.

Und schließlich 10.: Allein von diesen Argumenten mit den offenkundigen Verfassungswidrigkeiten, die ich in den neun Punkten aufgezählt habe, erscheint auch die fünfjährige Hauptwohnsitz-Meldung als alleinige Voraussetzung vor dem Hintergrund der Zuordnung maßgebender Rechte bei weitem als zu gering. Dies umso mehr, als lediglich aus verwaltungsökonomischen Gründen von einem rechtsgültigen Aufenthaltstitel abgesehen wird. Offenbar ist noch nicht bekannt, dass es natürlich im Fremdenrecht Versagungsgründe gibt, die zu einem Verlust des Aufenthaltstitels führen können. Da nehmen Sie aber einfach in Kauf, dass dann trotzdem gewählt werden kann, obwohl gar kein Aufenthaltstitel mehr vorhanden ist.

Wir werden unsere Bedenken gegen dieses Gesetz weiterhin in der Öffentlichkeit artikulieren, wir werden diese weiter in die Öffentlichkeit bringen, wir werden die Öffentlichkeit informieren, thematisieren und diskutieren, weil wir glauben, dass es hier um eine Fehlentwicklung in einer sehr wichtigen demokratiepolitischen und verfassungsrechtlichen Frage geht.

Und wir werden uns bemühen, eine Anfechtung dieses Gesetzes beim Verfassungsgerichtshof auch durchzubringen. Das ist, betone ich noch einmal, das verfassungsrechtlich gewährleistete Recht.

Wir werden jedenfalls weiterhin gegen die Aushöhlung der Staatsbürgerschaftsrechte mit den uns zur Verfügung stehenden demokratischen Mitteln Stellung nehmen und wir glauben, dass wir rechtlich, juristisch, diese Bestimmungen, die Sie heute im Beharrungsbeschluss nochmals beschließen werden, tatsächlich aus verfassungsrechtlichen Gründen zu Fall bringen werden können. (Beifall bei der FPÖ.)

Präsident Johann Hatzl: Zum Wort gemeldet ist Herr Abg Stürzenbecher. Ich erteile es ihm.

Abg Dr Kurt Stürzenbecher (Sozialdemokratische Fraktion des Wiener Landtags und Gemeinderats): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Frau Stadträtin! Sehr geehrte Damen und Herren!

Ich hätte mir ja gewünscht, dass etwas von dem Geist, der bei der vorigen Debatte über die Europadeklaration durchaus bei allen Fraktionen, zumindest bis zu einem gewissen Grad, vorhanden war, jetzt in eine konkrete Debatte herüber gerettet wird. Leider muss ich feststellen, dass davon bei ÖVP und FPÖ überhaupt nicht die Rede ist. Es ist leider so, dass man zwar im Allgemeinen sehr leicht europäisch diskutieren und reden kann, aber dann, wenn es darum geht, ein Gesetzeswerk umzusetzen, das wirklich dem neuen europäischen Geist entspricht, dann sind ÖVP und FPÖ natürlich wieder dagegen, und das lehnen wir aufs Schärfste ab. (Beifall bei der SPÖ.)

Insgesamt ist es ja so - wie auch Frau StRin Vassilakou gesagt hat – dass wir heute ein gewisses Déjà-vu-Erlebnis haben. Die Debatte gab es ja am 13. Dezember schon, dann hat sich die Bundesregierung darin gefallen, einen Einspruch gegen unseren Beschluss wegen angeblicher Gefährdung von Bundesinteressen zu fassen.

Es ist so, dass der Geist, der aus diesem Beschluss der Bundesregierung spricht, nach meiner Auffassung kleinkariert ist. Der Geist, der daraus spricht, ist nach meiner Auffassung uneuropäisch, weil er gegen den weltoffenen Geist ist, der uns in der Europäischen Union beflügeln soll. Der Geist dieses Beschlusses der Bundesregierung ist destruktiv, er drückt die Angst vor mehr Demokratie, vor mehr Mitbestimmung der Bürgerinnen und Bürger aus und er drückt eine irrationale Angst vor dem vermeintlich Fremden aus, statt dass man Vielfalt als Bereicherung für die Gesellschaft und für unser Gemeinwesen betrachten würde, wie wir es machen, die wir den Landtagsbeschluss vom 13. Dezember 2002 natürlich unterstützen und heute bekräftigen. (Beifall bei der SPÖ.)

Der Einspruch der Bundesregierung ist sachlich nicht gerechtfertigt, vielmehr ist der Beharrungsbeschluss, von dem ich vermute, dass er mit klarer Mehrheit beschlossen werden wird, in hohem Maße sachlich gerechtfertigt. Die Stadt Wien, die Mehrheit des Wiener Landtages, beharrt darauf, dass es in unserer Stadt auf verfassungskonforme Art und Weise mehr Demokratie geben soll. Es sollen Menschen, die in unserer Stadt seit Jahren ihren Lebensmittelpunkt haben, hier ihre Steuern zahlen, hier ihren Beitrag zu unserem gemeinsamen Wohlstand leisten, deren Kinder hier zu Bürgerinnen und Bürgern unserer Stadt heranwachsen, wenigstens auf Bezirksebene ein gewisses Maß an Mitbestimmung haben. Darauf beharren wir mit Überzeugung und mit Stolz. (Beifall bei der SPÖ.)

Und es soll wirklich irgendjemand einmal hergehen und mit sachlichen Argumenten erklären, warum Bundesinteressen gefährdet sein sollen, wenn Nicht-EU-BürgerInnen, die seit Jahren hier leben, mitentscheiden, was in ihrem unmittelbaren Lebensbereich, auf Bezirksebene, geschieht.

Beispielsweise, was sind die Kompetenzen der Bezirke: Wenn man festlegt, wo soll ein Seniorenwohnheim situiert werden, wenn man die Planung und Herstellung und Instandhaltung eines Kinderspielplatzes, oder eines Ballspielplatzes festlegt. Ich will jetzt nicht die ganzen Kompetenzen der Bezirksvertretungen aufzählen, aber diese Dinge des unmittelbaren Lebensbereiches können und sollen auch von MitbürgerInnen, die noch nicht die Staatsbürgerschaft besitzen, aber längere Zeit hier ihren Lebensmittelpunkt haben, mitgestaltet werden. Das ist gut so und richtig so und dient der Integration. (Beifall bei der SPÖ.)

Es wird dadurch einfach, Herr Kollege Kabas, (Abg Mag Hilmar Kabas spricht mit StRin Karin Landauer.) wenn Sie zuhören, (StRin Karin Landauer: Das machen wir ja!) in keiner Weise die Staatsbürgerschaft ausgehöhlt. Das ist einfach ein falsches Argument, das ich hiermit schon widerlegt habe. (Abg Mag Hilmar Kabas: Dann sagen Sie mir, was hat es denn auf sich!) Hätten Sie zugehört, dann hätten Sie es schon gehört. (Abg Dr Matthias Tschirf: Das stimmt auch!)

Es ist auch nicht richtig, dass wir das nicht debattiert hätten. Mein Kollege Ulm hat ja heute nicht selbst gesprochen, deshalb hat er den Vorwurf hier nicht bringen können, aber er hat öffentlich mehrmals gesagt, wir hätten das nicht seriös behandelt. Wir haben es im Unterausschuss außerordentlich seriös behandelt, wir haben ausgezeichnete ExpertInnen des Rathauses gehabt, die uns verfassungsrechtlich beraten haben. Ich darf bei dieser Gelegenheit auch den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern des Rathauses herzlich dafür danken, dass sie uns so gut und fachkundig bei der Ausarbeitung dieses Gesetzes unterstützt haben. (Beifall bei der SPÖ.)

Und es ist zu guter Letzt ein Gutachten vom hochrenommierten Universitätsprofessor Mayer, der weit davon entfernt ist, irgend einer politischen Partei zugeordnet zu werden, (Heiterkeit bei der FPÖ.) - den zum Beispiel auch, so viel ich weiß, die Kärntner Freiheitlichen einmal beauftragt haben und durchaus in der damals gestellten Frage von ihm Recht bekommen haben - ja, der quasi überhaupt keiner Partei nahe steht, sondern hoch renommiert und objektiv ist. Und das Gutachten von Prof Mayer hat ergeben, dass unser Entwurf eindeutig verfassungskonform ist.

Wir haben auch auf Grund der verschiedenen Gutachten unsere ursprüngliche Idee eingeschränkt, haben das passive Wahlrecht dahingehend eingeschränkt, dass es für Bezirksvorsteher und -StellvertreterInnen und Bautenausschüsse nicht gilt.

Das war nicht, weil wir das von Haus aus energisch gewünscht hätten, sondern weil eben es dadurch noch sicherer verfassungskonform ist. Und jetzt herzugehen, wie es auch Kollege Tschirf gemacht hat und hier von einer Diskriminierung zu sprechen, ist wohl, ich würde fast sagen, demagogisch. Auf jeden Fall aber ist es heuchlerisch und dieses Argument muss ich zurückweisen. Man kann nicht einerseits vollkommen gegen jedes Wahlrecht für ausländische MitbürgerInnen sein und andererseits sagen, es sei diskriminierend, wenn eine gewisse Funktion auf Grund von verfassungsrechtlichen Gründen nicht ausgeübt werden kann. Das ist doppelzüngig und ich weise diese Argumentation aufs Schärfste zurück. (Beifall bei der SPÖ.)

Wir haben, das sage ich ganz offen, nicht die weitest gehende Variante dessen beschlossen, was an Mitbestimmung denkmöglich ist, sondern wir haben das beschlossen, nämlich das Bestmögliche, was innerhalb der Verfassungsordnung, der Bundesverfassungsordnung möglich ist, und das kann sich sehen lassen. Es ist eine Variante, die von den Wienerinnen und Wienern mitgetragen wird und von der Mehrheit der Wienerinnen und Wiener befürwortet wird und da kann auch diese sonderbare Kampagne der FPÖ nichts ändern, aber es wundert mich ja nicht, die FPÖ hat natürlich Angst vor mehr Demokratie. (Abg Mag Hilmar Kabas: Wer bitte, so ein Blödsinn!) Deshalb, egal ob jetzt Inländer oder Ausländer wahlberechtigt sind, ob EU-Bürger oder nicht EU-Bürger, bei jeder Wahl in den letzten Jahren laufen ihnen massenweise die Wähler davon und deshalb hat die FPÖ Angst vor mehr Demokratie. (Beifall bei der SPÖ. - StRin Karin Landauer: Sehen Sie sich den heutigen Kurier dann an!)

Das neue Wahlrecht - ich will ich jetzt nicht alles wiederholen, was drinnen steht, weil wir das ja alles schon am 13. Dezember gehört haben, aber das sage ich noch einmal -, ist ein Quantensprung für mehr Demokratie in Wien und es wird den ausländischen Mitbürgern dazu verhelfen, dass sie im demokratischen System unserer Stadt nicht mehr nur Objekte sondern Subjekte sind, dass in Zukunft alle Fraktionen dazu veranlasst sind, sich mit den Problemen der MitbürgerInnen ausländischer Herkunft mehr als bisher zu befassen und ich glaube, dass diese Einbeziehung der ausländischen Mitbürgerinnen und Mitbürger in unser demokratisches System nicht nur im Interesse der ausländischen Mitbürger selbst ist, sondern genauso im Interesse der Inländer, der alteingesessenen Bevölkerung.

Denn es ist in unser aller Interesse, dass es nicht zu einer Absonderung, zu einer Segregation von ausländischen Mitbürgern kommt, dass sie nicht an den Rand der Gesellschaft gedrängt werden, sondern dass sie mitten in der Gesellschaft sind, dass wir miteinander in Wien leben, dass sie ins Zentrum der Gesellschaft geholt werden und dass es in allen Bereichen ein gemeinsames Leben gibt. Und dazu dient eben das neue Wahlrecht, und ich muss natürlich dazu sagen, im Vergleich zu zahlreichen anderen europäischen Großstädten haben wir ja in Wien schon sehr viel erreicht, es gibt keine problemüberladenen Gettos wie in anderen europäischen Großstädten.

Ich darf an dieser Stelle der StRin Renate Brauner herzlich danken, die sich in der Integrationspolitik allgemein, aber speziell beim Demokratiepaket, als dynamischer Motor erwiesen hat. Ich darf aber auch allen anderen Mitgliedern der Stadtregierung – den Amtsführenden Mitgliedern der Stadtregierung - herzlich danken, weil das ja eine Querschnittsmaterie ist, insbesondere dem Herrn Landeshauptmann und Bürgermeister. Bei einer Querschnittsmaterie müssen alle Regierungsmitglieder mitwirken und wir haben in der Integrationspolitik gemeinsam schon sehr, sehr viel erreicht, aber es wird jetzt durch dieses Demokratiepaket noch ein weiterer wichtiger Schritt getan und es ist in unser aller Interesse, dass allfällige Problembereiche minimiert werden und die Vielfalt als Chance und Bereicherung gesehen wird.

Das ist der Grundinhalt der Integrationspolitik unserer Stadt und genau diesem Ziel dient auch das neue Wahlrecht: wir wollen keine Stadt, in der es heißt, hier sind die Inländer, da sind die Ausländer. Wir wollen, dass Wien für alle Menschen, die hier leben eine gute, soziale, interessante und demokratische Stadt ist, wir wollen bestmögliche Integration, also Eingliederung in die Gesellschaft, aber wir wollen keine erzwungene Assimilation und in dem Sinn wundert es mich nach wie vor - ich habe es schon einmal im Gemeinderat gesagt - dass die ÖVP trotz durchaus interessanter Stimmen aus den eigenen Reihen bei ihrem absoluten Nein geblieben ist.

Ich will jetzt nicht Kollegen Gerstl schaden, deshalb erwähne ich ihn heute nicht extra, aber er war deutlich für das Wahlrecht, auch schon öffentlich. (Abg Dr Matthias Tschirf: Das stimmt ja gar nicht!) Ich erwähne die Grazer ÖVP, ich erwähne die jüngeren Stellungnahmen von Univ Prof Welan und ich erwähne natürlich die zahlreichen Stimmen aus dem christlichen Bereich, Caritas und so weiter, mit denen Sie aber zugegebenermaßen in Ihrer Integrationspolitik nichts mehr zu tun haben. Also, das muss man langsam aber sicher auch sagen.

Ich will hier nicht noch einmal alle juristischen Argumente bringen, denn das ist ja schon geschehen.

Ich möchte nur noch eine Sache widerlegen: Auch in der Stellungnahme von Prof Heinz Mayer vom 11. März 2003 zum Homogenitätsprinzip führt Prof Mayer deutlich folgendes an: “Eine zusammenfassende Betrachtung zeigt im Ergebnis, dass die Wiener Bezirksvertretungen zwar allgemeine Vertretungskörper sind, aber nicht solche, die in der Bundesverfassung ihre Grundlage finden, die Bundesverfassung für die Wahlen zu den Wiener Bezirksvertretung keine Regelung enthält, das verfassungsrechtliche Homogenitätsprinzip lediglich für die allgemeinen Vertretungskörper normiert ist, die in der Bundesverfassung geregelt sind und dass daher dieses verfassungsrechtliche Homogenitätsprinzip für die Wahlen zu den Wiener Bezirksvertretungen keine Relevanz hat.“ Das sind die klaren Worte von Universitätsprofessor Mayer und ich glaube, da sollte man, wenn man schon die Studenten mit verfassungsrechtlichen Grundlagen traktiert oder vielleicht unterhalten hat, ich weiß es ja nicht, ich war ja nicht dabei, lieber Kollege Tschirf, (Abg Dr Matthias Tschirf: Da gibt es ja mehrere Meinungen!) dann sollte man diese Stimme ernst nehmen und nicht von Haus aus behaupten, das sei verfassungswidrig. Ich glaube, das ist nicht seriös.

In dem Sinn kann ich auch schon weitgehend zum Schluss kommen.

Aber vielleicht sollte ich noch einmal darauf zurückkommen, dass gesagt worden ist, die Europäische Union wäre dagegen. Das stimmt natürlich überhaupt nicht, dass die Europäische Union gegen das kommunale Wahlrecht für ausländische Mitbürgerinnen und Mitbürger wäre, im Gegenteil, es gibt auch europäische Länder, wie Schweden, die Niederlande, Großbritannien, die Schweiz, die zwar nicht in der Europäischen Union ist, aber trotzdem, und Portugal, (Abg Mag Hilmar Kabas: Es gibt nur eine Richtlinie der Kommission!) Diese nur als Beispiel für Länder, die schon das kommunale Wahlrecht für ausländische Mitbürgerinnen und Mitbürger haben und wo niemand auf die Idee gekommen ist, dass dies gegen Prinzipien der Europäischen Union wäre. Das Gegenteil ist der Fall: die Europäische Union steht für Weltoffenheit und steht für das Miteinander und steht damit für ein kommunales Wahlrecht für ausländische Mitbürgerinnen und Mitbürger. (Beifall bei der SPÖ.)

Der Wiener Landtag wird heute - da bin ich sehr zuversichtlich - den Gesetzesbeschluss vom 13. Dezember 2002, betreffend ein Landesgesetz, mit dem die Wiener Stadtverfassung und die Wiener Gemeindewahlordnung 1996 geändert werden, wiederholen. Das nehme ich an, mit gutem Grund, und der Wiener Landtag bekennt sich damit zu Werten und Prinzipien, die für Wien demokratiepolitisch und integrationspolitisch wichtig sind. Er bekennt sich damit zu Werten, die im besten Sinn europäisch und zukunftsträchtig sind. Danke schön. (Beifall bei der SPÖ.)

Landtagspräsident Johann


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