Niederrhein-Magazin



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Die mittelalterliche Stadtbefestigung als Forschungsgegenstand 

der Infrastruktur-Geschichte

 

von Dominik Greifenberg

 

Zuletzt habe ich versucht, vor allem auch mit Bezug auf die Forschungsergebnisse 



von Lina Schröder, mögliche Perspektiven einer Infrastruktur-Geschichte (ISG) des 

Mittelalters aufzuzeigen.

1

 Dabei habe ich darauf hingewiesen, dass es spätestens seit 



dem 19. Jahrhundert fortwährend Bemühungen gegeben hat, die mittelalterliche Stadt 

anhand von infrastrukturellen Parametern systematisierend zu erfassen. Arbeiten wie 

die von Max Weber stellen in dieser Hinsicht eher  einen ganzheitlichen, makroper-

spektivischen Ansatz dar.

2

  Derartige Arbeiten sind, das habe ich anhand des von 



Rainer Christoph Schwinges veröffentlichten Sammelbandes zum Straßen- und Ver-

kehrswesen im hohen und späten Mittelalter deutlich zu machen versucht, immer 

wieder durch die Auseinandersetzung mit einzelnen Infrastrukturaspekten quasi 

mikroperspektivisch ergänzt worden.

3

  Im Grunde haben sämtliche Forschungs-



arbeiten zur Stadtgeschichte, die mit Infrastrukturparametern operieren, unbewusst an 

einer ISG des Mittelalters mitgeschrieben, weshalb ich dafür plädiert habe, derartige 

Beiträge zu identifizieren, zusammenzuführen und aus infrastruktur-geschichtlicher 

Perspektive neu zu bewerten. 

Dies kann allerdings nur ein erster, nichtsdestoweniger wichtiger Schritt sein, um 

eine ISG des Mittelalters zu begründen. Allerdings habe ich im vorhergehenden 

Beitrag bereits darauf hingewiesen, dass sich die Beiträge, die sich bewusst oder 

unbewusst mit Infrastrukturmomenten der mittelalterlichen Stadt beschäftigen, 

bestimmten Schwerpunkten subsumieren lassen. Daher sind viele Infrastruktur-

elemente bisher als potentielle Forschungsgegenstände noch gänzlich außer Acht 

geblieben. Dies lässt sich eindrücklich anhand der jüngst erschienenen Publikation 

von Bernd Fuhrmann zu Europas Städten im Mittelalter verdeutlichen.

4

  Fuhrmann 



hat dort ein Kapitel eingefügt, in welchem er sich dezidiert den „Verbesserungen der 

Infrastruktur“ im Laufe des Mittelalters widmet.

5

  Bezeichnenderweise orientiert 



                                                 

1

  Greifenberg, Dominik: Über Sinn und Nutzen einer Infrastruktur-Geschichte des Mittelalters. In: 



Niederrhein-Magazin 19 (2015), S. 13-22. 

2

 Weber, Max: Die Stadt. In: Archiv für Sozialwissenschaften und Sozialpolitik 47 (1920/21), S. 621-772. 



3

  Schwinges, Rainer Christoph (Hg.): Strassen-  und Verkehrswesen im hohen und späten Mittelalter 

(Vorträge und Forschungen. Herausgegeben vom Konstanzer Arbeitskreis für mittelalterliche Geschichte 

66), Ostfildern 2007. 

4

 Fuhrmann, Bernd: Hinter festen Mauern. Europas Städte im Mittelalter, Darmstadt 2014. 



5

 Ebd.: 248-256. 




  

 

23 



Bernd Fuhrmann sich am landläufigen semantischen Deutungsmuster und rückt hier 

vor allem Infrastrukturmomente wie Straßen, die Wasserversorgung und Abwasser-

entsorgung in den Mittelpunkt. Immerhin wird das Spektrum noch um den Aspekt 

der öffentlichen Bauten ergänzt. Dabei beschränkt sich die Darstellung darauf, Bau-

ten wie öffentliche Vorratsgebäude und Brauhäuser, kommunale Festsäle, Bade-

häuser, Mühlen und Manufakturen, etwa Ziegelbrennereien oder Steinbrüche, und 

nicht zuletzt Rathäuser in einen Katalog der städtischen Infrastruktur aufzunehmen. 

Die gesellschaftliche Funktionalität, die soziologische Komponente gewissermaßen, 

wird für die meisten Infrastrukturelemente nicht weiter erörtert. So werden Infra-

strukturen bei Fuhrmann typischerweise fast ausnahmslos mit Architektur gleich-

gesetzt. Eine Ausnahme stellt in dieser Hinsicht vielleicht noch das kurze Unterka-

pitel dar, welches sich mit dem Themenkomplex der „problematischen Viehhaltung“ 

befasst, respektive der Abfallentsorgung. Hier reißt Fuhrmann vor allem die Bedeu-

tung städtischer Verordnungen an. Inwiefern sich dieser Aspekt in das Thema Infra-

struktur der mittelalterlichen Stadt einfügt, wird nicht näher erläutert.  

Wohlwissend, dass es sich bei Bernd Fuhrmanns Publikation um ein Überblickswerk 

handelt, das nicht ausnahmslos  an ein Fachpublikum gerichtet ist, lässt sich anhand 

des vorliegenden Kapitels einerseits das Entwicklungspotential einer ISG für das 

Mittelalter aufzeigen. Andererseits lassen sich in diesem Kontext ebenso die 

symptomatischen Versäumnisse bisheriger Beiträge zur Erforschung mittelalterlicher 

Infrastrukturen skizzieren. Grundsätzlich scheint das Bewusstsein dafür, welche 

Infrastrukturen beispielsweise die mittelalterliche Stadt und die städtische 

Gesellschaft geprägt haben, durchaus eingeschränkt. So hat sich auch unabhängig 

von einer institutionalisierten ISG eine infrastrukturorientierte Forschung

6

  mit 


einigen wenigen Schwerpunkten herauskristallisiert. Dies hat auch zuletzt die 

Auseinandersetzung mit dem von Schwinges veröffentlichten Sammelband deutlich 

gemacht. Die Identifikation und Zusammenführung dieser Forschungsarbeiten reicht 

nicht aus, um das Potential einer institutionalisierten ISG des Mittelalters gänzlich 

abzurufen. Dass es in dieser Hinsicht in Zukunft zwingend notwendig ist, den Blick 

zu weiten und sich nicht nur an den etablierten Themen abzuarbeiten, macht die 

Tatsache deutlich, dass selbst im Rahmen der institutionalisierten ISG 

Wasserinfrastrukturen zumindest für das mittelalterliche Forschungsmetier immer 

                                                 

6

 Gemeint sind an dieser Stelle geschichtswissenschaftliche Forschungsbeiträge, die sich, unabhängig von 



einer ISG des Mittelalters, in der Vergangenheit mit der Erforschung von Infrastrukturen befasst haben.  


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