Wörtliches Protokoll


Hatzl: Zum Wort gemeldet ist Herr Abg Hundstorfer. Ich erteile es ihm. Abg Rudolf Hundstorfer



Yüklə 0,63 Mb.
səhifə16/17
tarix08.09.2018
ölçüsü0,63 Mb.
#67741
1   ...   9   10   11   12   13   14   15   16   17
Hatzl: Zum Wort gemeldet ist Herr Abg Hundstorfer. Ich erteile es ihm.

Abg Rudolf Hundstorfer (Sozialdemokratische Fraktion des Wiener Landtags und Gemeinderats): Meine sehr geehrten Damen und Herren!

Sie haben jetzt ein Schauspiel erlebt, wie eine Partei ganz bewusst nur noch ein Juniorpartner ist. Herr Dr Serles, ich bin in vielen Dingen bei Ihnen: diskutieren, entwickeln. Wissen Sie, was sich heute um 9 Uhr früh im Bundeskanzleramt abgespielt hat? (Abg Franz Ekkamp: Nein, weiß er nicht!) Der Herr Vizekanzler ist nicht einmal eingeladen worden, obwohl gestern ausgemacht wurde, dass er beim Gespräch dabei ist. Herr Präsident Leitl - er hat mit der SPÖ, glaube ich, nichts zu tun - und Herr Präsident Verzetnitsch wurden vom Herrn Bundeskanzler nach 50 Minuten verabschiedet mit dem Hinweis: "Die Demonstranten habt ihr auch schon mitgebracht." Er hat nur eines vergessen: Die Demonstration, die vor seinem Zimmer stattgefunden hat, war eine Schülerdemonstration mit Kindern gegen die Abschaffung der zwei Stunden. (Zwischenrufe bei FPÖ und ÖVP.)

Dies nur, damit wir das wissen: Ihr Herr Vizekanzler hat nicht einmal dabei sein dürfen, und Sie wollen sich hierher stellen und einen Dialog fordern? (Abg Gerhard Pfeiffer: Das ist skandalös, dass ihr jetzt schon Kinderdemonstrationen veranstaltet! Das ist ungeheuerlich!) Da sitzt eine Partei, die die Präpotenz hat, dem Wirtschaftskammerpräsidenten und dem Präsidenten des Österreichischen Gewerkschaftsbundes die Türe zu weisen, und "Speed kills" ist die Devise! (Abg Gerhard Pfeiffer: Es ist ungeheuerlich, Kinderdemonstrationen zu organisieren! So weit sind wir schon!)

Was haben sie denn in Wahrheit dem Herrn Bundeskanzler heute auf den Tisch gelegt? Sie haben dem Herrn Bundeskanzler auf den Tisch gelegt die Zusage: Sozialer Friede in diesem Land - eines unserer höchsten Güter! Das ist diesem Herrn Bundeskanzler Wurscht gewesen. (Abg Gerhard Pfeiffer: Das können Sie nicht sagen!) Das Einzige, was er hören wollte, war: Bekomme ich am 1. 1. 2006 einen um eine Milliarde verringerten Bundeszuschuss, ja oder nein? Das war das Einzige, was diesen Bundeskanzler heute interessiert hat! (Abg Walter Strobl: Gusenbauer hat auch ...! - Weitere Zwischenrufe bei der ÖVP.)

Herr Pfeiffer! Sie als Vertreter der Wirtschaft sollten zu Ihrem Herrn Präsidenten gehen und sich einmal anhören, was dort heute wirklich passiert ist. (Abg Gerhard Pfeiffer: Aber die lassen sich nicht manipulieren!) Sie sind vor die Tür gesetzt worden! Wir haben uns gestern mit der ... (Abg Mag Thomas Reindl: Die Wahrheit tut weh! - Abg Gerhard Pfeiffer: Die lassen sich nicht manipulieren!) Sie wissen ja nicht, was los war. Wir, der Kollege Driemer und ich, waren ja gestern dabei, Sie waren nicht dabei. Hofrat, du bist dort nicht dabei, sei mir nicht böse! (Heiterkeit und Zwischenrufe bei der SPÖ und den GRÜNEN.)

Wir - das Präsidium der Bundeswirtschaftskammer Österreichs, alle Bundessektionsobleute aller Sparten der Bundeswirtschaftskammer und alle Gewerkschaftsvorsitzenden - sind gestern zwei Stunden an einem Tisch gesessen und haben ein gemeinsames Programm zur Absicherung des sozialen Friedens in diesem Land beschlossen. Dieses Programm wurde verworfen. Ihr Vizekanzler ist nicht einmal mehr eingeladen gewesen, mit ihm musste heute Nachmittag ein Spezialtermin ausgemacht werden, weil er beim Herrn Bundeskanzler nicht mehr dabei sein darf. Das ist die Realität in diesem Lande!

Weil Sie von einem Streikbeschluss des Herrn Haberzettl und so weiter sprechen, darf ich Sie aufklären. Es ist ein einstimmiger Beschluss des ÖGB-Bundesvorstands mit der Stimme Ihres freiheitlichen Arbeitnehmervertreters. (Zwischenruf des Abg Dr Wilfried Serles.) Mit seiner Stimme und mit der Stimme ... (Beifall bei der SPÖ.) An dem Beschluss der Gewerkschaften ... (Abg Gerhard Pfeiffer: Sie behaupten, es gibt einen Streikbeschluss?)

Lesen Sie doch bitte die APA-Meldungen! Wozu sitzen Sie denn hier, Herr Pfeiffer? Bitte, das darf doch nicht wahr sein! (Heiterkeit und Beifall bei der SPÖ. - Zwischenrufe.) Na, selbstverständlich! (Abg Gerhard Pfeiffer: Sie behaupten, ein Streikbeschluss, bevor es überhaupt im Ministerrat ist?) Ja, Entschuldigung, wenn der Herr Bundeskanzler erklärt, Herr Pfeiffer, er redet nicht einmal mehr mit uns! (Abg Gerhard Pfeiffer: Bevor es im Ministerrat ist?) Er redet nicht einmal mehr mit dem ÖGB, er redet nicht einmal mit der Wirtschaftskammer. Was heißt denn das in diesem Land? (Abg Mag Thomas Reindl: Er versteht das nicht! - Weitere Zwischenrufe.)

Er hat das Verhandlungsangebot der Sozialpartner negiert. Die Gewerkschaft Öffentlicher Dienst, in der die Sozialdemokratie zugegebenermaßen ein Minderheitsprogramm ist, hat gestern auch einen einstimmigen Beschluss gefasst: Dieser Streikbeschluss, der heute im Bundesvorstand gefasst worden ist, wurde in Anwesenheit des Kollegen Neugebauer und seiner Vertreter im Bundesvorstand bereits gestern von der Gewerkschaft Öffentlicher Dienst gefasst. Nur, damit Sie wissen, was in diesem Land wirklich los ist! (Beifall bei der SPÖ und bei Abgeordneten der GRÜNEN. - Abg Mag Thomas Reindl - in Richtung ÖVP -: Also, jetzt sind wir ruhig! - Weitere Zwischenrufe.)

Herr Pfeiffer, ein bisschen politischer Nachhilfeunterricht schadet Ihnen nichts. (Abg Gerhard Pfeiffer: Sie brauchen nicht so überheblich zu sein! - Weitere Zwischenrufe.) Ich bin nicht überheblich, Herr Pfeiffer, aber ich hatte ... (Abg Gerhard Pfeiffer: Ein Maßnahmenkatalog ist kein Streikbeschluss!) Sehr geehrter Herr Pfeiffer! Ich hatte als Einziger der heute in diesem Haus Anwesenden das Vergnügen, im Jahr 1997 36 Stunden neben einem damaligen Herrn Vizekanzler Dr Schüssel zu sitzen. Diese Sitzung endete um 6 Uhr früh. Nach dieser Sitzung ist um 6 Uhr früh der Herr Vizekanzler zu den Medien hinausgegangen, neben ihm ein damaliger Bundeskanzler Klima, und dieser Vizekanzler hat 1997 - am Ende dieser 36 Stunden waren wir natürlich alle nicht mehr ganz frisch, keine Frage - dort Folgendes erklärt: "Mit dem heutigen Abschluss der Pensionsreform 1997 haben wir alle unsere Pensionssysteme bis zum Jahr 2030 langfristig nachhaltig gesichert." (Abg Franz Ekkamp: Da schau her! - "Lüge"-Ruf bei der SPÖ. - Weitere Zwischenrufe) Das ist die Aussage des Herrn Bundeskanzlers Dr Schüssel.

Was will dieser Bundeskanzler Dr Schüssel? Wir haben das alles schon damals gewusst, Frau Korosec, die Lebenskurven und so weiter, das haben wir alles schon gewusst. Eines haben Sie heute hier zu sagen vergessen: Es ist ein massives Verdienst der Regierung Kreisky, dass die Lebensqualität und der Lebensstandard in diesem Land so angehoben worden sind! (Beifall bei der SPÖ.) Was Sie hier ebenfalls zu sagen vergessen haben, ist: Ein Verdienst dieser Generation ist unter anderem der Mutter-Kind-Pass, der einer der Ursprünge dafür ist, dass die Volksgesundheit bei uns auf diesem hohen Niveau ist.

Schon 1997 haben wir alle diese Zahlen auf dem Tisch gehabt, zum Beispiel betreffend Lebenserwartung, Pensionsbezugsdauer und so weiter. Aber dieser Herr Vizekanzler hat sich 1997 hingestellt und hat gesagt: "Bis 2030 ist alles nachhaltig gesichert", und, und, und. (Heiterkeit bei der SPÖ. - Abg Gerhard Pfeiffer: ... hat es einen Konjunktureinbruch gegeben ...!) Dieser Herr Vizekanzler stellt sich jetzt hin, sechs Jahre später, und erklärt uns, dass alles den Bach hinuntergegangen ist, und erklärt uns ganz locker: die Frühpension - "baba und fall nicht". Er vergisst, dass 30 Prozent der Pensionsantritte aus der Arbeitslosigkeit heraus erfolgen, und will uns auch noch erklären: Was derzeit als Notstandshilfe bezogen wird, schieben wir gleich einmal an die Länder, um die Arbeitslosenstatistik hinunterzubrechen.

Ich freue mich, Herr Pfeiffer: Im Land Oberösterreich dürfen die Kinder für die Sozialhilfebezieher regresspflichtig sein. Wir in Wien haben das zum Glück 1980 abgeschafft. Ich freue mich: Im Land Salzburg sind es auch noch die Eltern, die für die Notstandshilfe regresspflichtig sind. Auf einmal wird aus einem Arbeitslosen ein Minus in der Arbeitslosenstatistik und ein Plus in der Sozialhilfe, und seine Eltern bezahlen den Regress. Das ist Ihre Sozialpolitik, und die ist menschenverachtend! Das, bitte, sollten Sie endlich einmal zur Kenntnis nehmen! Denn keines der Bundesländer gibt morgen eine positive Stellungnahme zu diesem Punkt ab, kein einziges österreichisches Bundesland, nicht einmal Vorarlberg, nicht Salzburg, nicht Tirol, nicht Oberösterreich und nicht Niederösterreich. (Abg Gerhard Pfeiffer: Ist ja logisch! - Abg Harry Kopietz: Nicht die Steiermark!) Und nicht die Steiermark. (Zwischenrufe bei SPÖ und ÖVP.)

Wenn Sie mir erklären wollen, dass diese Bundesländer massiv sozialdemokratisch - nein, das wollen Sie mir doch nicht erklären. Da geht es nicht ums Geld, da geht es um eine menschenverachtende Sozialpolitik! (Beifall bei der SPÖ und den GRÜNEN. - Abg Gerhard Pfeiffer: Was der Arbeitslose ...!)

Da geht es schlichtweg darum, Herr Pfeiffer: Werden Sie einmal arbeitslos, schauen Sie sich einmal an, wie das ist, im Notstand zu leben! Gehen Sie bitte aufs Sozialamt und schauen Sie sich die Situation dieser Menschen an! Es ist doch keiner aus Jux und Tollerei Notstandshilfebezieher. Das ist in Wahrheit nur ein Abschieben eines Problems: Der Bund will sich der Arbeitslosenstatistik um 86 000 Menschen in diesem Jahr entledigen. Sagen Sie diesen Menschen doch die Wahrheit, und schieben Sie da nicht aus Jux und Tollerei etwas nur herum!

Zum Abschluss kommend, möchte ich es noch einmal sagen: Das ist heute so gekommen, in der Vergangenheit sind gewisse Dinge nicht geschehen. Herr Kollege Tschirf hat mit mir im Jahr 1993 oder 1994 - ganz genau wissen wir es nicht mehr -, damals er in seiner beruflichen Funktion und ich in meiner beruflichen Funktion, und mit Herrn Bundesminister Weiss die Nettoanpassung im öffentlichen Dienst über die Bühne gebracht, einstimmig, getragen von der Sozialpartnerschaft, getragen von einem Miteinander - immer der hohe soziale Friede in diesem Land!

Die Reform 1997 habe ich Ihnen schon lange und breit erklärt. Bei der Reform 1997 sind alle gesellschaftspolitischen Gruppen in diesem Land - die Landwirtschaftskammer, die Bundeswirtschaftskammer, die Industriellenvereinigung, die Arbeitnehmerorganisationen und so weiter, der Städtebund, der Gemeindebund, die Landeshauptleutekonferenz - zusammengesessen, stundenlang, tagelang, nächtelang, haben aber die Verantwortung um dieses Land getragen und eine Reform beschlossen, die im öffentlichen Dienst immerhin 18 Jahre Durchrechnung bedeutet, und im ASVG von 15 auf 18 Jahre steigend - immer getragen von der sozialen Verantwortung um dieses Land!

Wir haben heute eine Regierung - und das ist der wahre Grund für den Unmut -, die sich hinstellt und Folgendes erklärt: Am 25. dieses Monats endet eine Begutachtungsfrist. Es sind meinem Wissenstand nach 99 Prozent der Stellungnahmen negativ - es gibt eine einzige, die positiv ist, und diese stammt vom ÖVP-Wirtschaftsbund -, und diese Regierung erklärt: Was die alle da abgeben, sämtliche Bundesländer und so weiter, ist uns vollkommen Wurscht! (StRin Karin Landauer: Das stimmt ja nicht! - Zwischenrufe bei der ÖVP.) So hören Sie doch bitte dem Herrn Bartenstein zu! Was sagt denn der Herr Bartenstein? (Anhaltende Zwischenrufe bei der ÖVP.) Das sagt diese Regierung: Es ist ihr die Sozialpartnerschaft Wurscht, es sind ihr die Landeshauptleute Wurscht, ihr ist alles egal - am 29. beschließen wir, "baba und fall nicht"! Sie müssen zur Kenntnis nehmen: Das kann von den arbeitenden Menschen in diesem Land nicht akzeptiert werden! (StRin Karin Landauer: Wenn es so wäre, wäre das richtig! Aber es ist nicht so!)

Weil hier gefragt wurde: Wie können wir Streikaktionen verantworten? - 35 Prozent der Befragten - das steht ja heute auch schon in der APA, aber gut, ich erzähle es noch einmal - unterstützen einen Streik aktiv, 40 Prozent sympathisieren damit. Wenn Sie mir erklären wollen, dass 75 Prozent nicht die Mehrheit sind, dann lernen wir gemeinsam neue Mathematik. Das heißt, in diesem Land hat es diese Bundesregierung zustande gebracht, den hohen sozialen Frieden so in Frage zu stellen! (Abg Mag Harald STEFAN: Die Hetze ist das!) Sie hat das zustande gebracht mit der Kurzfristigkeit der Maßnahmen. (Abg Mag Harald STEFAN: Das ist schon die Hetze!)

Herr Mag STEFAN, dann lade ich Sie ein: Gehen wir hinaus zum Billa, gehen wir hinaus, wohin Sie wollen, und erklären Sie der Verkäuferin, die nächstes Jahr in Pension gehen wollte: sie kann drei Monate später gehen, bei minus 12 Prozent! Erklären Sie das dieser Verkäuferin. (Abg Walter Strobl: Ist ja noch nichts beschlossen! - Zwischenruf des Abg Dr Wilfried Serles.) Das steht in diesem Entwurf drin, und ich habe gelernt, diese Entwürfe der Bundesregierung soll man ernst nehmen. Das gilt es zu bekämpfen, in diesem Sinne! (Beifall bei der SPÖ und den GRÜNEN. - Abg Harry Kopietz - in Richtung ÖVP -: Ihr Obmann Finz hat gesagt, es gibt nichts nachzuverhandeln! - Weitere Zwischenrufe.)

Meine Damen und Herren von der Freiheitlichen Partei! Auch wenn Sie krampfhaft versuchen, sich herauszureden, auch wenn der Herr Vizekanzler sich krampfhaft bemüht, sich herauszureden: das ist eh alles anders! (Abg Mag Christoph Chorherr: "In aller Klarheit"!) - merken Sie sich eines, "in aller Klarheit" gesagt: Der Wiener ÖVP-Obmann, Herr Finz, erklärt, daran rüttelt man nichts mehr, das ist so! Der Herr Bundesminister Bartenstein erklärt, 25 Begutachtungen sind Wurscht, am 29. ist Ministerrat, "baba und fall nicht"!

Das ist die Realität. Ihr seid nicht nur Juniorpartner in dieser Regierung, sondern etwas viel Schlimmeres ist passiert: Ihr kommt nicht mehr vor. - Danke. (Beifall bei der SPÖ und den GRÜNEN.)

Präsident Johann Hatzl: Zum Wort gemeldet ist Herr Abg Tschirf. Ich erteile es ihm.

Abg Dr Matthias Tschirf (ÖVP-Klub der Bundeshauptstadt Wien): Herr Präsident! Frau Stadträtin! Meine sehr geehrten Damen und Herren!

Zum ersten Punkt: Wer die Situation der Pensionen in Österreich kennt, und das nicht erst seit gestern, weiß, dass hier vor allem, was das Pensionsalter betrifft, seit langem etwas geschehen müsste. Ich selbst kann mich aus meiner früheren beruflichen Tätigkeit daran erinnern, dass im Jahr 1987 - ich war damals damit beauftragt, zu schauen, wie sich aufgrund der Altersstruktur das Pensionsalter entwickelt - unter Bundeskanzler Vranitzky nichts geschehen ist. Erst im Jahr 2000 ist dazu etwas geschehen. Der einzige Gewerkschaftsvorsitzende, bei dem ich mich daran erinnern kann, dass er gesagt hat, wir müssen da im Interesse der Bediensteten etwas tun, war damals Sigi Dohr. Er hat genau darauf hingewiesen, aber damit leider kein Verständnis bei den Kollegen von der FSG gefunden hat.

Es war eines interessant, und das wird mir auch in Erinnerung bleiben: Im Jahr 1993, als von Seiten der EU aus Anlass des EWR die Fördergebiete analysiert wurden, war auch die damalige Staatssekretärin Ederer dabei. Da ist klar und deutlich festgestellt worden, dass es eines der wirtschaftlichen Probleme bei uns ist, dass sich Großunternehmen hier einfach dadurch saniert haben, dass die Probleme in die Frühpension hinübergeschoben worden sind. So hat man die Dinge hinausgeschoben. Irgendwann ist natürlich die Stunde der Wahrheit gekommen: Das sind die Probleme, die wir hier seit vielen, vielen Jahren vor uns herschieben! - Das ist die eine Seite.

Das Zweite ist - und das ist für mich als ÖAAB-Obmann und jahrzehntelanges Gewerkschaftsmitglied auch klar -, wenn ein Begutachtungsverfahren vorliegt, hat man sich das anzusehen. Wir als Wiener ÖAAB haben beispielsweise einige Punkte, bei denen wir klar sagen, über diese werden wir noch reden. Ich habe heute auch die Gelegenheit gehabt ... (Abg Harry Kopietz: Mit wem?) Im Gegensatz zu Ihnen habe ich die Gelegenheit gehabt, heute mit dem Herrn Bundeskanzler darüber zu sprechen. (Abg Christian Oxonitsch: Da sagt aber euer Obmann Finz etwas anderes!) Ich habe die Gelegenheit gehabt, im Bundesvorstand mit dem Herrn Bundeskanzler zu sprechen, und dabei ist das erörtert worden. (Abg Harry Kopietz: Hat er zugehört?) Das ist eben die Frage, wie das mit der Anrechnung von Kindererziehungszeiten ist. (Abg Christian Oxonitsch: Wie ist das mit dem Wiener Obmann: "Es gibt nichts zu verhandeln"?) Das ist etwa die Frage von bestimmten Jahrgängen, bei denen bestimmte Probleme kumulieren, und Ähnliches.

Wie das in einem vernünftigem Begutachtungsverfahren ist, wird man über diese Themen dann auch diskutieren. (Abg Christian Oxonitsch: Weiß das auch der Wiener ÖVP-Obmann?) Man soll sich das dann ansehen, wenn der Beschluss im Nationalrat gefasst wird. Wenn aber die SPÖ ganz im Gegensatz zu dem, was in den Koalitionsverhandlungen gesagt wurde - von Seiten der GRÜNEN ist in den Koalitionsverhandlungen etwas ganz anderes zugestanden worden, das ist ja auch nicht unbekannt, aber es wurde eines klar gesagt: dass in der Frage des Pensionsalters etwas zu ändern ist. (Abg Günter Kenesei: Was ist denn zugestanden worden? - Weitere Zwischenrufe bei den GRÜNEN.)

Ich weiß, dass Sie ein Problem mit Ihrer Bundesspitze haben. (Zwischenrufe bei den GRÜNEN.) Das ist so, und Sie haben es auch gesprengt, daher sind Sie in dem Winkerl, in dem Sie heute sind. (Abg Harry Kopietz: Da hat euer Landesobmann eine ganz andere Meinung!) Es ist daher eigentlich unbestritten, wenn Sie sich die Zitate von Van der Bellen anschauen, und auch wenn man sich die Zitate des Gusenbauer ansieht: In der Frage der Anhebung des Pensionsalters hat etwas zu geschehen. Das ist eigentlich die Aufgabe, vor der wir heute stehen, und diese hat man entsprechend durchzusehen. (Abg Christian Oxonitsch: Gilt jetzt das Wort des Obmanns, oder nicht?)

Ich kann nur sagen, die Information, die ich dazu geben kann, habe ich gegeben. Ich glaube, das ist ein Prozess, der in einem Gesetzwerdungsverfahren der richtige ist: dass einmal eine Begutachtung stattfindet, und dass man darüber diskutiert. (Beifall bei der ÖVP. - Abg Harry Kopietz: Der Wiener ÖVP-Obmann ist anderer Meinung!)

Präsident Johann Hatzl: Weitere Wortmeldungen liegen dazu nicht vor. Ich erkläre daher die Verhandlung für geschlossen.

Die Frau Berichterstatterin hat das Schlusswort. - Sie verzichtet auf das Schlusswort.

Meine Damen und Herren, wir kommen nun zur Abstimmung über die Gesetzesvorlage.

Ich bitte jene Mitglieder des Landtags, die der Vorlage einschließlich Titel und Eingang zustimmen wollen, die Hand zu heben. - Das ist somit einstimmig in erster Lesung angenommen.

Wenn kein Widerspruch erfolgt, werde ich sogleich die zweite Lesung vornehmen. - Ein Widerspruch erfolgt nicht.

Bevor ich aber die zweite Lesung vornehme, habe ich die Abstimmung über vier eingebrachte Beschlussanträge durchzuführen.

Zuerst kommt zur Abstimmung der Beschluss- und Resolutionsantrag der Abgeordneten Chorherr, Cordon und Freunde. Er betrifft Folgendes:

Der Landtag wolle beschließen: Falls die derzeitigen Pläne der Bundesregierung in Bezug auf die Reformierung des österreichischen Pensionssystems beschlossen werden, wird die Landesregierung aufgefordert, von dem Recht gemäß Artikel 140 Abs. 1 Gebrauch zu machen und dieses Gesetz, beantragt beim Verfassungsgerichtshof, auf Verfassungsmäßigkeit überprüfen zu lassen.

Hier ist in formeller Hinsicht die sofortige Abstimmung des Antrags beantragt worden.

Wer für diesen Antrag ist, bitte ich, die Hand zu heben. - Das ist die Mehrheit durch SPÖ und GRÜNE, der Antrag ist somit angenommen.

Der zweite Antrag ist der Antrag der GRÜNEN Chorherr, Cordon und Freunde über eine sozialverträgliche Pensionsreform.

Hier wird ebenfalls die Landesregierung ersucht - aber Sie kennen das aus der Einbringung. Auch hier wird die sofortige Abstimmung des Antrages verlangt.

Wer dafür ist, bitte ich um ein Zeichen mit der Hand. - Das ist mit SPÖ und GRÜNEN die Mehrheit, der Antrag ist somit angenommen.

Der dritte Antrag ist der Beschlussantrag der Abgen Driemer, Frauenberger, Strobl und Genossen betreffend die Vorschläge der Bundesregierung zur Pensionsreform. Hier gibt es eine Reihe von Punkten, die Ihnen ebenfalls nicht unbekannt sind. Auch hier wird in formeller Hinsicht die sofortige Abstimmung verlangt.

Wer dafür ist, bitte ich um ein Zeichen mit der Hand. - Das ist mit SPÖ und GRÜNEN die Mehrheit, der Antrag ist somit beschlossen.

Der letzte nunmehr zur Abstimmung vorliegende Beschlussantrag ist der Antrag der Abgen Vana, Chorherr und Freunde von den GRÜNEN betreffend "Wiener Ehe". Auch hier wird die sofortige Abstimmung dieses Antrags verlangt.

Wer dafür ist, bitte ich um ein Zeichen mit der Hand. - Das ist die Minderheit, da nur die GRÜNEN für diesen Antrag stimmen. Der Antrag ist somit abgelehnt.

Hohes Haus! Ich bitte nunmehr jene Mitglieder des Landtags, die dem vorliegenden Gesetz in zweiter Lesung zustimmen wollen, um ein Zeichen mit der Hand. - Danke, damit ist das Gesetz in zweiter Lesung einstimmig beschlossen.

Wir kommen nun zur Postnummer 1. Sie betrifft die erste Lesung der Vorlage eines Landesgesetzes, mit dem der Rechtsschutz hinsichtlich der Vergabe von Aufträgen geregelt wird - Wiener Vergaberechtsschutzgesetz.

Berichterstatterin hiezu ist Frau StRin Mag Brauner. Ich bitte sie, die Verhandlung einzuleiten.

Berichterstatterin amtsf StRin Mag Renate Brauner: Sehr geehrte Damen und Herren!

Ich bitte, diesen Entwurf eines Wiener Vergaberechtsschutzgesetzes zu diskutieren und zu beschließen.

Präsident Johann Römer (den Vorsitz übernehmend): Gemäß § 30c Abs. 10 der Geschäftsordnung schlage ich vor, die General- und die Spezialdebatte zusammenzulegen.

Wird gegen die Zusammenlegung eine Einwendung erhoben? - Das ist nicht der Fall. Ich werde daher so vorgehen.

Die Debatte ist eröffnet.

Zum Wort gemeldet ist Herr Abg Dr Ulm. Ich erteile es ihm.

Abg Dr Wolfgang Ulm (ÖVP-Klub der Bundeshauptstadt Wien): Herr Präsident! Frau Stadträtin! Meine sehr verehrten Damen und Herren!

Es hat im Vergaberecht in der letzten Zeit erfreuliche Veränderungen gegeben. Es ist gelungen, österreichweit zu einheitlichen Regelungen im materiellen Vergaberecht zu kommen, was natürlich ein unschätzbarer Vorteil für den Bürger und für die Wirtschaft ist, hat man es doch nicht mehr mit zehn unterschiedlichen Regelungen zu tun, sondern nur noch mit einer. Die Vereinheitlichung betrifft allerdings nur das materielle Recht, nicht die Verfahrensvorschriften und nicht die Nachprüfung der Auftragsvergaben.

Jetzt komme ich schon zu dem Hauptpunkt, warum meine Fraktion, die ÖVP, diesem Vergabegesetz die Zustimmung versagen muss: deshalb, weil es hier verabsäumt wurde, eine große Chance wahrzunehmen, nämlich den Unabhängigen Verwaltungssenat Wien anstelle des Vergabekontrollsenates als entscheidende Instanz vorzusehen. Das ist sowohl aus verfassungsrechtlichen als auch aus politischen Gründen sehr problematisch. Der Verfassungsgerichtshof hat entschieden, dass bei überprüfenden Entscheidungen von Entscheidungen der obersten Organe von Rechtsträgern Kollegialbehörden mit richterlichem Einschlag jedenfalls verfassungsgerichtlich, verfassungsrechtlich abgesichert sein sollten. Das ist im gegenständlichen Entwurf nicht der Fall.

Um Ihnen diese verfassungsrechtlichen Bedenken plausibel zu machen, verweise ich auf die Stellungnahme des Amtes der Wiener Landesregierung vom 30. Jänner 2002 zum Entwurf des Bundesvergabegesetzes. Dort heißt es auf Seite 2, dass erst überprüft werden muss, ob vergaberechtliche Entscheidungen der obersten Organe der Länder durch Kollegialbehörden mit richterlichem Einschlag gemäß Artikel 133 Z 4 B VG überprüft werden können. (Abg Dr Matthias Tschirf: Das ist aber interessant!) Beim Vergabekontrollsenat handelt es sich um eine solche Kollegialbehörde mit richterlichem Einschlag. Es ist sicherlich nicht die beste Lösung, diese Behörde mit der Überprüfung im Vergabeverfahren zu betrauen.

Es gibt noch ein zweites verfassungsrechtliches Argument dagegen. Die Europäische Menschenrechtskonvention verlangt, wie Sie wissen, dass ein Tribunal über zivilrechtliche Ansprüche zu entscheiden hat. Ein Tribunal muss in richterlicher Weise unabhängig sein. Da reicht es nicht aus, dass einzelne Mitglieder weisungsfrei gestellt sind und dass diese auf eine bestimmte Anzahl von Jahren bestellt sind, sondern da muss bereits der äußere Anschein ganz klar die Überparteilichkeit, die Unparteilichkeit und die Weisungsfreiheit dieser Instanz zeigen.

Das ist beim Vergabekontrollsenat natürlich nicht annähernd in der Art und Weise gegeben, wie das beim UVS der Fall wäre. Beim Vergabekontrollsenat sind die Mitglieder nur auf eine bestimmte Zeit bestellt, Bedienstete des Magistrats sind Mitglieder in dieser Kommission. Es ist rechtsstaatlich kein besonders schönes Ergebnis, wenn Vertreter jenes Rechtsträgers, der letztendlich die Aufträge vergeben hat, dann im Überprüfungsverfahren wieder zu entscheiden haben.

Dazu kommt, dass die Geschäftsstelle lediglich beim Magistrat angesiedelt ist und eben das notwendige Personal und die notwendigen Räumlichkeiten zur Verfügung zu stellen sind. Aber die für den Bürger auf den ersten Blick klar erkennbare Unabhängigkeit der nachprüfenden Instanz in einer so heiklen Materie wie dem Vergabeverfahren ist beim UVS natürlich in einer unvergleichlich besseren Art und Weise gegeben. Dennoch hat man sich von Seiten der Sozialdemokratie insbesondere diesem Vorschlag verschlossen. Argumentiert wird immer damit: Das Vergaberecht sei eine so komplizierte Materie, das könne man Juristen nicht zumuten, da seien Verwaltungsjuristen oder Richter nicht die dafür Geeigneten.

Jetzt möchte ich mir schon so viel Zeit nehmen, auf die unterschiedlichen Materien hinzuweisen, mit denen der Unabhängige Verwaltungssenat konfrontiert ist und in denen er entscheiden muss. Wenn er das zusammenbringt, habe ich überhaupt keinen Zweifel daran, dass der UVS Wien selbstverständlich auch in der Lage wäre, in Vergaberechtsangelegenheiten in einer sauberen, rechtsstaatlichen Art und Weise zu entscheiden. Schon jetzt hat er sich mit folgenden Materien zu befassen: Arbeitnehmerschutz, Arbeitszeitrecht, Ausländerbeschäftigungsrecht, Baurecht, Gewerberecht, Abgabenstrafrecht, Lebensmittelrecht, Sicherheitspolizeigesetz, Schubhaftbeschwerden, Abfallwirtschaftsgesetz, Baumschutzgesetz, Bazillenausscheidergesetz, Bundestatistikgesetz, Containersicherheitsgesetz, Elektrotechnikgesetz, Feuerpolizei- und Luftreinhaltegesetz, Forstgesetz, Handelsstatistisches Gesetz, Kanalanlagengesetz, Maß- und Eichgesetz, Prostitutionsgesetz, Schifffahrtsgesetz, Schulpflichtgesetz, Tierschutzgesetz, Umweltinformationsgesetz, Veranstaltungsgesetz, Versammlungsgesetz, Waffengesetz und Wertpapieraufsichtsgesetz.

Sehr geehrte Damen und Herren! Glauben Sie tatsächlich, dass eine Behörde, die in der Lage ist, solche unterschiedlichen, diffizilen, komplexen Materien zu beurteilen, nicht in der Lage sein soll, auch im Vergaberecht zu entscheiden? Selbstverständlich ist es so, dass immer Personen einen gewissen Sachverhalt feststellen müssen, dass dieser Sachverhalt unter eine Rechtsnorm zu subsumieren ist und dass dann die entsprechenden Schlüsse gezogen werden. Es ist sicherlich ein Scheinargument, damit zu argumentieren, dass der UVS nicht in der Lage wäre, diese Entscheidungen wahrzunehmen, insbesondere dann, wenn man ihn personell entsprechend ausstattet.

Dass diese Meinung nicht nur die Meinung der ÖVP Wien ist, sondern auch die klar durchgehende Meinung in den Bundesländern Österreichs, ergibt sich daraus, dass der Unabhängige Verwaltungssenat in folgenden Bundesländern als entscheidende Behörde vorgesehen ist: Vorarlberg, Tirol, Kärnten, Steiermark, Oberösterreich, Niederösterreich. Jetzt könnten Sie vielleicht sagen: na ja, das sind aber alles keine sozialistisch oder sozialdemokratisch dominierten Bundesländer. Wie es der Zufall so haben will, entscheidet der Burgenländische Landtag heute ebenfalls darüber, welche Behörde in Vergabeverfahren entscheiden soll, und im Burgenland - sicherlich ein sozialdemokratisch dominiertes Bundesland - hat der Landtag heute beschlossen, selbstverständlich mit den Stimmen der SPÖ, dass der Unabhängige Verwaltungssenat die Kontrolle in Vergabesachen haben soll.

Wir bleiben leider Gottes zurück, wir bleiben rechtsstaatliches Schlusslicht. Wir können uns mit dieser Vorgangsweise in keiner Weise anfreunden und haben unsere Formulierung in einem Beschlussantrag zusammengefasst. Ich möchte mich auf das Vorlesen des Antragstextes beschränken. Darin heißt es:

Der Landtag wolle beschließen: Im Nachprüfungsverfahren des materiellen Vergaberechts soll anstelle des Vergabekontrollsenates in Zukunft der Unabhängige Verwaltungssenat Wien entscheiden.

In formeller Hinsicht wird die sofortige Abstimmung verlangt. (Beifall bei der ÖVP.)

Sehr geehrte Damen und Herren! Ich darf damit schließen, dass wir von der ÖVP Wien nicht ruhen werden und in allen Angelegenheiten vergleichbarer Art dafür sorgen werden, dass mehr Rechtschutz, mehr Rechtssicherheit und mehr Rechtsstaatlichkeit Einfluss auf die Wiener Gesetzgebung finden. (Beifall bei der ÖVP.)

Präsident Johann


Yüklə 0,63 Mb.

Dostları ilə paylaş:
1   ...   9   10   11   12   13   14   15   16   17




Verilənlər bazası müəlliflik hüququ ilə müdafiə olunur ©genderi.org 2024
rəhbərliyinə müraciət

    Ana səhifə