R e c h t s k u n d e


Notwendigkeit einer den Wunsch der Türkei auf Vollmitgliedschaft ablehnenden ehrlichen Antwort nach 40 Jahren politischer Drückebergerei der verantwortlichen europäischen Politiker



Yüklə 1,42 Mb.
səhifə12/29
tarix08.09.2018
ölçüsü1,42 Mb.
#67738
1   ...   8   9   10   11   12   13   14   15   ...   29

1.6 Notwendigkeit einer den Wunsch der Türkei auf Vollmitgliedschaft ablehnenden ehrlichen Antwort nach 40 Jahren politischer Drückebergerei der verantwortlichen europäischen Politiker

Nun beginnt die Türkei sich unter der islamischen Führung der AKP zu wandeln. Darum muss spätestens jetzt die Antwort gegeben werden, die von Anfang an fällig gewesen und im Vergleich zur verfahrenen heutigen Situation so leicht zu geben gewesen wäre - die die von CDU-/CSU-dominierten Regierungen aber zu geben bewusst vermieden hatten: Der bayerische Ministerpräsident Stoiber ist ja nicht erst seit 2004 im politischen Geschäft! Nun aber scheint der Heilige Geist über ihn und Teile der CDU gekommen zu sein. Vielleicht hat der von Karl Valentin beschriebene aus dem Himmel zurückgekehrte Bayer ja inzwischen doch den Weg vom Hofbräuhaus zur Staatskanzlei des Landes Bayern geschafft: „’Luja’ sog i!“ Da erscheint es nur fair, wenn CDU und CSU diese von ihnen seit 1963 selbst eingebrockte Suppe nach der Bundestagswahl 2005 auch selbst auslöffeln müssen: Ein Löffelchen für den Edmund, ein Löffelchen für die Angela, ...

Aber wir brauchen bis dahin kein Wort aus dem Mund des CSU-Vorsitzenden Stoiber als göttliche Erleuchtung hinzunehmen, denn der Heilige Geist scheint ihn schon wieder verlassen zu haben: Als Bundeskanzler Schröder und der französische Staatspräsident ihm 2004 den einflussreichsten Posten der EU, den des nächsten Präsidenten der EU-Kommission anboten, zögerte er fünf lange Monate mit einer Antwort und lehnte dann – zu einer nunmehr alsbaldigen Antwort genötigt - das auf einem Silbertablett gereichte Angebot ab, obwohl er sich in dieser Position Verdienste um Europa dadurch hätte erwerben können, dass er die drohende Vollmitgliedschaft der Türkei in der EU verhindert hätte: Bayern brauche ihn mehr als die EU!

Der Politiker denkt an die nächsten Wahlen, der Staatsmann an die nächste Generation“ (William Gladstone 1809-1898). „Die Tragödie sei: Die Politiker denken nur in Monaten, sie wollen gar nicht den großen Wurf, sie seien wie kleine Kinder: ’Die schießen den Ball weg und brüllen laut ’Tor’“, fasste der STERN (16.04.03) das Gesprächsergebnis mit dem Politikprofessor Schmid über seine als Mitglied der Rürüp-Kommission zur Rettung unseres Sozialstaates durch die Sanierung unserer sozialen Sicherungssysteme gesammelten Erfahrungen mit Politikern zusammen. Diese Erkenntnis über zu kurzfristige »Politiker-Denke« auf das Problem einer Vollmitgliedschaft der Türkei in der EU übertragen: Man wollte den NATO-Partner Türkei damals nicht vor den Kopf stoßen und lavierte so sich und die 2004 in Bonn regierende Koalition aus SPD und Grünen in die unangenehme Lage, nunmehr die politische Lüge, die Türkei gehöre zu Europa wie alle anderen Staaten der EU, zu perpetuieren; was die »politischen Gutmenschen« aus der aus SPD und Grünen gebildeten Regierungskoalition auch dummerweise tun und womit sie nicht nur nach Ansicht des CSU-Chefs Stoiber „die Axt an die EU legen“ (STERN 09.06.04)! Und warum verhinderte Stoiber es dann nicht, als ihm die Chance dazu auf einem silbernen Tablett gereicht wurde, indem ihm über den SPD-Kanzler Schröder die höchste in Europa zu vergebende Position, die des Kommissionspräsidenten, angeboten wurde, die er ängstlich-schnöde ausschlug? Aus politischer Feigheit oder Verantwortungslosigkeit heraus Deutschland und Europa gegenüber? „Hic Rhodos, hic salta!“ Wer den Mund so voll nimmt – und dabei das Richtige sagt -, der muss auch springen! Im Wahlkampf zur Europawahl 2004 als Tiger losgesprungen – und ein paar Wochen später als Bettvorleger gelandet! Schlecht gebrüllt, Löwe!



Trotzdem blieb Stoiber einer der »Lieblingsfeinde« zumindest der türkischen Massenmedien: Sie bejubelten darum seinen Sturz – und die Landrätin Pauli, die "den Türkei-Gegner Edmund Stoiber gestürzt" habe.
Die seit 1963 bestehende Assoziierung mit der EG und die seit 1996 bestehende Zollunion mit der EU müssen nicht zwangsläufig zu einer Vollmitgliedschaft ausgebaut werden – auch wenn die Türkei behauptet, das nur so sehen und verstehen zu können: Die Assoziierung wurde zu einer reinen Wirtschaftsgemeinschaft vorgenommen, der EWG. Europa als politische Union gab es noch gar nicht, wurde nur von einigen kühnen Visionären gedacht. Und aus dieser damaligen Vision einiger politisch weitblickender Europäer, die über die real existierende Wirtschaftsgemeinschaft weit hinaus ging und die damals nicht einmal unter dem politischen Establishment der europäische Länder Allgemeingut war, leitete die Türkei jahrelang vehement vorgetragene Ansprüche auf eine Mitgliedschaft in der später real gewordenen Vision der politischen Union der EU ab. Dieses aus türkischem Selbstverständnis gespeiste anmaßende Verhalten der Türken lässt Schlimmes befürchten, wenn die Türkei - wie zu befürchten steht - einmal Vollmitglied der EU sein sollte und mit ihren Problemen den Charakter Europas sprengen wird!

Und die seit 1996 bestehende Zollunion mit der EU ist auch nur eine wirtschaftliche Verbindung, die nicht auf eine politische Mitgliedschaft zielt! Die EU hat mit vielen nichteuropäischen Staaten Verträge zur Erleichterung der wirtschaftlichen Verbindungen geschlossen, ohne dass daraus ein Anspruch auf politische Mitgliedschaft in der EU abgeleitet würde; nur die Türkei leitete daraus weitergehende Ansprüche ab. Der gravierende politische Fehler geschah 1999 in Helsinki auf Druck der USA mit der Zusage auf Prüfung der Möglichkeit einer Mitgliedschaft. Der uns Europäern damals statt einer klaren Absage von den USA als Mühlstein an den Hals gehängte, der Türkei gewährte Kandidatenstatus wird die EU als Vision der »Vereinigten Staaten von Europa« im Interesse allein der USA Wasser ziehen!
Eine demokratische Türkei wäre ein Aushängeschild für die gesamte arabische Welt“, lautet ein Argument des Ministerpräsidenten Luxemburgs, Junkers, und des deutschen Außenministers Fischer sowie des Bundeskanzlers Schröder. Das kann schon sein: Aber muss deswegen die Türkei in die EU als Vollmitglied aufgenommen werden, wie sie es 1987 das erste Mal – vergeblich - beantragt hat? (Der Antrag wurde zwei Jahre später 1989 aus politischen Gründen nur der Demokratiedefizite wegen abgewiesen, ohne der Türkei, wie vordem Marokko – vermutlich aus Rücksicht auf die gemeinsame NATO-Mitgliedschaft -, reinen Wein einzuschenken, dass sie als asiatischer Staat nicht in einen europäischen Staatenverbund aufgenommen werden könne. Jetzt beharrt die Türkei darauf, dass die ihr damals vorgehaltenen Demokratiedefizite abgebaut würden und sie dann in einem von ihr behaupteten Automatismus ein Anrecht auf eine Vollmitgliedschaft habe! Die Türkei kann sich aber doch und sollte sich aus Eigeninteresse in enger Anlehnung an Europa demokratisieren - ohne deswegen in einem zwangsläufigen Prozess Vollmitglied der EU zu werden! Dass dieses gutgläubig behauptete oder nur vorgeschobene »Demokratie-Argument« nicht trägt, hat Bundeskanzler Schröder nicht ganz zwei Wochen nach der Veröffentlichung des im Ganzen die Aufnahme von zur Vollmitgliedschaft führenden Verhandlungen befürwortenden Gutachtens bewiesen. Ich zitiere eine Meldung aus dem Hamburger Abendblatt vom 18.10.04:
„Schröders Zusage an Algerien

Algier – Deutschland will Algerien auf seinem Reformkurs hin zu mehr Rechtsstaat, Demokratie und Marktwirtschaft unterstützen. Das sagte Bundeskanzler Gerhard Schröder in Algier dem algerischen Staatspräsidenten Abdelaziz Bouteflika zu. Es war der erste Besuch eines Bundeskanzlers in Algerien seit 30 Jahren. (afp)“


Es ist also doch möglich, dass ein Land „auf seinem Reformkurs hin zu mehr Rechtsstaat, Demokratie und Marktwirtschaft unterstützt“ werden kann, ohne(!) dass es dafür Vollmitglied der EU werden muss!

Wo ist bitte der qualitative Unterschied in Bezug auf eine Mitgliedschaft in der Europäischen Union, wenn es um die Unterstützung eines asiatischen Landes, insbesondere der Türkei, aber auch Syriens, des Libanon, Jordaniens, oder eines afrikanischen Landes, insbesondere Marokkos, Algeriens Tunesiens und vielleicht auch Ägyptens, geht? Wieso müsste die Türkei zur Stärkung des Reformprozesses (angeblich) Vollmitglied werden, wenn es im Falle Algeriens ohne eine Vollmitgliedschaft, ja sogar ohne eine privilegierte Partnerschaft geht?

Die EU kommt in einen Begründungsnotstand, wenn sie von arabischen Staaten Afrikas und Asiens gefragt wird: Wieso wird die Türkei aufgenommen und wir nicht? Warum werden wir Araber diskriminiert?

Fragen über Fragen, die von den den unangebrachten türkischen Beitritt forcierenden Politikern totgeschwiegen werden!
Noch im Dezember 1997 hatte sich der Europäische Rat in Luxemburg dagegen ausgesprochen, die Türkei in die Reihe der »Kandidaten« aufzunehmen, was die USA in Ansehung (ihrer Ölversorgungsinteressen über die durch das Gebiet der Türkei führenden Pipelines und) des Beitrags der Türkei im Balkankrieg und im Kosovo-Konflikt mit Unverständnis und Unwillen registrierten. Der »Sündenfall« geschah daraufhin im Herbst 1999 in Helsinki auf massiven Druck der USA hin, wo der Türkei nach (bislang ausstehender) Erfüllung der „Kopenhagener Kriterien“ eine Vollmitgliedschaft in Aussicht gestellt worden ist. Und dieser Fehler soll nun perpetuiert werden, weil man ohne Gesichtsverlust für eine der Seiten aus dem vorlaut abgegebenen Versprechen nicht mehr herauskommen zu können glaubt! Dabei haben sich die politischen Verhältnisse in der Türkei zwar gebessert, trotz großer Anstrengungen bisher aber nicht durchgreifend demokratisiert. Als Beleg sei auf den Beitrag von Rumpf und Steinbach „Das politische System der Türkei“ in dem 2004 in 2. Auflage erschienenen und von Ismayr herausgegebenen Sammelband „Die politischen Systeme Osteuropas“ verwiesen. Wenn man einmal von der »geistigen Unzucht« absieht, dass – vermutlich aus dem Drang heraus, unbedingt publizieren zu wollen – in einem Sammelband über Osteuropa die Verhältnisse in der asiatischen Türkei mit abgehandelt werden, die kein ernst zu nehmender Historiker und kein Geograph als Europa oder insbesondere Osteuropa zugehörig ansieht, weil »die Türkei« trotz ihres 3-%igen nach Europa hineinragenden Gebietszipfels das westlichste Land Asiens und nicht das östlichste Land Europas ist, dann findet sich dort die folgende Zusammenfassung (S. 852):
„Ein nach wie vor unzureichend gelöstes Problem ist das kritische Verhältnis zwischen Verfassung und Verfassungswirklichkeit. … Selbst dort, wo sich das Verfassungsgericht intensiv bemüht hat, durch Auslegung und Konkretisierung von Verfassungsnormen den Verfassungsalltag grundrechteorientiert zum Leben zu bringen, scheiterte dies gelegentlich an der mangelnden Bereitschaft der übrigen zur Anwendung der Verfassung berufenen Organe, den Sprüchen des Verfassungsgerichts konsequent Folge zu leisten, weil die Bestimmungen der Verfassung als unerwünschte Begrenzung ungehinderter Ausübung von Herrschaftsgewalt angesehen werden. Dies ist z.B. der Fall, wenn die türkische Nationalversammlung gesetzliche Vorschriften, die durch das Verfassungsgericht als verfassungswidrig aufgehoben worden sind, einfach noch einmal verabschiedet; wenn eine Regierung Rechtsverordnungen mit Gesetzeskraft, die das Verfassungsgericht wegen gravierender Verstöße gegen die Verfassung aufgehoben hat, in gleicher Form erneut erläßt; wenn ein Präsident der Republik einen Hochschullehrer zum Verfassungsrichter ernennt, der die Voraussetzungen für das Amt noch nicht erfüllt oder wenn ein Parlamentspräsident einen Abgeordneten unter seinen ’persönlichen Schutz’ nimmt und ihn sein Mandat ausüben läßt, obwohl das Verfassungsgericht die betreffende Partei verboten hat. Weitere Fälle von Diskrepanz zwischen Verfassung und Verfassungswirklichkeit ließen sich beliebig aufzählen. Genauso besteht dieses Problem des Ungehorsams der Exekutive gegenüber der Justiz im Bereich der Verwaltungsgerichtsbarkeit, die regelmäßig damit zu kämpfen hat, daß Richtersprüche von der Verwaltung nicht umgesetzt werden.“
Vergessen zu erwähnen wurde bei dieser zusammenfassenden Beurteilung die Tatsache, dass die Mehrzahl der bei uns anerkannten Asylanten – nur 3 % aller Asylbewerber werden bei den scharfen Prüfungen überhaupt als Asylanten anerkannt - aus der Türkei kommt!!! Als ein Asylgrund unter anderen werden in dem Anerkennungsverfahren glaubhaft gemachte Folterungen durch Polizisten anerkannt.

Der Präsident des türkischen Anwaltvereins berichtete in der Sendung Report Mainz vom 05.07.04, dass es in der Türkei noch 2003/04 Hunderte von Folterungen in Gefängnissen gegeben habe!


Ein solches im demokratisch organisierten Europa undenkbares Verhalten von Verfassungsorganen und anderen staatlichen Institutionen macht auf dem Gebiet des Rechts deutlich, wo die Kulturgrenze zwischen Europa und der der europäischen Rechtskultur nicht zugehörigen Türkei verläuft! Jüngstes Beispiel: Leyla Zana, die bekannteste Figur des friedlichen kurdischen Widerstands und 1993 zur Abgeordneten der Stadt Diyarbakir gewählt, war 1994 - auf dem Höhepunkt des Krieges mit der kurdischen Guerilla - aus dem Parlament heraus verhaftet und wegen Unterstützung der PKK zu 15 Jahren Haft verurteilt worden.

Der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte hat gegen die erneute Verurteilung der kurdischstämmigen Ex-Parlamentarierin Leyla Zana durch das im Zuge der Aufnahmebemühungen mittlerweile abgeschaffte Staatssicherheitsgericht wegen der Verletzung der Verteidigerrechte protestiert. Die Ex-Abgeord­nete des türkischen Parlaments war vom Staatssicherheitsgericht in einem vom Europäischen Menschenrechtsgerichtshof erzwungenen Wiederaufnahmeverfahren wegen Mitgliedschaft in einer terroristischen Vereinigung erneut, wie 1994, zu 15 Jahren Haft verurteilt worden, von denen sie schon 10 abgesessen hat. Das Europaparlament, viele EU-Regierungen und auch die wegen des Beitrittswunsches zur EU neuerdings auf Europa-Kompatibilität - und das heißt auch effektiver Minderheitenschutz - bedachte türkische Regierung hatten deutlich gemacht, dass sie die Freilassung von Leyla Zana erwarteten, die – das war ihr Vergehen – bei ihrer Vereidigung im türkischen Parlament 1991 kurdisch gesprochen11 und damit einen Skandal ausgelöst hatte. Zanas Verbrechen war es gewesen, von türkisch-kurdischer Brüderschaft zu sprechen, allerdings in kurdischer Sprache und im türkischen Parlament. Wegen dieses Tabubruchs war die Abgeordnete Zana 1994 verurteilt worden, wobei man ihr – zur Absicherung des Urteils – noch ein paar andere strafbare Handlungen wie die Unterstützung einer terroristischen Vereinigung (durch die Wahrnehmung berechtigter kurdischer Belange) angedichtet hatte. Das Gericht hob das Schandurteil nicht auf.

Inzwischen ist sie etwas später zusammen mit den drei anderen ehemaligen Abgeordneten des türkischen Parlamentes Hatip Dicle, Selim Sadak und Orhan Dogan, die der gleichen Verbrechen beschuldigt worden waren und auch langjährig für die berechtigte Wahrnehmung kurdischer Minderheitenanliegen hatten büßen müssen, dann doch nach langjähriger Haft - zunächst einmal vorläufig - freigekommen. Grundlage für ihre Haftentlassung ist eine Forderung der Generalstaatsanwaltschaft nach Annullierung ihrer erneuten Verurteilung in einem Verfahren vor den mittlerweile abgeschafften Staatssicherheitsgerichten. Am 8. Juli will das Oberste Gericht bekannt geben, ob ein neues Verfahren gegen Zana eröffnet wird oder ihre Freilassung endgültig ist.



Yüklə 1,42 Mb.

Dostları ilə paylaş:
1   ...   8   9   10   11   12   13   14   15   ...   29




Verilənlər bazası müəlliflik hüququ ilə müdafiə olunur ©genderi.org 2024
rəhbərliyinə müraciət

    Ana səhifə