Landtag Plenarprotokoll Nordrhein-Westfalen 16/121 16. Wahlperiode 15. 09. 2016 121. Sitzung



Yüklə 338,68 Kb.
səhifə10/22
tarix08.08.2018
ölçüsü338,68 Kb.
#61725
1   ...   6   7   8   9   10   11   12   13   ...   22

Vizepräsident Oliver Keymis: Danke schön, Herr Höne. – Für die grüne Fraktion spricht Herr Kollege Krüger.

Mario Krüger (GRÜNE): Meine Damen, meine Herren! Liebe Kollegen, liebe Kolleginnen! Herr Präsident! Ich möchte heute anders an die Frage, wie wir mit dem Gemeindefinanzierungsgesetz umgehen, herangehen als in früheren Jahren.

In früheren Jahren haben wir deutlich gemacht, was wir alles Gutes getan haben, haben im Zusammenhang aufgerechnet, wie sich denn in den schwarz-gelben Regierungszeiten das Land zulasten der Kommunen bereichert hat und welche Änderungen wir in diesem Zusammenhang vorgenommen haben. Das erspare ich Ihnen heute.

Aber eines, Herr Höne, will ich Ihnen deutlich sagen: Wenn Sie sagen, dass dieses Spitzenergebnis der verteilbaren Verbundmasse das Ergebnis der sprudelnden Steuereinnahmen sei, dann ist das nur eine Antwort. Es gibt aber noch eine andere Antwort, die Sie auch hätten geben können.

(Henning Höne [FDP]: Die richtige Antwort!)

Wir hatten 2009 eine verteilbare Verbundmasse von 7,9 Milliarden €. Heute liegen wir bei 10,5 Milliarden € oder – anders formuliert – bei einem Plus von 2,6 Milliarden €. Etwa 2 Milliarden € davon sind den sprudelnden Steuereinnahmen zugestanden, aber mehr als 500 Millionen € legen wir als Landesgesetzgeber dazu, und zwar zum einen durch die Herausnahme der Befrachtungen in Höhe von rund 166 Millionen €, die Sie seinerzeit eingeführt haben, und zum anderen durch die Einbeziehung der Grunderwerbsteuer; das haben Sie seinerzeit nicht getan.

(Henning Höne [FDP]: Das gucken Sie noch einmal nach! Das stimmt nicht!)

Das sollten Sie in diesem Zusammenhang auch erwähnen.

Des Weiteren haben Sie von fiktiven Hebesätzen gesprochen. Liebe Zuhörer, fiktiv heißt, man würfelt irgendwie. Es wird aber nicht gewürfelt, sondern es handelt sich um die mittleren Hebesätze aller NRW-Kommunen abzüglich 5 %. Warum machen wir das? Warum halten wir an fiktiven bzw. mittleren Hebesätzen abzüglich 5 % fest? Weil wir natürlich wissen, dass die Kommunen einen gewissen Gestaltungsspielraum bezogen auf die Höhe ihrer Einnahmen haben.

Folgendes sollten wir allerdings nicht tun: Wir sollten nicht in Abhängigkeit zu den jeweils genutzten Gestaltungsspielräumen entsprechend in das Gemeindefinanzierungsgesetz nachfinanzieren; denn das würde der Willkür Tür und Tor öffnen.

Frau Thönnissen, ich weiß nicht, ob Sie das Urteil des Verfassungsgerichtes Münster aus Mai richtig gelesen oder verstanden haben. Der Landesverfassungshof hat zum wiederholten Male anerkannt, dass die Art und Weise, wie wir mit der Gemeindefinanzierung umgehen, sprich die Art und Weise, wie wir die Kommunen an den Steuereinnahmen des Landes beteiligen, völlig in Ordnung ist. Wir kommen unserer Verpflichtung im Rahmen der Leistungsfähigkeit des Landeshaushaltes nach, und wir können uns auch im Vergleich zu anderen Bundesländern messen lassen.

Herr Höne, Sie sind noch relativ neu im Kommunalausschuss. Ich empfehle Ihnen – das gilt auch für Sie, Frau Thönnissen –, sich einmal eine Studie des Landesrechnungshofes Mecklenburg-Vorpommern anzuschauen, die in diesem Zusammenhang die verschiedenen Ausgleichssysteme der einzelnen Bundesländer beleuchtet hat. Diese ist relativ einfach zu lesen. Da sehen Sie, welche Verbundsätze zugrunde gelegt werden, welche Verbundgrundlagen zugrunde gelegt werden und wie hoch die Kommunalisierungsgrade sind. Wenn Sie das gelesen und auch verstanden haben, dann werden Sie erkennen, dass wir uns bezogen auf die Frage der kommunalen Finanzen durchaus sehen lassen können.

(Henning Höne [FDP]: Der grüne Oberlehrer wieder!)

Wir haben neben Hessen und Niedersachsen mit 23 % den höchsten Verbundsatz.

(Henning Höne [FDP]: Warum haben wie denn die höchste Kommunalverschuldung?)

– Das hat etwas mit der Entwicklung der sozialen Lasten zu tun; ohne Zweifel. Bezogen auf die Sachaufwendungen betrug die Steigerungsrate in den letzten Jahren etwa 1 %.

(Christof Rasche [FDP]: Vor allem im ländlichen Raum!)

Die Personalaufwüchse bzw. Steigerungsraten im Personalaufwand betrugen etwa 2%. Dafür haben wir einen relativ starken Anstieg der sozialen Aufwendungen, nämlich im Schnitt zwischen 4,5 und 5 %, teilweise auch über 5 %, zu verzeichnen. Das macht auch die Entwicklung des Soziallastenansatzes aus, der in diesem GFG mit – jetzt muss ich einmal nachschauen – 17,63 festgeschrieben wird.

Wenn Sie, Frau Thönnissen, das Urteil richtig gelesen haben, dann werden Sie festgestellt haben, dass der Landesverfassungshof dazu – ich beziehe mich hier auf die Ziffer 105 – Folgendes ausgeführt hat:

„Die Beschwerdeführerinnen machen zu Recht systematische ‚Übernivellierungen‘ wegen der Art der Finanzierung der Soziallasten im kreisangehörigen Raum geltend. Dies wird der Gesetzgeber zukünftig zu berücksichtigen haben. Die systematischen Verzerrungen beruhen darauf, dass der Soziallastenansatz auf Gemeindeebene ‚verortet‘ wird, obwohl die Kosten für die Sozialleistungen im kreisangehörigen Raum zu einem großen Teil von den Kreisen getragen werden, und die Soziallasten der Kreise über die Kreisumlage von den kreisangehörigen Gemeinden refinanziert werden.“

Was heißt das? Das heißt, wir haben den Aufwand bei den Kreisen und die Einbeziehung dieser Aufwendungen bei den kreisangehörigen Gemeinden.

Und wenn wir entsprechende Veränderungen vornehmen – und das wird das Gutachten zeigen –, dann werden sich diese Veränderungen im kreisangehörigen Raum darstellen. Solange im kreisangehörigen Raum bzw. innerhalb eines Kreises der Aufwand im Bereich der Sozialleisten gleich hoch ist, werden die Veränderungen minimal sein. Problematisch wird es aber in den Kreisen werden, die einerseits strukturschwache Gemeinden und andererseits strukturstarke Gemeinden haben.

Ein Beispiel hierfür ist der Kreis Mettmann. Langenfeld und Monheim werden davon profitieren, Heiligenhaus und Mettmann mit Sicherheit nicht.

Insofern gibt es mehrere Möglichkeiten, wie man herangeht.

Eine der Möglichkeiten ist, in einem gewissen Umfang den Mehrwert, der aus einem gestiegenen Soziallastenansatz resultiert, sozusagen zulasten der jeweils betroffenen kreisangehörigen Gemeinden abzuschöpfen und in Richtung der Schlüsselzuweisungen für die Kreise zu schieben.

Eine andere Möglichkeit wäre, das Kreisumlagegesetz entsprechend zu ändern und eine Situation herzustellen, in der diese Übernivellierung abgeschöpft wird, mit der Konsequenz, dass natürlich strukturschwache Gemeinden im kreisangehörigen Raum entsprechende Nachteile hinzunehmen haben.

Das ist die Hauptaussage, die in der Urteilsbegründung getroffen ist. Darauf hat der Landesgesetzgeber zu achten, und dem werden wir auch im Rahmen der künftigen Gemeindefinanzierungsgesetze nachkommen.

Dass dies Zeit braucht, ist völlig normal. Daher erfolgt auch das Einfrieren auf Grundlage der Daten der Haupt- und Nebenansätze des Jahres 2016 für 2017, obwohl ich immer ein Verfechter davon gewesen bin, laufend zu aktualisieren. Wenn sich nämlich der Aufwand verändert, dann muss dieser im Gemeindefinanzierungsgesetz auch entsprechend dargestellt werden.

Das wird eine spannende Diskussion werden, und da bin ich mal gespannt, inwieweit denn die Beschwerdeführer, die diese Verfassungsklage angestrengt haben, mit dem abschließenden Ergebnis hinterher zufrieden sein werden.

Ich bin auch gespannt, inwieweit der Städte- und Gemeindebund, der diese Klage massiv vorangetrieben hat, hier im Sinne aller kreisangehörigen Gemeinden gut beraten war.

(Beifall von Sigrid Beer [GRÜNE])

Aber das wird eine Angelegenheit sein, mit der sich der künftige Landtag zu beschäftigen hat. Wir wissen, wie die Vorlaufzeiten sind. Das Gutachten wird möglicherweise erst im Sommer vorliegen, und ich glaube, da werden manchen bezogen auf die Frage: „Was ist in dem Zusammenhang angestoßen worden?“ die Augen aufgehen.

(Beifall von Dr. Birgit Beisheim [GRÜNE])

Was wir nicht machen können, ist, auf Dauer den Soziallastenansatz abzusenken. In der Fragestunde gestern hat Minister Jäger dem Kollegen Schemmer noch einmal deutlich gemacht, nach welchen Kriterien das Gemeindefinanzierungsgesetz aufgebaut und ist weshalb so verfahren werden muss, wie verfahren wird. Das heißt, wir haben normierte Aufwendungen einerseits …

(Christian Dahm [SPD]: Das war aber nicht erfolgreich!)

– Weiß ich. Es stellt sich im Alter eine gewisse Sturheit ein – ich merke das langsam auch selbst –, und dann ist man nicht bereit, auf irgendwelche Argumente einzugehen. Insofern sei ihm das zugestanden an dem Punkt.

Nur, wenn wir entsprechende Aufwandszuwächse im Bereich der Sozialleistungen bzw. Sozialaufwendungen haben, dann wird man das zukünftig im Soziallastenansatz auch entsprechend darstellen müssen. Diese Wechselwirkung zwischen Hauptansatzstaffel einerseits und Soziallasten andererseits führt dazu, dass wir die Vor- und Nachteile in den jeweiligen Gebietskörperschaften natürlich entsprechend vorfinden.

Hauptansatzstaffel bzw. Einwohnerveredelung. Herr Höne, ich empfehle Ihnen, sich einmal anzuschauen – auch diese Studie aus Mecklenburg-Vorpommern –, in welchem Umfang das Thema „Einwohnerveredelung“ oder Hauptansatzstaffel aufgegriffen wird. Fast alle Flächenbundesländer greifen darauf zurück. Auch die Gutachten haben in der Vergangenheit bestätigt, dass es ein guter Verteilmaßstab ist. Denn es gibt sehr wohl einen Zusammenhang zwischen der Größe von Städten einerseits und den Aufwendungen andererseits.

(Henning Höne [FDP]: Ist der denn linear, Herr Krüger?)

Und daran werden wir auch festhalten. Das heißt, wenn wir Veränderungen vornehmen in Anlehnung an den …

(Henning Höne [FDP]: Die Frage ist, ob das linear ist!)

– Es geht einfach darum, inwieweit man das Ganze gerecht organisiert, nicht darum, ob man jemanden in diesem Zusammenhang bevorzugt oder benachteiligt. Es geht darum, inwieweit man auf der Grundlage einer wissenschaftlichen Untersuchung einen Verteilmechanismus findet, der einer externen Prüfung standhält.

Die Verteilmechanismen, die wir in diesem Zusammenhang der Gemeindefinanzierung zugrunde gelegt haben, wurden bisher in allen Verfassungsklagen bestätigt, so auch in der zum GFG 2012. Nur, die Hinweise, die zum Thema „Soziallastenansatz im kreisangehörigen Raum“ gemacht wurden, werden entsprechende Konsequenzen haben. Das haben ich Ihnen heute entsprechend vortragen wollen, damit keiner im Nachgang aus allen Wolken fällt, wenn das ganze Verfahren nicht das Ergebnis findet, das man sich vorher gewünscht hat. – Vielen Dank.

(Beifall von den GRÜNEN)



Vizepräsident Oliver Keymis: Vielen Dank, Herr Krüger. – Nun spricht für die Piratenfraktion Herr Schulz.

Dietmar Schulz (PIRATEN): Vielen Dank, Herr Präsident. – Liebe Kolleginnen und Kollegen! Liebe Zuschauerinnen und Zuschauer im Saal und daheim! Wir als Piratenfraktion haben es in den Reden zur Einbringung des Haushalts 2017 bereits angesprochen:

Wir sehen Regionen in Nordrhein-Westfalen, speziell im Ruhrgebiet, die dringend unsere Hilfe benötigen.

Wir erleben eine immer stärker zunehmende Aushöhlung der kommunalen Selbstverwaltung.

Wir müssen noch differenzierter die Lage bestimmter Teile von Städten, Gemeinden und Stadtteilen gerade in den großen Kommunen ins Auge fassen.

Wir brauchen Konzepte, die weit über die Pauschalen des Gemeindefinanzierungsgesetzes hinausgehen.

Natürlich fänden wir – der Kollege Höne hat es in einem Nebensatz angesprochen, und wir hatten es schon bei der Einbringung des zweiten Nachtragshaushalts gesagt – die Anhebung der Verbundquote wesentlich sinnvoller als zum Beispiel das ominöse, eher intransparente und in einem Schattenhaushalt befindliche Konzept einer Schulpauschale. Es kann nicht sein, dass kein Politiker der hier im Hause vertretenen Fraktionen bereit ist, anzuerkennen, dass zum Beispiel die Schuldenbremse und der Stärkungspakt die Ruhrgebietskommunen letztendlich auch dann, wenn wir die Verschuldungssituationen im Land und in den Kommunen zusammenrechnen, ins Abseits stellen.

Anders, als es Frau Ministerpräsidentin Kraft vorhin in ihrer Replik auf die Reden zum Haushalt ausführte, ist es ganz im Gegenteil falsch, dass die Piratenfraktion oder auch die Piratenpartei die Schuldenbremse ablehnt. Das muss an dieser Stelle noch klargestellt werden.

(Hans-Willi Körfges [SPD]: Ich glaube, da sind Sie sich untereinander nicht einig, Herr Kollege!)

Die Piratenpartei wie auch die Piratenfraktion hat hierzu ganz eindeutige und im Übrigen auch von mir hervorgerufene und initiierte Beschlüsse gefasst, insofern als wir uns da ganz exakt ans Grundgesetz halten. Der Aspekt der Schuldenbremse, der eben von meinem Fraktionsvorsitzenden Marsching genannt wurde, war der im Hinblick auf die Anregung eines Ausnahmetatbestands im Hinblick auf Bildungsinvestitionen, so diese dann notwendigerweise auch durch Aufnahme von Kreditmitteln finanziert werden müssten.

(Beifall von den PIRATEN)

Herr Minister Jäger, Sie führten dazu aus, dass die Zunahme der Gesamtsummen, bezogen auf die Verteilungsmasse von 10,5 Milliarden € im Haushalt des vorgesehenen Gemeindefinanzierungsgesetzes 2017, positiv zu werten sei. Und nicht nur Sie, sondern auch der Kollege Dahm hatten zutreffend ausgeführt, dass dies nicht alleine ein Verdienst der Landesregierung sei, sondern konjunkturelle Situationen dies bedingen, auch die Situation auf den Zinsmärkten, und natürlich die erhöhten Steuereinnahmen des Landes Nordrhein-Westfalen eine gute Rolle dafür spielen, dass die Verbundmasse insgesamt erhöht wird, sodass der Verteilungstopf etwas größer wird.

Unabhängig davon ist natürlich die Erhöhung der Verbundquote zu sehen. Und ja, ich meine, bis auf 8 % ist die Verbundquote in den letzten zehn oder 15 Jahren abgesenkt worden. Ich habe die Zahlen jetzt nicht mehr ganz präsent, aber wir hatten vor einem Vierteljahr dafür geworben, die Verbundquote peu à peu, Jahr für Jahr anzuheben und dieses Ganze so flexibel zu gestalten, dass nämlich dann, wenn konjunkturell wiederum Einbußen zu verzeichnen sind, ein Regulativ besteht, dass man da wieder etwas nach unten ändern kann, ohne dass das Land Nordrhein-Westfalen daran gebunden wäre.

Die Herausforderungen, denen die Kommunen gegenüberstehen, denen sie sich ausgesetzt sehen, sind groß. Das wurde hier unisono ganz klar so bezeichnet. Es ist auch gestern im Rahmen der Debatte um den Integrationsplan überdeutlich geworden. Wenn wir uns den gestern vom Landtag verabschiedeten rot-grünen Integrationsplan näher anschauen – wir müssen gar nicht genau hinsehen, da dieser Integrationsplan förmlich vor kommunalen Aufgaben nur so strotzt.

Die Kommunen, das steht da auch ganz explizit drin, sind diejenigen, die die Integration vor Ort zu leisten haben. Dafür haben die Kommunen bereits erheblich Mittel aufgewandt. Ja, das Land hat auch schon nicht unmaßgeblich Mittel den Kommunen zugewiesen, genauso wie der Bund, der seine Mittel bereits über das Land Nordrhein-Westfalen den Kommunen hat zukommen lassen.

Das alles reicht aber aus unserer Sicht nicht. Dies war unter anderem auch der Grund dafür, dass wir gestern vonseiten der Piratenfraktion dem Haushaltsänderungsgesetz zum zweiten Nachtragshaushalt nachgekommen sind, bzw. dem zugestimmt haben, dass Bundeszuweisungen an das Land für die Stärkung der Integrationsaufgaben überwiegend an die Kommunen weiterzuleiten seien.

Die strukturellen und vielleicht auch Steuerungsmechanismen, die auf Landesebene sicherlich auch einer auskömmlichen Finanzierung zugeführt werden müssen, bleiben davon unbenommen.

Selbstverständlich muss auch dafür Geld in die Hand genommen werden. Aber, um es noch einmal zu betonen, die Hauptaufgabe der Integration wird sowohl im schulischen Sektor als auch in gesamtgesellschaftlicher Hinsicht den Kommunen in den nächsten Jahren und Jahrzehnten zufallen. Da gebührt den Kommunen eine immer klare auskömmliche Finanzierung, die wir heute unter Berücksichtigung der konjunkturellen Lage noch halbwegs als gegeben ansehen, aber kurz- und mittelfristig, wie auch besonders langfristig nicht als gewährleistet ansehen. Dafür müssten wir heute schon in den Haushaltsberatungen für das Jahr GFG 2017 entsprechende Grundlagen legen.

Ich denke, dass das sicherlich auch noch in den Ausschussberatungen zur Sprache kommen wird. Da wird es sicherlich von der einen oder anderen Fraktion entsprechende Änderungsanträge gegen, die das Polster der Kommunen über diesen Weg erhöhen wird.

Die Kommunen rufen vor allem nach einer Verbesserung der auskömmlichen Finanzierung und auch – wie ich es gerade sagte – nach der Erhöhung der Verbundquote. Es ist also nicht so, dass das irgendeine Forderung ist, die hier im Raum, hier im Hohen Hause herumwabert, sondern das ist etwas, was die Kommunen seit vielen Jahren fordern.

Darüber hinaus möchte ich mich gar nicht im Klein-Klein der Systematik des GFGs verlieren, es reicht einfach vorne und hinten nicht. Der Schuldenstand der Kommunen – das wurde auch schon angesprochen – steigt weiter. Da reicht auch der Stärkungspakt nicht aus, auch nicht die gute Bilanz, die Sie, Herr Minister Jäger, hier vorgetragen haben.

Fakt ist nämlich – Herr Höne hat es eben genannt –: Der Schuldenstand beträgt 60 Milliarden € aufseiten der Kommunen des Landes Nordrhein-Westfalen. Auch das ist kein Pappenstiel, auch nicht unter Berücksichtigung einer günstigen Zinssituation.

Abgesehen davon müssen wir noch einmal verschiedene Beteiligungen betrachten insbesondere größerer Kommunen an größeren Konzernen wie zum Beispiel RWE. Wir dürfen auch die Tatsache nicht verschweigen, dass Einnahmen aus diesen Beteiligungen eher sinken als dass sie steigen. Ich denke daran, dass die Dividende bei RWE gleich Null ist. Das war ein wesentlicher Finanzierungsfaktor für einige Kommunen im Land Nordrhein-Westfalen in den letzten Jahren und Jahrzehnten.

Vor Kurzem konnten wir lesen, dass Essen vermutlich eine schwarze Null vorlegen kann. Bravo! – Aber zu welchem Preis? Zu dem Beispiel Essen hat mein Fraktionsvorsitzender Marsching auch aus persönlicher Betroffenheit vorhin einige Ausführungen gemacht. Dazu kommen dann Fremdenfeindlichkeit und Kinderarmut. Die erreichen Rekordniveau und Dimensionen, die wir alle nicht wollen. Aber wir sind diejenigen, die dafür sorgen können, dass genau da an der Wurzel unserer gesellschaftlichen Entwicklung dazu beigetragen werden kann, dass das eingedämmt oder gar auch ausgemerzt wird.

Dazu muss finanziert werden, dazu muss Geld in die Hand genommen werden. Dafür reicht es nicht, was jetzt im GFG steht, bei aller Belastung des Gesamthaushalts, den man ohnehin betrachten muss.

Aber dann muss man eben auch darüber nachdenken, dass gerade im Bereich Kinder, im Bereich der Vorsorge und insbesondere im Bereich der Bildung, so viel Geld in die Hand genommen werden kann, dass es möglicherweise nur über Kredite zu finanzieren ist. Deswegen auch die Ausnahme von der Schuldenbremssituation, auch vor dem Hintergrund der integrativen Aufgaben, denen die Kommunen des Landes Nordrhein-Westfalen in den nächsten Jahren ausgesetzt sind.

Mehr dazu werden wir sicherlich im Ausschuss hören und beraten können. Der Ausschussüberweisung stimmen wir vonseiten der Piratenfraktion selbstverständlich zu. – Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall von den PIRATEN)

Vizepräsident Oliver Keymis: Vielen Dank, Herr Schulz. – Nun liegen mir keine weiteren Wortmeldungen vor. Damit beende ich die Aussprache zu diesem Teil der Haushaltseinbringungen, nämlich zum GFG.

Ich rufe auf:

2 Islamistische Terrorgefahr frühzeitig erkennen, gezielt und nachhaltig bekämpfen

Antrag
der Fraktion der CDU


Drucksache 16/12835

Entschließungsantrag


der Fraktion der PIRATEN
Drucksache 16/12946

Die Aussprache ist eröffnet, sobald Herr Biesenbach für die CDU ans Pult tritt.

Peter Biesenbach (CDU): Herr Präsident! Verehrte Kolleginnen und Kollegen! Wir sind wieder mit einem Antrag zu einem Thema unterwegs, das uns nach den Aussagen von Prof. Neumann wohl noch eine Generation lang beschäftigen wird. Das Thema wird bei uns deshalb etwas drängender, weil wir nun erkennen müssen, dass der islamistische Terror spätestens auch in diesem Jahr bei uns in NRW angekommen ist mit dem Sprengstoffanschlag auf das Gebetshaus einer Sikh-Gemeinde in Essen. Am Dienstag ist es dann ein Stück Realität geworden, was wir alle immer wussten und auch befürchtet haben, dass es Schläferzellen auch in Deutschland gibt, als die drei islamistischen Anhänger festgenommen wurden.

Prof. Neumann, der uns vor wenigen Tagen in der Fraktion seinen Kenntnisstand vermittelte, ließ auch klar erkennen, je mehr der IS in den arabischen Ländern unter Druck gerät, umso größer wird das Risiko auch für alle anderen Staaten, auch für Europa, auch für Deutschland. 30.000 ausländische Kämpfer sollen sich noch in den Ländern des Nahen Ostens befinden, und er geht davon aus, dass die Strategie des IS darauf abzielt, viele von denen zurückzuschicken in ihre Heimatländer, soweit sie aus diesen kommen, oder andere als Flüchtlinge einzuschleusen, um sie hier als Schläferzellen erst einmal unterzubringen, aber auch Terroranschläge hier begehen zu lassen.

Der Präsident des Bundesamtes für Verfassungsschutz bezeichnete vor wenigen Tagen die Aufdeckung von Schläferzellen als besondere Herausforderung für die Sicherheitsbehörden. Das gelte jedoch ebenso für andere Akteure des Terrorismus. Wörtliches Zitat:

„Sorge bereitet uns ein neuer Tätertypus, bei dem es sich nur scheinbar um Einzeltäter handelt“.

So der Präsident des Bundesamtes für Verfassungsschutz. Solche Attentäter würden virtuell aus dem Ausland über Instant Messaging ferngesteuert.

Das Bundesamt für Verfassungsschutz selbst nennt in einer Mitteilung grundsätzlich zwei Attentatsszenarien. So gebe es komplexe Anschlagsvorhaben von gut ausgerüsteten, in mehreren mobilen Zellen agierenden Personen, und dabei könnten verschiedene Tätergruppen wie Schläferzellen zurückkehrende Islamisten und als Flüchtlinge eingeschleuste Dschihadisten zusammenarbeiten. In Europa treten aber verstärkt auch Einzeltäter auf, die mit einfachen Tatmitteln Angriffe unternehmen. Von den 15 Anschlägen der vergangenen beiden Jahre seien zwölf von solchen „lone actors“ verübt worden.

Wir müssen erkennen, dass unsere Sicherheitsbehörden bis jetzt Gott sei Dank in der Lage waren, fast alle diese Anschläge zu unterbinden und zu verhindern. Wir müssen aber auch erkennen, dass das selten in der Regel nicht aus eigener Kraft geschah, sondern durch Hinweise, nicht zuletzt von Nachrichtendiensten anderer Länder.

Wir haben hier bereits mehrfach darüber debattiert, wie wir uns die Ausrüstung der Sicherheitsbehörden wünschen und was getan werden kann. Der Minister meinte gerade, das mit den Nachrichtendiensten anderer Länder treffe nicht zu. So jedenfalls die Informationen, die mir aus dem Bundesinnenministerium vorliegen und so auch die „FAZ“ vom 15. September dieses Jahres.

Wie dem auch sei. Ich glaube, wir müssen alles tun, um unsere Sicherheitsdienste zu stärken, ihnen die rechtlichen Mittel an die Hand zu geben, eingreifen zu können und sie auch dementsprechend ausrüsten.

Wir haben in unserem Antrag Vorschläge gemacht; sie gehen natürlich davon aus, dass wir mehr eigennachrichtendienstliche Mittel eingesetzt haben möchten. Wir möchten gern weiter gemeinsame Antiterrorübungen von Bundeswehr und Landespolizei, sind in der Beziehung froh, dass sich Minister Jäger dafür offen gezeigt hat. Wir möchten auch die Antiterroreinheiten stärken. Diese Punkte können wir alle in Ruhe im Ausschuss beraten.

Ich möchte Ihnen gern ein Anliegen heute besonders vortragen und Sie bitten, es nicht gleich zu zerreden. Dschihadisten agieren nicht nur mit Bomben und Schusswaffen, sie haben auch das Internet als Kampfgebiet erkannt. Wir halten ein digitales Kompetenzzentrum zur Bekämpfung, Verfolgung und Verhinderung terroristischer Aktivitäten in Nordrhein-Westfalen für notwendig und schlagen daher in unserem Antrag vor, dies aufzubauen. Dies kann auch vorwiegend präventiv agieren, indem es rechtzeitig signalisiert, wenn etwas zu erkennen ist. – Herr Körfges schüttelt den Kopf. Sollte er es auf diesen Vorschlag beziehen, denke ich, haben wir im Ausschuss genügend Zeit, uns auszutauschen und auch einmal darüber zu debattieren, ob es Sinn macht oder nicht.

Schön wäre es, wenn Sie nicht gleich der Meinung sind, wir müssten uns gar nicht darüber unterhalten. Ich glaube, ein solches Zentrum und auch unsere Vorschläge haben vieles an Argumenten für sich. Lassen Sie uns die im Ausschuss austauschen, und dann können wir bei der Schlussbesprechung erneut feststellen, wie es ausgeht. – Vielen Dank jedenfalls für heute. Ich würde mich freuen, wenn wir es diesmal konstruktiv angehen können.

(Beifall von der CDU)


Yüklə 338,68 Kb.

Dostları ilə paylaş:
1   ...   6   7   8   9   10   11   12   13   ...   22




Verilənlər bazası müəlliflik hüququ ilə müdafiə olunur ©genderi.org 2024
rəhbərliyinə müraciət

    Ana səhifə