Seminar für allgemeine pädagogik


Themenzentrierte Interaktion



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5.8 Themenzentrierte Interaktion


Literatur

Cohn, R.: Von der Psychoanalyse zur themenzentrierten Interaktion. Stuttgart 1975.

Die Psychoanalytikerin Ruth Cohn begründete die Themenzentrierte Interaktion (TZI). Die TZI ist unabhängig von der Psychoanalyse oder einer anderen psychotherapeutischen Richtung. Im weitesten Sinne ist sie dem Menschenbild der humanistischen Psychologie verbunden, hebt aber nicht ab auf Therapeutisierung der Beziehungen, sondern auf das gemeinsame Leben und Lernen in Gruppen. Im Rahmen unserer Darstellung genügt ein zusammenfassender Hinweis auf die TZI.

Das Symbol der TZI ist das Dreieck: An der Spitze das ES (das Thema), an den beiden Ecken der Grundlinie das ICH (das Individuums) und das WIR (die Gruppe). Dieses Modell geht davon aus, daß Lernprozesse in bzw. von Gruppen immer diese drei Bestandteile haben: das Thema, das Ich, die Gruppe.



Das Thema ist die Sache, um die es in der Lehr- bzw. Lernveranstaltung geht, sind also die Inhalte, die vermittelt, gelernt, werden sollen. Die Vermittlung von Lerninhalten geschieht nicht "neutral" ("objektiv"), sondern ist abhängig von den Erwartungen, der Lernbereitschaft, der aktuellen Befindlichkeit des einzelnen Lernenden. Das, was der Lehrende vermittelt, kommt bei den Lernenden durchaus nicht gleichartig, sondern individuell unterschiedlich an.

Das Ich umfaßt die Erwartungen, Interessen, Erinnerungen, Gefühle usw. der beteiligten Personen. Von daher erscheint die Berücksichtigung von Selbstwahrnehmung, Wichtigkeit eigener Gefühle usw. notwendig. Die Einflußgrößen "ICH des Lehrenden" und "ICH des Lernenden" sind wesentliche Bestimmungsgrößen im Lehr-/Lernprozeß.

Die Gruppe ist mehr als die Summe der Lernenden. Innerhalb der Gruppe entsteht eine besondere Dynamik, die den Lernprozeß des Einzelnen in bezug auf Motivation, Wohlbefinden, Selbstrepräsentation usw. beeinflußt.

Im folgenden werden die Grundregeln der TZI wiedergegeben.



Regeln der Themenzentrierten Interaktion

1. Sei dein eigener Chairman

Bestimme selbst was du sagen willst. Sprich oder schweig, wann du es willst. Versuche, in dieser Stunde das zu geben und zu empfangen, was du selbst geben und erhalten willst. Sei dein eigener Chairman (Vorsitzender) - und richte dich nach deinen Bedürfnissen im Hinblick auf das Thema und was sonst immer für dich wichtig sein mag. Ich als Gruppenleiter werde es genauso halten (falls ein Gruppenleiter vorhanden ist).

Diese Regel soll dir zwei Dinge besonders deutlich machen:


  1. Du hast die Verantwortung dafür, was du aus dieser Stunde für dich machst.

  2. Du brauchst dich nicht zu fragen, ob das, was du willst, den anderen Gruppenmitgliedern gefällt oder nicht gefällt. Sag einfach, was du willst. Die anderen Gruppenmitglieder sind auch ihre eigenen Chairmen und werden es dir schon mitteilen, wenn sie etwas anders wollen als du.

2. Störungen haben Vorrang

Unterbrich das Gespräch, wenn du nicht wirklich teilnehmen kannst, zum Beispiel wenn du gelangweilt, ärgerlich oder aus einem anderen Grund unkonzentriert bist. Ein abseits Stehender verliert nicht nur die Möglichkeit der Selbsterfüllung in der Gruppe, sondern er bedeutet auch einen Verlust für die ganze Gruppe. Wenn solche Störung behoben ist, wird das unterbrochene Gespräch entweder wieder aufgenommen werden oder einem momentan wichtigerem Platz machen.



3. Wenn du willst, bitte um ein "Blitzlicht"

Wenn dir die Situation in der Gruppe nicht mehr transparent erscheint, dann äußere zunächst deine Störung und bitte dann die anderen Gruppenmitglieder in Form eines Blitzlichtes auch kurz, ihre Gefühle im Moment zu schildern.



4. Es kann immer nur einer sprechen

Es darf nie mehr als einer sprechen. Wenn mehrere Personen auf einmal sprechen wollen, muß eine Lösung für diese Situation gefunden werden. "Seitengespräche" sind zwar wichtig, aber sie stören, und der Inhalt ist als Störung in die Gruppendiskussion einzubringen.



5. Experimentiere mit dir

Frage dich, ob du dich auf deine Art verhältst, weil du es wirklich willst. Oft möchtest du dich eigentlich anders verhalten - tust es aber nicht, weil dir das Angst macht. Prüfe dich, ob dein Verhalten Annäherungsverhalten oder Vermeidungsverhalten ist. Versuche öfter, neues Verhalten auszuprobieren und riskiere das kleine, aufgeregte körperliche Kribbeln dabei. Dieses Kribbeln ist ein guter Anzeiger dafür, daß du für dich ungewohntes Verhalten ausprobierst.



6. Beachte deine Körpersignale

Um besser herauszubekommen, was du im Augenblick fühlst und willst, horche in deinen Körper hinein. Er kann dir oft mehr über deine Gefühle und Bedürfnisse erzählen als dein Kopf.



7. "Ich" statt "Man" oder "Wir"

Sprich nicht per "Man" oder "Wir", weil du dich hinter diesen Sätzen zu gut verstecken kannst und die Verantwortung für das nicht zu tragen brauchst, was du sagst. Zeige dich als Person und sprich als "Ich". Außerdem sprichst du in "Man"- oder "Wir"-Sätzen für andere mit, von denen du gar nicht weißt, ob sie das wünschen.



8. Eigene Meinung statt Fragen

Wenn du eine Frage stellst - sage, warum du sie stellst. Auch Fragen sind oft eine Methode, sich und seine eigene Meinung nicht zu zeigen. Außerdem können Fragen oft inquisitorisch wirken und den anderen in die Enge treiben. Äußerst du aber deine Meinung, hat der andere es viel leichter, dir zu widersprechen oder sich deiner Meinung anzuschließen.



9. Sprich direkt

Wenn du jemandem aus der Gruppe etwas mitteilen willst, sprich ihn direkt an und zeige durch Blickkontakt, daß du ihn meinst. Sprich nicht über einen Dritten zu einem anderen und sprich nicht zur Gruppe, wenn du eigentlich einen bestimmten Menschen meinst.



10. Fordere Metakommunikation bzw. Rückmeldung

Gib Rückmeldung, wenn du das Bedürfnis hast. Löst das Verhalten eines Gruppenmitgliedes angenehme oder unangenehme Gefühle bei dir aus, teile es ihm sofort mit, und nicht später einem Dritten.

Wenn du Rückmeldung gibst, sprich nicht über das Verhalten des anderen, denn du kannst nicht wissen, ob du es objektiv und realistisch wahrgenommen hast. Sprich nicht in einer bewertenden und normativen Weise. Vermeide Interpretationen und Spekulationen über den anderen.

Sprich zunächst einfach von den Gefühlen, die durch das Verhalten des anderen bei dir ausgelöst werden. Danach kannst du versuchen, das Verhalten des anderen so genau und korrekt wie möglich zu beschreiben, damit er begreifen kann, welches Verhalten deine Gefühle ausgelöst hat. Laß dabei offen, wer der "Schuldige" an deinen Gefühlen ist. Du benötigst dabei keine objektiven Tatsachen oder Beweise - deine subjektiven Gefühle genügen, denn auf diese hast du ein unbedingtes Recht.



11. Wenn du Rückmeldung erhältst, höre ruhig zu

Wenn du Rückmeldung erhältst, versuche nicht gleich, dich zu verteidigen oder die Sache "klarzustellen". Denk daran, daß dir hier keine objektiven Tatsachen mitgeteilt werden können, sondern subjektive Gefühle und Wahrnehmungen deines Gegenübers. Freue dich zunächst, daß dein Gesprächspartner dir sein Problem erzählt, das er mit dir hat. Diese Haltung wird dir helfen, ruhig zuzuhören und zu prüfen, ob du auch richtig verstanden hast, was er meint. Versuche, zunächst nur zu schweigen und zuzuhören, dann von deinen Gefühlen zu sprechen, die durch das Feedback ausgelöst worden sind, und erst dann gehe auf den Inhalt ein.



Anwendungsaspekte (vgl. Schulz v. Thun 1992, S. 132 f.f): In der Arbeitswelt dominiert die "Sache", zumeist abgeschnitten von Einzel- und Gruppenbedürfnissen. Im (gestörten) Privatleben sind oft die einzelnen Ichs gegeneinander gerichtet, weil das Wir kaum ein Thema hat, an dem es sich ausbilden und bewähren kann. Solche Themen können in gemeinsamen Anstrengungen, Interessen oder auch in einer äußeren Bedrohung (z.B. Gefahr für die Umwelt) liegen. Beziehungsprobleme in Paaren oder Gruppen haben oft ihren Grund im fehlenden Thema.

Bewertung: Eine Kurzanalyse der TZI-Grundsätze zeigt, daß wesentliche Aspekte bekannter Kommunikationstheorien in sie Eingang gefunden haben. Das gilt für die Benutzung von „Metakommunikation“ ebenso wie für die Aufforderung, „Ich-Botschaften“ zu senden oder auf die eigene Körpersprache zu achten. Diese Prinzipien bilden eine gute Grundlage für eine Diskussion innerhalb der Gruppe, deren Teilnehmer sich einer gemeinsamen Beziehung verbunden fühlen (sie kann auch allein durch das Ziel der Zusammenkunft bestimmt sein) und nach effektiven Kommunikationsregeln verfahren.

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