Stockholms
universitet
Institutionen för baltiska språk, finska och tyska
Avdelningen för tyska
Die Konzeption von Freiheit in Schillers „Maria Stuart“
Christopher Moldrickx
Examensarbete för kandidatexamen
15 högskolepoäng
Handledare: Brigitte Kaute
2 april/vårterminen 09
Inhalt
1.
Einleitung…………………………………………………….….………..1
2.
Analyse…………………………………………………...……....………3
2.1 Ausgangs- und Interessenlage …...………………………...……….3
2.1.1
Maria…………………………………………………..………3
2.1.2
Elisabeth…………………………………………………….…6
2.2 Die
Königinnen-Begegnung………………………………………...9
2.3 Elisabeth in der Verantwortung…………………………………....13
2.4 Marias
Tod………………………………………………………....15
3.
Deutung im Kontext von Schillers Freiheitskonzeption……..……….…20
Bibliografie……………………………………………………………………..31
1
1.
Einleitung
Dass Schiller sich zur Zeit der Französischen Revolution im Sinne der Aufklärung für die
politischen Freiheitsrechte, den Schutz für die Würde des Menschen und die Herrschaft der
Gesetze statt Willkür eingesetzt hat, ist hinreichend bekannt. Wie tief er aber in das
anthropologische und existentielle Problem der Freiheit eingedrungen ist, ist weniger bekannt.
1
Diese Arbeit handelt von der Freiheit als existentielles Problem, so wie es Schiller in „Maria
Stuart“ entwickelt.
Die Arbeit zum fünfaktigen Trauerspiel „Maria Stuart“ schloss Schiller im Juni 1800 ab.
2
Das Drama spielt im England des 16. Jahrhunderts; es schildert die letzten drei Tage im Leben
der schottischen Königin Maria Stuart, die als politische Gefangene der englischen Königin
Elisabeth am 8. Februar 1587 hingerichtet wurde. Das Agieren dieser beiden Protagonistinnen
und Gegenspielerinnen bildet den Schwerpunkt der Handlung. Diese setzt zu einem späten
Zeitpunkt ein, als das Todesurteil über Maria bereits gefällt ist. Zur Vorgeschichte des Dramas
gehört Marias jahrelange Gefangenschaft in England. Sie war aus Schottland geflohen, als ihre
Lage dort unhaltbar wurde − u.a. hatte man sie der Beihilfe zum Gattenmord beschuldigt.
Elisabeth hatte Maria bei ihrer Ankunft in England sofort in Gefangenschaft gesetzt, weil
durch Marias Anwesenheit eine ernste Gefahr für Elisabeths Thronanspruch ausging und
Elisabeths Leben bedroht war. Das Drama stellt zum einen die gegensätzlichen Kräfte dar, die
entweder Marias Tötung betreiben oder die Schottin retten wollen und zum anderen die
Königin Elisabeth, die zwischen diesen Kräften steht und der die undankbare Aufgabe
zukommt, das Todesurteil gegen Maria unterzeichnen zu müssen. Mortimer, der Neffe von
Marias Bewacher, der in Frankreich zum Katholizismus konvertiert ist, betreibt Marias
Befreiung. Er gewinnt das Vertrauen Elisabeths, die um des äußeren Scheins willen das
Willkürurteil nicht unterzeichnen und Maria heimlich ermorden lassen möchte. Mortimer
erklärt sich dazu bereit und Elisabeth lässt sich dadurch täuschen. Leicester – der auch Marias
Hinrichtung verhindern möchte – nutzt den Aufschub, um Elisabeth zu einem Treffen mit
Maria zu überreden, das dann im Park von Fotheringhay „zufällig“ stattfindet. Diese
persönliche Begegnung der Königinnen, die zumindest nach Marias und Leicesters Willen die
Begnadigung ermöglichen sollte, resultiert in einer Verschärfung des Gegensatzes zwischen
den Königinnen. Marias Hoffnung auf einen Gnadenakt Elisabeths erfüllt sich bei dieser
Begegnung nicht. Elisabeth, die dieses Zusammentreffen eigentlich als Möglichkeit sah, über
ihre Rivalin zu triumphieren, wird von Maria zutiefst gedemütigt. Ein gescheiterter
1
Vgl. Safranski 2005, 35.
2
Vgl. Meid 1998, 312.
2
Attentatsversuch auf Elisabeth gibt ihr dann den Vorwand zur Unterzeichnung des
Todesurteils. Leicester kann sich retten, indem er Mortimer opfert. Das Scheitern der
Rettungspläne bewirkt bei Maria einen plötzlichen Sinneswandel im Hinblick auf den nun
unvermeidbaren Tod. Aufgrund falscher Beschuldigungen wird Maria schließlich hingerichtet.
Die Arbeit geht der Frage nach, inwiefern sich Schillers Konzeption von existenzieller
Freiheit in „Maria Stuart“ verwirklicht. Es geht dabei um die Klärung des Problems, inwieweit
die Königinnen im Kontext widerstreitender Interessen frei handeln. Zu diesem Zweck wird
besonderes Augenmerk darauf gelegt, welche inneren Faktoren Marias und Elisabeths Handeln
bestimmen. Es wird dabei von der Annahme ausgegangen, dass den Protagonistinnen
verschiedene Handlungsalternativen zur Wahl stehen. Es soll nachgewiesen werden, dass
Schiller Elisabeth hinsichtlich der Handlungsmotivation als Gegenbild zu Maria entwirft. Erst
durch die Betrachtung beider Protagonistinnen erschließt sich Schillers Konzeption von
Freiheit. Das Thema der Freiheit wird in „Maria Stuart“ auf verschiedenen Niveaus behandelt;
aus den obigen Fragen ergibt sich jedoch eine Abgrenzung zu folgenden Bereichen, die
ebenfalls das Thema Freiheit berühren: zur aufklärerischen Sicht von Herrschaft und Recht,
zum Schiller’schen Frauen- und Geschichtsbild und zur erzieherischen Funktion des Theaters.
Im zweiten Kapitel werde ich den Text einer werkimmanenten Analyse im Sinne eines
close reading unterziehen, d.h. das Augenmerk richtet sich auf die Faktoren, die Marias und
Elisabeths Willen bestimmen; so sollen elementare Merkmale aufgedeckt werden, die größere
Strukturen des Textes spiegeln.
3
Die Fragestellung kann jedoch nicht allein auf Grundlage des
Dramentextes
beantwortet werden, daher deute ich im dritten Kapitel die Analyseergebnisse im
Lichte von Schillers philosophischem Essay „Über das Erhabene“, in dem er den Tod als
Grenze der Freiheit behandelt. Schließlich beende ich die Deutung damit, dass ich die
gedankliche Stringenz der Schiller’schen Freiheitskonzeption hinterfrage.
3
Vgl. Klarer 1999, 19 über textorientierte Ansätze und das close reading im Besonderen.