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Nein zu bekennen. Man kann Entscheidungen auch ausweichen, indem man zum
notorischen Ja- oder Nein-Sager wird.
Wir haben Ängste, ungeliebt zu sein, abgelehnt oder nicht verstanden zu werden,
umgehen daher das Risiko einer direkten Forderung oder einer eindeutigen
Entscheidung. Wir fühlen uns dabei oft verletzlich und angreifbar als Person.
Auftretende Schwierigkeiten vor oder mit Entscheidungen kann man grob folgenden
Punkten zuordnen:
• Informationsdefizite
• Vermischung der Ebenen (z.B. Sach- und Beziehungsebene)
• Fehlen der Bereitschaft zur Deklaration
• von Forderung, Zielsetzung und Interessen
• von Bedürfnissen, Wünschen und eigenen Gefühlen
• von eigenen Standpunkten, Ideen und Meinungen
• von Vorgangsweisen und Mitteln
• Fehlen von bewussten Entscheidungsmodellen
• Bewusste und unbewusste Einstellungshemmnisse zur aktiven
Lebensgestaltung
• Vermeidung der Thematik von Konflikt, Abschied und Tod
Erfahrungsgemäß ist es günstiger, die Elemente und die Prozesse für das Entschei-
dungsfinden zusammenzutragen und entsprechende Hilfen zu erstellen, als bei den
Schwierigkeiten anzusetzen.
5.1.
Allgemeine Entscheidungskategorien
Um uns Hilfen für die Entscheidung dienlich zu machen, müssen wir diese genauer
untersuchen und Abgrenzungen finden.
Man kann Entscheidungen allgemein in drei Kategorien einteilen:
• bewusste Entscheidungen
• automatische Entscheidungen (bewusst initiiert)
• „unbewusste Entscheidungen“
Von bewussten Entscheidungen sprechen wir dann, wenn
1. Auswahlmöglichkeiten, Alternativen bestehen
2. eine Auswahl, Festlegung oder Vereinbarung als Entscheidung getroffen wird
3. diese Entscheidung offen deklariert und benutzt wird
Als automatische Entscheidungen bezeichne ich sichtbare Aktionen, Gegeben-
heiten oder Abläufe, die bewusst initiiert bzw. in Gang gesetzt worden sind bzw.
jederzeit bewusst korrigiert werden können. Atmen, sitzen, gehen, essen, arbeiten,
schlafen, sehen, hören usw. sind Beispiele für solche automatisierte Entscheidungen.
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Der Langläufer entscheidet sich für eine Laufstrecke - er setzt sich also bewusst in
Bewegung. Die meisten seiner Schritte jedoch sind automatisiert, reflexhaft, instinktiv
gesetzt. Die Entscheidung, wo er den nächsten Schritt hintut, ist also eine auto-
matisierte Entscheidung. Der Autofahrer bremst und schaltet aufgrund von situativen
Gegebenheiten des Verkehrs und trifft nicht bei jedem Bremsvorgang, bei jedem
Gangwechsel eine bewusste Entscheidung.
„Unbewusste Entscheidungen“ sollte man besser als Geschehnisse, Fügungen
oder willkürliches Tun bezeichnen. Früh getroffene Lebensentscheidungen spiegeln
sich in diesen „unbewussten Entscheidungen“ wider, es treten Verhaltensmuster auf,
die nicht auf bewusste Entscheidungen zurückgehen, aber als ein Produkt früherer
Erlebnisse, Eindrücke oder Lebensentscheidungen erklärbar sind.
Zwei Beispiele dazu:
• Eine Mutter wird jedesmal krank, wenn ihre Tochter verreisen will. Die Tochter ist
gezwungen, die alleinstehende Mutter zu pflegen. Man kann der Mutter nicht
unterstellen, dass sie bewusst krank wird, um die Abreise der Tochter und damit ihr
Alleinsein zu verhindern. Hier wird eine unbewusste Entscheidung wirksam - ja sie
ist sogar so wirksam, daß sie sichtbare Auswirkungen auf die körperliche
Gesundheit hat.
• Ein Mitarbeiter ist sehr bemüht, alles richtig und verlässlich auszuführen, was ihm
aufgetragen wird. Bei der Kontrolle seiner Arbeiten fällt jedoch auf, dass immer
etwas unvollständig oder fehlerhaft ist. Er ist jedesmal einsichtig, es ist ihm
jedesmal peinlich, er nimmt die Schuld auf sich und leidet darunter. Doch so sehr er
sich auch bemüht, es besser zu machen, so sehr treten doch immer wieder neue
Fehler auf. Es gibt keinen Zweifel, dass dieser Mitarbeiter sein Bestes bis zur
Grenze der Belastung gibt und dennoch laufend Störungen produziert. Die
unbewusste Entscheidung, die er getroffen hat, ist eine Rebellion gegen den
Auftraggeber und gegen die Arbeit.
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6.
Sozialstruktur von Konflikten
6.1.
Vier entscheidende Merkmale
•
Etikettierung
Etikettierungen können zu sich selbstbestätigenden Stereotypen führen.
Beunruhigend daran ist, dass diese Stereotypen selbst dann gesellschaftlich
stabil sein können, wenn sie nicht auf objektiven Unterschieden beruhen. sich
selbstbestätigende Stereotype führen wiederum zu Situationen, in denen das
Mitglied einer bestimmten Gruppe glaubt, nichts anderes tun zu können, als das,
was alle anderen seiner Gruppe auch tun - also z.B. freundlich gegenüber
Gleichgesinnten und böswillig gegenüber Andersdenkenden zu sein.
Z.B. Die Blauen glauben, dass die Gelben böswillig sind und immer wenn sie auf
einen Gelben treffen, wird durch ihr aggressives Verhalten ihre Annahme bestätigt.
Die Gelben glauben, dass nur andere Gelbe freundlich sind und auch ihre
Annahme finden sie bestätigt!
Diese 2 Denksysteme -
1. Der Glaube an die bedrohliche Andersartigkeit fremder Gruppen und
2. Der Glaube an die eigene Besonderheit -
gehören zu den häufigsten Ursachen von Stereotypenbildungen und schließen
auf unheimliche Weise gegenseitige Anerkennung und gemeinsame Aktionen
(Kooperation) aus.
Wenn es zwischen den Gruppierungen noch Mehrheiten und Minderheiten gibt,
dann führen die durch die Etikettierung unterstützten Stereotypen oft dazu, daß
sich die Minderheit in schützende Isolation begibt. Grundsätzlich schaden derartige
Etikettierungen durch „Vorverurteilung“ oder „Vorbeurteilung“ beiden Seiten, - mehr
aber immer demjenigen in der Minorität. Häufig sind Etikettierungen auch mit
sozialen Statuszuweisungen verbunden, die es den Betroffenen mit „niedrigerem“
zugewiesenen Status doppelt schwer machen, sich aus der Lage zu befreien.
„Eine Person am Ende der Hierarchie befindet sich also in der Falle. Sie schneidet
schlecht ab, würde aber durch Auflehnung gegen das System noch schlechter
gestellt ...“
(Axelrod)
•
Reputation
Reputation entsteht durch Beobachtung der Handlungen eines Akteurs bei
Interaktionen mit anderen Spielern. Oder - noch komplizierter - bei der Beobach-
tung der Reaktion von Beobachtern einer bestimmten Handlung eines Akteurs mit
Akteuren.
„Die beste Reputation, die man (Anm.: in unserer Gesellschaft) besitzen kann, ist
die des harten Burschen.“
(Axelrod)
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